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- Zwischen Bambi und Knospenbeißer
Rehe werden mal als Bambi idealisiert, mal als Knospenbeißer verteufelt. Das Naturschauspiel der jährlichen Brunft zu dieser Zeit lenkt den Blick auf unsere kleinste Schalenwildart mit jagdlichem Zwiespalt Foto: Eugène Reiter Passionierte Bockjäger fiebern jährlich zu dieser Zeit diesen vier Wochen der Blattzeit entgegen, besonders in den Niederwildrevieren. Gilt der Rehbock doch als Hirsch des kleinen Mannes. Auf der Suche nach paarungsbereiten Ricken wird mancher zuvor unbekannte Trughirsch sichtbar. Die jährliche Rehwildstrecke erreicht seit Jahren immer neue Rekordwerte und liegt inzwischen bei bundesweit mehr als 1,3 Millionen Stücken. Rehe kommen als Kulturfolger flächendeckend in Deutschland vor und haben fast jede Art von Lebensraum für sich erschlossen. Sie leben sowohl im tiefen, menschenleeren Wald als auch in Stadtparks. Als nicht soziale Art sind Rehe die meiste Zeit des Jahres Einzelgänger. Im Winter suchen sie die Gruppe und finden sich zu mehr oder weniger großen „Sprüngen“ zusammen, meistens aus mehreren Familienverbänden bestehend. Sie finden sich dann zufällig und in wechselnder Zusammensetzung. Besonders im Frühjahr, wenn diese Sprünge sich auflösen und die Rehe ihre Sommereinstände beziehen, ist die Gefahr für Autofahrer groß. Die Stücke ziehen umher, auch auf der Suche nach frischer Grünäsung. Und: Junge Böcke werden von den älteren Geschlechtsgenossen vertrieben und suchen nach einer eigenen Nische. Dann kommt es gehäuft zu Zusammenstößen. Gleiches gilt für die von Mitte Juli bis Mitte August dauernde Brunft. Die Hälfte der Wildunfälle ereignet sich mit Rehen Alle 2,5 Minuten kommt es in Deutschland zu einem Unfall mit Wildtieren. In der Hälfte der Fälle sind Rehe betroffen. Wer in diesen Wochen mit dem Auto unterwegs ist, sollte daher vor allem in ländlichen Gegenden und entlang von Feldern und Wäldern aufmerksam fahren, die Geschwindigkeit anpassen und besonders vorausschauend unterwegs sein. Wenn plötzlich ein Reh auf der Straße steht, gilt: Abblenden, Geschwindigkeit reduzieren, hupen – und keinesfalls ein Ausweichmanöver versuchen. Ein solches endet oft im Gegenverkehr oder an einem Baum. Die sicherste Reaktion ist eine kontrollierte Vollbremsung bei gleichzeitigem Festhalten des Lenkrads. Wenn hormongesteuerte Böcke das weibliche Wild suchen und im Liebesspiel vor sich hertreiben, oft ausdauernd in engen Kreisen, ist das ein besonderes Naturschauspiel. Auf Wiesen und in Getreidefeldern entstehen dadurch sichtbare Spuren, sogenannte „Hexenringe“, die auf den ersten Blick verraten, dass dort ein Rehbock bei der Brautschau erfolgreich war. Etwa neun Monate später setzt die Ricke ihren Nachwuchs, der aus bis zu drei Kitzen bestehen kann. Gut die Hälfte der Tragezeit besteht aus einer Keim- oder Eiruhe. Diese Verzögerung der embryonalen Entwicklung kommt in Europa auch bei Dachs, Marder, Hermelin, Seehund und Braunbär vor. Sie führt dazu, dass Mutter und Jungtier nach der Geburt sofort von einem reichen Nahrungsangebot profitieren. Jagdgegnern ist jedes mit der Kugel getötete Reh eines zu viel. Sie werfen Jägern sogar vor, die Rettung von Kitzen vor dem Mähtod erfolge doch nur, um die Tiere wenig später schießen zu können. Dass die Bewahrung des Jungwildes vor grausamen Verstümmelungen schon ein Gebot des Tierschutzes ist, blenden sie aus. Anderen können mit Hinweis auf die Notwendigkeit des Waldumbaus und deshalb erforderlicher Verbissminimierung gar nicht genug Rehe erlegt werden. Sie sehen in der Büchse nicht nur ein probates Mittel des Waldumbaus, sondern oft das einzig wirksame. Stetig wachsender Jagddruck Seit etlichen Jahren werden Rehe deshalb zunehmend scharf bejagt. Denn die zuwachsenden Kalamitätsflächen bieten einen nahezu optimalen Lebensraum. Die sich entwickelnde Naturverjüngung bietet dem Wild massenhaft Äsung und außerdem den Vorteil, dass es zunehmend schwerer zu bejagen, weil kaum noch sichtbar ist. Die Tiere finden in einem kleinen Radius oft alles, was sie brauchen und müssen weniger zwischen Äsungsflächen und Einständen hin und her pendeln. Die neu entstehenden, riesigen Dickungen bieten dem Rehwild also beste Bedingungen, um sich weiter zu vermehren. Deshalb wird sich der Aufwärtstrend bei den Jagdstrecken wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren fortsetzen. Und das trotz eines immer weiter zunehmenden Jagddrucks. Er basiert auch auf einer immer kürzeren Schonzeit für Rehe, deren Ende mit Blick auf die kontinuierlich früher einsetzende Vegetation Stück für Stück vordatiert worden ist. War noch vor wenigen Jahrzehnten am 16. Mai Auftakt der Jagd auf Böcke und einjährige weibliche Stücke, sogenannte Schmalrehe, so geht es vielerorts nun bereits am 1. April los. Mal mit Ausnahmegenehmigung, mal weil die Jagdzeiten landesgesetzlich geändert wurden. Nur wenige Traditionalisten halten noch daran fest, nur auf durchgefärbte rote Stücke und Böcke, die das Gehörn blank gefegt haben, zu jagen. Der frühe Beginn der Rehwildjagd wäre kein Problem, würde auch das Ende vorverlegt. Wildbiologisch sinnvoll wäre Silvester „Hahn in Ruh“, also das Ende der Jagd und damit der Beunruhigung des Wildes. Denn dann schaltet unsere kleinste Schalenwildart ihre Stoffwechsel auf Wintermodus. Jede Beunruhigung durch Menschen und Raubwild wie den Wolf zehrt fortan an den Kraftreserven, die über Monate nicht mehr aufgefüllt werden können. Warnung vor überzogenem Jagddruck auf Rehe Doch besonders die Forstpartie möchte auch auf den Drückjagden im Januar noch Dampf machen auf Rehe. Nicht zuletzt auch auf Böcke. Vor einigen Jahren noch mussten sie durch die sogenannte Schonzeit ab 16. Oktober nicht mehr um ihr Leben fürchten. Weil aber die männlichen Stücke im Winter ihr Gehörn abgeworfen haben und deshalb viel schwerer von Ricken zu unterscheiden sind, erhielten auch sie längere Schusszeiten, die meistens sogar bis Ende Januar gehen. Mit der Gesetzesänderung sank bei etlichen auch die Hemmschwelle, auf Stücke zu schießen, die sie zuvor nicht eindeutig angesprochen, also identifiziert hatten. Da verkommt der alte Jäger-Leitspruch „Was du nicht kennst, das schieß' nicht tot“ im wahrsten Sinne des Wortes zu Schall und Rauch, also Büchsenknall und Pulverdampf. Der Landesjagdverband Baden-Württemberg hat deshalb nun während seines Landesjägertages vor überzogenem Jagddruck auf Rehwild gewarnt und sich gegen Forderungen nach drastisch höheren Abschüssen ausgesprochen. Seiner Meinung nach zählen nicht Zahlen und sie allein seien kein Maßstab. Vielmehr brauche es Verantwortung und abgestimmte Konzepte mit Blick auf Altersstruktur und Geschlechterverhältnis.
- Wie lässt sich das Problem hoher Bodenpreise lösen?
Das Landwirtschaftsministerium in Hannover will den Kauf und die Pacht von Agrarflächen über ein neues Gesetz regeln. Kritiker befürchten mehr Bürokratie und Eingriffe in Grundrechte Foto: Wilfried Giesers / pixelio.de Boden ist auch in Niedersachsen knapp, begehrt und wird stetig teurer. Dieser Kostentreiber erschwert Landwirten die dringend notwendige Aufstockung ihrer Flächen. Bei den Kauf- und Pachtpreisen liegt Deutschlands Agrarland Nummer eins deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Kann das Niedersächsische Agrarstruktursicherungs- und Agrarstrukturverbesserungsgesetz – kurz NASVG – Abhilfe schaffen? Das zumindest behauptet die rot-grüne Landesregierung in Hannover, die das Gesetz auf den Weg gebracht hat. „Die landwirtschaftlichen Flächen müssen jetzt und auch in Zukunft bezahlbar bleiben“, fordert das Agrarministerium. Die Ressortchefin und langjährige Grünen-Politikerin Miriam Staudte, eine Diplom-Sozialarbeiterin, sagt: „Wir wollen zukünftig verhindern, dass immer mehr Betriebe aufgeben müssen, indem wir ihnen einen ganz wichtigen Zugang sichern, nämlich den zu Land.“ Grünen-Minister Meyer: Wir wollen keine Investoren-Landwirtschaft Bereits vor acht Jahren startete die damalige rot-grüne Koalition einen ersten Anlauf für ein Boden-Gesetz: Im Mai 2017 legte Staudtes Vorgänger Christian Meyer (Grüne) einen Entwurf vor. „Wir wollen keine Investoren-Landwirtschaft“, sagte der damalige Agrarminister. Doch drei Monate später verlor die Regierung von Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) die Ein-Stimmen-Mehrheit. In Niedersachsen kam es zu vorgezogenen Neuwahlen und der Entwurf konnte nicht mehr im Landtag beraten werden. Ab November 2017 regierte eine rot-schwarze Koalition. Nun wechselten die Grünen in die Opposition und ihr Gesetzesvorschlag scheiterte im Parlament. Der aktuelle Entwurf des NASVG von 2024, der Ende August vergangenen Jahres zur Verbandsbeteiligung freigegeben wurde, ähnelt stark der Regierungsvorlage von 2017. Das Agrarministerium in Hannover erklärt in einer Pressemitteilung , die Landesregierung wolle den Boden vor Spekulationen und branchenfremden Investoren schützen. Besonders Junglandwirte und Existenzgründer sind im Blick. Bei 300 Hektar soll für die Betriebe Schluss sein Ein zentraler Punkt des Gesetzes: Der Kauf oder die Pacht von Flächen kann unter bestimmten Bedingungen versagt oder eingeschränkt werden kann. Das gilt etwa, wenn die Betriebsgröße rund 300 Hektar übersteigt – mehr als das Vierfache der durchschnittlichen Betriebsfläche in Niedersachsen, die derzeit bei 73 Hektar liegt. Der Wert gilt unabhängig von der Bodengüte und betrifft Acker, Grünland und Forstflächen gleichermaßen. Auch Käufe oder Pachten, die nicht mit dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb des Erwerbers zusammenhängen, sollen verhindert werden. Das betrifft etwa Flächen, die weit entfernt vom Betrieb liegen. Untersagt werden sollen auch Fälle, in denen der Kaufpreis den Verkehrswert um 50 Prozent übersteigt oder der Pachtzins 50 Prozent über der Durchschnittspacht vergleichbarer Flächen liegt. Ausnahmefälle sind vorgesehen: „Die Grundstückverkehrsausschüsse haben Spielraum zur angemessenen Behandlung der Einzelfälle“, betont das Landwirtschaftsministerium. Sogenannte Share Deals, also Anteilskäufe an juristischen Gesellschaften, sollen künftig genehmigungspflichtig sein. Agrarministerin Staudte verspricht zudem eine Entbürokratisierung und Vereinfachung: Drei Bundesgesetze – das Grundstückverkehrsgesetz, das Landpachtverkehrsgesetz und das Reichssiedlungsgesetz – sollen durch das NASVG ersetzt werden. „ Ideologisch geprägtes Bürokratiemonster“ Die Opposition in Niedersachsen sieht das anders: Als „ideologisch geprägtes Bürokratiemonster“ bewertet Marco Mohrmann, agrarpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag in Hannover, den Entwurf. Von „Bürokratiemonster“ spricht auch das Niedersächsische Landvolk , das im Anhörungsverfahren eine 16-seitige Stellungnahme an die Landesregierung schickte. Schon 2017 war das Gesetz umstritten. Der Verband Familienbetriebe Land und Forst ließ seinerzeit ein Rechtsgutachten erstellen. Der Kölner Jurist Otto Depenheuer kam zu dem Schluss, der Entwurf verstoße gegen mehrere Grundrechte wie die Eigentumsgarantie und die Berufsfreiheit. Der Verband Familienbetriebe Land und Forst schätzt, dass mehr als 1000 landwirtschaftliche Betriebe in Niedersachsen von der 300-Hektar-Flächengrenze betroffen wären. In ostdeutschen Bundesländern ist diese Größe nicht nur üblich, sondern wird oft überschritten. Auch Agrarökonomen, etwa vom Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO), äußern Bedenken. In einer Stellungnahme vom November 2024 verweisen sie darauf, dass bereits jetzt 15 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Niedersachsen von größeren Betrieben bewirtschaftet wird. Sie kritisieren, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Begrenzung nicht untersucht worden sind. Die Wissenschaftler bemängeln auch handwerkliche Schwächen im Entwurf: „Viele unbestimmte Rechtsbegriffe und nicht klar strukturierte Verfahren behindern die dringend erforderliche digitale Umsetzung des behördlichen Verfahrens.“ Zwar begrüßen sie die vielen Ausnahmeregelungen, befürchten aber zugleich mehr Bürokratie bei der Genehmigung. Das Gesetzgebungsverfahren geht es erst nach der Sommerpause des Parlaments weiter. Spannend bleibt, wie die sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten den von den Grünen propagierten Entwurf des NSVAG bewerten. Hoffentlich lassen sie sich von den Kritikern überzeugen, dass die geplanten Regelungen nicht hilfreich sind.
- Unsere Kolumne zum Wochenende: Zugspitze, Ernährung und EU-Finanzen
Liebe Leserin, lieber Leser, die politische Woche wurde von einem Zugspitz-Gipfel eingeleitet. Der Kanzler-Besuch in Bayern ging so hoch hinaus. Das Thema: Hat Merz das eingehalten, was er zur Sommerpause versprochen hat? Die EU-Präsidentin hat jetzt ehrgeizige Finanzpläne vorgestellt, die insbesondere auch unter den Bauern überall in Europa Widerstände auslösen. Weiter geht es um die Entwicklung unserer Ernährungswirtschaft und dabei um einen Großabnehmer für landwirtschaftliche Betriebe in Deutschland. Das Kartellamt untersagte eine Übernahme und löst Sorgen unter Tiermastbetrieben aus. „Rücksicht macht Wege breit“ ist eine Aktion zum Verständnis für Begegnungen mit Erntefahrzeugen. Dazu kommt der „Wildverkehr“ in der Blattzeit des Rehwildes. Auch diese Kolumne zum Wochenende bietet damit eine breite Themenpalette. Im Prinzip gehört das zum Kanzleralltag in der Startphase einer Legislaturperiode : Jetzt sind das die üblichen und damit anstehenden offiziellen Besuche nach Amtsantritt von Friedrich Merz in den Bundesländern. Der Auftakt fand nun in dieser Woche im Süden statt. Er hatte was von „Bayern first“ . Die Inszenierung stammt natürlich von Markus Söder. Alles nach dem Motto „Wir sind nicht nur Spitze, sondern auch ein besonderes Bundesland“ . Die formelle Sitzung des Münchner Landeskabinetts mit dem Bundeskanzler fand auf der Zugspitze statt. Motto: Wir ganz oben. Der Rahmen unten wirkte erst einmal wie ein Staatsbesuch, aber auf Kreisebene mit Landrat, Musikanten, Marketenderinnen und Abschreiten der Front vor angetretenen Gebirgsschützen und mit Salutschüssen. Die beiden Koalitionspartner auf Seiten der Union gingen dann an ihre Inhalte. Auf dem Tisch in der Sitzung lag ein vorformulierter Wunschzettel aus den Kabinettsressorts. In den Medienstatements war es dann weniger landespolitisch. Es ging mehr darum, was Deutschland bewegt, was die Koalition bis zu den Sommerferien des Parlaments liefern wollte und nun erledigt hat – und auch nicht. Das sind im Kern das „Investitions-Sofortprogramm“ des Bundes sowie die Migrationspolitik mit den von Dobrindt eingeleiteten Grenzkontrollen. Die Zugspitze liegt übrigens im Wahlkreis des Innenministers. Die Eigenbilanz der Unionschefs in dieser Szenerie vor und auf dem höchsten Berg Deutschlands: „ Es gab noch keine Bundesregierung, die in den ersten zehn Wochen so viel auf den Weg gebracht und abgeschlossen hat, wie diese“, sagt Merz. Und Söder schränkt ein: „Eins minus hätte es fast sein können, aber wegen letztem Freitag würde ich sagen, sind wir auf einer Zwei plus“. Das spielte auf den Koalitionsunfall mit noch nicht absehbaren Folgen in Sachen Richterwahl und die nicht eingehaltene Zusage zur Stromsteuer an. „ Konjunkturelles Abwärtsrisiko“ Im Kern geht es natürlich um unsere Konjunkturaussichten nach den Beschlüssen von Regierung, Bundesrat und Bundestag. Das steht auch nach den Umfragen bei Wählerinnen und Wählern mit oben auf der Wunschliste. Unsicherheiten bleiben mit Blick auf die unkalkulierbare Zollpolitik der USA. Das trifft alle Bereiche, auch die im ländlichen Raum verortete Wirtschaft mit dem oft unterschätzten Agrar- und Ernährungsanteil. Die Bundesbank jedenfalls befürchtet wegen der angedrohten hohen Zölle von US-Präsident Donald Trump immer noch erhebliche Belastungen für die deutsche Wirtschaft. Sollte der angekündigte Satz von 30 Prozent auf Importe aus der EU ab 1. August in Kraft treten, wäre dies ein „ beachtliches konjunkturelles Abwärtsrisiko“ für die Konjunktur, warnen die Bundesbanker. Den deutschen Exporteuren drohe kurzfristig „ zusätzlicher Gegenwind“ durch die US-Zollpolitik. EU-Finanzpläne lösen Unruhe aus Eine saftige Kürzung des Agrarbudgets um ein Fünftel schlägt Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für die nächste Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Jahre 2028 bis 2034 vor. Die Bauern sollen statt 387 Milliarden Euro, wie in diesem Siebenjahreszeitraum, nur noch 300 Milliarden Euro aus den Fördertöpfen der EU bekommen. Und dabei gibt es noch nicht einmal einen Ausgleich für die Geldentwertung der vergangenen und der kommenden Jahre. Sie will zudem die Direktzahlungen ab jährlich von 20.000 Euro abschmelzen und ab 100.000 Euro ganz kappen. Die Mitgliedstaaten sollen zwar darüber hinaus weitere Gelder aus ihren Zuweisungen aus Brüssel für die ländlichen Räume frei machen können. Unser Autor und EU-Experte Ludwig Hintjens bemerkt dazu: „Wie viel davon bei den Landwirten ankommt, das ist offen.“ Die Bauernverbände drohen bereits mit neuen Protesten, im Europaparlament und in den Regierungen der Mitgliedstaaten formiert sich der Widerstand. Eins ist sicher: Die Wut wird sich in der Sommerpause nicht legen, dafür ist sie zu groß. Apropos Konjunktur: Die deutsche Ernährungsindustrie verzeichnete im April 2025 einen preisbereinigten Umsatzgewinn von plus 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Während der Inlandsmarkt um 2,3 Prozent stieg, sank das Auslandsgeschäft um 0,8 Prozent. Das macht Hoffnung im ländlichen Raum . Immerhin erzielten unsere Lebensmittelhersteller einen Umsatz von 20,6 Milliarden Euro. Das entspricht nach Angaben der Bundesvereinigung der Ernährungsindustrie (BVE) in dieser Woche einem nominalen Zuwachs von 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die knapp 6.000 Ernährung produzierenden Betriebe erwirtschaften übrigens einen jährlichen Umsatz von 232,7 Mrd. Euro. Mit rund 658.000 Beschäftigten ist diese Branche bei den Beschäftigtenzahlen damit der viertgrößte Industriezweig Deutschlands und nach Umsatz sogar der drittgrößte. Dabei ist die Branche überwiegend mittelständisch geprägt: 90 Prozent der Unternehmen der deutschen Ernährungsindustrie gehören dem Mittelstand an. Entwicklung eines Unternehmens zum Big Player Dazu gehört auch die Premium Food Group in Rheda-Wiedenbrück. Sie leistet inzwischen als Big Player einen erheblichen Anteil an diesen Zahlen und der zitierten Gesamtentwicklung. Die Premium Food Group ist das Familienunternehmen, das wir bisher unter Tönnies im urbanen Raum mit Fleischprodukten an „sämtlichen Bedientheken in Deutschland vom Supermarkt über Metzgereien bis zu Caterern“ kennen. Und im ländlichen Raum als größten Fleischproduzenten und damit bedeutendsten Abnehmer der Schweinemastbetriebe – und einen der führenden Abnehmer von Rindermastbetrieben an mehreren Standorten in Deutschland. Das ist für die Landwirtschaft wie auch für die Ernährungswirtschaft mit seiner dynamischen Entwicklung wie auch inzwischen für das Kartellamt relevant. Die bisher weniger bekannte, aber große neue Firmenmarke hat zugleich etwas mit der Entwicklung des westfälischen Unternehmens vom reinen Schlachtkonzern zu einem breit aufgestellten Lebensmittelproduzenten zu tun. Der Geschäftsführende Gesellschafter der Premium Food Group, Maximilian Tönnies, erläuterte in dieser Woche gegenüber der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf diesen Wandel. Das ist im Prinzip die Entwicklung zum aktuell größten Lieferanten des deutschen Lebensmitteleinzelhandels – übrigens vor Unternehmen wie Oetker und Müllermilch. Maximilian Tönnies im Gespräch der WPV in Düsseldorf (Foto: Springensguth) Maximilian Tönnies beginnt mit der Geschichte der Entwicklung von einer kleinstädtisch geprägten Familien-Metzgerei der Großeltern über Bernd und Clemens Tönnies zu einem führenden Lebensmittelproduzenten in Deutschland und Europa. Aktuell repräsentiert er die Zukunftsgeneration im operativen Geschäft. Die aktuelle Unternehmensphase wird in den kommunizierten Zahlen so beschrieben: 7,8 Milliarden Umsatz, 21.000 Mitarbeiter, über die deutschen Standorte hinaus in neun Ländern in der Produktion aktiv und mit aktuell besonderem Fokus auf Dänemark und Großbritannien. Geliefert werden die Produkte (jeweils auch nach unterschiedlichen Ernährungsgewohnheiten) nahezu weltweit. Die Exportrate beträgt 50 %. Neben Fleisch und Wurst produziert die Premium Food Group auch Convenience-Produkte. Dazu kommen in der wachsenden Produktpalette nach Tönnies-Angaben in der Breite unter anderem auch Tierfutter, alternative Proteine, Logistik und Lagerhaltung für Ultrafrische- und Tiefkühlprodukte (TEVEX) und am Ende auch branchenbezogenen Versicherungsleistungen. Dabei legt das Unternehmen Wert auf seine Nachhaltigkeitsstrategie . Das bezieht die Tierproduzenten ein. Von der Tierhaltung über die Verarbeitung bis zur Verpackung setze man auf nachhaltige und ressourcenschonende Prozesse. So berate das Unternehmen die Lieferanten-Höfe – insbesondere beim Umbau zu tierfreundlichen Haltungsmethoden. Im Fokus der Wirtschaftspresse steht aktuell gerade nach der WPV-Veranstaltung der juristische und politische Widerstand gegen die durch das Kartellamt im Juni untersagte Übernahme von süddeutschen Produktionsstandorten der konkurrierenden Vion-Food-Group mit Sitz in den Niederlanden. Vion hatte 2024 entschieden, sich aus dem deutschen Markt zurückzuziehen und auf die Benelux-Länder zu konzentrieren. Danach seien – so das Kartellamt – in Bezug auf bisherige Vion-Standorte Fusionen geprüft und in Abstimmung mit der EU-Kommission bislang auch freigegeben worden. Nun geht es um süddeutsche Standorte, insbesondere Crailsheim, Waldkraiburg und Buchloe mit erheblichen Auswirkungen auf zurzeit noch dort zuliefernde Mastbetriebe in Baden-Württemberg und Bayern. Maximilian Tönnies warnt vor den Folgen: Dies sei ein harter Schlag für die Landwirte in Süddeutschland. Unter ihnen ist nach der Übernahmeuntersagung Furcht vor einer Schließung durch Vion groß. Es geht mangels Alternativen um den drohenden Wegbruch gewohnter Absatzmärkte. Dabei spielen für die landwirtschaftlichen Lieferanten die viel diskutierten Transportzeiten zum Schlachthof eine besondere Rolle. Und es geht natürlich um die noch dort Beschäftigten. Das Kartellamt hat offensichtlich mehr die Marktstrukturen für den Absatz im Auge und weniger die Auswirkung auf die bäuerlichen Betriebe. Insgesamt liegt auf der Branche erheblicher Druck, der zu den Schließungen führt. Die Premium Food Group hätten viele Hilferufe von Seiten der Bäuerinnen und Bauern erreicht. Neben dem Schritt vor das zuständige OLG Düsseldorf erwägt Tönnies nun eine „ministerielle Prüfung“ . Die sogenannte „Ministerlaubnis“ kann der Kartellentscheidung folgen, wenn überragendes Interesse der Allgemeinheit besteht. Hier geht es um Beschäftigte und Landwirte. Dazu habe das Unternehmen in Rheda-Wiedenbrück ein Zukunftskonzept bei hoher Investitionsbereitschaft. Unsere Themen in der nächsten Woche Um die Zukunft landwirtschaftlicher Strukturen geht es aktuell auch in Niedersachsen, wo das zuständige Ministerium die Pacht von Agrarflächen über ein neues Gesetz neu regeln will. Unser Autor Christian Urlage befasst sich zeitnah in unserem Blog mit der Frage, ob das sogenannte Agrarstruktursicherungs- und Agrarstrukturverbesserungsgesetz Abhilfe schaffen kann. Der aktuelle Gesetzentwurf der Ressortchefin und langjährigen Grünen-Politikerin Miriam Staudte stößt wegen befürchteter Eingriffe in Grundrechte bei Betroffenen auf erhebliche Kritik. Schon 2017 war ein ähnlicher Gesetzentwurf aus Hannover umstritten. Der Verband Familienbetriebe Land und Forst ließ seinerzeit ein Rechtsgutachten erstellen. Der Kölner Jurist Otto Depenheuer kam zu dem Schluss, der Entwurf verstoße gegen mehrere Grundrechte wie die Eigentumsgarantie und die Berufsfreiheit. In diesen Tagen beginnt die Brunft des Rehwildes. Passionierte Bockjäger fiebern diesen vier Wochen jährlich entgegen, besonders in den Niederwildrevieren. Gilt der Rehbock doch als Hirsch des kleinen Mannes. Auf der Suche nach paarungsbereiten Ricken wird mancher zuvor unbekannte Trughirsch sichtbar. Die jährliche Rehwildstrecke erreicht seit Jahren immer neue Rekordwerte und liegt inzwischen bei bundesweit mehr als 1,3 Millionen Stücken. Jagdgegnern ist jedes davon eines zu viel. Anderen können mit Hinweis auf die Notwendigkeit des Waldumbaus und deshalb erforderlicher Verbissminimierung gar nicht genug Rehe erlegt werden. In einem weiteren Blog-Beitrag beleuchtet unser Autor Christoph Boll in der kommenden Woche die Biologie unserer kleinsten Schalenwildart und die Konfliktlinien, zwischen denen sie lebt. In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wurde der Gesprächskreis Jagd, Fischerei und Natur nach der Wahl neu besetzt. Unser Stiftungsratsmitglied bei natur+mensch, MdB Marc Henrichmann, hat den Vorsitz übernommen. Gemeinsam mit seinem Stellvertreter Christian Moser MdB will er sich damit verstärkt für den Schutz und die nachhaltige Nutzung unserer natürlichen Lebensgrundlagen einsetzen. „Mit Respekt vor der Natur und Wertschätzung für unsere Jäger, Fischer und Naturschützer“ , schreibt Henrichmann dazu bei Facebook. Sein Vorgänger war sein Bundestagskollege Henning Otte, der nun Wehrbeauftragter ist. Während der Ernte ist auf Feld- und Wirtschaftswegen reichlich Betrieb: In kurzen Zeitfenstern rücken große Maschinen aus, um das Getreide von den Feldern einzufahren. Gleichzeitig treiben steigende Temperaturen immer mehr Menschen nach draußen in die Natur. Bei Fahrradfahrern, Spaziergängern und Hundehaltern sind landwirtschaftliche Wege abseits von vielbefahrenen Straßen besonders beliebt. In der Erntezeit kreuzen sich dann die Wege von Ausflüglern mit großen landwirtschaftlichen Geräten wie Schleppern, Anhängern und Mähdreschern. Darauf weisen der Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband (WLV), die Landesverkehrswacht und die Provinzial-Versicherung mit der gestern vorgestellten Aktion „Rücksicht macht Wege breit“ hin. Wir werden darüber berichten. Zunächst passt das zu meinen guten Wünschen zum Wochenende! Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination
- Wissenschaftler bestätigen Forderungen zur Jagd auf Waschbären
Die Goethe-Universität Frankfurt hat in einem aktuellen Positionspapier die Bedrohung durch den invasiven Waschbären für heimische Arten und Menschen bestätigt Foto: berggeist007 / pixelio.de Entgegen der verbreiteten Wahrnehmung als niedlicher „Neubürger“ verursachen die geschätzten 1,6 bis 2 Millionen Waschbären in Deutschland erhebliche Schäden: Sie zerstören Gebäudestrukturen, verbreiten Krankheiten und bedrohen bodenbrütende Vögel, Amphibien sowie Reptilien durch ihren hohen Prädationsdruck. Der gezielte Eingriff in Räuber-Beute-Beziehungen wird übrigens laut Nabu Prädationsmanagement genannt. Dabei hält diese bekannte Naturschutzorganisation eine Bekämpfung des Waschbären nur in seltenen Fällen zum Schutz bedrohter Arten für sinnvoll. Das Papier der Frankfurter Wissenschaftler dagegen räumt mit Mythen wie dem Einfluss der Jagd auf die Fortpflanzungsrate auf und betont die Notwendigkeit eines konsequenten Managements. Mit der genannt hohen Zahl dieser reizvoll, aber für andere Tiere gefährlich daherkommenden Waschbären reden wir heute über einen der häufigsten Raubsäuger in Zentraleuropa. Dabei ist er in Deutschland nicht heimisch: Ursprünglich aus Nordamerika stammend, wurde der Waschbär in den 1930er-Jahren in Hessen und Brandenburg ausgesetzt und breitete sich von dort aus rasant aus. Heute kommt er nahezu flächendeckend vor – auch in Hessen. „Putziger Neubürger“ im Widerspruch zu realen Schäden Die Forscher der Goethe-Universität zeigen: Die öffentliche Wahrnehmung als „putziger Neubürger“ steht im Widerspruch zu den realen Schäden. Der Landesjagdverband Hessen (LJV) sieht seine Forderungen – etwa eine ganzjährige Jagdzeit unter Einhaltung des Elterntierschutzes und den Ausbau von Lebendfangfallen mit Fangmeldern – durch die Forschungsergebnisse bestätigt. Mit über 41.000 entnommenen Waschbären allein in Hessen im Jagdjahr 2024/25 steigt die Bejagung weiter an. Die dort geplante Aufhebung der Schonzeit begrüßt der LJV als wichtigen Schritt zum besseren Artenschutz. So sieht jetzt auch die Landesregierung in Hessen eine Intensivierung der Jagd auf Waschbären vor. Gestern teilte das Ministerium für Landwirtschaft und Jagd in Wiesbaden mit, dass die Planung zur Abschaffung der Schonzeit bereits weit fortgeschritten sei. Der zuständige Minister Jung unlängst im Landtag: „Wenn wir dem Problem irgendwie Herr werden wollen, müssen wir den Waschbären konsequent und intensiv bejagen.“ Fazit: Der Waschbär ist eine invasive Art mit gravierenden Folgen für die heimische Natur. Effektive, wissenschaftlich gestützte Kontrollmaßnahmen sind unerlässlich, um unsere heimischen Ökosysteme zu schützen.
- Ökopunkte: Währung für Revier-Gestaltung
Wer der Natur schadet, muss an anderer Stelle diesen Schaden wiedergutmachen. Jäger können das für die Revier-Gestaltung und wildtierfreundliche Aufwertung nutzen Foto: Jakob Ehrhardt / pixelio.de Ob Errichtung eines Wohn-, Gewerbe- oder Industriegebietes, ob Bau von Straßen, Freizeitanlagen oder Abgrabungen: Jeder Eingriff in die Natur muss durch die Aufwertung anderer Flächen ausgeglichen werden. Der GesetzgebNaturer fordert für Flächenversiegelungen durch Baumaßnahmen einen entsprechenden ökologischen Ausgleich, da durch die Eingriffe in die Natur ein Schaden an Flora und Fauna entsteht. Geregelt wird dies im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und in den jeweiligen Länderrechten. Um bei Eingriffen in die Natur die Belange des Naturschutzes zu berücksichtigen, existieren diverse Regelungen für den Genehmigungsprozess. Dazu gehören die Bauplanung und die Flächennutzungsplanung sowie die Eingriffsregelung. Durch letztere werden oft sogenannte Ausgleichsmaßnahmen gefordert, die die Prozesse verzögern und häufig relativ hohe Kosten verursachen. Das nahmen die Bundesländer zum Anlass, die sogenannten Ökokonten als ein relativ flexibles Instrument einzuführen, um die Prozesse insgesamt zu beschleunigen. Jede Kompensation eines Eingriffs muss so erfolgen, dass die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushaltes in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise wiederhergestellt oder das Landschaftsbild landschaftsgerecht neugestaltet wird. So setzt die Eingriffsregelung letztendlich die Belange des Naturschutzes durch, da hierdurch sichergestellt wird, dass auch Flächen, die nicht unter Naturschutz stehen, gewahrt bleiben und es unter dem Strich keine Verschlechterung von Natur und Landschaft erfolgt. Schaffung von Lebensräumen für verschiedene Tierarten Doch muss die Beseitigung einer Hecke nicht durch die Pflanzung einer Hecke kompensiert werden. Möglich ist jede Form der ökologischen Aufwertung der Ausgleichs- oder Ersatzfläche, etwa das Anlegen und die Pflege von Streuobstwiesen und Magerrasen oder auch die Renaturierung von Gewässern und das Schaffen von Lebensräumen für verschiedene Tierarten. Verantwortlich für die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen ist der Eingriffsverursacher. Die ökologische Bewertung von Eingriff und Ersatz erfolgt mit Hilfe sogenannter Ökopunkte, was manche Umweltschützer als „modernem Ablasshandel“ für die Bauindustrie bezeichnen. Natürlich kann ein Landwirt Flächen an die Kommune oder andere Interessierte verkaufen, damit diese darauf Maßnahmen zur Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft umsetzen. Er kann darauf aber auch selbst Kompensation für andere betreiben – und das sogar auf Vorrat. Wie bei einem Sparbuch die Geldeinzahlungen werden die Aufwertungen dann auf einem Ökokonto gutgeschrieben in Form von Ökopunkten. Die Ökopunkte kann er später verkaufen. Vorteil: Der Landwirt bestimmt, was auf seinem Grund und Boden geschieht und die Flächen bleiben sein Eigentum. Allerdings muss der Ausgleich bestehen bleiben, solange der Eingriff seine Wirkung entfaltet. Und das ist meistens dauerhaft. Denkbar ist allenfalls, dass die Kompensation an anderer Stelle neu erfolgt, wenn die ursprüngliche Ausgleichsfläche ausnahmsweise anderweitig in Anspruch genommen wird. Natürlich können die Maßnahmen immer nur vom Flächeneigentümer oder in Absprache mit ihm vorgenommen werden. Und das Ökokonto kann nur auf seinen Namen lauten. In erster Linie können daher Eigenjagdbesitzer das Verfahren nutzen, um das Biotop wildtierfreundlich aufzuwerten. Aber Pächter können zumindest den oder die Eigentümer der von ihnen bejagten Flächen darauf aufmerksam machen und so vielleicht zu Maßnahmen veranlassen. Wildtierfreundliche Aufwertung Entscheidend ist in jedem Fall, dass die Planung von der Unteren Landschaftsbehörde anerkannt wird. Dazu gibt es naturschutzfachliche Gutachten. Dabei gibt es ebenso wie bei der Bewertung der Maßnahmen in Ökopunkten deutliche Unterschiede. Letztlich werden in einem Vertrag die Finanzfragen geklärt, der Ausgangszustand sowie die Maßnahme beschrieben und ökologisch bewertet. Außerdem müssen darin die Bewirtschaftung bzw. Pflege der Flächen geregelt sein. Ökopunkte funktionieren wie eine Währung. Sie symbolisieren den Gegenwert einer bereits erfolgten ökologischen Aufwertung der Natur. Einfach erklärt bedeutet dies, dass Flächeneigentümer, die ihre Biotope aufwerten, indem sie etwa Streuobstwiesen oder ähnliches schaffen, sich diese Maßnahmen in Form von Ökopunkten honorieren lassen können. Verwaltet werden diese Ökopunkte in sogenannten Ökokonten von den Unteren Naturschutzbehörden. Die genaue Ermittlung und Berechnung der Ökopunkte erfolgt nach dem sehr komplexen Biotopwertverfahren. Die Regelungen in den Bundesländern sind zwar nicht einheitlich. Bundesweit aber brauchen Unternehmen und Kommunen Ausgleich für ihre Eingriffe in die Natur. Sie benötigen dafür geeignete Flächen oder können Ökopunkte kaufen. Der Flächeninhaber erhält also in diesem Moment Geld für bereits erbrachte Leistungen oder er verpflichtet sich gegen Bezahlung zur Erbringung der Ausgleichsleistung. Dabei gibt es keinen einheitlichen Preis für Ökopunkte. Er richtet sich nach dem marktwirtschaftlichen Gesetz von Angebot und Nachfrage und kann durchaus bis zu fünf Euro je Punkt betragen. Tendenziell ist der Wert in Ballungsgebieten höher als im ländlichen Bereich. Ein Faktor bei der Preisfindung ist wegen unterschiedlicher Bewertungsverfahren auch das Bundesland. Wer also Ökopunkte kaufen oder verkaufen möchte, tut gut daran, sich über die regionale Situation gut zu informieren. Dies erfolgt auf dem freien Markt. Dazu wird in aller Regel in enger Abstimmung mit der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde (UNB) ein Vertrag geschlossen. Längst gibt es auf dem Markt Unternehmen, die wie Makler vermitteln und Anbieter mit Nachfragern zusammenbringen.
- Der Anfang ist gemacht
Der ländliche Raum soll mehr politische Aufmerksamkeit erhalten – auch und gerade durch die Bundespolitik. Doch das gestaltet sich nicht so einfach wie gedacht Foto: Heinrich Linse / pixelio.de Die ersten Weichen in der neuen Berliner Regierungskoalition sind gestellt, die ersten Eindrücke, wie die Koalition aus Union und SPD die Themen ländlicher Raum, Jagd und Landwirtschaft inhaltlich und personell besetzen will, sind erkennbar. Ein Überblick, festgemacht an drei Ministern unterschiedlicher Parteien, die nun in der Regierungsverantwortung sind. Landwirtschaft: Die Berufung des Bundestagsabgeordneten Alois Rainer zum neuen Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat kam selbst für Insider überraschend. Zuvor hatte der amtierende bayerische Bauernpräsident und Liebling von Markus Söder, Günther Felßner, das Handtuch geworfen, nachdem Aktivisten seinen Hof in Franken heimgesucht hatten. Die Trauer innerhalb der CSU hielt sich in Grenzen. Danach sagte die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber ab. Darüber waren mehr traurig. Also fiel die Wahl der Söder-Crew aus München auf den gelernten Metzgermeister Rainer. Ruhig, fachlich versiert, tief in der CSU sozialisiert, dem veganen Zeitgeist abhold – und einer mit Expertise aus der Ernährungsbranche. Seitdem hat Rainer die Erwartungen erfüllt. „Wir haben als Bundesregierung noch vor dem 100. Tag unserer Amtszeit den Ampel-Stopp der Agrardieselrückvergütung zurückgenommen“, sagte der Minister auf dem Deutschen Bauerntag. Mit der vollständigen Wiedereinführung der Rückvergütung zum 1. Januar 2026 unterstützt die Bundesregierung die Landwirtschaft mit rund 430 Mio. Euro jährlich. Derzeit werden landwirtschaftliche Betriebe nur noch mit 6,44 Cent pro Liter steuerlich entlastet. Ab 1. Januar 2026 sollte die Entlastung komplett entfallen. Weiterer Pluspunkt: Rainer setzte das Aus der von Deutschland verschärft umgesetzten Stoffstrombilanzverordnung durch. Ein Wortungetüm und ein bürokratisches Monster, das die ohnehin hohe bürokratische Belastung für die Landwirte weiter verschärft hatte. Nicht durchsetzen konnte sich der Minister, dessen Bewährungsprobe auf europäischer Ebene noch kommen dürfte, beim Thema Mindestlohn. Landwirte fürchten die Verteuerung ihrer Produkte (bei den Erdbeeren war dies schon zu beobachten), sollte der Mindestlohn gerade für Saisonkräfte weiter steigen. Hier setzte sich die SPD durch – und auch der Widerstand der Union war hier eher protokollarischer Natur. Fristversäumnis als peinlicher Fehler Umweltschutz: Carsten Schneider ist neuer Bundesminister für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Viele gerade im Themenfeld Naturschutz und Umwelt sind schon mal froh, dass die beiden Fachgebiete nicht mehr in Zuständigkeiten grüner Minister fallen, sondern von einem Sozialdemokraten. Soweit ein Fortschritt, zeigte sich gerade die ehemalige Bundesumweltministerin Lemke schon früh als ideologisch festgefahren und – wie so viele ihrer Parteikollegen – für die Argumente von Fachverbänden aus dem Bereich Forstwirtschaft, Jagd und Landwirtschaft nicht zugänglich. Schneider, ein eher pragmatisch agierender Sozialdemokrat, hat bisher Akzente setzen wollen bei der Bekämpfung der Trockenheit und des Niedrigwassers. Hier will er auf die notleidenden Wirtschaftsbranchen zugehen und verspricht ihnen Hilfe. Negativ: Unter seiner Amtsführung ließ Deutschland in Brüssel eine Frist für den Klimasozialplan verstreichen – und damit für finanzielle EU-Hilfen für nationale Branchen, die unter dem Klimawandel bereits heute leiden wie zum Beispiel Winzer. Reiches Probleme liegen woanders Wirtschaft: Natürlich ist die Nutzung von Forst- und anderen landwirtschaftlichen Bereichen auch immer Wirtschaft. Vor allen Dingen dann, wenn die Flächen und Betriebe im privaten Eigenturm stehen. Das dürfte der neuen Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche viel klarer sein als zum Beispiel ihrem Amtsvorgänger Robert Habeck. Reiche, geboren in Luckenwalde und vor ihrer Rückkehr in die Politik Vorstandsvorsitzende bei der Westenergie AG mit Sitz in Nordrhein-Westfalen, ist sozialisiert auch dadurch, dass ihre Familie ein eigenes Unternehmen besaß und besitzt. Erlebt hat sie dabei Aufschwung und Abschwung, Erfolg und Fast-Insolvenz. Reiche also kennt die Nöte von kleineren Unternehmen, gerade auch in den bewegten Nach-Wende-Zeiten. Jetzt ist sie allerdings eher auf der Metaebene unterwegs, kämpft auf der Weltbühne um die Abmilderung der Auswirkungen des Zollstreits oder den Kurswechsel bei der Energiepolitik. Dabei dürfte wenig Zeit für die Nöte der heimischen Agrarbranche mit all ihren nachgelagerten Bereichen sein.
- Mittelgroße Höfe könnten die Verlierer sein
Ein Entwurf zur künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU zeigt, dass die Kommission bei den Direktzahlungen die Axt anlegen will Foto: ybernardi Die gute Nachricht ist: Es soll auch im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU für die Jahre 2028 bis 2034 einen eigenständigen Titel für Agrarmittel geben. Dies ist im Vorfeld des morgigen Mittwochs bekannt geworden, an dem die Kommission ihren Vorschlag für den nächsten Haushaltsrahmen, der im EU-Jargon MFR genannt wird, sowie den Vorschlag für die nächste Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Öffentlichkeit vorlegen will. Dass es wieder eine eigene GAP-Verordnung geben wird, ist keine Selbstverständlichkeit. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will nämlich beim nächsten MFR die GAP mit anderen Fördertöpfen zusammenführen. Am Montag ist ein Entwurf der GAP-Verordnung in Brüssel durchgesickert. Das knapp 40 Seiten umfassende Dokument enthält zwar noch keine Geldsummen. Wie viel in Euro und Cent demnächst für die Einkommensunterstützung der Bauern zur Verfügung steht, dieses Geheimnis will das Team der Kommissionspräsidentin selbst dem zuständigen Agrarkommissar Christophe Hansen erst wenige Stunden vor der Präsentation in der Öffentlichkeit bekannt geben. Klar ist aber, dass weiterhin Gelder für Direktzahlungen an die europäischen Landwirte reserviert sein sollen. Der Bestand der sogenannten ersten Säule der Agrarpolitik kann damit als gesichert angenommen werden. Gerade für mittelständische Betriebe könnte es aber zu empfindlichen Kürzungen bei den Direktzahlungen kommen. Dies geht aus Artikel sechs der Verordnung hervor. Bisher war die Hektargröße das Kriterium für Kürzungen und Abschmelzungen bei den Subventionen aus Brüssel. Künftig ist der Zahlbetrag entscheidend. So sollen die Beträge schon ab Zahlungen zwischen 20 000 und 50 000 Euro im Jahr reduziert werden. Damit deutet sich an, dass Bauernhöfe mit einer Fläche von etwa 120 Hektar von Kürzungen der Einkommenshilfen betroffen sein könnten. Diese Pläne dürften zu einem heftigen Aufschrei der Landwirte führen. Die erste Säule der GAP regelt die Direktzahlungen zwischen der EU und den Mitgliedstaaten. In der zweiten Säule fließen bisher Fördergelder der EU an die Regionen. In Deutschland sind dies vor allem Gelder, die an die Bundesländer gehen. Während die erste Säule der GAP wohl auch für die Jahre 2028 bis 2034 steht, sind bei der zweiten Säule massive Zweifel angebracht. In dem Entwurf für die GAP-Verordnung wird etwa der EU-Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung des ländlichen Raumes gar nicht erwähnt. Während in der ersten Säule bislang die EU der alleinige Zahler war, wurden in der zweiten Säule die EU-Gelder kofinanziert. In Deutschland beteiligen sich der Bund und die Länder an den Zahlungen der zweiten Säule. Dies geschieht etwa mit dem Ziel, den Strukturwandel abzufedern und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Vermutlich wird die Kommission auch weiterhin den Mitgliedstaaten Gelder für diese Zwecke zur Verfügung stellen. Jedoch deutet sich an, dass die Kommission über die Verwendung direkt mit den Mitgliedstaaten verhandeln und entscheiden will. Von der Leyen will also das Europäische Parlament außen vorlassen. Das ist bedenklich, weil sie damit den gewählten Abgeordneten die Mitbestimmung über die Verwendung der Finanzen abspricht. Das Budgetrecht wird auch das „Königsrecht“ des Parlaments genannt. Das zeigt, wie gewagt dieser Schritt vor dem Hintergrund der klassischen Gewaltenteilung ist. Schon bei dem milliardenschweren Wiederaufbaufonds nach der Corona-Pandemie Next Generation EU hatte die Kommission das Parlament kaltgestellt. Wie man heute weiß, wurden die Mittel nicht immer nach überzeugenden Kriterien ausgegeben. Als Vorbild taugt das Modell also nicht.
- Wald und Wild gehören zusammen
Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und auf die Bundespolitik Liebe Leserinnen und Leser, in unserem Wochenkommentar geht es zunächst um die Haushaltsdebatte im Bundestag, bevor wir uns dann schwerpunktmäßig mit dem Thema Jagd in verschiedenen Facetten beschäftigen. Im Mittelpunkt stehen dabei geplante neue Jagdgesetze in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Niedersachsen, wo aktuell vor allem die künftige Ausbildung von Jagdhunden kontrovers debattiert wird. Die Berliner Politik war in dieser Woche geprägt von der Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag – eine Premiere für die neue Regierung von Kanzler Merz. Diese steht außen- und innenpolitisch vor großen Herausforderungen. In der Bevölkerung herrscht wegen der leidigen Diskussion um die Stromsteuer noch viel Skepsis. Doch in der Wirtschaft scheint sich allmählich eine positive Stimmung breit zu machen, was in der bislang kurzen Amtszeit von Schwarz-Rot keineswegs selbstverständlich ist. Immerhin ist die Regierung Merz noch keine 100 Tage im Amt. Umso befremdlicher wirkt, mit welcher Härte, ja Häme aus der Opposition im Bundestag Stimmung gegen diese Koalition gemacht wird. Wie soll das erst werden, falls positive Veränderungen länger als geplant auf sich warten lassen? Ein Bereich, der uns mit Blick auf den ländlichen Raum besonders interessiert, ist der Agrarsektor. Der neue Landwirtschaftsminister Alois Rainer sagte in der Debatte über seinen Etat mit Blick auf die Wiedereinführung der Agrardiesel-Rückvergütung: Diese Regierung finde schnelle Lösungen und die Landwirtschaft habe mit ihr einen starken Partner ihrer Seite . Sein Ziel sei es, „unsere ländlichen Regionen zu stärken und als lebenswerte und liebenswerte Heimat zu erhalten“. Daran wird er in den kommenden Jahren gemessen werden. Streit um neues Jagdgesetz Doch heute genug der Bundespolitik. Wechseln wir das Thema und die politische Ebene. Bekanntlich hat es in Rheinland-Pfalz heftige Proteste von Jägern gegen die von der dortigen Ampel angestrebte Reform des Jagdgesetzes gegeben. Nun herrscht relative Ruhe, der Mainzer Landtag hat das neue Gesetz mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP verabschiedet. Doch die Lage ist trügerisch. Spätestens zur Landtagswahl im März 2026 dürfte das Thema in Rheinland-Pfalz wieder hochkochen. Da kann man nur frei nach einer alten Fußballerweisheit sagen: Nach dem Sturm ist vor dem Sturm. Denn die Jägerschaft kann mit dem jetzt verabschiedeten Gesetz trotz kleinerer Änderungen keineswegs zufrieden sein. Dies gilt insbesondere für die künftig gebotenen Mindestabschüsse, was klar der politisch-ideologischen Maxime folgt: Wald ist wichtiger als Wild. Der über 20.000 Mitglieder starke Landesjagdverband Rheinland-Pfalz beklagt denn auch die „nach wie vor einseitige Bevorzugung forstwirtschaftlicher Interessen und die Missachtung der berechtigten Lebensraumansprüche des Wildes“ . Gewiss, der Kampf der Jäger scheint vorerst verloren, das Gesetz ist verabschiedet. Aber nach der kommenden Landtagswahl kann die Lage bei einer dann womöglich anderen Koalition schon wieder ganz anders aussehen. Die Jäger in Rheinland-Pfalz dürften deshalb im Wahlkampf alles versuchen, um ihren berechtigten Anliegen gegenüber den Parteien noch stärker als bisher Gehör und Geltung zu verschaffen. Der Landesjagdverband kündigte bereits an, auch weiter für ein gutes Landesjagdgesetz einzutreten. Dieses Ziel werde man auch mit Blick auf die kommende Landtagswahl mit allen erforderlichen Mitteln verfolgen. Insofern begrüße man auch sehr die bereits erfolgten Zusagen aus der Opposition, das verabschiedete Gesetz im kommenden Jahr noch einmal auf den Prüfstand stellen zu wollen. Ganz anders die Grünen im benachbarten Saarland. Sie nennen die Novellierung des rheinland-pfälzischen Landesjagdgesetzes wegweisend und ein erfolgreiches Beispiel, dem die SPD-Landesregierung folgen solle . Aus den Fehlern und Protesten im Nachbarbundesland scheinen sie nichts gelernt zu haben. Auch Niedersachsen plant Reform Die Vorgänge in Rheinland-Pfalz werden auch von der Politik und Jägerschaft in Niedersachsen aufmerksam beobachtet. Denn in diesem Bundesland steht ebenfalls eine Reform des Landesjagdgesetzes an. Auch hier hat Anfang des Jahres eine große Demonstration des Landesjagdverbands unter dem Motto „Jetzt geht´s ums Ganze – Jagd sichern, Natur bewahren!“ stattgefunden. Die grüne Umweltministerin Miriam Staudte möchte mit einer Gesetzesreform „insbesondere Tierschutz-Aspekte bei der Jagdausübung in den Vordergrund stellen sowie ökologische, wildbiologische und ethische Kriterien stärker berücksichtigen“. Ein besonders kritischer Punkt ist dabei die Ausbildung oder Feststellung der Brauchbarkeit von Jagdhunden an lebenden Tieren etwa mit eigens für diese Zwecke gezüchteten Füchsen. Staudte möchte solch bewährte Praktiken gerne verbieten. Doch möglicherweise haben die heftigen Proteste in Rheinland-Pfalz auch in Niedersachsen eine gewisse Ausstrahlung, zumal die dortigen Jäger im Januar bei der Demonstration in Hannover eindrucksvoll bewiesen, dass mit ihnen politisch zu rechnen ist. Oder anders ausgedrückt: Wer als Landesregierung grün-ideologisch motiviert mit dem Kopf durch die Wand will, kann sich politisch leicht eine blutige Nase holen. Uneins über Ausbildung von Jagdhunden Folgerichtig sucht Staudte nun demonstrativ den fachlichen Austausch mit ihren Kritikern. Die grüne Ministerin reiste jetzt zusammen für zwei Tage mit Vertreterinnen und Vertretern niedersächsischer Jagd-, Jagdhunde- und Tierschutzverbände sowie Mitgliedern des Niedersächsischen Landtags nach Aarhus bzw. Randers in Dänemark. Im Fokus dabei besonders: die Ausbildung von Jagdhunden am lebenden Tier. Laut Ministerium soll zwar beispielsweise die Ausbildung am Schwarzwildgatter und mit der lebenden Ente bestehen bleiben, aber im Zuge der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs sei vereinbart worden, Alternativen für den Einsatz von lebenden Füchsen in Schliefenanlagen zu prüfen. In Dänemark wurde die Ausbildung von Jagdhunden am lebenden Fuchs bereits 2016 verboten. Dort wird nunmehr eine mechanische Fuchsattrappe verwendet. Staudte fasst ihre Eindrücke von dem Besuch in Dänemark laut RND so zusammen: Es sei nicht relevant, ob die Hunde in der Attrappe einen echten Fuchs sehen oder nicht, solange der Hund sich richtig verhalte. „Die älteren Hunde haben alles gemacht, was sie sollen. Und die dänischen Jäger sagen, die Hunde funktionieren bei der echten Jagd.“ Dabei verschweigt die grüne Ministerin das größte Problem: fehlende Daten. Es gibt noch keine gesicherten Erkenntnisse, wie sich der Jagderfolg verändert hat und ob Hunde häufiger oder seltener verletzt werden. Entsprechend skeptisch klingt laut RND Karl Walch vom Jagdgebrauchshundeverband: Er hält das dänische Verfahren für eine „nette Ergänzung, aber damit kann man keinen Hund für die Bauarbeit trainieren“. Er befürchte, dass seine Hunde auf der Jagd schneller verletzt werden, weil sie den Umgang und Respekt vor dem echten Fuchs nie gelernt haben. Anhörung der Verbände steht noch aus Mal sehen, ob und wie sich die grüne Ministerin gegen den zu erwartenden Widerstand aus der Jägerschaft gegen ihr neues Jagdgesetz behaupten kann. Die Vorgänge in Mainz sollten ihr und den anderen Verantwortlichen in Hannover jedenfalls zu denken geben. Noch ist in Niedersachsen nichts festgezurrt. Auf der Grundlage eines Eckpunktepapiers wird derzeit ein Gesetzentwurf erstellt, der dann innerhalb der Landesregierung abgestimmt wird. Anschließend muss ein erster Beschluss des Kabinetts folgen mit der Freigabe zur Verbandsbeteiligung. Es folgen Anhörungen sowie Beratungen und Beschlussfassungen in den Fachausschüssen, bevor dann der Landtag endgültig entscheidet. Hier bieten sich für die Jägerschaft noch diverse Anknüpfungspunkte, um für ihre Sache einzutreten, von öffentlichen Protesten und Demonstrationen einmal ganz abgesehen. Nebenbei bemerkt: In Niedersachsen wird im Herbst 2027 ein neuer Landtag gewählt. Dies dürfte den Forderungen und Protesten aus der Jägerschaft zusätzliche Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit verschaffen. Zum Schluss dieses Newsletters noch ein Ausblick auf unseren Blog in der kommenden Woche. Thema: Ökopunkte als Währung für Reviergestaltung. Wer der Natur schadet, ist gesetzlich verpflichtet, an anderer Stelle diesen Schaden wiedergutzumachen und Ausgleich zu schaffen. Ob Errichtung eines Wohn-, Gewerbe- oder Industriegebietes, ob Bau von Straßen, Freizeitanlagen oder Abgrabungen: Jeder Eingriff in die Ökosysteme muss durch die Aufwertung anderer Flächen ausgeglichen werden. Bei Unternehmen und Kommunen besteht ein enormer Bedarf an solchen Arealen. Unser Autor Christoph Boll zeigt in der kommenden Woche in seinem Blog-Beitrag, wie Jäger diese Nachfrage mittels Ökokonten und Ökopunkten für die Reviergestaltung und wildtierfreundliche Aufwertung nutzen können. Mit dieser Empfehlung wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und eine gute, für Sie positive Woche. Mit den besten Grüßen Ihr Jürgen Wermser Redaktionsleitung/Koordination
- Landwirte im Streit mit dem Naturschutz
Sie sind alles andere als Freunde. Zwischen dem schleswig-holsteinischen Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) und dem grünen Umweltminister Tobias Goldschmidt bestehen latente Spannungen Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (Foto: Frank Peter) In der schwarz-grünen Koalition in Kiel brodelt es seit dem Beginn im Jahr 2022, wenn es um Themen wie Landwirtschaft, Naturschutz, Forst oder Fischerei geht. Die meisten Streitereien werden in der Regierung an der Förde unter dem Deckel gehalten, um den Koalitionsfrieden nicht zu gefährden. Jetzt aber ist ein handfester Krach an die Öffentlichkeit gelangt. Es geht um die Umsetzung einer EU-Verordnung zum Naturschutz. Während der grüne Umweltminister einen Brief unterzeichnet hat, der die schnelle Umsetzung des „EU-Natur-Wiederherstellungsgesetzes“ (welch ein praxisnaher Begriff) verlangt, drängt Landwirtschaftsminister Werner Schwarz, einst langjähriger Präsident des schleswig-holsteinischen Bauernverbandes, auf dessen Rücknahme. Schwarz hat dabei den Rückhalt des in Rendsburg ansässigen Landesbauernverbandes. Sollte sich der grüne Minister durchsetzen, werde es auf dem Landesbauerntag Anfang September im Rahmen der Agrarmesse „Norla“ zu „erheblichen Protestaktionen“ kommen, heißt es aus den Reihen des Verbandes. Umweltminister Tobias Goldschmidt (Foto: Frank Peter) Die Landwirte im nördlichsten Bundesland stehen mit der grünen Agrarpolitik ohnehin seit Jahren auf Kriegsfuß. Und sind dabei nicht allein. Minister Schwarz hatte im Juni an die EU-Kommission die Forderung geschickt, das Gesetz zurückzunehmen. In dem Brief sehen die unionsgeführten Landwirtschaftsministerien von Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft „unverhältnismäßig gefährdet“. Umstrittene Verordnung aus dem letzten Jahr Die EU-Verordnung Nature Restoration Law sieht eine Renaturierung geschädigter Lebensräume an Land und im Meer vor. Danach sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, bis 2030 auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresgebiete sogenannte „Wiederherstellungsmaßnahmen“ einzuleiten. Bis 2050 sollen nach dem Gesetz „Maßnahmen für alle betroffenen Ökosysteme“ erfolgen. Die umstrittene Verordnung war im Juni 2024 verabschiedet worden. Auf der Seite als Befürworter des Gesetzes stehen Umweltminister von Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Auch der Präsident des Deutschen Fischereiverbandes, Dirk Sander, sieht seine Branche betroffen. „Unsere nächste gemeinsame Großbaustelle wird das Gesetz zur Wiederherstellung der natürlichen Ökosysteme“, sagte Sander, der wie die Bauern Protestkundgebungen ankündigte. Die Selbstversorgung der EU mit Fisch sei in den vergangenen Jahren von etwa 50 auf 30 Prozent gesunken – und die Abhängigkeit von Importen gestiegen, sagte Sander. Der Trend müsse umgekehrt werden.
- Verheerender Schaden in einer bekannten Flamingo-Kolonie
Offensichtlich hat unter anderem ein Fuchs dafür gesorgt, dass nahezu 100 Flamingos frühzeitig ihren Sommeraufenthalt im Zwillbrocker Venn verlassen. Der Nachwuchs wird wohl für dieses Jahr dort ausbleiben Foto: Kurt F. Domnik / pixelio.de In einem der bedeutendsten Naturschutzprojekte in Nordrhein-Westfalen, dem Zwillbrocker Venn, fällt offensichtlich in diesem Jahr der Bruterfolg der regelmäßig im Sommer dort als Rastvögel einkehrenden roten Flamingos aus. Wahrscheinlich werden die Flamingos mit ihren 83 Brutnestern dort einen Totalausfall haben. Bisher haben die für viele Besucher in Zwillbrock ständig beobachteten Vögel nach Aufzucht des Nachwuchses jeweils im September ihren Rastplatz zum Brüten verlassen, um dann zum Überwintern in die Niederlande zu reisen. Das ist diesmal vorzeitig wohl fluchtartig geschehen. In dieser Woche wurde dort nur noch ein verbliebener Flamingo gesichtet. Die Biologen haben in den verlassenen Nestern tote Küken und nicht ausgebrütete Eier gefunden. Noch wird untersucht, warum fast alle Vögel ihre Sommer-Heimat vorzeitig verlassen haben. Eine naheliegende Erklärung wird jetzt untersucht: Es scheint so, dass ein Rotfuchs in die Kolonie eingedrungen ist. Kampf gegen aussterbende Wiesenvogelarten Auf 3200 Hektar Fläche betreut die biologische Station Zwillbrock e.V. auf den Feuchtwiesen, Mooren und Heiden im Kreis Borken nahe der holländischen Grenze die Entwicklung von Flora und Fauna. Und das bedeutendste Projekt dabei ist die Pflege der Flamingo-Kolonie – neben anderen teils seltenen Brut- und Rastvögeln, die in ihrem Bestand erhalten werden sollen. Das ist bisher weitgehend in dem Naturschutzgebiet Zwillbrock gelungen. Dabei arbeitet die Station eng mit der Landwirtschaft und der Jagd zusammen, um insbesondere von vom Aussterben bedrohte Wiesenvogelarten zu schützen und zu erhalten. Das bekannte Naturschutzgebiet ist nach Angaben der Biologischen Station aus ornithologischer Sicht, auch abseits der Flamingo-Kolonie, von herausragender Bedeutung. Neben vielen gefährdeten Arten brüten hier Lachmöwen, Schwarzkopfmöwen und andere Watvögel in dem Flachgewässer. Die Station sorgt dort für Pflegemaßnahmen zur Bereitstellung geeignete Habitate. In einer Pressemitteilung der Station heißt es: „Neben passivem Prädationsmanagement durch Zaun und Regulierung des Wasserstandes des Flachwassersees ist auch die aktive Bejagung von Bodenprädatoren wie Rotfuchs und Marderartigen erforderlich, da in unserer anthropogen veränderten Kulturlandschaft die natürliche Populationsdynamik zwischen Räuber und Beute nicht mehr gegeben ist.“ Die Bejagung im Zwillbrocker Venn erfolge dabei ausdrücklich nicht, um ausschließlich die Flamingo-Kolonie zu erhalten, sondern ebenfalls Lachmöwen, Schwarzkopfmöwen sowie weitere Brut- (z. B. Löffelente, Wiesenpieper) und Rastvogelarten in ihrem Bestand zu erhalten und möglichst zu fördern. Im Jahr 2010 sei es beispielsweise auf Grund eines hohen Prädationsdrucks durch Rotfüchse fast zu einem Totalausfall des Bruterfolgs der Lachmöwen gekommen. Deren Bruterfolg ist wie bei den anderen zuvor genannten bodenbrütenden Arten durch die zurzeit vorhandene Prädatorendichte gefährdet.
- Die Politik und das Gasthofsterben auf dem Lande
Der fehlende Fokus auf das Lebensgefühl im Dorf – beim Thema Gasthaussterben zeigen sich die politischen Versäumnisse exemplarisch. Doch es gibt Hoffnung Foto: tassilo111 Die Zahlen sind das eine, auch wenn sie dramatisch sind: In den vergangenen drei Jahren haben bundesweit 50.000 gastronomische Betriebe aufgegeben. Zu geringe Margen, zu hohe Preise für Lebensmittel, Energie und Gehälter, Gästezurückhaltung angesichts der Inflation – viele Restaurants, Gasthöfe und Kneipen sind bereits von der gastronomischen Landkarte verschwunden. Dazu kamen noch die fehlenden Mitarbeiter, von denen Zehntausende in der Corona-Zeit der Branche den Rücken gekehrt haben. Und nie wiedergekommen sind. Das Problem der wegsterbenden gastronomischen Infrastruktur trifft vor allem den ländlichen Raum. Dort, wo Mitarbeiter ohnehin rar gesät sind, wo es mangels Publikumsverkehrs keine durchgehenden Öffnungszeiten (und damit Verdienstmöglichkeiten) geben kann und wo sich die gesellschaftliche Struktur in den vergangenen Jahrzehnten ohnehin weg von einer traditionellen Kneipenkultur entwickelt hat. „Wir beklagen immer, dass es weniger Treffpunkte für Menschen gerade im ländlichen Raum gibt. Dazu gehört auch die Tatsache, dass es immer weniger Gasthöfe und gute Restaurants gibt, wo Menschen sich treffen konnten“, sagt ein Gesellschaftsforscher der Berliner Denkfabrik Zukunft der Gastwelt. Dazu kommt, dass diese Kneipen oft Säle für Vereine, Gruppen oder Familienfeiern zur Verfügung gestellt haben. Und genau dies jetzt aber nicht mehr tun können, da viele Gastro-Unternehmer für immer den Schlüssel umgedreht haben. Kneipensterben trägt auch zum Stadt-Land-Gefälle bei Die Politik hat lange über dieses Thema weggeschaut. Düsseldorf und München, Hamburg und vor allem Berlin – dort sind die Kneipen in den In-Vierteln gut besucht. Dass diese vor allem von Firmen aus dem Bereich der Systemgastronomie betrieben werden, geschenkt. Und dass das Kneipen-Sterben auch seinen Beitrag zum soziologischen und gesellschaftspolitisch verhängnisvollen Stadt-Land-Gefälle (und damit auch zum Erstarken der Rechtspopulisten nicht nur im Osten) beiträgt, all dies scheint erst in den letzten Jahren Beachtung zu finden. Die Union hatte schon nach der Corona-Zeit die Brisanz erkannt, machte sich vor allem im Bund für die steuerliche Entlastung der Gastronomie-Branche stark. „Wir dürfen nicht zulassen, dass wir noch mehr Betriebe und Strukturen verlieren. Dies wirkt sich auch auf den Tourismusstandort Deutschland aus“, erklärte die ehemalige tourismuspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und heutige Ausschussvorsitzende für Tourismus im Bundestag, Anja Karliczek. Denn was hilft der malerischste alte Stadtkern, der schönste Radweg oder das schönste Gebirgspanorama, wenn nicht wenigstens eine Ausflugsmöglichkeit in erreichbarer Nähe geöffnet hat. Ein Grund also, die von der Ampel-Koalition angehobene Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie wieder auf die früher geltenden sieben Prozent zu senken. So stand es im Wahlprogramm der Union, so steht es jetzt im Koalitionsvertrag. Die geringere Mehrwertsteuer soll zum 1. Januar 2026 kommen – und gleichermaßen die Betriebe wie die Verbraucher entlasten. Noch einmal Anja Karliczek: „Viele Gastronomen haben sich angesichts der Preissensibilität und der geringeren Nachfrage noch gar nicht getraut, ihre höheren Kosten auf die Speisekarte umzulegen.“ Natürlich kostet diese Senkung Geld. Drei Milliarden Euro, so schätzt man. Aber, und so ist es die Überzeugung der Tourismuspolitiker von Union und SPD, mehr Restaurantbesuche erwirtschaften auch mehr Einnahmen. Zudem bietet die Branche mit ihren 1,2 Millionen Arbeitskräften auch Menschen eine Chance, die sonst nicht zum Zuge kommen oder die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. „Bei uns wird Integration gelebt. Hier bekommt jeder eine Chance, ganz nach seinen Fähigkeiten“, erklärt ein Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA). Mehr Umsatz, mehr Jobs, all das könnte die Steuereinnahmen wieder steigen lassen. Und könnte sogar noch besser klappen, da man sich im Koalitionsvertrag auch darauf verständigt hat, das in jedem Restaurant, Imbiss oder Café wenigstens die Möglichkeit angeboten werden muss, mit EC-Karte zu zahlen. So will man kundenfreundlicher und moderner werden. So will man aber auch Umsatzsteuerbetrug in der Branche verhindern. Die Schätzungen gehen in die Milliarden, die durch schwarze Schafe dem Fiskus entgehen.
- Wald und Wild im Hitze-Stress
Die erste Hitze-Periode dieses Sommers liegt hinter uns, weitere werden folgen. Im Osten brennen Wälder. Nicht nur uns setzen über 30 Grad zu. Für Wald und Wild kann Hitze bei anhaltender Dauer existenzgefährdend werden Foto: Joerg Trampert / pixelio.de Seit 2017 mehren sich die trockenen Jahre. Das stresst die Wälder, die das kaum noch ausgleichen können. An den Blätterdächern wird es enorm heiß und der Wasservorrat in den Waldböden sehr gering. Hält der Zustand an, sinkt der Druck, mit dem Wasser durch die Leitbahnen in die Baumkronen transportiert wird, und es bilden sich Gasblasen. Dadurch reißen die Wasserfäden, was den Wassertransport zusätzlich hemmt. Kritisch wird es für die Bäume, wenn die Wasserleitfähigkeit unter 40 Prozent sinkt. Denn dann stirbt der Baum, wie Wissenschaftler des Max-Planck-Institutes in Jena bei Untersuchungen an Fichten und Kiefern herausfanden. Ergiebige Niederschläge wie im Winter 2023/2024 bringen zwar kurzfristig Entspannung. Aber schon ein trockenes Frühjahr wie das aktuelle wird zur Herausforderung für junge Bäume, Neuanpflanzungen und vorgeschädigte Pflanzen, so das renommierte Thünen-Institut. Die unabhängige Bundesforschungseinrichtung befasst sich wissenschaftlich mit Fragen des ländlichen Raums. Ein paar Tage Regen reichen nicht aus Das Waldökosystem kann sich durch die Bildung von Ersatzkronen und Ersatzzweigen zwar selbst erholen. Aber das dauert seine Zeit und braucht vor allem ausgiebigen Niederschlag. Zwei, drei Tage Regen reichen da bei weitem nicht. So haben Experten festgestellt, dass die Folgen der trockenen Jahre 2017 bis 2019 noch immer spürbar sind. Wenn Bäche zu Sand- und Kiesrinnen verkümmern und nur noch Trockenrisse im Boden von Quellen und Feuchtstellen zeugen, lechzt auch unser Wild nach Wasser. Es fehlt der Tau, den es mit der Äsung aufnehmen kann. Oft sind Zuckerrüben mit ihren halbwegs grünen Blättern die einzige Ackerkultur, die noch etwas Feuchtigkeit bietet. Rehe und Hasen fressen diese dann vermehrt. Da diese Nahrung aber einseitig und rohfaserarm ist, kann so manches Stück infolge an Durchfall leiden. Besonders Niederwildheger werden sich angesichts der durch den Klimawandel bedingten vermehrten heißen trockenen Sommer Gedanken machen müssen, wie sie von Mai bis September kontinuierlich Wasser in den Revieren bereitstellen. In Teilen Österreichs, so Werner Kuhn, gehören Tränken schon seit Jahren zu den absolut notwendigen Hegemaßnahmen. Der Lebensraumexperte verweist auf verschiedene Methoden: Kunststoffwannen, einfache Kanistertränken, durch Solarzellen angetriebene Kleinbrunnen bis hin zur fest eingebauten Wasserleitung. Je nach Revierstruktur drei bis vier Tränken je 100 Hektar haben bei den südlichen Nachbarn denselben Stellenwert wie Raubwildjagd, Lebensraumgestaltung und Fütterung. Bei Wassergaben fürs Wild wird meistens an Suhlen und Schöpfstellen für das Schalenwild gedacht. Jeder Jäger weiß, dass Wildschweine schnell abwandern, wenn sie kein Wasser mehr finden. Doch im schattigen Wald findet sich auch während langer Trockenphasen etwa in Rückegassen meistens noch eher Feuchtigkeit als im freien Feld, wo die Sonne unbarmherzig jeden Tropfen verdunsten lässt. Voraussetzung ist eine Bodenverdichtung, die man auch selbst herbeiführen kann, um mit Zustimmung des Grundeigentümers sogenannte Himmelsteiche anzulegen. Sie haben keinen regelmäßigen Zulauf, sondern speisen sich nur durch Niederschläge. Dazu wird zunächst der Oberboden abgeschoben und die Wassermulde ausgeformt, die dann, gegebenenfalls mehrfach, verdichtet werden muss. Wo der Untergrund nicht ausreichend ton- oder lehmhaltig ist, muss entweder entsprechender Boden aufgetragen werden. Auch Beton oder Folien sind Alternativen. Letztere allerdings nur dort, wo wenig Schwarzwild vorkommt, das sonst in aller Regel die Folie zerstört. Beide Varianten müssen jedoch rückgebaut werden, wenn sie ihre Aufgabe nicht mehr erfüllen. Auch Niederwild braucht Wassergaben Besonders wichtig sind Wassergaben auch für die Arten der offenen Feldflur wie Rebhuhn, Fasan und Feldhase. Dazu lassen sich Tränken aus der Weidetierhaltung nutzen oder selbst herstellen. Von aufgeschnittenen Autoreifen oder Wannen ist eher abzuraten. Sie müssen in kurzen Abständen gereinigt und nachgefüllt werden. Diesen Aufwand kann und will nicht jeder Revierinhaber auf sich nehmen. Praktisch und preiswert sind hingegen Kanister- oder Rohrtränken, die nach dem Vakuumprinzip funktionieren. Die innen stehende Wassersäule gibt nur so viel Flüssigkeit frei, wie am Auslauf entnommen wird. Bauanleitungen finden sich im Internet. Wichtig ist, lichtdichte Behälter zu nutzen. Nur so lässt sich Algenbildung vermeiden. Außerdem sollten Tränken immer in Deckungsflächen eingebaut werden, um Beutegreifern wenig Chancen zum Töten des Niederwildes zu geben. Für jeden verantwortungsvollen Jäger dürfte auch selbstverständlich sein, seine Tränken regelmäßig zu reinigen. Und wer bei der Einsaat von Wildäckern bereits an die Trockenphasen denkt, der achtet darauf, dass Wasser sammelnde Pflanzen wie die Wilde Karde enthalten sind.












