Beispiel Niedersachsen: Klimaanpassung als Pflichtaufgabe
- Christian Urlage
- vor 11 Stunden
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Der Landtag in Hannover hat die Novellierung des Klimagesetzes verabschiedet. Kritik gab es von der Opposition, von kommunalen Spitzenverbänden und Unternehmern. Ein Beispiel aus einem Flächenland

Der niedersächsische Landtag hat kürzlich das Klimagesetz geändert und dabei zwei Bundesgesetze ins Landesrecht überführt: das Wärmeplanungsgesetz und das Klimaanpassungsgesetz. Das hat sowohl positive als auch negative Folgen. Teile des Klimagesetzes sind politisch umstritten.
Die gute Nachricht: Die niedersächsischen Kommunen werden komplett entlastet. Sie bekommen für ihre Wärmeplanung bis zum Jahr 2040 mehr als 46 Millionen Euro vom Land. Das Wärmeplanungsgesetz des Bundes verpflichtet die Länder, flächendeckend eine Wärmeplanung umzusetzen. Diese Aufgabe überträgt die Landesregierung auf die Einheits- und Samtgemeinden.
Niedersachsen fängt nicht bei null an, da 95 Mittel- und Oberzentren bereits im bisherigen Klimagesetz zur Wärmeplanung verpflichtet sind. Laut Umweltminister Christian Meyer (Grüne) müssen daher nur rund 140 Einheits- und Samtgemeinden im Rahmen der Gesetzesnovelle neu verpflichtet werden. Damit geht es jetzt mehr in die Fläche.
CDU-Fraktion: Klimaneutralität 2040 ist unerreichbar und unrealistisch
Umstrittener ist das Ziel der rot-grünen Landesregierung, Niedersachsen bereits 2040 klimaneutral zu machen. Dann sollen nur noch so viele schädliche Treibhausgase ausgestoßen werden, wie über sogenannte Senken – Wälder, Moore und technische Kohlenstoffsenken – aufgenommen wird. Das ist fünf Jahre früher, als der Bund es plant. Für die CDU-Fraktion im Landtag ist die Umsetzung in 15 Jahren ein zu ehrgeiziges, unerreichbares Vorhaben. Auch kommunale Spitzenverbände und Unternehmer warnen vor wirtschaftlichen Risiken und befürchten Wettbewerbsnachteile. Verena Kämmerling, die umweltpolitische Sprecherin der CDU im Landtag, wirft den Regierungsparteien „Symbolpolitik“ vor und hält 2045 – wie im Bundesklimaschutzgesetz – für ein realistisches Ziel.
Die Klimaanpassung soll zur Pflichtaufgabe werden und vom Land finanziert werden. Niedersachsen will auf Hochwasser, Starkregen und Hitzewellen mit höheren Deichen, entsiegelten Flächen und Hitzeschutz durch Begrünung reagieren. Dafür stellt der Umweltminister den Kommunen 90 Millionen Euro für Klimaschutz und Klimafolgenanpassung zur Verfügung. Bis Ende 2028 müssen die Landkreise und kreisfreien Städte, die Region und die Landeshauptstadt Hannover sowie Göttingen ein kommunales Klimaanpassungskonzept erarbeiten.
Ein Klimaschutzbeauftragter für jede Landesbehörde in Niedersachsen
Jede Landesbehörde soll einen Klimaschutzbeauftragten bekommen, was die CDU-Fraktion im Landtag als Zunahme der Bürokratie kritisiert. Außerdem plant die Landesregierung einen Klimarat, dem auch Vertreter der Landwirtschaft angehören sollen. „Das alles bringt dem Klima nichts. Wir brauchen Umsetzung statt Papiere“, erklärt Umweltpolitikerin Kämmerling. Statt des Klimarates, der 400.000 Euro pro Jahr verschlingt, schlägt sie Dialogformate, Verbandsbeteiligungen oder Gutachten vor.
Die Union brachte zur Novellierung des Klimagesetzes einen Änderungsantrag ein, der aber keine Mehrheit fand. Dabei ging es auch um den Torfabbau, den die rot-grüne Landesregierung seit 2023 komplett verboten hat. Der Gesetzentwurf der CDU-Fraktion sah eine Rücknahme vor, was der Industrieverband Garten (IGV) e.V. begrüßte.
Industrieverband Garten: Negative Folgen für Klimabilanz und Wettbewerbsfähigkeit
Dies sei ein notwendiger Schritt, um die Versorgungssicherung der Substratindustrie und des Gartenbaus zu gewährleisten. Denn seit dem Verbot müssten wichtige Produktionsrohstoffe zunehmend aus dem Ausland importiert werden, „mit allen negativen Folgen für Klimabilanz, Wettbewerbsfähigkeit und regionale Wertschöpfung“, so der IGV. Nach Ansicht des Verbandes stehen ein verantwortungsvoller Torfabbau und wirksamer Moorschutz nicht im Widerspruch.
Ähnlich sieht es CDU-Umweltexpertin Kämmerling: „Torf mit einer wesentlich schlechteren Treibhausgasbilanz muss importiert werden. Das ist für den Erwerbsgartenbau eine Katastrophe, vernichtet einen heimischen Wirtschaftszweig, verteuert die heimische Gemüseproduktion und erhöht die Lebensmittelpreise für die Verbraucher.“
Diese Folgen könnten nicht einfach ignoriert werden, meint die Diplom-Agraringenieurin. Deshalb spricht sich die Union dafür aus, den Torfabbau in Niedersachsen unter strengen Bedingungen und unter hohen Naturschutzauflagen weiterhin zuzulassen. Eine Mehrheit dafür fand sie im Landtag jedoch nicht.


