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Wald und Wild gehören zusammen

  • Autorenbild: Jürgen Wermser
    Jürgen Wermser
  • vor 3 Tagen
  • 5 Min. Lesezeit

Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und auf die Bundespolitik



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Liebe Leserinnen und Leser,


in unserem Wochenkommentar geht es zunächst um die Haushaltsdebatte im Bundestag, bevor wir uns dann schwerpunktmäßig mit dem Thema Jagd in verschiedenen Facetten beschäftigen. Im Mittelpunkt stehen dabei geplante neue Jagdgesetze in Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Niedersachsen, wo aktuell vor allem die künftige Ausbildung von Jagdhunden kontrovers debattiert wird.


Die Berliner Politik war in dieser Woche geprägt von der Generaldebatte zum Haushalt im Bundestag – eine Premiere für die neue Regierung von Kanzler Merz. Diese steht außen- und innenpolitisch vor großen Herausforderungen. In der Bevölkerung herrscht wegen der leidigen Diskussion um die Stromsteuer noch viel Skepsis. Doch in der Wirtschaft scheint sich allmählich eine positive Stimmung breit zu machen, was in der bislang kurzen Amtszeit von Schwarz-Rot keineswegs selbstverständlich ist. Immerhin ist die Regierung Merz noch keine 100 Tage im Amt. Umso befremdlicher wirkt, mit welcher Härte, ja Häme aus der Opposition im Bundestag Stimmung gegen diese Koalition gemacht wird. Wie soll das erst werden, falls positive Veränderungen länger als geplant auf sich warten lassen?


Ein Bereich, der uns mit Blick auf den ländlichen Raum besonders interessiert, ist der Agrarsektor. Der neue Landwirtschaftsminister Alois Rainer sagte in der Debatte über seinen Etat mit Blick auf die Wiedereinführung der Agrardiesel-Rückvergütung: Diese Regierung finde schnelle Lösungen und die Landwirtschaft habe mit ihr einen starken Partner ihrer Seite. Sein Ziel sei es, „unsere ländlichen Regionen zu stärken und als lebenswerte und liebenswerte Heimat zu erhalten“. Daran wird er in den kommenden Jahren gemessen werden.


Streit um neues Jagdgesetz


Doch heute genug der Bundespolitik. Wechseln wir das Thema und die politische Ebene. Bekanntlich hat es in Rheinland-Pfalz heftige Proteste von Jägern gegen die von der dortigen Ampel angestrebte Reform des Jagdgesetzes gegeben. Nun herrscht relative Ruhe, der Mainzer Landtag hat das neue Gesetz mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP verabschiedet. Doch die Lage ist trügerisch. Spätestens zur Landtagswahl im März 2026 dürfte das Thema in Rheinland-Pfalz wieder hochkochen. Da kann man nur frei nach einer alten Fußballerweisheit sagen: Nach dem Sturm ist vor dem Sturm. Denn die Jägerschaft kann mit dem jetzt verabschiedeten Gesetz trotz kleinerer Änderungen keineswegs zufrieden sein. Dies gilt insbesondere für die künftig gebotenen Mindestabschüsse, was klar der politisch-ideologischen Maxime folgt: Wald ist wichtiger als Wild. Der über 20.000 Mitglieder starke Landesjagdverband Rheinland-Pfalz beklagt denn auch die „nach wie vor einseitige Bevorzugung forstwirtschaftlicher Interessen und die Missachtung der berechtigten Lebensraumansprüche des Wildes“.


Gewiss, der Kampf der Jäger scheint vorerst verloren, das Gesetz ist verabschiedet. Aber nach der kommenden Landtagswahl kann die Lage bei einer dann womöglich anderen Koalition schon wieder ganz anders aussehen. Die Jäger in Rheinland-Pfalz dürften deshalb im Wahlkampf alles versuchen, um ihren berechtigten Anliegen gegenüber den Parteien noch stärker als bisher Gehör und Geltung zu verschaffen. Der Landesjagdverband kündigte bereits an, auch weiter für ein gutes Landesjagdgesetz einzutreten. Dieses Ziel werde man auch mit Blick auf die kommende Landtagswahl mit allen erforderlichen Mitteln verfolgen. Insofern begrüße man auch sehr die bereits erfolgten Zusagen aus der Opposition, das verabschiedete Gesetz im kommenden Jahr noch einmal auf den Prüfstand stellen zu wollen.


Ganz anders die Grünen im benachbarten Saarland. Sie nennen die Novellierung des rheinland-pfälzischen Landesjagdgesetzes wegweisend und ein erfolgreiches Beispiel, dem die SPD-Landesregierung folgen solle. Aus den Fehlern und Protesten im Nachbarbundesland scheinen sie nichts gelernt zu haben.


Auch Niedersachsen plant Reform


Die Vorgänge in Rheinland-Pfalz werden auch von der Politik und Jägerschaft in Niedersachsen aufmerksam beobachtet. Denn in diesem Bundesland steht ebenfalls eine Reform des Landesjagdgesetzes an. Auch hier hat Anfang des Jahres eine große Demonstration des Landesjagdverbands unter dem Motto „Jetzt geht´s ums Ganze – Jagd sichern, Natur bewahren!“ stattgefunden. Die grüne Umweltministerin Miriam Staudte möchte mit einer Gesetzesreform „insbesondere Tierschutz-Aspekte bei der Jagdausübung in den Vordergrund stellen sowie ökologische, wildbiologische und ethische Kriterien stärker berücksichtigen“. Ein besonders kritischer Punkt ist dabei die Ausbildung oder Feststellung der Brauchbarkeit von Jagdhunden an lebenden Tieren etwa mit eigens für diese Zwecke gezüchteten Füchsen. Staudte möchte solch bewährte Praktiken gerne verbieten. Doch möglicherweise haben die heftigen Proteste in Rheinland-Pfalz auch in Niedersachsen eine gewisse Ausstrahlung, zumal die dortigen Jäger im Januar bei der Demonstration in Hannover eindrucksvoll bewiesen, dass mit ihnen politisch zu rechnen ist. Oder anders ausgedrückt: Wer als Landesregierung grün-ideologisch motiviert mit dem Kopf durch die Wand will, kann sich politisch leicht eine blutige Nase holen.


Uneins über Ausbildung von Jagdhunden 


Folgerichtig sucht Staudte nun demonstrativ den fachlichen Austausch mit ihren Kritikern. Die grüne Ministerin reiste jetzt zusammen für zwei Tage mit Vertreterinnen und Vertretern niedersächsischer Jagd-, Jagdhunde- und Tierschutzverbände sowie Mitgliedern des Niedersächsischen Landtags nach Aarhus bzw. Randers in Dänemark. Im Fokus dabei besonders: die Ausbildung von Jagdhunden am lebenden Tier. Laut Ministerium soll zwar beispielsweise die Ausbildung am Schwarzwildgatter und mit der lebenden Ente bestehen bleiben, aber im Zuge der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs sei vereinbart worden, Alternativen für den Einsatz von lebenden Füchsen in Schliefenanlagen zu prüfen. In Dänemark wurde die Ausbildung von Jagdhunden am lebenden Fuchs bereits 2016 verboten. Dort wird nunmehr eine mechanische Fuchsattrappe verwendet.


Staudte fasst ihre Eindrücke von dem Besuch in Dänemark laut RND so zusammen: Es sei nicht relevant, ob die Hunde in der Attrappe einen echten Fuchs sehen oder nicht, solange der Hund sich richtig verhalte. „Die älteren Hunde haben alles gemacht, was sie sollen. Und die dänischen Jäger sagen, die Hunde funktionieren bei der echten Jagd.“ Dabei verschweigt die grüne Ministerin das größte Problem: fehlende Daten. Es gibt noch keine gesicherten Erkenntnisse, wie sich der Jagderfolg verändert hat und ob Hunde häufiger oder seltener verletzt werden. Entsprechend skeptisch klingt laut RND Karl Walch vom Jagdgebrauchshundeverband: Er hält das dänische Verfahren für eine „nette Ergänzung, aber damit kann man keinen Hund für die Bauarbeit trainieren“. Er befürchte, dass seine Hunde auf der Jagd schneller verletzt werden, weil sie den Umgang und Respekt vor dem echten Fuchs nie gelernt haben.


Anhörung der Verbände steht noch aus


Mal sehen, ob und wie sich die grüne Ministerin gegen den zu erwartenden Widerstand aus der Jägerschaft gegen ihr neues Jagdgesetz behaupten kann. Die Vorgänge in Mainz sollten ihr und den anderen Verantwortlichen in Hannover jedenfalls zu denken geben. Noch ist in Niedersachsen nichts festgezurrt. Auf der Grundlage eines Eckpunktepapiers wird derzeit ein Gesetzentwurf erstellt, der dann innerhalb der Landesregierung abgestimmt wird. Anschließend muss ein erster Beschluss des Kabinetts folgen mit der Freigabe zur Verbandsbeteiligung. Es folgen Anhörungen sowie Beratungen und Beschlussfassungen in den Fachausschüssen, bevor dann der Landtag endgültig entscheidet. Hier bieten sich für die Jägerschaft noch diverse Anknüpfungspunkte, um für ihre Sache einzutreten, von öffentlichen Protesten und Demonstrationen einmal ganz abgesehen. Nebenbei bemerkt: In Niedersachsen wird im Herbst 2027 ein neuer Landtag gewählt. Dies dürfte den Forderungen und Protesten aus der Jägerschaft zusätzliche Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit verschaffen.


Zum Schluss dieses Newsletters noch ein Ausblick auf unseren Blog in der kommenden Woche. Thema: Ökopunkte als Währung für Reviergestaltung. Wer der Natur schadet, ist gesetzlich verpflichtet, an anderer Stelle diesen Schaden wiedergutzumachen und Ausgleich zu schaffen. Ob Errichtung eines Wohn-, Gewerbe- oder Industriegebietes, ob Bau von Straßen, Freizeitanlagen oder Abgrabungen: Jeder Eingriff in die Ökosysteme muss durch die Aufwertung anderer Flächen ausgeglichen werden. Bei Unternehmen und Kommunen besteht ein enormer Bedarf an solchen Arealen. Unser Autor Christoph Boll zeigt in der kommenden Woche in seinem Blog-Beitrag, wie Jäger diese Nachfrage mittels Ökokonten und Ökopunkten für die Reviergestaltung und wildtierfreundliche Aufwertung nutzen können.


Mit dieser Empfehlung wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und eine gute, für Sie positive Woche.


Mit den besten Grüßen

Ihr Jürgen Wermser

Redaktionsleitung/Koordination

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