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  • Künftig geringerer Schutzstatus für Wölfe

    Der Wolf ist künftig im Rahmen der Berner Konvention weniger geschützt. Bis zu einem geregelten Bestandsmanagement oder gar einer Bejagung ist es aber noch ein weiter Weg Endlich, sagen die einen. Katastrophe, schreien die anderen. Gestern haben die Unterzeichnerländer der sogenannten Berner Konvention entschieden, den Schutzstatus des Wolfs auf der völkerrechtlichen Ebene zu senken. Am Freitag soll im Rahmen der noch laufenden Tagung der formale Beschluss fallen. Isegrim wird dann nicht mehr in Anhang II („streng geschützt“) geführt, sondern in Anhang III („geschützt“). Die mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit der anwesenden Staaten getroffene Entscheidung besagt für den praktischen Umgang mit den Grauhunden jedoch noch nichts. Sie schafft nur die Voraussetzung, den Schutzstatus des Wolfs auch in der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU (FFH-Richtlinie) entsprechend zu ändern. Jäger, Landwirte, Weidetierhalter und Reiter fordern dies schon lange. Der Deutsche Jagdverband (DJV) begrüßte die Änderung daher umgehend als „einen ersten wichtigen Schritt hin zu einem umfassenderen Wolfsmanagement“, das auch „eine reguläre Bejagung unter Wahrung des günstigen Erhaltungszustandes“ einschließen müsse. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wertet die Änderung ebenfalls positiv als eine „wichtige Nachricht für unsere ländlichen Gemeinden und Landwirte“. Es brauche „einen ausgewogenen Ansatz zwischen der Erhaltung der Wildtiere und dem Schutz unserer Lebensgrundlagen", so die Politikerin, deren Pony Dolly vor geraumer Zeit von Wölfen gerissen worden war. Die Grauhunde dürfen in der EU bislang nur getötet werden, wenn sie eine Gefahr für Menschen oder Weidetiere sind. In der Praxis jedoch sind die Hürden zur Erteilung einer Abschussgenehmigung sehr hoch, oft sogar unüberwindlich. Nach einer Absenkung des Schutzstatus ist laut Bundesumweltministerium ein aktives Bestandsmanagement möglich. Der Wolf bleibt zwar weiter geschützt, eine Jagd auf ihn ist aber grundsätzlich möglich. Ministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) hatte ihren Widerstand gegen entsprechende Forderungen erst im September mit der Begründung aufgegeben, die Bestandszahlen des Wolfes sein inzwischen so hoch, „dass diese Entscheidung aus Sicht des Naturschutzes verantwortbar und aus Sicht der Weidetierhalter notwendig ist“. Bis zu einer ordentlichen Regulierung der Wolfspopulation dürfte es aber noch ein langer, wahrscheinlich jahrelanger Weg sein. Denn zunächst muss nach der Berner Konvention, die ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarates zum Schutz europäischer, wildlebender Tiere und Pflanzen ist, die FFH-Richtlinie als Umsetzungsinstrument geändert, dann in Deutschland das Bundesnaturschutzgesetz angepasst werden oder die Jagdgesetze. Insofern ändert der nun erfolgte erste Schritt draußen in der Natur noch nichts. Er schafft nur die Voraussetzung, die auch die Bundesländer Sachsen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hessen im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz bereits in ihren Landesjagdgesetzen bereits geschaffen haben. Kein Automatismus auf nationaler Ebene Selbst wenn der Wolf nicht mehr wie derzeit in Anhang IV der FFH-Richtlinie, der strengsten Schutzkategorie, gelistet ist, gibt es jedoch keinen Automatismus auf nationaler Ebene. Die Vertragsstaaten können nämlich innerhalb von drei Monaten Vorbehalte anmelden. Die Änderung tritt nicht in Kraft, wenn ein Drittel der Vertragspartner der Berner Konvention widerspricht. Für diejenigen Staaten, die solche Vorbehalte anmelden, wird die Änderung des Schutzstatus auch dann nicht wirksam, wenn sie insgesamt in Kraft tritt. An diesem Punkt dürften einige einschlägigen Tierschutz- und Umwelt-Organisationen ihre Chance sehen. Es gehört daher wenig Fantasie zur Vorhersage, dass sie in nächster Zeit offen und hinter den Kulissen kräftig entsprechend bemüht sein werden. Der WWF etwa mahnt, Tierhalter bräuchten Unterstützung beim Zaunbau und weitere Schutzmaßnahmen, „um Konflikte mit Wölfen zu minimieren, anstatt auf undifferenzierte Jagd zu setzen“. Andere befürchten, der geänderte Schutzstatus für den Wolf könne ein Präzedenzfall etwa für Bären, Luchse oder Kormorane sein. In der Debatte hatte unter anderem Bulgarien gefordert, auch den Schutzstatus von Bären zu überprüfen. Die EU-Kommission lehnte das aber am Dienstag erneut ab.

  • Söders Mann für Berlin

    Geht es nach Markus Söder, kommt der neue Bundeslandwirtschaftsminister aus Bayern. Und dann soll alles besser werden für die Bauern und den ländlichen Raum So recht überraschend ist die Personalie nicht, aber der frühe Zeitpunkt lässt doch aufhorchen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat Günther Felßner für das Amt eines möglichen Landwirtschaftsministers in einer unionsgeführten Bundesregierung nominiert. Und das drei Monate vor der Bundestagswahl – und vor möglichen Koalitionsverhandlungen, die natürlich je nach Ergebnis entweder mit der SPD oder mit den Grünen zu führen sein werden. Günther Felßner, ein Name, der sowohl in Bayern als auch in Landwirtschaftskreisen durchaus bekannt ist. Der 58-Jährige steht seit einigen Jahren an der Spitze des Bayerischen Landwirtschaftsverbandes. Zudem ist er Vize-Chef des Deutschen Bauernverbandes (DBV). Und fast noch wichtiger: Der Funktionär ist ein enger Verbündeter des CSU-Chefs Markus Söder. Beide eint die Herkunft aus Franken, beide eint die als „durchsetzungsfähig“ freundlich umschriebene Art und Weise, wie sie handeln. Und beide eint die Ablehnung der Grünen. Freie Wähler im Blick Gründe genug, dass Söder den bayerischen Bauernfunktionär jetzt nach Berlin entsenden will. Auf Platz fünf der CSU-Landesliste ist Felßner jetzt vorgerückt. Doch diese Liste wird nach der Wahlrechtsreform wohl eher nicht ziehen. Die CSU wird auf die Direktmandate vertrauen müssen und können, um wieder in der Bundespolitik mitmischen zu wollen. Dafür stehen die Chancen angesichts der fast schon historischen Schwäche der SPD und der Grünen auch im Freistaat für die Christsozialen gut. Bisher ist Alexander Dobrindt der Mann, der für die CSU den meisten Einfluss auf die Geschicke der Unions-Bundestagsfraktion ausüben kann. Und dies auch tut. Söder wäre nicht Söder, wenn er mit der Besetzung des Agrarministers nicht nur seinen Einfluss in der Bundespolitik oder auch auf europäischer Ebene geltend machen will. Söder denkt auch Bayern first. Denn genau dort ist die Welt aus der Sicht von Söder nicht mehr ganz in Ordnung. Grund eins ist die Unzufriedenheit vieler Landwirte auch und gerade in Bayern. Wettbewerbsverzerrende Auflagen, zu viel Bürokratie, zu wenig Förderung – all das sorgte Anfang des Jahres dafür, dass Hunderte Traktoren sich auch aus Bayern auf den Protestzug nach Berlin machten. Nicht erst seit dieser Zeit rumort es im Agrar- und Forstbereich. Sichtbar wurde das an dem Erfolg der Freien Wähler, die unter der Führung des charismatischen Hubert Aiwanger bei den Landtagswahlen im Jahr 2023 knappe 16 Prozent holten. Danach musste die CSU eine Koalition mit den Freien Wählern eingehen, Söder sitzt mit Aiwanger am Kabinettstisch. Harmonisch ist das nicht. Aiwanger träumt von mehr, nämlich davon, seine Freien Wähler auch in den Bundestag zu führen. Aktuelle Umfragen geben das nicht her, aber ausgemacht ist es noch nicht. Auch die rechtspopulistische AfD verzeichnet nicht erst seit den Ampel-Plänen zur Abschaffung einiger Steuerprivilegien für die Landwirte Zulauf auch in dieser Bevölkerungsgruppe. Eine Entwicklung, die die CSU-Oberen natürlich stoppen wollen. Auch aus dieser Motivationslage dürfte die Auswahl und Platzierung von Felßner ein Zeichen in die Landwirtschaft hinein sein: Seht her, wir haben verstanden. Wir kümmern uns. Denn nicht erst seit Özdemirs Amtszeit als Bundesminister fühlen sich Bauern, Forsteigentümer und Forstwirte, Angler und Jäger aus und in Bayern in ihren Interessen nicht richtig vertreten. Über Berlin schimpfen, das hat Tradition in Bayern. Große Aufgaben warten Diesem Gefühl der Ohnmacht will man jetzt auf Unions-Seite entgegenwirken. Deutschland solle, so ist Felßners Auftrag, nicht immer noch mehr draufsatteln, was ohnehin an Auflagen aus Brüssel komme. Deutschland solle dafür sorgen, dass die anstehenden globalen Agrarverhandlungen nicht auf dem Rücken der deutschen (oder europäischen) Landwirte ausgetragen werden. Und eine unionsgeführte Bundesregierung soll dafür sorgen, dass das Gefühl der Ohnmacht gerade im ländlichen Raum nicht noch größer wird und die demokratische Grundordnung nicht weiter erodiert. Nicht wenig Gepäck im Rucksack des bayerischen Bauernvertreters in der Schlangengrube Berlin.

  • Jagd: „Megatrend zur Oberflächlichkeit“

    Eine Studie zeigt alarmierende Trends: Jagd verliert an Tiefe, Wissen und Engagement. Immer weniger Jäger sehen darin eine Lebensaufgabe – stattdessen wird Jagd zunehmend zum Hobby Um die Zukunft von Jagd und Jägern ist es nicht gut bestellt. Zu diesem Ergebnis kam der Soziologe Prof. Dr. Werner Beutelmeyer in einer Untersuchung 2011. Darin beleuchtete der Leiter des renommierten Marktforschungsunternehmens Market Institut in Linz und Lehrbeauftragte an den Universitäten Innsbruck, Salzburg und Linz die Entwicklung der nächsten beiden Jahrzehnte. Nach mehr als der Hälfte der Zeit hat er seine Prognosen überprüft. Die Ergebnisse damals ließen aufhorchen und führten zu Diskussionen unter Jagdfunktionären. Die jetzigen Resultate geben dazu noch viel mehr Anlass. Denn unter dem Strich kommt dabei heraus, dass das Handwerk immer mehr verflacht und die Jagd zu einem Freizeitvergnügen, einem Outdoor-Event, verkommt. Die Ableitungen damals wie heute basieren auf einer Umfrage unter österreichischen Jägern. Doch sind die Ergebnisse sehr wohl übertragbar. Das betont Beutelmeyer im Fachmagazin WILD UND HUND: „Gemeinsam mit der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg/Neckar soll diese Studie auch im süddeutschen Raum durchgeführt werden, um eine länderübergreifende Betrachtung anstellen zu können, denn der Wandel in der Jagd zeigt in Deutschland ein noch deutlicheres Veränderungstempo. Mit anderen Worten: Jagdliche Entwicklungen in Deutschland oder beispielsweise den Niederlanden oder Schweden haben durchaus auch eine Benchmark-Funktion für Österreich.“ Die Basis des Wertewandels ist eine veränderte grundsätzliche Haltung zur Jagd. 2011 gaben noch 42 Prozent der Befragten an, die Jagd sei für sie eine Lebensaufgabe. Heute sind es nur noch 14 Prozent. Für immer mehr Jäger wird das Waidwerk zu einem Hobby unter etlichen Freizeitaktivitäten. Das jagdliche Engagement insgesamt lässt also nach. Da ist nur folgerichtig, dass immer weniger sich aktiv in einer Genossenschaftsjagd einbringen. Der Wert hat sich auf 34 Prozent mehr als halbiert. Die Mehrzahl (51 Prozent) wird vielmehr immer wieder von Freunden zur Jagd eingeladen. 2011 lag der Wert noch bei 37 Prozent. Jagdeinladungen haben also seit damals massiv an Bedeutung gewonnen. 435.930 Menschen in Deutschland hatten nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes (DJV) Anfang dieses Jahres einen Jagdschein. Das ist ein Spitzenwert und ein Plus von 36 Prozent innerhalb von drei Jahrzehnten. Folgt man Beutelmeyers Analyse, verbringt aber der einzelne Jäger durchschnittlich immer weniger Zeit mit dem Waidwerk. Jagdwissen nimmt ab Bestätigt sieht der Wissenschaftler seine Annahme, dass das Jagdwissen abnimmt. „Die Zukunftsjäger 2030 sind in nahezu allen abgefragten Themenfeldern weniger informiert als der derzeitige Durchschnittsjäger. Der Megatrend zur Oberflächlichkeit dürfte bis 2030 damit auch die Jagd erfassen.“ Besonders stark seien „die Wissensdefizite bei der Jagdkultur, aber auch im handwerklichen Bereich“. Im jagdlichen Brauchtum und Handwerk von der Jägersprache bis zum Liedgut gebe es „eine besorgniserregende Erosion“. Beides, so die Schlussfolgerung, wird heute als deutlich weniger wichtig angesehen als noch vor 14 Jahren. Das gilt sogar für die zur Waidgerechtigkeit zählende Nachsuche von krankgeschossenem Wild. Bewerteten 2011 noch 89 Prozent der Befragten sie als sehr wichtig, sind es jetzt nur noch 64 Prozent. Die Beurteilung der Wichtigkeit von Jagdhunden hat sich von 61 auf 29 Prozent mehr als halbiert. Klar zu erkennen ist die veränderte Einstellung der Jäger auch daran, dass sich immer mehr eine nächtliche Jagd auf Reh- und Hochwild (von 7 auf 25 Prozent), extreme Weitschüsse (von 6 auf 23 Prozent) und die Jagd vom Auto aus (von 8 auf 16 Prozent) wünschen. Beutelmeyer erwartet angesichts der Ergebnisse, „dass der Jäger 2030 weiter an Kompetenz und Ansehen in der breiten Öffentlichkeit verliert“. Schon heute werden Jäger kaum als „Natur-Verantwortliche“ gesehen. „Bis 2030 dürfte dieser jagdkritische Trend zum Kippen der Stimmung gegenüber der Jagd führen. Dann spätestens werden die Jagdkritiker in Österreich in der Mehrheit sein und die Politik bedrängen, neue – vermutlich sehr enge – Spielregeln für Jäger zu definieren“, prophezeit der Wissenschaftler. Abschließend geht er in WILD UND HUND mit einem Querverweis zur Fliegerei mit den Jägern kritisch ins Gericht: Wer eine Privatpiloten-Lizenz erwerbe, müsse jährlich eine Mindestzahl an Flugstunden absolvieren sowie alle zwei Jahre zur Verlängerung der Lizenz umfangreiche Tests ebenso bestehen wie regelmäßige medizinische Untersuchungen. „Bei der Fliegerei gehts ja um viel, und zwar um Leben und Tod des Piloten bzw. seiner Passagiere. Und bei der Jagd? Geht’s da nicht auch um Leben und Tod? Aber eben nur von Wildtieren.“ Das mag polemisch klingen, sollte aber zumindest zur Selbstreflexion anregen.

  • Es muss wieder aufwärts gehen

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, in unserem Wochenkommentar befassen wir uns nach dem Ampel-Aus mit den Wahlchancen der Union sowie der Stimmung innerhalb der SPD, nachdem Boris Pistorius zu Gunsten von Olaf Scholz auf die Kanzlerkandidatur verzichtet hat. Ferner geht es um Themen, die im jetzt begonnenen Wahlkampf im Interesse des ländlichen Raums stärker in den Mittelpunkt gerückt werden sollten. Dazu gehören die Defizite im öffentlichen Nahverkehr. Weiter beschäftigen uns die Zukunft der deutschen Landwirtschaft, der Handlungsbedarf in Sachen Wolf, die sich ausbreitende Hasenpest sowie die langfristige Zukunft der Jagd. Mit dem Slogan „Wieder nach vorne“ will die CDU die Bundestagswahl am 23. Februar gewinnen. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass es ihr unter der Führung von Friedrich Merz auch gelingen wird. Auf tatkräftige Unterstützung durch die ehemalige Kanzlerin und Parteivorsitzende Angela Merkel kann Merz bei seiner Kampagne allerdings nicht setzen. Dies wurde in dieser Woche einmal mehr bei  Merkels  mit Spannung erwarteter  Memoiren-Präsentation deutlich. Bei zentralen Themen wie Migration, Atomkraft, Schuldenbremse und Russland hat sich Merkel von ihrer Partei inzwischen entfremdet – und umgekehrt. Merz, ohnehin kein Freund von Merkel, setzt in diesen Fragen eigene Akzente. Auch hier gilt das viel strapazierte Wort von der Zeitenwende. Anders die SPD. Sie setzt nicht auf einen Neuanfang, sondern auf den mit seiner Ampelkoalition gescheiterten Kanzler Olaf Scholz. Der frühere Hamburger Bürgermeister hat auf Biegen und Brechen um seine erneute Spitzenkandidatur gekämpft. Zum Nachteil der SPD zählte in diesem Falle persönlicher Ehrgeiz mehr als politische Vernunft und Solidarität. Denn die Kandidatur von Scholz schafft in der SPD keine Aufbruchstimmung geschweige denn Begeisterung. Ganz im Gegenteil, momentan glauben nur noch 14 Prozent der Mitglieder, dass die SPD bei den Neuwahlen wieder stärkste Partei werden kann, während 84 Prozent es nicht glauben. Dies ist das Ergebnis einer Forsa-Umfrage nach dem Ampel-Aus in diesem Monat. Und nur knapp die Hälfte der SPD-Mitglieder war unmittelbar vor dem Rückzug von Verteidigungsminister Boris Pistorius in der K-Frage der Meinung, dass Scholz wieder antreten solle. Dagegen hatten 41 Prozent angegeben, Pistorius wäre ihnen lieber. Laut aktuellem RTL/n-tv-Trendbarometer würde die SPD mit Pistorius als Kanzlerkandidaten sechs Prozentpunkte mehr erhalten als mit Scholz . In der jüngsten Forsa-Umfrage kommen die Sozialdemokraten nur noch auf 15 Prozent. Gewiss, bis zum Wahltag am 23. Februar kann noch viel geschehen. Aber angesichts solcher Zahlen gleicht es einem Hochrisiko-Spiel, dass die SPD im Wahlkampf mit Scholz auf den erfolglosesten Kanzler der letzten Jahrzehnte, anstatt mit Pistorius auf den beliebtesten Politiker des Landes setzt. Eine bessere Schützenhilfe können sich Merz und Co. kaum wünschen ... Busse und Bahnen fahren zu selten Es wird höchste Zeit, dass es in Deutschland wirtschaftlich und sozial wieder  mit Vernunft und Augenmaß aufwärts geht.  Denn die Defizite in vielen öffentlichen Bereichen sind offensichtlich – nicht zuletzt im ländlichen Raum, den wir mit unserem Blog besonders im Blick  haben. Ein Beispiel ist der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Laut dem in dieser Woche veröffentlichten Mobilitätsbarometer 2024 der Allianz ProSchiene, des BUND und des deutschen Verkehrssicherheitsrates wird vor allem die unzureichende Taktung von Bussen und Bahnen beklagt. Speziell in den Flächenstaaten fahren sie zu selten, meinen die über 2000 repräsentativ Befragten. Mehr als 80 Prozent der Menschen im ländlichen Raum würden entweder Stillstand oder sogar eine Verschlechterung des ÖPNV am eigenen Wohnort beklagen. Darauf müssen die Parteien im Wahlkampf Antworten geben. Dies betrifft nicht zuletzt die Zukunft des Deutschlandtickets, von dem vor allem Menschen in Ballungsgebieten profitieren. Auch nach Ansicht des Präsidenten des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Jörg Dittrich, geht das Deutschlandticket am Bedarf vieler Menschen im ländlichen Bereich vorbei. Als Beispiel nannte er frühe Morgenstunden, wenn man zur Baustelle oder zum Ausbildungsplatz kommen wolle. Azubis im ländlichen Raum wäre mehr geholfen, wenn sie stattdessen einen Zuschuss für den Führerschein  bekämen, sagte Dietrich der Funke-Mediengruppe. Ein guter Vorschlag. Neue Zahlen zur Ausbreitung der Wölfe Handlungsbedarf besteht auch beim Thema Wolf, das im ländlichen Raum bei Naturnutzern und anderen Bürgern für heftige Kritik sorgt. Zwar wurden die Schutzregeln inzwischen etwas gelockert, aber die Wölfe breiten sich in Deutschland weiterhin praktisch ungehindert aus. Laut aktueller Zählung des Bundesamts für Naturschutz (BfN) gibt es inzwischen offiziell 1601 Tiere, verteilt auf 209 Rudel sowie in 46 Paare oder einzeln (19). Bei der Zählung ein Jahr davor waren es noch 1339 gewesen. Die tatsächliche Zahl dürfte aber noch höher liegen, denn die Statistik enthält lediglich eindeutige Nachweise etwa durch DNA-Abgleiche oder Fotos. Und noch ein wichtiges Thema wird unser Autor Wolfgang Kleideiter in unserem Blog in der kommenden Woche aufgreifen. Die hochkarätig besetzte und breit aufgestellte Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL)  hat zum zweiten Mal einen richtungsweisenden Bericht vorgelegt. Bereits der Titel enthält ein Plädoyer: „Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in schwierigen Zeiten“. In dem einstimmig verabschiedeten Papier mit viele wichtigen und richtigen Empfehlungen und Vorschlägen  für die Bundesregierung wird unter anderem eine neue Kultur der Zusammenarbeit gefordert. Eine zukunftsfähige Agrar-, Umwelt- und Tierschutzpolitik brauche eine noch stärkere Einbeziehung der gesamten Gesellschaft. Vieles funktioniere noch nicht gut. Das staatliche Tierhaltungskennzeichnungsgesetz, über dessen Auswirkungen wir kürzlich noch berichtet haben , sei ein solches Negativbeispiel. Die in der Praxis bereits bewährten Systeme und Prüfmechanismen seien nicht richtig eingebunden worden. Die Kommission spricht auch zu vielen weiteren Themen Klartext. Ob Düngerecht, Weiterentwicklung der GAP, Agrardiesel oder Bürokratieabbau – die 25 Seiten sind gut gefüllt mit vielen im Konsens entwickelten Anregungen und Hinweisen. Treibjagden mit bitterem Beigeschmack Die Wochen vor Weihnachten sind für die Jäger die Haupterntezeit. Der Hörnerklang bei Treib- und Drückjagden hat aber in diesem Jahr einen bitteren Beigeschmack. Die Hasen-Myxomatose lässt manches traditionelle herbstliche Treffen der Waidleute ausfallen. Dabei sind die Reviere in NRW und Niedersachsen sehr unterschiedlich betroffen. In einigen bricht die Population nahezu vollständig zusammen. Andere bleiben bislang verschont und sehen den richtigen Weg darin, den Hasenbesatz jagdlich auszudünnen, um so eine Ausbreitung der Krankheit durch Kontakt der Tiere untereinander einzudämmen. Für den Menschen ist die Hasen-Myxomatose  ungefährlich. Anders als die Hasenpest, auch Tularämie, Lemming- oder Hirschfliegenfieber genannt. Im Jahresverlauf ist sie besonders in Bayern und Baden-Württemberg immer wieder aufgeflackert. Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes haben sich dabei bereits 180 Menschen mit dem Bakterium infiziert. Die Tularämie, deren Anzeichen Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie schmerzhafte Schwellungen der Lymphknoten sind, ist zwar gut behandelbar, kann in Ausnahmefällen für den Menschen aber auch tödlich sein. Auch die Afrikanische Schweinepest (ASP) greift weiter um sich.  Offenbar hat sie einen Sprung von rund 50 km in den Rhein-Hunsrück-Kreis nach Rheinland-Pfalz gemacht, direkt angrenzend an den Mayen-Koblenz-Kreis. Bei Spay am Rhein ist ein totes Wildschwein angeschwemmt worden, dessen erste Beprobung auf ASP positiv ausfiel. Der Forst hat bereits vorsorglich alle anstehenden Drückjagden abgesagt. Über flächendeckende Jagdverbote bzw. über die Einrichtung von Restriktionszonen berät gegenwärtig ein Krisenstab. Brauchtum bei Jägern verflacht Über diese punktuellen Probleme hinaus, die schwerwiegend genug sind, haben Jagd und Jäger eine grundsätzliche Herausforderung. Denn um ihre Zukunft ist es schlecht bestellt. Diese Prognose seiner 2011 erstellten Studie hat der Soziologe Prof. Dr. Werner Beutelmeyer auf der Basis einer aktuellen Zwischenbilanz bekräftigt. Es gibt zwar immer mehr Jäger. Aber deren Wissen über das Handwerk und das Brauchtum verflacht zunehmend. Die Jagd, so der Wissenschaftler,  ist nicht mehr Lebenseinstellung, sondern verkommt zu einem gelegentlichen Freizeitvergnügen , einer interessanten Freiluft-Veranstaltung. Beutelmeyer erwartet deshalb, dass Jäger weiter an Kompetenz und Ansehen in der breiten Öffentlichkeit verlieren, die Stimmung ihnen gegenüber endgültig kippt und Jagdkritiker in der Mehrheit sein werden. Dadurch werde die Politik unter Druck geraten, „neue – vermutlich sehr enge – Spielregeln für Jäger zu definieren“, prophezeit der Wissenschaftler. Über die Studie zum Zustand von Jagd und Jägern im Jahr 2030, die auf der Befragung von Jägern basiert, berichtet unser Autor Christoph Boll in der kommenden Woche in einem Blog-Beitrag. Sie dürfen darauf gespannt sein! Ich wünsche Ihnen eine gute, positive Woche und verbleibe mit den besten Grüßen Ihr Jürgen Wermser Redaktionsleitung/Koordination

  • Unser Wald: Eine Zukunft mit Wild

    Nahezu täglich finden wir im TV und in den Zeitungen beunruhigende Meldungen zur Zukunft unserer Wälder. Bei über elf Millionen Hektar macht die bewaldete Fläche rund ein Drittel unseres Landes aus. Was kann man machen? Den Wald, wie wir ihn kennen, wird es Experten zufolge bald nicht mehr geben. Viele erinnern sich an unsere Wälder aus Kindheitszeiten. Gesund, ertragreich, vielfältig, aber auch mit überwiegend Fichten- und Buchenbeständen. Beim Blick von oben prägte in den Mittelgebirgen saftiges Grün die Bilder der Regionen. Sie sind in dieser Zeit und nach den aktuellen Waldzustandsberichten in den Ländern im Vergleich zu früheren Jahrzehnten heute nicht mehr wiederzuerkennen.  Große Brände, Stürme wie Kyrill, Vivian, Wiebke oder Lothar zogen Bänder der Verwüstung durch verschiedene Landstriche. Sie sind heute noch sichtbar in Waldregionen wie dem Harz, dem Sauerland oder dem Schwarzwald. Viele Baumarten konnten den Orkanen nicht standhalten. Der „Saure Regen“ war in aller Munde, als in der Politik und in der Öffentlichkeit der Begriff „Waldsterben“ in unser festes Vokabular rückte. Dann kamen Trockenjahre und Schädlinge – allem voran der Borkenkäfer. An ihm geht bei Fahrten durch unsere Mittelgebirge inzwischen kein Auge vorbei.   Und die Experten sind sicher, dass unsere Klimaentwicklung mit einer Reihe beklagenswerter Entwicklungsprozesse ziviler Verbrauchsgesellschaften in Zusammenhang zu bringen ist. CO₂ in aller Munde. Und welcher Rolle spielt unser Wald?   Grundlegende Herausforderungen für ein Generationenthema Waldbauern und Förster stehen vor grundlegenden Herausforderungen, unter diesen Bedingungen Reviere umzubauen, aktuell und für kommende Generationen zukunftsfest zu machen. Der Wald ist von je her ein Generationenthema. Dessen Funktionen und aktuelle gesellschaftliche Ansprüche wachsen dramatisch mit den unterschiedlichen Bestrebungen zwischen wirtschaftlich verpflichtetem Eigentum und öffentlichem Wohl.    Bundesforsten, Landesforsten und private Waldbesitzer befassen sich aktuell mit hoher Intensität mit dem biologischen, aber auch gesellschaftsgerechten Umbau unserer Wälder. Kulturlandschaft, wie der Mensch sie kennt und liebt, braucht nicht nur den dichten Wald, sondern auch freie Flächen. Der gesunde Mischwald der Zukunft mit geplanten Veränderungen in den Baumarten soll mit Hitze, Trockenheit und großen Naturereignissen besser klarkommen, als das in der Vergangenheit der Fall war. Auf der einen Seite geht es um das Holz als nachwachsendem Rohstoff aus wirtschaftlich erfolgreich betriebenen Wäldern. Eine andere Theorie befürwortet den aus politischen Gründen und oft mit öffentlichen Geldern geförderten Wald, der der Ansicht folgt, dass die Natur die Dinge selbst am besten regelt. Das wäre der Wald als Allgemeingut – befreit von kommerzieller Nutzung. Dass Natur der Artenvielfalt oft eher entgegenwirkt statt ihr zu nützen, haben Waldbesitzer schon vor Jahrzehnten nachgewiesen. Wird ein Wald sich selbst überlassen, setzen sich die stärksten Arten durch. Zu den zentralen Streitfragen hinter den akuten Debatten gehört nicht nur die populäre Naturwald-Theorie. Mindestens genauso spannend ist der Streit um immer intensivere Freizeit-Nutzung.   Zum Wald gehört von je her die Jagd als fester Bestandteil in der Naturnutzung. Die Jagd hat den Kompetenzanspruch, im Einklang mit wirtschaftlichen Eigentumsinteressen ihren Beitrag zu leisten. Unterschiedliche Forstwirtschaftsformen geben dem Wild angemessen Raum oder verfolgen das Konzept Wirtschaftswald mit bis auf null zu reduzierenden Wildbeständen – insbesondere Rot- und Rehwild.   Die Stiftung natur+mensch wendet sich aktuell dem Thema zu. Sie hat sich entschieden, sich an dieser gesellschaftlichen, politischen und fachlichen Diskussion zu beteiligen. Nach ihrer Satzung verfolgt sie diese Grundprinzipien: Schutz der Naturlandschaften, Pflege der Artenvielfalt, Erhalt artenreicher Kulturlandschaften.   natur+mensch bringt sich mit eigenen Positionen ein Ihren Zweck sieht sie in der Förderung „von Umweltschutz, Naturschutz, Tierschutz und Landschaftspflege durch Förderung der Entwicklung, der Erhaltung und des Schutzes einer artenreichen und gesunden Tierwelt und der Sicherung ihrer Lebensgrundlage“. Hierzu zählen Maßnahmen und Projekte im Rahmen des Umwelt-, Natur- und Tierschutzes und der Landschaftspflege (z. B. Erhaltung, Gestaltung und Vernetzung von Biotopen, Renaturierungsmaßnahmen, Artenschutzprogramme für bestimmte Tierarten).   Daraus leitet die Stiftung in der aktuellen Debatte den Auftrag ab, sich mit eigenen Positionen einzubringen, die der Jagd in Wäldern der Zukunft ausgewogen einen angemessenen Platz sichert. Dazu widmet sie sich konkreten Beispielen der Waldentwicklung, die beides zulässt: Wirtschaftswald und Jagdbetrieb. Konkret befasst sie sich mit der Reaktivierung historischer Waldnutzungsformen. Ziel ist es, den Nachweis einer möglichst ausgeglichen ökologischen und ökonomischen Bewirtschaftung zu führen. Sie will einen konkreten Beitrag zu den gesellschaftlichen Diskussionen über Nachhaltigkeit, CO₂-Speicherung, Klima- und damit Zukunftsstabilität von Wäldern leisten. Dazu gehören die Aspekte der Energieversorgung, Biodiversität, Gesundheits- und Erholungsfunktionen – sowie „Wald mit Wild“ statt „Wald vor Wild“ als Praxisbeispiel. https://www.stiftung-natur-mensch.de/

  • An neuen Haltungsformen führt kein Weg vorbei

    Auch über ein Jahr nach Einführung stößt das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz wegen verschiedener Geburtsfehler auf Kritik. Den Nutztierhaltern hilft dies wenig. Sie müssen ihren Betrieb immer mehr nach den Vorgaben ausrichten Als die Initiative Tierwohl (ITW) im Sommer den neuen Anforderungskatalog für das kommende Jahr vorlegte, läuteten in etlichen Schweinemastbetrieben, die nach ITW-Vorgaben produzieren, die Alarmglocken. Denn die zehn Jahre bestehende branchenübergreifende Organisation kündigte die Anpassung des ITW-Programms an die Stufe zwei der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung an. Das neue staatliche Label kennt fünf verschiedene Haltungsformen. Stufe zwei heißt „Stall + Platz“. Und die damit verbundenen Vorgaben für Schweinefleischprodukte bedeuten konkret, dass viele Landwirte für die neuen ITW-Vorgaben noch einmal Geld in die Hand nehmen müssen. Denn die Schweine erhalten dort über die gesetzlichen Vorgaben hinaus 12,5 statt bisher zehn Prozent mehr Platz. Zudem – und das ist die größte Änderung – müssen aus einer Liste von Strukturierungselementen für jede Bucht im Stall drei Elemente ausgewählt und eingebaut werden. Alternativ kann auch ein Auslauf angeboten werden. Zurückhaltung der Verbraucher, wenn´s um mehr Geld geht Wieder investieren? Während das Gros der Verbraucher laut einer aktuellen Studie der Universität Bonn und der Technischen Universität München nach wie vor nicht bereit ist, für Fleisch aus besserer Haltungsform mehr Geld auszugeben? Manch ein Branchenkenner befürchtete ausgerechnet bei der so wichtigen Initiative Tierwohl eine Austrittswelle. Inzwischen wurde bekannt, dass rund 400 Schweinemäster ihre ITW-Teilnahme zum Jahresende gekündigt haben. Dass es trotz der steigenden Anforderungen nicht mehr waren, liegt nach Einschätzung der Interessengemeinschaft der Schweinehalter nicht zuletzt daran, dass die ITW noch rechtzeitig Übergangsregelungen einführte. So wurde beschlossen, dass Landwirte, die zum 1. Januar 2025 zum Beispiel wegen der Lieferprobleme von Stallelementen nicht alles umsetzen können, ihre Teilnahme für einige Zeit ruhen lassen dürfen. Sie bekommen dann nicht den entsprechend besseren Preis, müssen aber auch nicht fürchten, dass bei ihnen die erst kurz vorher angekündigte Kontrolle des ITW stattfindet und Strafzahlungen fällig werden. Die „Pausentaste“, so berichtete top agrar, könne maximal für ein halbes Jahr gedrückt werden. Inzwischen kündigte die Initiative an, dass sie auch bei den weiteren Haltungsformen im Laufe des kommenden Jahres die Anforderungen erhöhen wird. In den Stufen drei „Frischluftstall“ und vier „Auslauf/Weide“ werden die höheren Tierwohlkriterien gelten. Es ist unübersehbar, dass die Nutztierhalter ihre Arbeit mehr und mehr an den im Tierhaltungskennzeichnungsgesetz definierten Regeln ausrichten müssen. Und dabei haben die Betriebe penibel darauf achten, dass sie nicht Dinge falsch machen oder nicht zu 100 Prozent umsetzen. Kaum noch zu überschauendes Regelwerk Ein Beispiel gefällig? Es ist genau festgelegt, wie groß die Öffnungsfläche im Offenfrontstall für Schweine sein muss. Die Summe der Öffnungen im Dach und den Außenwänden muss mindestens 30 Prozent der Wandflächen des Stalles oder ein Quadratmeter je zehn Tiere betragen. Für die Variante des Frischluftstalles mit Auslauf ist zudem festgelegt, dass der Auslauf bei einer Mindestseitenlänge von zwei Metern eine Mindestfläche von 0,3 Quadratmeter je Tier haben muss. Auch hier ist festgelegt, dass pro angefangene zehn Tiere ein Quadratmeter Öffnung in Dach oder Außenwand vorliegen muss. Und bei der Stallfläche wird natürlich auch noch der Platz vom Lebendgewicht der Schweine abhängig gemacht. Für Außenstehende sind die Kriterien für die einzelnen Haltungsformen, die der Verbraucher am Ende auf einem Siegel findet, kaum noch zu überschauen. Was bei der Schweinefleischproduktion jetzt mehr und mehr Alltag wird, kommt nun auch beim Rindfleisch ins Rollen. Anfang November wurde bekannt, dass die Initiative Tierwohl eine Fortsetzung des Rindprogramms zunächst einmal für den Zeitraum bis Ende 2025 beschlossen hat. Länger ging nicht, denn ein von vielen Seiten kritisiertes Eckpunktepapier zur Tierhaltungskennzeichnung von Rindfleisch, verfasst im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, hat auf den Höfen für Verunsicherung gesorgt. Darin werden Bedingungen formuliert, die aus Sicht der Branche die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Tierhalter weiter einschränkt und zusätzliche Bürokratie erzeugt. Der Nutzen für das Tierwohl sei eher fraglich. Eine ärgerliche und im Grunde unnötige Debatte. Man fragt sich, warum das Özdemir-Ministerium die Verbände und Organisationen der Wirtschaft nicht im Vorfeld intensiver einbezogen hat.

  • Streckenstatistik: Das Schalenwild im Aufwind

    Die Erfassung der Jagdstrecke wird jeweils für das Jagdjahr vom 1. April bis 31. März ausgewiesen. Die Statistik dokumentiert die Population der einzelnen Arten. Sie dokumentiert auch Vitalität und Qualität ihrer Lebensräume. Teil 2: Schalenwild Insgesamt im Aufwind ist das Schalenwild. Bereits 2012 erläuterte dazu Dr. Frank Tottewitz vom Fachbereich für Wald und Umwelt vTI – Institut für Waldökologie und Waldinventuren der Fachhochschule Eberswalde in einem Interview mit dem Deutschen Jagdverband (DJV): „Eine Verdreifachung der Jagdstrecke beim Schalenwild in Zentraleuropa innerhalb der vergangenen 40 Jahre zeigt: Die teilweise beobachtete Bestandsexplosion bei einzelnen Wildarten ist kein deutsches Phänomen und unabhängig von unterschiedlichsten Jagdgesetzgebungen und Zielstellungen in einzelnen Ländern. Die Ursachen sind komplexer. Allgemein gesprochen haben sich die Lebensgrundlagen für das Schalenwild verbessert – mehr Nahrung und mehr Deckung sind die Hauptfaktoren. Fehlende Witterungsextreme und energiereiche Nahrung wie Raps und Mais in der Landwirtschaft sowie sich häufende Baummasten im Wald verringern die natürliche Sterblichkeit. Eine Erhöhung der Abschusszahlen ist die folgerichtige Konsequenz.“ Immer neue Rekordzahlen bei den Rehen Das gilt in Deutschland besonders für Rehe. Immer neue Rekordzahlen stehen zu Buche, sodass die Jahresstrecken inzwischen bei 1,3 Millionen Stück liegen. Bei keiner anderen Schalenwildart können die Strecken so sehr schwanken wie beim Schwarzwild. Ursache ist die mögliche Zuwachsrate von bis 300 Prozent. Bei anhaltend nass-kaltem Wetter aber gehen viele junge Frischlinge ein. Auch die intensive Bejagung im Rahmen der Prävention vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP) spielt eine Rolle. So lag die bundesweite Sauenstrecke 2022/23 bei 492.594 Stück. Ein Jahr zuvor waren es noch 711.407. Zuvor schien sie bereits der Millionengrenze zuzustreben. Manchmal allerdings lassen sich auch die Unterschiede in der Streckenentwicklung einzelner Bundesländer nicht wirklich erklären. So konnten 2019/20 in Rheinland-Pfalz 12,88 Prozent mehr Sauen erlegt werden als der bis dahin geltende Rekordwert, in Hessen waren es hingegen 12,11 Prozent weniger. Und das, wo doch beide Bundesländer aneinandergrenzen. Und an Hessen grenzt Thüringen, das 2019/20 auch ein Rekordergebnis hatte. Leichte Streckenrückgänge auch durch den Wolf Beim Rot-, Dam- und Muffelwild sind in den vergangenen Jahren bundesweit leichte Streckenrückgänge zwischen etwa drei und fünf Prozent verzeichnet, allerdings auf hohem Niveau. Beim Rotwild etwa wurde im Jagdjahr 2016/17 ein Rekordergebnis von 79.122 Stücken erzielt. In 2022/23 waren es noch 74.822 Stücke. Beim Damwild waren es 64.686 Stücke nach 68.269 im Vorjahr. Beim Muffelwild ging die Strecke um rund 3,5 Prozent auf 7.873 Stücke zurück. Das scheint wenig angesichts der Tatsache, dass der Wolf dem Wildschaf in vielen Gebieten bereits den Garaus gemacht hat. Die gerade für NRW veröffentlichte Statistik weist teilweise Rekordzahlen für das wiederkäuende Schalenwild aus. Nicole Heitzig, Präsidentin des Landjagdverbandes (LJV), wertet das als Beleg für die Bemühungen der Jägerschaft, einen Beitrag zur Schaffung klimastabiler Wälder durch Wiederaufforstungen zu leisten. Denn erlegte Rehe, Rot-, Dam- und Sikahirsche sowie Muffel fressen eben keine jungen Bäume mehr. Lesen Sie auch Teil 1: Niederwild

  • Chaotische Lebensmittelkennzeichnung

    In Europa gibt es kein einheitliches System für Angaben auf Verpackungen von Lebensmitteln. 450 Millionen Verbraucher werden in die Irre geführt, rügt der Europäische Rechnungshof Die Verpackungen von fast jedem Lebensmittel tragen inzwischen eine Vielzahl von Labeln, Etiketten, Gütesiegeln und Nährwertkennzeichnungen. Zudem preist die Industrie vielfach vermeintliche Eigenschaften der Produkte an: „Bio“, „glutenfrei“ oder „gesund“. Wobei keine Behörde kontrolliert, ob es sich um eine haltbare Aussage handelt oder um Schönfärberei. Dieses Chaos rügt der Europäische Rechnungshof in einem Sonderbericht. So gebe es EU-weit mehrere Hundert unterschiedliche Kennzeichnungssysteme, moniert Keit Pentus-Rosimannus, der die Prüfung verantwortet. Die Rechtsvorschriften der EU seien mangelhaft: So sei es etwa durchaus möglich, Produkte mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt mit ernährungsbezogenen Angaben zu bewerben. Dann würden zuckerhaltige Riegel zum Beispiel als High-Protein-Produkt angepriesen. Völlig verwirrend sind die Systeme zur Kennzeichnung des Nährwerts. So werden dafür in der EU sechs unterschiedliche Systeme empfohlen. In Deutschland wird seit 2020 Nutri-Score verwendet wie auch in Belgien, Frankreich, Luxemburg und den Niederlanden. Der deutsche Verbraucher mag sich an die farblich unterlegte ABCDE-Skala gewöhnt haben, bei den direkten Nachbarn sucht er häufig schon vergebens: In Dänemark gilt das Keyhole-Symbol, in Polen, Tschechien und Österreich gibt es gar kein empfohlenes Kennzeichnungssystem. Einen Grenzpfosten weiter wird schon wieder etwas anderes benutzt: In Italien Nutrinform Battery und in Slowenien das Protective Food Symbol. Der Verbraucher aus dem benachbarten EU-Mitgliedstaat kann damit nichts anfangen. Die EU leistet sich auf dem wichtigen Gebiet der Verbraucherinformation bei Lebensmitteln eine peinliche Kleinstaaterei. Ganz so, als müsste der Binnenmarkt erst erfunden werden. Tatsächlich gibt es ihn seit über drei Jahrzehnten. Noch schlimmer ist, dass die Kommission diese Missstände seit langem kennt. Sie hat sogar versprochen, für Abhilfe zu sorgen. So hat sie sich 2020 in einem Bericht dazu bekannt, es sei „angebracht“, für eine „harmonisierte und verbindliche Nährwertkennzeichnung“ auf der Vorderseite von Verpackungen zu sorgen. In der umfassenden Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ aus dem gleichen Jahr hat sie sogar angekündigt, bis 2022 einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen. Bald ist die Kommission drei Jahre überfällig, und ein Konzept ist immer noch nicht in Sicht. Die italienischen Behörden gingen 2022 so weit, Geldbußen gegen Unternehmen zu verhängen, die das in Deutschland, Frankreich und Benelux gebräuchliche Nutri-Score-Label verwendet und in Italien ihre Produkte verkauft haben. Dieses Chaos ist dazu geeignet, die übelsten Vorurteile gegen EU-Bürokratie zu erhärten. Festzuhalten bleibt, dass die Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran haben, zu erfahren, welche Inhaltsstoffe Lebensmittel haben. Bislang sind die Kennzeichnungen nicht dazu geeignet, die Europäer bei Kaufentscheidungen zu beraten. Im Gegenteil, die Etiketten verwirren die Menschen mehr. Dabei ernähren sich zu viele Menschen, und hier gerade die Jüngeren, ungesund: zu fett, zu süß und zu salzig. Die Kommission ist gefordert, umgehend ein System der Lebensmittelkennzeichnung vorzulegen, das EU-weit benutzt wird, verständlich ist und dem Verbraucher wertvolle Informationen liefert. Hinzu kommt, dass es nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daherkommt. Verbraucher wollen nicht belehrt, sondern informiert werden.

  • Erste Hoffnungszeichen in den Wäldern

    Der Borkenkäfer ist der Schrecken eines jeden Waldbesitzers. In ganz Europa hat der Schädling Millionen Hektar Wald vernichtet. Doch ein positiver Trend aus Thüringen macht jetzt etwas Hoffnung Es ist nur ein erstes Hoffnungszeichen, mehr nicht. Die Landesforstanstalt in Thüringen meldet vor einer Woche einen Rückgang bei der Schadholzmenge. Im zuletzt bilanzierten September lagen die offiziell registrierten 255.000 Festmeter deutlich unter dem Wert des Vorjahresmonats von 700.000, teilte die Landesforstanstalt mit Sitz in Erfurt gerade mit. Es ist bereits der dritte Rückgang in diesem Jahr. Zufall? Oder doch ein Zeichen, dass das Schlimmste überstanden ist? Fest steht: Mit den aktuellen Angaben aus Thüringen setzt sich wenigstens dort der leicht rückläufige Trend der vergangenen Monate fort – wenn auch auf relativ hohem Niveau. Seit Jahresbeginn hat der Borkenkäfer in Thüringen den Angaben nach bislang etwa drei Millionen Festmeter Schadholz verursacht. Bis Jahresende gehen die Waldschutzexperten in Thüringen nunmehr von rund 3,5 Millionen Festmetern Schadholz aus. „Das ist ein Rückgang von fast 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum“, erklärte Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand von der Landesforstanstalt in Erfurt. Und er lobt: „Die unermüdlichen Bekämpfungsmaßnahmen der Waldbesitzenden und Forstleute scheinen zu greifen. Wurde in diesem Jahr terminlich sehr früh schon saniert, sollten die Maßnahmen jetzt über Winter unbedingt fortgesetzt werden, um die Käferpopulation weiter zu senken.“ Ein Vorhaben, das viele Waldbesitzer überfordern dürfte, da gerade diese Branche durch den Befall durch den Käfer und den Preisverfall beim Holz finanziell extrem belastet ist. Noch keine echte Trendwende Von einer echten Trendwende, die die großen Schäden der vergangenen Jahre auch nur ansatzweise ausgleichen kann, ist man wohl nicht nur in Thüringen weit entfernt. Die jetzt registrierte Menge an Schadholz „liege in etwa im Bereich des hohen Schadniveaus der Jahre 2020 bis 2022“. Regionale Borkenkäfer-Hotspots bleiben in Thüringen die Fichtenbestände in den Forstämtern Neuhaus, Gehren, Oberhof, Frauenwald und Schönbrunn. Um Wälder besser vor dem Klimawandel zu schützen, sollen bisherige Monokulturen zu Mischwäldern mit verschiedenen Baumarten umgebaut werden. Dazu werden in Fichtenwäldern bereits etwa Buchen oder – vereinzelt – auch Douglasien zugepflanzt. In den vergangenen Jahren litten vor allem Fichten an den Klimafolgen wie Dürre und damit verbundenem Befall durch den Borkenkäfer. Aber auch anderen Baumarten wie Buche oder Eiche setzt der Klimawandel zu. Nadelbäume wie Fichten haben gegenüber Laubbäumen den Vorteil, dass sie schneller wachsen. In deutschen Sägewerken werde derzeit überwiegend Nadelholz verarbeitet, das auch für langlebige Konstruktionen wie Möbel und den Hausbau genutzt wird. Feuchte Witterung hilft Noch ist es zu früh zu sagen, ob sich der Trend der vergangenen Monate wenigstens im Osten verfestigt. Die Schadholzmengen aus 2023 und 2024 zeigen nach Expertenbeobachtungen in den Wäldern Sachsen, Sachsen-Anhalts und Thüringens eine enorme Borkenkäferpopulation an, die 2024 immer noch genügend Brutraum vorfindet. Positiv dagegen: Die aktuell gute Wasserversorgung der Waldböden scheint die Abwehrkräfte der Fichte aber zu stärken. Allerdings stellte der Vegetationsstart in den beiden vergangenen Monaten eine enorme „Wasserpumpe“ dar, das Bodenwasser wurde für den Blatt- und Nadelaustrieb benötigt. Borkenkäfer sind weltweit verbreitet und kommen an vielen verschiedenen Baumarten vor. Die meisten Arten besiedeln vor allem Bäume, die bereits geschädigt oder abgestorben sind. Arten, die auch gesunde Bäume befallen und die sich unter günstigen Bedingungen massenhaft vermehren, können Wälder flächig zum Absterben bringen.

  • A wie Ampel-Aus – Z wie Zukunftsfragen

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche Liebe Leserin, lieber Leser, die Auswirkungen des Auseinanderfallens der vor drei Jahren von SPD, Grünen und FDP noch geplanten Zukunftskoalition beherrschen die innenpolitischen Debatten. Mehr gewagt haben die Ampel-Koalitionäre vielleicht, nur vieles ist buchstäblich gründlich in die Hose gegangen. Die Auswirkungen des Ampel-Aus haben wir bereits in der letzten Ausgabe behandelt . Jetzt geht es um die Frage, wie es weitergeht – vor allem in der SPD. Olaf Scholz will weitermachen, ob die Wählerinnen und Wähler das zulassen, werden wir sehen. Wir schauen auch, ob in der Agrar- und Natur-Politik der Alltag wieder einkehrt. Die EU hat sich nach der Wahl neu sortiert und wird wohl andere Schwerpunkte setzen. Wir wenden uns einem Thema zu, das nicht auf eine Woche zu reduzieren ist. In unserem Blog werden wir uns auch mit dem Zustand und der Entwicklung des Waldes beschäftigen. Hinter uns liegt mit dem Blick zurück und auf die Politik nicht gerade eine Woche der Harmonie. Eigentlich sollte es mehr um Themen gehen, die die zerbrochene Ampel mit ihrem einstigen Ziel „Mehr Fortschritt wagen“ unerledigt hinterlässt. Jetzt stehen wir erst einmal vor dem quälend festgelegten Neuwahltermin, der nach dem Jahreswechsel am 23. Februar stattfindet. Zunächst stehen Namen und Personen im Mittelpunkt . Vor allem bei der Regierungspartei SPD. Dem, was wir in Zeitungen gelesen, vor dem Fernseher gesehen und vor allem in den sozialen Medien erlebt haben, soll in diesem Wochenbrief nicht mehr viel hinzugefügt werden. Des Ergebnis Stand dieses Wochenende: Die SPD entscheidet die K-Frage von oben nach unten . Die Druckaufträge für die Plakate mit dem Kopf des Kanzlers können erteilt werden. Scholz bleibt. Als geschäftsführender Kanzler und Kandidat. Vorerst? Beim letzten Mal 2021 hat Lars Klingbeil als damaliger Generalsekretär das Motiv „Scholz packt das an“ mit der letztlich begründeten Hoffnung vorgestellt, dass die SPD den Kanzler als „Macher“ stellen wird. Damals lag der Hamburger knapp drei Monate vor der Wahl in den Umfragen 16 Prozent hinter Laschet. Die andere Seite tritt jetzt geschlossen hinter Merz auf. Das jetzt ähnlich wieder aufzuholen, wird wohl schwierig. Jedenfalls glauben unverändert viele Genossen in der SPD nicht an ein weiteres Kanzler-Wunder mit Olaf Scholz. Vielmehr wird es im Themenwahlkampf auch darum gehen, was der Kanzlerkandidat damals versprochen und kaum geliefert hat: nüchtern, sachlich, hanseatisch Führung zu zeigen und angeblich Liegengebliebenes zu lösen. „Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie auch.“ Das ziehen im Ergebnis viele inzwischen in Zweifel. Ein Restrisiko bleibt für Klingbeil und Scholz. Wenn die Umfragewerte noch weiter sinken, könnte die Diskussion auf dem spät gelegten Nominierungsparteitag erst sechs Wochen vor der Wahl wieder aufleben. Erst dann wird der Kanzlerkandidat bei der SPD formell und bindend aufgestellt. Die vorher von der Partei vorgesehene „Wahlsiegkonferenz“ am 30. November hat dagegen unverbindlichen Charakter. Wenn die Basis der SPD-Führung auf dem Parteitag nicht geschlossen folgt, haben Klingbeil und Scholz zusammen und die SPD insgesamt ein Problem. Das ARD-Politbarometer dieser Woche, das allerdings vor dem Pistorius-Rückzug erhoben wurde, beschreibt die Ausgangssituation im Spiegel der Wählerschaft kritisch. Die Zustimmungsraten fallen für Scholz schlechter aus als 2021. Jedenfalls hat die Opposition mit der Neuwahl das bekommen, worauf sie gedrängt hat. Die Formation um Friedrich Merz bei CDU und CSU steht. Jedenfalls sieht es so aus, dass Markus Söder seinen Fehler von 2021 nicht wiederholt und den Spitzenkandidaten aus der Schwesterpartei nicht noch einmal beschädigt. Übrigens: Wer Laschet heute erlebt, muss feststellen, dass er in der Bundespolitik wieder eine beachtliche Rolle spielt und neue Perspektiven hat. Die Union konnte sich gut auf die Kampagne für Merz vorbereiten. Die Themen liegen auf der Hand. Auf den Teil, den unser Blog vor allem im Blick hat, werden wir uns in Wahlprogrammen und Äußerungen bis zur Wahl besonders konzentrieren. Der ländliche Raum ist in den letzten Jahren einfach zu kurz gekommen! Ein englischer Politiker sagte einmal, dass viele politischen Entscheidungen an Schmerzgrenzen fallen und die Regierungen fast immer den Weg wählen würden, der für sie am wenigsten weh tut. Das gilt wohl auch bei uns. Im Gegensatz zu allen Aufregungen in Berlin kann ein halbes Jahr nach der Wahl in der EU der Normalbetrieb der nächsten Legislaturperiode  beginnen. Am Mittwoch stellt sich im Europaparlament in Straßburg die neue EU-Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen zur Abstimmung. Unser Autor Ludwig Hintjens berichtet von dort mit Blick auf unsere bevorzugten Themen zum Leben und Arbeiten auf dem Lande. Erst einmal geht es um von der Leyens Kabinett. Die Latte liegt nicht so hoch wie im Juli, als sie selbst zur Wahl als Präsidentin 360 Stimmen brauchte, also von der Hälfte aller Sitze. Diesmal reichen die Stimmen der Hälfte der anwesenden Abgeordneten. Das dürfte ihr gelingen, zumal die 188 Christdemokraten recht geschlossen für sie stimmen werden, ebenso die 77 Liberalen, sogar die deutschen FDP-Abgeordneten wollen für sie die Hand heben. Von den 136 Sozialisten zieren sich gerade die deutschen Sozialdemokraten. Sie verübeln von der Leyen, dass sie Raffaele Fitto, der von den rechten Brüdern Italiens (Fratelli d'Italia) kommt, eine herausgehobene Position in der Kommission gegeben hat. Diese Empörung ist fehl am Platz: Er ist ein überzeugter Europäer, jeder Mitgliedstaat kann seinen Kandidaten in der Kommission frei bestimmen. Dass Italien als großer Mitgliedstaat ein verantwortungsvolles Portfolio bekommt, ist schlüssig. Man rechnet damit, dass die Kommission 320 von 719 Stimmen im Parlament für die Bestätigung braucht. Vermutlich wird sie die Stimmen bereits im Lager der Parteien einsammeln, die die informelle Koalition tragen: Christdemokraten, Sozialisten und Liberale. Darüber hinaus dürfte sie noch Stimmen von der konservativen Parteienfamilie EKR und von den Grünen bekommen. Ein Blick auf das große Thema Bürokratie Bleiben wir noch kurz bei der EU, wo für den Außenstehenden vieles sehr kompliziert abläuft . In diesen Tagen bin ich über eine der unzähligen Bekanntmachungen in EUR-Lex, dem elektronischen Amtsblatt aus Brüssel, gestolpert. Es ist die „Einleitung eines Antidumpingverfahrens betreffend die Einfuhren von Hartholzsperrholz mit Ursprung in der Volksrepublik China“. Wenn man sich das mal näher ansieht , betrifft das erstens unseren Interessenkreis, sofern es um die wirtschaftliche Nutzung unseres Waldes und um den Schutz vor Holz-Billigimporten von anderen Kontinenten geht. Zweitens beim Lesen der gesamten Bekanntmachung (was eigentlich bei gefühlt über 1000 Zeilen mit Tabellen kaum ein Mensch macht) ist das aber auch als ein plastisches Beispiel dafür zu nehmen, wie viel an Beamten-Energie in der Brüsseler Bürokratie verschwindet. Und das Thema Bürokratie, das auch bei uns zu allen Ministerien und Behörden gehört, ist aktuell eines der Kernpunkte vor der Wahl. Alle reden über Bürokratieabbau, viel Hoffnung auf Erfolg ist mit Blick auf die Belastungen unserer mittelständischen Wirtschaft kaum zu spüren. Das Thema Wald beschäftigt viele direkt und indirekt Betroffene Zurück zum Wald. In dieser Zeit beschäftigen sich viele Eigentümer, Verbände und Naturschutzorganisationen mit Fachleuten und Laien, Politiker, natürlich auch Nutzer wie Forstunternehmen, Jäger und Erholungssuchende mit diesem Thema. Die Analysen zu Ursachen für die Feststellungen in Waldzustandsberichten sind meist übereinstimmend, die diskutierten Lösungsansätze und Konzepte gehen weit auseinander. In unserem Blog haben wir mehrfach dieses Thema behandelt und darüber berichtet, wie sehr die deutschen Wälder geschädigt sind etwa durch Borkenkäfer, Dürre, Krankheiten und in Folge die Anfälligkeiten etwa bei Bränden oder Stürmen. Am Montag berichtet unser Autor Frank Polke über einen Hoffnungsschimmer an einem Beispiel: In Thüringen geht die Schadholzmenge langsam wieder zurück. Wir wissen, wie sehr der Klimawandel gerade den Wald trifft . Und dass dominierende Baumarten langfristig keine Zukunft in Mitteleuropa haben. Besonders beklagen wir das für die in vielen unserer Mittelgebirgsregionen verbreiteten Arten Fichte und Buche. In vielen Forsten machen sie über die Hälfte der Bestände aus. Auch unsere Stiftung natur+mensch, die diesen Blog herausgibt, hat sich entschieden, sich an dieser gesellschaftlichen, politischen und fachlichen Diskussion zu beteiligen. Nach ihrer Satzung verfolgt sie diese Grundprinzipien: Schutz der Naturlandschaften, Pflege der Artenvielfalt, Erhalt artenreicher Kulturlandschaften. Damit wird sie auf dieses Thema künftig einen ihrer Projektschwerpunkte setzen. Zusammen mit forstwissenschaftlicher unternehmerischer Beratung hat die Stiftung natur+mensch ein konkretes Projektkonzept erarbeitet. Es beschreibt einen Zukunftswald, der wirtschaftlich betrieben werden kann und dabei jagdliche Perspektiven behält. Zum Themenkreis gehören als gesellschaftlicher Beitrag auch Aspekte wie Energieversorgung, Biodiversität, Gesundheits- und Erholungsfunktionen – sowie  „Wald mit Wild“  statt  „Wald vor Wild“ .  Die Stiftung bezieht sich auf Praxisbeispiele , die z.B. in Revieren an Mosel und Rhein belegt werden können. Darauf werden wir an dieser Stelle gelegentlich zurückkommen. Als Indiz für den jeweiligen Zustand der Lebensräume wildlebender Tiere gilt die jährliche Erfassung der Jagdstrecken , die auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene erhoben und veröffentlicht wird. Dokumentiert wird die Population der einzelnen Arten. Daraus ist auch abzuleiten, wie sich Vitalität und Qualität der Biotope entwickeln. Unser Autor Christoph Boll hat das gestern in unserem Blog zunächst für das Niederwild ausgewertet . In der nächsten Woche folgt Teil zwei für das Schalenwild – das vor allem trotz der Zunahme der Abschusszahlen für Rehe in seiner Dichte für einen Teil der Waldbewirtschafter bekannte Sorgen bei der Verjüngung bereitet. Bitte um Verständnis in der Zeit der Drückjagden Wer jetzt zum Wochenende seine Erholung in der Natur sucht, erlebt in diesen Wochen vielleicht auch etwas Unruhe in den Revieren . Es ist die Zeit der Bewegungsjagden, wo das Wild mit Hilfe von ausgebildeten Hunden aus Tageseinständen „herausgedrückt“ wird, um es waidgerecht und erfolgreich bejagen zu können. Drückjagden gehören zum Jagdbetrieb im Verlaufe eines Jagdjahres. Ohne sie könnten in vielen Revieren Wildschäden kaum niedrig gehalten werden . Zu hohe Wildbestände verursachen nun einmal wirtschaftliche Schäden in Millionenhöhe – ein immerwährendes Thema zwischen Jagdpächtern und Land- bzw. Forstwirtschaft. Unsere Jägerinnen und Jäger wünschen sich Verständnis bei den Erholungssuchenden und dort, wo in einer Begegnung Konflikte auftauchen, suchen sie in der Regel das Gespräch. Da kann es nur um gegenseitige Aufgeschlossenheit gehen. In meinem Niederwildrevier erleben wir übrigens eine besondere Harmonie, wie die Bilder vor dem Kamin eines Hofes in Hohenholte zeigt: Dackeldame Wilma und Kater Garfield. Sie sind ein Herz und eine Seele – anders als wir es nach dem Sprichwort wissen „Die sind ja wie Hund und Katz“, wenn zwei sich nicht leiden können. Sie knuddeln nicht nur, sondern knabbern vor dem Kamin am selben Knochen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein in jeder Beziehung harmonisches Wochenende Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination

  • Streckenstatistik verrät viel über Biotop und Wildvitalität

    Die Erfassung der Jagdstrecke wird jeweils für das Jagdjahr vom 1. April bis 31. März ausgewiesen. Die Statistik dokumentiert die Population der einzelnen Arten. Sie dokumentiert auch Vitalität und Qualität ihrer Lebensräume. Teil 1: Niederwild Es geht mehr als um eine Selbstbeweihräucherung der Jäger, wenn die Jagdstrecken jeweils für ein Jagdjahr ausgewiesen werden. Die Statistik, die auf Kreis-, Landes- oder Bundesebene alle auf der Jagd erlegten Wildtiere sowie das sogenannte Fallwild erfasst, ist ein relatives Maß und Index der Populationsgröße einzelner Arten. Sie ist zugleich ein Indiz für den jeweiligen Zustand ihres Lebensraumes. Ist das Wild gesund und lebt es in einem optimalen Habitat, kommt es in größerer Zahl vor, als wenn es krank ist und aus Äsungsmangel kümmert. Wichtiger ist der mehrjährige Trend. Schwankungen von einem Jahr zum nächsten sind bei der Analyse wenig aussagekräftig, weil sie etwa durch eine intensivere Bejagung oder auch witterungsbedingt sein können. Nass-kalte Frühjahre und Frühsommer lassen bei vielen Offenlandarten kaum Nachwuchs groß werden. Bundesweit gibt es große Unterschiede der Entwicklungen bei Schalen- und Niederwild, bei Friedwild und Beutegreifern. Aber auch große Differenzen zwischen den einzelnen Bundesländern. Gämsen brauchen nun mal die Berge. Sie kommen in Deutschland vorrangig in den bayerischen Alpen und in geringerer Zahl auch im Schwarzwald und der Schwäbischen Alb, also in Baden-Württemberg, vor. Für die Zahlen bei Hase, Fasan, Rebhuhn und Kaninchen ist traditionell das norddeutsche Tiefland wichtig, also Niedersachsen und NRW, wo im vergangenen Jahr 72.737 Feldhasen erbeutet wurden. Das ist im Vergleich zum Vorjahr erneut ein leichter Anstieg, der fast immer nur möglich ist in Kooperation der Jäger mit der Landwirtschaft. Wo der Feldhase als Leittierart gute Lebensbedingungen vorfindet, fühlen sich auch andere Tier- und Pflanzenarten wieder wohl. Aber das Fünkchen Hoffnung auf eine Trendumkehr der seit Jahrzehnten sinkenden Besätze dürfte durch das seit einigen Monaten grassierende Myxomatose-Virus (siehe Blog-Beitrag „Myxomatose bedroht Meister Lampe“ vom 14. Oktober 2024) schnell erlöschen. Massiver Rückgang der Hasenstrecken Zuvor war die Hasenstrecke in NRW in zehn Jagdstrecken bis 2022 um etwa 77 Prozent von einst 127.000 auf 29.000 zurückgegangen, in Niedersachsen um 68 Prozent von 88.000 auf 28.000. Ursache war keineswegs ausschließlich jagdliche Zurückhaltung, sondern vielmehr auch auf die Zerstörung von Lebensräumen und Nahrungsgrundlagen durch Landwirtschaft und Versiegelung. 1981/82 wurden bundesweit noch 825.039 Mümmelmänner erlegt. 236.587 lautet die letzte vorliegende Zahl, die aus dem Jahr 2022/2023 stammt. Bei den Fasanen ist der Spitzenwert des Jagdjahres 1971/72 mit mehr als 1,3 Millionen auf 87.935 gesunken. Ganz ähnlich ist es beim Rebhuhn, das heute nur noch vereinzelt in bejagbarer Menge vorkommt. Zuletzt lagen noch 1.685 auf der bundesweiten Strecke. Bei den Kaninchen sank die Beute von 860.376 im Jahr 1990 auf zuletzt 63.856. Nicht ganz so dramatisch sind die Zahlen bei Waldschnepfe, Stockenten und Wildtauben. Aber auch sie sind im Sinkflug. Die Population der Beutegreifer wächst ständig Zum Niedergang des Niederwildes tragen ganz erheblich die Beutegreifer bei, deren Strecke kontinuierlich wächst. Zwischen 80.000 und 90.000 Dachse erlegen die Jäger pro Jahr, besonders im Süden der Republik. Es gibt Vermutungen, Meister Grimbart gehe es besonders dort gut, wo es etwas wärmer ist, und er könnte ein Gewinner des Klimawandels sein. Verglichen mit den Strecken von Hase und Fasan sind 412.245 erlegte Füchse immer noch viel. Aber es waren auch schon mal 250.000 Rotröcke mehr. Vielleicht fehlen Reineke doch die Kaninchen. Vergleichsweise neu bei uns ist der Marderhund. Die Enokstrecken haben sich in den vergangenen Jahren bei rund 30.000 eingependelt. Auffällig ist der hohe Anteil, der in Schleswig-Holstein erbeutet wird. Das nördlichste Bundesland hat die ehemaligen Hauptmarderhundländer Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg abgelöst. Es scheint, als fühle sich der Marderhund in kälteren Gefilden wohler. Jedenfalls schreitet die Besiedlung des Südens deutlich langsamer voran. Geradezu dramatisch ist die Ausbreitung des Waschbären. 2029/20 wurden erstmals mehr als 200.000 dieser Neubürger erlegt. Damit hatte sich die Strecke in nur sechs Jahren verdoppelt und in einigen Bundesländern wurden mehr Waschbären als Füchse erlegt. Das nährt die Prophezeiung, dass der Kleinbär in absehbarer Zeit zu Deutschlands häufigster Raubwildart aufsteigen wird. Er steht als invasive Art auch auf EU-Ebene auf der Liste der unerwünschten Arten, die intensiv gejagt werden sollen. Außerdem tragen Marderartige, Raben- und Greifvögel dazu bei, dass das Niederwild gezehntet wird. In einem weiteren Teil gehen wir in der kommenden Woche auf das Schalenwild ein.

  • Der Hagel-Überflieger

    Der 36-jährige Manuel Hagel hat allerbeste Chancen, dass 2026 in Baden-Württemberg nach 15 Kretschmann-Jahren wieder ein Christdemokrat Ministerpräsident wird Plötzlich trug Manuel Hagel eine Brille. Ein dunkles markantes Gestell. Eines, das den jugendlichen Eindruck des 36-Jährigen abfedert, Erfahrung und Kompetenz vermittelt, Seriosität nicht zuletzt. So was braucht einer, dessen Chancen prächtig stehen, 2026 Ministerpräsident in Baden-Württemberg zu werden und damit die lange Kretschmann-Schmach der über viele Jahrzehnte erfolgsverwöhnten CDU zu beenden. Dass glaubwürdige Parteifreunde tuscheln, Hagel würde nur durch Fensterglas schauen, was soll`s. Besser als kurzsichtig. Denn Hagel wird politischer, durchaus mit persönlichem Ehrgeiz gepaarter Weitblick attestiert. Der junge Mann sitzt seit 2016 im Landtag, ist seit 2021 Chef der zweitstärksten Landtagsfraktion und seit 2023 CDU-Landesvorsitzender. Ungewöhnlich geräuschlos hat Hagel die Stufen an die Spitze genommen, auch wenn seine Spitzenkandidatur gegen den Grünen Cem Özdemir von einem Parteitag erst in ein paar Wochen offiziell abgesegnet wird. Hagel steht für den Generationenwechsel, oft von den zaghaften Jungen der Landes-CDU verschlafen oder von den hartleibig Altväterlichen boykottiert. Mit 18 Jahren war er in die CDU eingetreten und bereits nach kurzer Ochsentour durch die Kommunalpolitik und die Junge-Union-Schule zehn Jahre später Generalsekretär der Südwest-CDU. Den wechselresistenten Fraktionschef Wolfgang Reinhardt hat er nicht ohne Raffinesse weggebissen, den angeschlagenen Parteichef Thomas Strobl zum Rückzug bewegt. 91,5 Prozent der Delegierten stimmten damals für den talentierten Nachwuchspolitiker. Hagel stammt unüberhörbar aus Ehingen an der Donau. Oberschwaben. Da ist Stuttgart weit. Als diplomierter Bankbetriebswirt ist ihm in der Politik der Blick auf die besten Zinsen und Anlagen nicht verloren gegangen. Seine Rede vom „Pflichten- und Lastenheft“, das es abzuarbeiten gilt, hat nicht nur unter den Häuslebauern in der Landespartei Kultstatus. Ein gepflegter Schwiegersohn vom Land statt ein freakiges Großstadt-Großmaul: Die Reden Hagels erinnerten dialektgefärbt „an eine vorderalpine Kreisbauernversammlung und inhaltlich an die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts“, schreibt die Stuttgarter Zeitung mit dem grün angehauchten Hochmut der Landeshauptstadt. Der Katholik ist verheiratet und Vater von drei Söhnen. Dialektgefärbt, konservativ und bodenständig Hagel gibt den Konservativen aus Überzeugung, wirft sich elegant in Trachtenjacken, lässt sich als aktiver Jäger ablichten und sucht vor allem dort wieder mehr Zuspruch, wo die Grünen fast alle der sicher geglaubten CDU-Direktmandate erobern konnten. Kretschmann sei`s gedankt. Warnungen vor dem Sozialismus verbinden sich da mit dem Ruf nach einem starken Sicherheitsstaat, ohne Umweltthemen, Infrastruktur und Gesellschaftswandel verständnisvoll außen vorzulassen. Laut einer Oktober-Umfrage liegt die CDU in Baden-Württemberg mit 34 Prozent (ein Plus gegenüber 2021 von zehn Prozent) weit vor den Grünen mit 18 Prozent (ein Minus von über 14 Prozent zu 2021). Das hört sich für Hagel gut an, auch wenn das Aus der Berliner Ampel neue Verschiebungen mit sich bringen könnte – und Cem Özdemir ohne die Last des Bundeslandwirtschaftsministers früher und 100-prozentig in die Landespolitik einsteigen dürfte. Hagel hat gegenüber Özdemir in Sachen Bekanntheit noch eine Menge Aufholarbeit zu leisten. In derselben Umfrage müssen zwei Drittel der Befragten passen, wenn sie nach ihm befragt werden. Für die meisten ist er ein unbeschriebenes Blatt. Dennoch halten laut einer anderen Umfrage 46 Prozent seine Wahl zum Ministerpräsidenten für wahrscheinlich. 55 Prozent dagegen glauben nicht an einen Sieg des bekannteren Özdemir. Aber wer weiß in diesen Tagen schon, was der Republik im nächsten Jahr noch alles blüht. Und ob Grün-Schwarz im Südwesten wirklich bis zum Frühjahr 2026 hält. Eines hat Hagel schon klargestellt: Einen Wechsel von Kretschmann zu Özdemir wird die CDU in dieser Legislaturperiode als Junior-Partner nicht mittragen. Wie auch immer: Die Chancen der CDU, nach 15 Jahren wieder den Ministerpräsidenten zu stellen, standen noch nie so gut. Hagel darf hoffen. Ganz nach einem Satz von Alexandre Dumas: Das Leben ist bezaubernd, man muss es nur durch die richtige Brille sehen.

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