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  • 900.000 Hektar Wald verloren oder 1,5 Mio. dazugekommen?

    „Nachgewiesen falsch“ – so ist das Urteil des Forstwissenschaftlers Andreas Schulte über die im September von verschiedenen Medien weit verbreitete Meldung „900.000 Hektar Wald verloren“ Prof. Dr. Andreas Schulte (Screenshot: YouTube) „900.000 ha Wald verloren –   Satellitendaten zeigen schrumpfenden Baumbestand in Deutschland“. So meldete es beispielsweise der Tagesspiegel. In einem bemerkenswert aufklärenden Video erläutert der Forstwissenschaftler Prof. Dr. Andreas Schulte im YouTube-Kanal „CumTempore“ faktenbasierende Hintergründe zur Entwicklung unserer Wälder. So führt er in das Thema ein:  „ Haben Sie das auch gelesen, gesehen, gehört …? In Deutschland sollen – Zitat – ‚mehr als 900.000 Hektar Wald verloren gegangen sein‘ , so der ÖRR über die Tagesschau, den Bayerischen Rundfunk, den Deutschlandfunk etc. Auch der diesbezügliche Artikel der Deutschen Presseagentur sorgte zeitgleich für ein gigantisches Echo über unsere sogenannten Leitmedien wie die FAZ, die Süddeutsche, den Stern bis hin zu fast allen Regionalzeitungen, die den Artikel der dpa 1:1 abdruckten.“ Die so verbreiteten Aussagen gehen offensichtlich auf eine Veröffentlichung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zurück. Diese Mitteilung hatte die Überschrift: „Neuer Webdienst EO visualisiert Kronendachverluste – Satellitendaten für deutsche Wälder in Not“. Korrekt heißt es dort, dass es sich um interaktive Karten „zum Verlust der Kronendachbedeckung für ganz Deutschland“ handele. Prof. Schulte greift in seinem Erklärvideo die verbreitete Schlagzeile „900.000 ha Wald verloren“  auf und fragt zu dieser Aussage: „Wann ist uns das passiert, wer hat da nicht aufgepasst, wo sind die Wälder, das ganze Holz jetzt hin, hat einer beim Fundamt mal nachgefragt …? Falls Sie jetzt auch Angst um unseren verlorenen Wald haben, sind Sie Fake Facts aufgesessen – denn: Seit 1949 hat die Waldfläche in Deutschland bis heute um etwa 1,5 Mio. Hektar zugenommen. Und: Anstatt die großen Mengen an bestem, durch Borkenkäfer dem Markt zugeführtem Fichtenholz in Deutschland für eine Holzbauoffensive zu nutzen, haben wir es unter Begasung mit einem Klimakiller billigst vor allem nach China exportiert. Oder lassen es als Totholz z.B. im Nationalpark Harz einfach liegen und ungenutzt durch natürliche Zersetzung Millionen Tonnen CO₂ emittieren.“ Interesse am Thema: Dann schauen Sie das Video von Andreas Schulte mit daten- und faktenbasierten Hintergründen zum Sterben einiger Fichtenwälder der letzten Jahre, die Sie in den Medien so nicht gelesen oder gesehen haben. Quelle: Prof. Dr. Andreas Schulte Zum Autor: Der Forstwissenschaftler Prof. Dr. Andreas Schulte war Inhaber des Lehrstuhls für Waldökologie, Forst- und Holzwirtschaft im Institut für Landschaftsökologie der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Er ist Verfasser und Herausgeber mehrerer Bücher zu waldökologischen, forst- und holzwirtschaftlichen Themen. Neben seinen bodenkundlichen und waldökologischen Untersuchungen, die in den 1980er und 1990er Jahren noch ganz im Zeichen der Debatte um das „Waldsterben“ standen, beschäftigte sich Andreas Schulte auch früh mit Fragen der Weltforstwirtschaft und ihrer künftigen Entwicklung angesichts des Klimawandels. Seit Mitte 2024 ist Schulte Herausgeber und Autor des YouTube-Kanals „CumTempore“ . In Videos gefasste Bemerkungen zum Themenrahmen Wald – Klima – Mensch stellt der Forstwissenschaftler der „zunehmend alarmistischen und ideologisierten Berichterstattung möglichst gut ausgeleuchtet Daten, Fakten, Wissen kritisch gegenüber“. Mit den Videos werden in ca. 15 Minuten Fragen, Probleme, Interessantes aufgegriffen, insbesondere aus den Bereichen Waldökologie und Forstwirtschaft, dem Umwelt-, Natur- und Klimaschutz wissensbasiert und verständlich in einen gesellschaftspolitischen Kontext gestellt.

  • Unser Zuwanderungsproblem in der Tierwelt (2)

    Invasive Arten richten enorme Schäden an. Ihre Ausbreitung soll verhindert werden. Es gibt zum Teil enorme Bestandszunahmen. Darüber berichten wir – in Teil 2 geht es u.a. um Nutria und Nilgänse Teil 1 lesen Foto: Jaramo81 , 2020-11-14 Nutria (1) , CC BY-SA 4.0 Einen ebenfalls rasanten Zuwachs haben die Nutria hingelegt. Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich die Jagdstrecke auf fast 120.000 Stück annähernd verzehnfacht. Basis des Bestandes sind auch hier aus Pelztierfarmen entflohene Tiere wie auch bewusste Auswilderungen. Eine Zuwachsrate von mehr als 28 Prozent in einem Jahr ist ein deutliches Zeichen für das enorme Vermehrungspotenzial der aus Südamerika stammenden Sumpfbiber, die oft mit Bibern oder der kleineren, ebenfalls hier nicht heimischen Bisamratte verwechselt werden. Längst hat die auf Wasser angewiesene Nutria, die an den auffälligen weißen Schnurrhaaren am kantigen Kopf zu erkennen ist, den Großteil Deutschlands besiedelt und ist auch in urbanen Lebensräumen sehr zahlreich vertreten. Schäden für Mensch und Tier Die Nutria richtet durch Unterhöhlen erhebliche Schäden an Ufer- und Böschungsbereichen sowie Deichanlagen an. Außerdem kann sie Uferröhrichte durch Fraß stark schädigen und dadurch die Lebensräume seltener Arten schädigen. Nutrias schaffen relativ große Hohlräume. Dadurch verursachte Einstürze des Erdreichs können auch Dämme und damit den Verkehr gefährden. Besonders in jüngster Zeit wird das Fleisch der Sumpfbiber als sehr schmackhaft gelobt. Das knüpft an Aussagen Ende der 1950er Jahre an, als es hieß: „Das Fleisch der Nutria ist als Genussmittel geschätzt, insbesondere in Südamerika bei der einheimischen Bevölkerung und den Jägern. Es ist sehr zart und wohlschmeckend. Im Geschmack kommt es etwa dem Spanferkel gleich. Überdies bemühte sich die argentinische Regierung, den Konsum von Nutriafleisch zu heben, um die Rentabilität der Farmzucht zu erhöhen.“ Bereits zuvor hatte ein Fachbuch für Pelztierzüchter der DDR die Verarbeitung des Fleisches zu Mettwurst, Kochsalami und Rouladen beschrieben. In Gefängnissen der DDR gab es Nutria mit Pellkartoffeln zu essen. Weit verbreitet und bis in die Städte zugezogen Bestens für den Verzehr geeignet ist auch die aus Afrika stammende Nilgans. Die bundesweite Streckenstatistik weist sie zwar nicht gesondert aus, sondern Zahlen für alle erlegten Wildgänse zusammen, mit einem Wert von zuletzt mehr als 146.000. Der DJV geht jedoch davon aus, dass die Nilgans in Deutschland inzwischen verbreiteter ist als die Graugans. Die rasante Ausbreitung erfolgt seit den 1970er Jahren. Ausgangspunkt war wahrscheinlich eine aus den Niederlanden stammende Population, die sich aus entflogenen Ziervögeln gebildet hatte. Entlang des Rheins und seiner Nebenflüsse hat die Nilgans längst im Süden die Grenze zur Schweiz und im Osten über die Donau auch Österreich erreicht. Sie ist zum Brutvogel geworden. Das schafft Probleme in städtischen Bereichen, wo die Nilgans manchmal sogar als Plage empfunden wird. Denn sie erobert Radwege und Liegewiesen an Badeseen und in Freibädern. Obendrein hat das Gesundheitsamt in Frankfurt a.M. festgestellt, dass der reichlich hinterlassene Kot der Nilgänse in öffentlichen Freibädern eine Gesundheitsgefahr besonders für Kleinkinder ist, weil darin Salmonellen nachgewiesen wurden. Aggressive Verdrängung anderer Arten Auch die heimische Vogelwelt, besonders Wasservögel, ist durch die Nilgans beeinträchtigt. Sie ist einerseits sehr anpassungsfähig, andererseits äußerst aggressiv, besonders während der Brutzeit. So kommt es lokal zur Verdrängung anderer Arten. Das Ausmaß der Aggressionsbereitschaft soll dabei von der Vogeldichte am Gewässer und nicht vom Futterangebot abhängen. Das alles veranlasste die EU 2017, die Nilgans auf die rechtsverbindliche Liste invasiver, gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung zu setzen. Das forderte von den Mitgliedsstaaten „wirksame Managementmaßnahmen“, die „tödliche oder nicht-tödliche physikalische, chemische oder biologische Maßnahmen zur Beseitigung, Populationskontrolle oder Eindämmung einer Population“ umfassen.

  • Kretschmanns Erbe oder ein Mann gegen den Trend?

    Landtagswahl in Baden-Württemberg im März 2026: Der grüne Spitzenkandidat Cem Özdemir will Brücken bauen – aber selbst für Joschka Fischer grenzt ein Sieg an ein Wunder Cem Özdemir (Foto: Verena Müller) Joschka Fischer redet nicht um den grünen Brei herum. „Die Verteidigung der grünen Ministerpräsidentschaft in Stuttgart wird schwer, sehr schwer“, schreibt der frühere Bundesaußenminister in seinem Vorwort zu einer Wahlhilfe-Biografie, die die Autoren Rolf Henkel und Johanna Henkel-Waidhofer jetzt vorgelegt haben. Fischer mag später nachschieben, wenn es dennoch einem gelinge, „dann Cem“. Doch der bald 60-Jährige, der in der Staatskanzlei das Erbe des nicht mehr kandidierenden grünen Kult-Konservativen Winfried Kretschmann antreten will, weiß selbst am besten, dass seine Chancen gut vier Monate vor der Wahl besser stehen könnten. Sicher: Sein Bekanntheitswert im Land liegt nahe an der 100-Prozent-Marke. Sein CDU-Konkurrent Manuel Hagel ist schon froh, wenn ihn gut ein Drittel der Menschen in Baden-Württemberg kennen. Doch die Zahlen, die letztlich über Sieg oder Niederlage entscheiden, lassen vermuten, dass es für Özdemir, den dialektsicheren „anatolischen Schwaben“, am 8. März nicht zum Sieg reichen dürfte. Die wiederbelebte CDU liegt ziemlich stabil um die 30 Prozent, die kretschmannlosen Grünen zehn Prozent dahinter. Schlimmer noch: Zwischen Schwarze und Grüne hat sich die AfD auf den Umfrage-Platz 2 geschoben. Özdemirs Inszenierung: Ein Mann des Kompromisses Ein Mann gegen den Trend: So präsentiert sich Özdemir. Weit genug weg von den Grünen, um das bürgerlich-konservative Wählerlager, das Kretschmann so genial umgarnen konnte, nicht völlig abzuschrecken. Sein Programm steht im Klappentext: „Mein Spezialgebiet ist das Brückenbauen zwischen unterschiedlichen Positionen und der Versuch, Lösungen mit Maß und Mitte zu finden. Ich will es mal so sagen: Wer mit mir keinen Kompromiss finden kann, will keinen.“ Doch Manuel Hagel, nicht nur wegen seiner 37 Jahre um viele politische Erfahrungen, raffinierte Tricks und aufrüttelnde Reden ärmer als der weltläufige Özdemir, will sich davon nicht einlullen lassen. Dass es ihm nach der Wahl lieber wäre, mit SPD und FDP eine Deutschland-Koalition zu bilden, ist kein Geheimnis. Doch eine in allen Umfragen um die zwölf Prozent dümpelnde Landes-SPD und eine sich sicher, wenn auch knapp über fünf Prozent wähnende FDP dürften am Ende nicht zum neuen Bündnis reichen. Zumal die Linkspartei zum ersten Mal mit dem Einzug in den Stuttgarter Landtag rechnen kann.   Cem, der Brückenbauer. Die Buch-Autoren führen nicht zuletzt Özdemirs Rolle als Bundeslandwirtschaftsminister während der großen Bauernproteste im Frühjahr 2024 an, als er sich mehr als ein Mal mutig zum Teil sehr aufgebrachten Demonstranten zum Disput stellte und nicht ohne positive Wirkung blieb. Aber Özdemir ist eben kein Kretschmann, mag er sich noch so ökoüberparteilich und ehrlich wirtschaftsaffin zeigen. Und laut feststellen, dass es für die Grünen die größte Gefahr sei, „wenn wir nach links abdriften“. „Meine Turmfrauen finden ihn gut, trotzdem werden sie Cem nicht wählen“, zitieren die Autoren eine auf dem Land lebende Grüne. So ist das wohl. Selbst in den Großstädten wie der Landeshauptstadt Stuttgart bröckelt das einst so stabile grüne Fundament. Auch Manuel Hagel wird Anfang des kommenden Jahres auf den Büchertischen präsent sein. Dann soll ein Band zum 75-jährigen Jubiläum der Landes-CDU erscheinen, ein Jahr zu früh zwar, aber rechtzeitig vor der Wahl. Hagel wird dazu das Vorwort schreiben. Für eine eigene Biografie reicht es eben noch nicht.

  • Unser Zuwanderungsproblem in der Tierwelt (1)

    Invasive Arten richten enorme Schäden an. Ihre Ausbreitung soll verhindert werden. Doch Streckenzahlen zeigen, dass das durch freiwillige Bejagung kaum gelingt. Es gibt zum Teil enorme Bestandszunahmen. Darüber berichten wir in zwei Teilen Foto: Michael Woita / pixelio.de Die Statistiken belegen eine klare Tendenz: Die Vorkommen von Waschbär und Marderhund, Nutria, Mink und Nilgans nehmen zu. Erfasst sind dabei nur die als erlegt gemeldeten Stücke. Denn während es für die Schalenwildarten verbindliche Abschusspläne und körperliche Nachweise gibt, entfällt dies für das Niederwild, zu dem die gebietsfremden Arten zählen. Ihre Bejagung erfolgt quasi freiwillig und sicher nicht flächendeckend oder konsequent. Denn nicht wenige Jäger lassen den Finger gerade, wenn sie beim Ansitz auf Sau oder Hirsch einen Neozoen in Anblick haben. So heißen die zugewanderten Tierarten, die sich bei uns im Lande etabliert haben – nicht nur in der Natur. Nachtaktive Räuber aus Nordamerika und Asien Besonders dramatisch ist das im Fall des Waschbären . Er ist eigentlich in Nordamerika zu Hause und seit der Mitte des 20. Jahrhunderts als Neubürger auf dem europäischen Festland vertreten. Ausgangspunkt der Entwicklung sind Tiere, die aus Pelztierfarmen und Gehegen entkommen sind oder ausgesetzt wurden. Die Jagdstrecke des Kleinbären hat sich nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes (DJV) innerhalb von zwei Jahrzehnten bis 2024 auf 239.162 mehr als verelffacht. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Denn der nachtaktive Räuber lebt zwar bevorzugt in gewässerreichen Laub- und Mischwäldern, ist aber enorm anpassungsfähig. Längst hat er auch Bergwälder, Salzwiesen und urbane Räume besiedelt . Die Folgen für die Vogelwelt sind enorm. Der putzig anzuschauende Maskenträger schädigt sie, wo er nur kann. Als gewandter Kletterer erreicht er auch Nester hoch oben in Bäumen. Seine Vorderpfoten, vom Jäger Branten genannt, setzt er mit ausgeprägtem Tastsinn geschickt ein wie Hände, leert so auch Baumhöhlen und erbeutet oft genug mit dem Gelege auch das brütende Elterntier. Als Nahrungsopportunisten, also Allesfresser, ernähren sich Waschbären aber auch von Kröten, Fröschen, Lurchen und anderen Wirbellosen und pflanzlicher Kost. Gerühmt wird ihr gutes Gedächtnis. So sollen sich Tiere in Versuchen auch noch nach drei Jahren an die Lösung einer früher gestellten Aufgabe erinnert haben. Ein äußerst scheuer Neubürger Der auch Enok genannte Marderhund ist ein äußerst scheuer nachtaktiver Neubürger. Nur wenige Menschen bekommen ihn zu sehen. Doch die Zahl von fast 27.500 erbeuteten Exemplaren im Jagdjahr 2023/2024 belegt sein reichliches Vorkommen. Seit der Erlegung des ersten Marderhundes 1962 im Emsland hat er ganz Deutschland erobert. Das Kernverbreitungsgebiet des aus Asien stammenden Enok umfasst die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Als Allesfresser übt er wie der Mink einen zusätzlichen Prädationsdruck auf heimische Arten aus. Der amerikanische Mink ist ans Wasser gebunden und zahlenmäßig sicher das in heimischen Revieren am wenigsten verbreitete Neozoon. Auch wenn es keine bundesweite Streckenstatistik für diese Art gibt, kann er lokal erhebliche Reduzierungen verursachen, etwa bei Wasservögeln.

  • Klimagipfel, Geburtstag, Beschlüsse in Berlin – und was sich auf dem Lande tut

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und auf die Bundespolitik Liebe Leserin, lieber Leser, so richtige Zuversicht hat sich im Herbst mit Blick auf Berlin noch nicht breit gemacht, obwohl man der „Arbeitskoalition“ von Union und SPD nach dem Bruch der Ampel mehr als einen Ruck zugetraut hatte. Hinter uns liegt eine Woche, in der endlich große Themen angefasst wurden, um die Kurven der Wirtschaftsdaten und der politischen Stimmung im Lande zu drehen. Vielleicht hat auch der Weckruf der Wirtschaftsforscher mitgewirkt. Der Kanzler wird nicht müde zu versprechen, dass mit ihm auf Deutschland Verlass sei. Wir wollen uns gleichwohl in unserer Wochenkolumne natur+mensch darüber hinaus weiter unseren Themen zuwenden. Über die Hälfte der Menschen leben und arbeiten im ländlichen Raum. Darüber wird im Moment wenig gesprochen. So schauen wir erneut auch dorthin: Was sich rund um unseren Wald tut, ob die Jagd dort auch in Zukunft angemessen ihre Rolle spielen und wie sie für die Allgemeinheit wirken kann. Die Zunahme eingewanderter Tierarten wie Waschbären oder Nilgänse betrifft alle. Wir schlagen im Folgenden wieder einen weiten Bogen. Für unseren Bundeskanzler sollte der Dienstag dieser Woche als normaler Arbeitstag ablaufen. Ausgerechnet an diesem jährlichen Eröffnungstermin der Karnevalssession hat Friedrich Merz nun einmal Geburtstag. Diesmal war es der 70. Deshalb nahmen das die Kolleginnen und Kollegen im Bundestag und auch im Kabinett trotz aller gewünschter Normalität zum Anlass einer kleinen  Feier mit Torte, vielen guten Wünschen und kleinen Geschenken . Ausgelassenheit – wie üblich am 11.11. am Rhein – blieb an diesem Tage in jeder Beziehung gefühlt auf Distanz zum Berliner Regierungsviertel. Vielleicht war es ein angedeutetes Symbol der durch die sauerländische Herkunft geprägten Zuneigung des Kanzlers auch zum Ländlichen und damit auch zur Tierwelt. Jedenfalls hatte Jens Spahn neben einer Deutschland-Fahne drei Krawatten mit Motiven entsprechender Tiermotive als Präsent dabei: Elefanten, Delphine und Eichhörnchen. Ob der Landwirtschafts- und Ernährungsminister dann noch passende Produkte beisteuerte, wurde übrigens nicht bekannt. So blieb es für den Geehrten am Ende doch ein normaler Arbeitstag. Denn dafür spricht die Meldung, dass Friedrich Merz keine Zeit hatte, die vielen Glückwunsch-SMS zu lesen. Ganz oben dürften für ihn auf der Wunschliste bessere Nachrichten stehen – insbesondere, dass Haushalts- und Investitionsbeschlüsse endlich greifen. Diesen Wunsch konnte der Sachverständigenrat mit seinem Jahresgutachten zur wirtschaftlichen Entwicklung 2025/2026 auch in dieser Woche noch nicht erfüllen. Die Wissenschaftler testierten „Stagnation“, was wenigstens schon einmal keine Rezession mehr bedeutet. Das Bekenntnis des Kanzlers zum Klimaschutz Begonnen hatte die Woche für Friedrich Merz mit einem Langstreckenflug als Kurztrip zur Weltklimakonferenz  nach Belém am Amazonas. Natürlich ging es dem Kanzler darum, Bekenntnisse abzugeben, die am Ende sicher bei weniger als der Hälfte der dort angemeldeten 56.000 Delegierten Beifall finden werden. Seine Botschaft: Deutschland leistet seinen Beitrag. Europa hatte sich zuvor auf reduzierte Ziele verständigt. Und das hatte der Kanzler insgesamt dort zu vertreten. Dies in einer Form, die Merz so als Bekenntnis formulierte: „Wir treten für einen Klimaschutz ein, der wirtschaftliche Aktivitäten fördert und nicht behindert.“  Unsere Wirtschaft sei nicht das Problem, sondern sie sei der Schlüssel, „ um unser Klima noch besser zu schützen“.  Das Ziel des Kanzlers ist nach seinen Äußerungen vor der Weltklimakonferenz in Belém eine langfristige Energiesicherung bei günstigen Preisen und Wettbewerbsfähigkeit mit sozialer Ausgewogenheit. Die Zusage hieß: „Auf Deutschland ist Verlass.“  Jedenfalls sekundiert der deutsche Umweltminister Carsten Schneider (SPD) aus Belém, Deutschland sei dabei und wolle als starkes Industrieland klimaneutral werden. Ob die gerade veränderte Zeitschiene und der Abgleich mit Europa am Ende passen, ist noch nicht sicher. Nun muss erst einmal die umstrittene Brüsseler Einigung selbst mit abgeschwächten Klimazielen noch durchs Europäische Parlament. Wie sich das alles nach innen bei uns auswirken wird, bleibt eine Frage, die uns weiter bewegt. Zum Spendenformular Kommen wir noch einmal zurück auf unsere Wirtschaft. Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche hat in Berlin auch in dieser Woche eine Grundsatzrede  gehalten und dabei das Thema Klima erst mal ausgeklammert. Kernaussage: Die deutsche Wirtschaft muss langfristig wieder wettbewerbsfähig werden. Die Lage sei ernst, sagte sie, und es brauche ein umfassendes Fitnessprogramm – mit der Konzentration auf diese Kernaufgaben: Sicherheit, Infrastruktur und Bildung . Sie sprach auf einem Symposium zur sozialen Marktwirtschaft, wozu das Motto „Wieder mehr Erhard wagen“ passen würde. Solche Gedanken wirken auf den Koalitionspartner nicht gerade vertrauensbildend. Jedenfalls hat Reiche ihre Aussagen symbolisch unterlegt: Jetzt wurde bekannt, dass die Büste von Ludwig Erhard in ihr Ministerium zurückgekehrt ist. Reiches Vorgänger Robert Habeck hatte die ausgeliehene Skulptur an ihren Besitzer, Herbert B. Schmidt, einst Mitbegründer des CDU-Wirtschaftsrates, 2023 zurückgeben müssen. Der Grund: Der Stifter hielt nichts von der Politik des damals amtierenden Grünen. Das Handelsblatt griff das Thema auf und zeigt sich weiter skeptisch: Es bleibe zu befürchten, dass die Rückkehr der Büste mehr Kulisse als Kurskorrektur sei, denn der Geist der sozialen Marktwirtschaft, die Erhard prägte, sei in der Bundesregierung kaum mehr spürbar. Ob das zur Klima-Ansage des Kanzlers passt? Von oben sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht Damit sind wir noch einmal in Belém: Ein anderes Zitat des brasilianischen Präsidenten von dort lässt auch für unsere Themen aufhorchen: „Wer den Wald nur von oben sieht, weiß nicht, was unter seinem Dach geschieht.“  Waldbauern und Förster stehen vor grundlegenden Herausforderungen, unter diesen Bedingungen Reviere so umzubauen, dass sie auch für kommende Generationen zukunftsfest bleiben. Und Jägerinnen wie Jäger spielen dabei auch noch eine Rolle. Der Wald ist von je her ein Generationenthema. Dessen Funktionen und aktuelle gesellschaftliche Ansprüche wachsen dramatisch mit den unterschiedlichen Bestrebungen zwischen wirtschaftlich verpflichtetem Eigentum und öffentlichem Wohl. Daraus leitet die Stiftung natur+mensch in den aktuellen Debatten den Auftrag ab, sich mit eigenen Positionen einzubringen, die der Jagd in Wäldern der Zukunft ausgewogen einen angemessenen Platz sichern. Dazu gehört insbesondere auch der Blick auf die Waldböden. natur+mensch widmet sich konkreten Beispielen der Waldentwicklung, die beides zulässt: Wirtschaftswald und Jagdbetrieb . Ziel ist es, den Nachweis einer ausgewogenen ökologischen und ökonomischen Bewirtschaftung zu führen. Die Stiftung will einen konkreten Beitrag zu den gesellschaftlichen Diskussionen über Nachhaltigkeit, CO₂-Speicherung, Klima- und damit Zukunftsstabilität von Wäldern leisten. Dazu gehören die Aspekte der Energieversorgung, Biodiversität, Gesundheits- und Erholungsfunktionen – sowie „Wald mit Wild“ statt „Wald vor Wild“ als Praxisbeispiel. Darüber habe ich u.a. mit dem Forstwissenschaftler Prof. Dr. Andreas Schulte gesprochen. Er war Inhaber des Lehrstuhls für Waldökologie, Forst- und Holzwirtschaft im Institut für Landschaftsökologie der Universität Münster. Er stellt, wie er sagt, zunehmend alarmistischen und ideologisch gefärbten Darstellungen in Berichterstattung und Politik möglichst gut ausgeleuchtete Daten, Fakten und Hintergrundinformationen kritisch gegenüber. Im Blog natur+mensch werden wir auf ihn und seine Videos gern noch einmal zurückkommen. Invasive Arten sind mit Pulver und Blei allein nicht zu stoppen Invasive Arten richten enorme Schäden an – in der Landschaft, an heimischen Arten und möglicherweise auch an der menschlichen Gesundheit.  Deshalb soll ihre Ausbreitung verhindert werden. Doch Streckenzahlen zeigen, dass das kaum gelingt. Es gibt vielmehr zum Teil enorme Bestandszunahmen. Die Statistiken, die unser Autor Christoph Boll in der kommenden Woche in seinem Blog-Beitrag auswertet, belegen klar: Die Vorkommen von Waschbär und Marderhund, Nutria, Mink und Nilgans nehmen zu. Erfasst sind dabei nur die als erlegt gemeldeten Stücke. Denn während es für die Schalenwildarten verbindliche Abschusspläne und körperliche Nachweise gibt, entfällt dies für das Niederwild, zu dem die gebietsfremden Arten zählen. Ihre Bejagung erfolgt quasi freiwillig und sicher nicht flächendeckend oder konsequent. Denn nicht wenige Jäger lassen den Finger gerade, wenn sie beim Ansitz auf Sau oder Hirsch einen Neozoen in Anblick haben. Damit erweisen sie der Natur einen Bärendienst, wenngleich klar ist, dass die tierischen Zuwanderer allein mit Pulver und Blei nicht zu stoppen sind. Für die Eindämmung braucht es eine konsequente Fangjagd mit der Falle. Kürzlich haben wir auf die vielfältigen Hinweise zu Wildunfällen im Herbst  hingewiesen. Wie aktuell und berechtigt das ist, zeigt eine Meldung aus dem Kreis Neuburg-Schrobenhausen in Bayern: Dort ereigneten sich in der letzten Woche nach Einbruch der Dunkelheit von Donnerstagabend bis Freitagmorgen gleich fünf Wildunfälle – vier Rehe und ein Wildschwein. In allen Fällen wurden Autos beschädigt. Das bestätigt, wie stark Wild in der Dämmerung und nachts aktiv ist. Bei zwei Unfällen starben die Tiere sofort, bei den übrigen musste die Polizei verletztes Wild nachsuchen lassen. So verbleibe ich mit diesem Wochenkommentar mit besten Grüßen und Waidmannsheil Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination

  • EU-Entwaldungsverordnung: Wer zieht die Notbremse?

    Wenige Wochen bleiben noch, um die handwerklichen Fehler der EU-Entwaldungsverordnung zu beheben. Die Forderung wird laut, das Inkrafttreten noch einmal um ein Jahr zu verschieben Foto: VenomDesign Das EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) stammt aus einer anderen Zeit. Es wurde in der vergangenen Wahlperiode vorgeschlagen und beschlossen. Damals waren die Gesetzgebungsvorschläge der Kommission beseelt vom Green Deal. Inhaltlich konnte es nicht grün genug sein. Die Interessen der Unternehmen waren zweitrangig, der Aufwuchs von Bürokratie wurde in Kauf genommen. In diesem Geist hat die EU bis 2024 Politik gemacht. Das Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten ist ein Paradebeispiel dafür. Das Anliegen ist richtig: dafür sorgen, dass keine für den Arten- und Klimaschutz wertvollen Wälder geschlagen werden für Produkte, die in der EU auf den Markt kommen. Um dieses Anliegen umzusetzen, ist aber viel Papierkram notwendig. Etwa, wenn es darum geht, zu dokumentieren, dass das Holz nicht aus einem Primärwald im Amazonas- oder Kongobecken kommt. Hierzulande wachsen Holzernte und Waldfläche Von Anfang an nicht einzusehen war, dass auch Verkäufer von Holz diese Dokumentationspflichten beachten müssen, die gar nicht in Gebieten wirtschaften, wo abgeholzt wird. Rodung ist etwa in Deutschland, Österreich und anderen mitteleuropäischen Ländern kein Problem. Im Gegenteil: Hierzulande wächst sowohl die Holzernte als auch die bewaldete Fläche seit Jahren. Daher ist die Forderung der Unternehmen berechtigt: Die Kommission möge eine Null-Risiko-Kategorie im Gesetzestext verankern. Das heißt: In Ländern ohne Abholzungsrisiko sollen die Unternehmen nicht der Dokumentationspflichten der EUDR unterworfen werden. Ansonsten würde sinnlose Bürokratie aufgebaut. In ihrem zweiten Mandat hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Prioritäten verschoben . Nicht mehr Klima- und Artenschutz stehen im Vordergrund. Vielmehr will sie den Unternehmen vor allem das Wirtschaften erleichtern. Ihre Behörde durchforstet dafür systematisch die EU-Verordnungen und Richtlinien und will Bürokratie kappen. Neue Dokumentationspflichten sollen verhindert, bestehende überflüssige Bürokratie soll abgebaut werden. Nur kosmetische Änderungen oder doch Verschiebung? Von diesen Gedanken hat sich die Kommission bislang aber leider bei der EUDR nicht leiten lassen. Sie will vielmehr das EU-Gesetz lediglich mit einigen kosmetischen Änderungen Ende des Jahres in Kraft treten lassen. Nur Kleinunternehmen sollen davon zunächst ausgenommen werden. Das Gesetz sieht etwa vor, dass Waldbesitzer in einer Datenbank das Waldstück genau lokalisieren müssen, in dem geerntet wird. Da die Geolokalisierung gerade die kleinen Waldbesitzer vor technische Schwierigkeiten stellen würde, will sich die Kommission nun nur noch mit der Postadresse des Waldstücks zufriedengeben. Dies ist wohlgemeint, aber ein völlig unausgereifter Vorschlag. So gibt es für viele Waldstücke in Deutschland eben nicht eine Postanschrift. Die Zeit drängt. Die beiden Co-Gesetzgeber der EU, also der Rat der 27 Mitgliedstaaten und das Europaparlament, müssen sich schnell einigen. Sollte die Einigung nicht bis zum 30. Dezember gelingen, tritt die EUDR automatisch in Kraft. Mit allen ihren Ungereimtheiten. Dadurch würde Chaos entstehen. Lieferketten, etwa für die Automobilindustrie, könnten reißen. Die Mitgliedstaaten haben jetzt den Vorstoß gemacht, das Inkrafttreten der EUDR komplett um ein Jahr zu verschieben. Das ist der einzig sinnvolle Weg. Es ist nicht vorstellbar, die vielen handwerklichen Fehler innerhalb von wenigen Wochen im Eilverfahren zu beseitigen.

  • Wenn der Vater aufs zweite Bier verzichtet

    Es war kein gutes Jahr für die Gastronomiebranche in Deutschland. Das Kneipensterben geht deswegen ungebremst weiter. Und das besonders auf dem Lande Foto: Sora Die nackten Zahlen bestätigen einen gefährlichen Trend, der auch die Lebensqualität gerade im ländlichen Raum bedroht. Die Gastronomiebranche in Deutschland kommt nicht aus der Flaute. Ganz im Gegenteil: Es geht weiter bergab. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sank der Umsatz im Gastgewerbe im August dieses Jahres um 1,4 Prozent im Vergleich zum Juli. Ein Rückgang, den man vielleicht noch verschmerzen kann. Noch deutlicher werden die Probleme bei einem anderen Vergleichszeitrahmen: Im Vergleich zum Vorjahresmonat sank der Umsatz um 3,5 Prozent. Auch kleinere Hotelanbieter melden deutliche Rückgänge, sogar auf der Promi-Insel Sylt blieben in diesem Jahr jede Menge Hotelzimmer leer. Das ist eine negative Entwicklung, die sich auch an der gastronomischen Infrastruktur in Deutschland nachverfolgen lässt. Allein seit 2019 haben 67.000 Kneipen, Restaurants und Gasthöfe in Deutschland aufgegeben. Ein Grund war natürlich die Corona-Pandemie, die wie eine Abrissbirne gerade für die Gastronomiebranche gewirkt hat. Knapp ein Jahr durfte kein Betrieb Gäste und Kunden empfangen, Umsatz damals gleich null. Viele Mitarbeiter flüchteten in dieser Zeit aus der Branche – nur ein kleiner Teil kehrte zurück. Schockwellen nach Corona Die wechselnden Bundesregierungen zahlten zwar hohe Corona-Entschädigungen an die Branche (die höchsten im Vergleich aller Wirtschaftszweige), aber dennoch bleibt der Trend negativ. „Nach der Corona-Krise, die vom deutschen Staat gerade für die Gastro- und Tourismusbranche mit viel Geld und Empathie unterstützt wurde, kamen die nächsten Rückschläge“, bestätigt ein Branchenkenner. Vereinzelt haben sich im Anschluss an Corona auch unerwartete behördliche Rückforderungen von Hilfen in den Bilanzen der Betriebe niedergeschlagen. Unsicherheiten, auch ausgehend vom Ukraine-Krieg und durch die hohe Inflation, haben bei vielen Verbrauchern die Lust am Essengehen oder am Bier in der Eckkneipe vermiest. Diese Stimmung ist weiter zu spüren. In der ohnehin mit geringen Margen kämpfenden Branche (von 100 Euro Umsatz bleiben nach Angaben des Dehoga zum Beispiel in der Außengastronomie in Bremen fünf Euro übrig) sind die Kosten in den vergangenen zwei Jahren deutlich nach oben geschossen: Energie für Hotels und touristische Anlagen kostet 13 Prozent mehr, bei Löhnen sind es 14 Prozent. Besonders hart trifft es Restaurants: Im Schnitt müssen Gastronomen und Restaurantbetreiber knapp 20 Prozent mehr für Grunderzeugnisse für Lebensmittel aufwenden, um ihre Speisen und Co. anbieten zu können. Dies führt dazu, dass seriös kalkulierende Gastronomen kaum noch ein Schnitzel unter 30 Euro anbieten können. Eher geht diese Entwicklung in Richtung 40 Euro. Politische Debatte um Mehrwertsteuer Das ist für viele Gäste und Urlauber zu viel, die dann lieber zu Hause bleiben und sogar in den Ferien in der gemieteten Wohnung brutzeln. Die deutschen Küsten melden somit ebenfalls erhebliche Umsatzeinbrüche bei Übernachtungen, Freizeitattraktionen oder Gastro-Besuch. „Viele Familien leisten sich schon nicht mehr den Gang in die Pizzeria“, sagt ein Hotel-Manager aus dem Ostseeraum. Oder wenn sie kommen, dann teilen sich vier Leute schon mal drei Essen. Oder verzichten aufs zweite Bier für den Papa oder den Weißwein für die Mama. Diese Entwicklung beschäftigt zwangsläufig auch das politische Berlin. Im Koalitionsvertrag ist die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen von derzeit 19 auf sieben Prozent festgeschrieben. Es war ein zentrales Wahlversprechen vor allem der Union – auch und gerade mit Blick auf die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und irgendwann in Bayern. Gerade die Union setzt sich nun dafür ein, dass diese auch kommt, um die gastronomische Infrastruktur vor allem in den ländlichen Regionen nicht noch weiter auszudünnen. Bisher gibt es aus dem Bundesfinanzministerium keine Einwände. Auch dort weiß man genau, dass dieses Thema durchaus Potenzial hat, den Rechtspopulisten weiteren Aufwind zu verschaffen. Schon heute liegt die AfD auf der Ostseeinsel Usedom bei 49 Prozent.

  • Wildnis nach menschlichem Willen

    Ist von Wildnis die Rede, denken die meisten Menschen an Kanada, Sibirien, das Amazonasgebiet oder die Antarktis. Sie haben Bilder unberührter Natur vor dem Auge. Auch in Deutschland gibt es Wildnis. Sie ist nur anders definiert Foto: Rudolpho Duba / pixelio.de Die Vorstellung von Wildnis entspringt menschlichem Denken. Sie kann nur als Gegensatz von gestalteten Kulturlandschaften wahrgenommen werden. Und weil es bis zu wirklicher Wildnis oft ein weiter Weg ist, gibt es in Nordrhein-Westfalen sogenannte Wildnisentwicklungsgebiete. Die bereits entsprechend ausgewiesenen Areale umfassen 7.800 Hektar. Die Landesregierung will diese bis zum kommenden Jahr um weitere 5.000 Hektar erweitern, davon 500 Hektar im Hochsauerlandkreis und 300 Hektar im Reichwald Kleve. Dabei handelt es weitgehend um landeseigenen Wald, der bereits heute zum großen Teil als Naturschutzgebiet und als europäisches Fauna-Flora-Habitat-Gebiet ausgewiesen ist. Insgesamt sollen künftig gut 15 Prozent des Landeswaldes und zwei Prozent der Gesamtwaldfläche von NRW der natürlichen Waldentwicklung überlassen werden; also aus der forstlichen Bewirtschaftung genommen werden. Die schwarz-grüne Landesregierung in Düsseldorf versteht dies als Beitrag zur Stärkung der Artenvielfalt und zur Bereicherung des Naturerlebens. Der grüne Umweltminister Oliver Krischer spricht von Wildniswäldern als „unverzichtbare Rückzugsräume für bedrohte Arten“. Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) assistiert mit dem Hinweis, die Flächen „ermöglichen zugleich der Bevölkerung, natürliche Waldprozesse unmittelbar zu erleben“. Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt NRW entspricht damit der aktuellen „Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt“ (NBS) der Bundesregierung, die mehrere Ziele zur Wildnis verfolgt. So soll sich die Natur auf mindestens zwei Prozent der Landfläche Deutschlands wieder nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln. Die Wildnisgebiete sollen zudem in den länderübergreifenden Biotopverbund integriert werden. Außerdem sollen sich fünf Prozent der Waldfläche natürlich entwickeln können. Wildnisgebiete im Sinne der NBS existieren heute nach aktuellen Einschätzungen auf etwa 0,6 Prozent der Landfläche. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Kernzonen von Nationalparken, Flächen des „Nationalen Naturerbes“ und Bereiche in einigen großen Naturschutzgebieten. Das Zwei-Prozent-Ziel soll nun bis 2030 verwirklicht werden. Bei der Identifizierung weiterer dazu geeigneter Gebiete geht es insbesondere um Wälder der öffentlichen Hand, Moorgebiete, Flussauen, Küstenabschnitte und Hochgebirgsregionen. In Frage kommen aber auch ehemalige militärische Liegenschaften und Bergbaufolgelandschaften. Geld für NGOs aus Wildnisfonds Der Begriff Wildnis hat sich aus den Erfahrungen und dem Erleben der Urlandschaften der Neuen Welt im 18. und 19. Jahrhundert entwickelt. Das führte zu einer regelrechten „Wilderness“-Bewegung in Nordamerika und zur Ausweisung der ersten Nationalparke in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In Deutschland schlossen sich 2017 insgesamt 16 Naturschutzorganisationen zur Initiative „Wildnis in Deutschland“ zusammen. Seit 2022 gehören 21 Naturschutzorganisationen dem Verbund an. Zu deren größten Erfolgen zählt die Einrichtung des staatlichen Förderprogramms Wildnisfonds im Jahr 2019, den die Initiative von der Bundesregierung zum Schutz von Arten und Lebensräumen gefordert hatte. Dass einige dieser NGOs sich dann bei der Schaffung eigener Wildnisgebiete aus eben diesem Fonds bedienten, versteht sich fast von selbst. So erwarb die Nabu Stiftung Nationales Naturerbe 2018 etwa 1.300 Hektar im Naturschutzgebiet Anklamer Stadtbruch und die Deutsche Wildtier Stiftung schuf 2022 durch den Ankauf von Flächen das Wildnisgebiet Aschhorner Moor. Die mit den menschlichen Wildnisvorstellungen verbundenen Ziele sind klar definiert. Da gibt es drei Vorgaben: Die Natur soll sich ohne direkte Eingriffe des Menschen ungesteuert entwickeln. Unbedingt notwendige Eingriffe, etwa wegen rechtlicher Vorgaben oder zum Schutz angrenzender Landschaft müssen auf ein Minimum reduziert werden. Das Gebiet muss mindestens 1.000 zusammenhängende Hektar groß – für Auwälder, Küsten, Moore und Seen sind auch 500 Hektar ausreichend – oder als Nationalpark bzw. größere Kernzone eines UNESCO-Biosphärenreservats ausgewiesen sein. Die Wildnisentwicklung muss dauerhaft rechtlich gesichert sein, etwa durch eine Ausweisung als Naturschutzgebiet oder eine Festschreibung im Grundbuch. Forderung nach Jagdverzicht Gebiete, die das noch nicht komplett erfüllen, werden als Wildnisentwicklungsgebiete klassifiziert. Darin findet oft auch noch eine Jagd statt, vielfach eingeschränkt. Dabei ist für die Initiative Wildnis in Deutschland ausgemacht, dass zu einer weitgehend ungesteuerten Entwicklung der Natur auch ein Verzicht auf Jagd auf mindestens 75 Prozent der Fläche gehört. Einen halbwegs realistischen Blick auf die Wildnisbestrebungen hat das Bundesamt für Naturschutz. Es hat klar formuliert, in vielen Landschaftstypen werde „eine ungelenkte – d.h. von menschlichen Zielsetzungen und Zweckbestimmungen freie – Entwicklung heute kaum noch zugelassen. So sind die Meeresküsten weitgehend entweder eingedeicht oder mit sonstigen Küstenschutzmaßnahmen versehen. Auch die als noch weitgehend ökologisch intakt angesehenen Waldökosysteme unterliegen nur in Ausnahmefällen einer natürlichen Entwicklungsdynamik.“ Auch die Stiftung natur+mensch sieht das Wildnisziel skeptisch und hält es nur in Nischen als Ausnahme für realisierbar. Schon forstlich nicht bewirtschaftete Wälder sinken rapide im Jagdwert, weil eine jagdliche Infrastruktur wie Sicht- und Schussschneisen oder ein Wegenetz zum Erreichen von Ansitzeinrichtungen und Bergen von erlegtem Wild kaum mehr angelegt werden kann. Dagegen steht das Ziel eines ökologisch intakten Wirtschaftswaldes mit einem nachhaltig zu bewirtschaftendem Wildbestand.

  • Die höheren Mindestlöhne und die Folgen für Preise und Existenzen

    Das neue Jahr und damit die nächste Erhöhung des Mindestlohnes rücken näher. Betroffen sind viele Branchen, insbesondere das Handwerk oder die Landwirtschaft, unter anderem mit Spargel-, Beeren-, Obst- und Weinbetrieben. Und am Ende die Verbraucher Foto: Sora Wenn es um die Inflation geht, spielen die Lebensmittelpreise eine besondere Rolle. Und dabei dann insbesondere Brot und Brötchen. Als Preistreiber werden oft Rohstoffe und Zutaten benannt. Sie stammen teilweise aus der heimischen Landwirtschaft oder werden importiert. Auf Hersteller- und Verbraucherseite werden weitere Schübe durch die beschlossenen beiden nächsten Schritte zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes erwartet. Ein Beispiel hat sich unlängst die Bild-Zeitung herausgepickt. Unter der Überschrift „So teuer macht der neue Mindestlohn meine Brötchen“ wird der Inhaber einer Filialbäckerei in Brandenburg zitiert. Wenn er bei zehn bis 15 seiner Mitarbeiter, meist Hilfskräften im Verkauf, den Lohn demnach anpasst, müsse er wohl auch die Bezahlung derjenigen anheben, die schon über dem Mindestlohn liegen – allein um den Abstand zu wahren. Damit steigen in Folge auch die Lohnnebenkosten und die Rechnungen von Dienstleistern wie Reinigungsfirmen, Speditionen oder Lieferanten, die ebenfalls ihre Mindestlöhne anzupassen haben. Eine Kette, die an der Verkaufstheke endet – wo die Kunden die Preiserhöhungen nicht akzeptieren und im Zweifel weniger kaufen. Worauf geht diese Entwicklung zurück? Am 29. Oktober 2025 beschloss das Bundeskabinett die „Fünfte Mindestlohnanpassungsverordnung“: Ab dem 1. Januar 2026 steigt der Mindestlohn zunächst auf 13,90 Euro pro Stunde – ein Anstieg von 8,42 % im Vergleich zum aktuellen Satz von 12,85 Euro. Ein weiterer Schritt erfolgt dann zum 1. Januar 2027, wenn der Mindestlohn auf 14,60 Euro pro Stunde weiter ansteigt. Das bedeutet eine Gesamterhöhung von 13,88 %. Laut Schätzungen des Statistischen Bundesamtes werden vom ersten Schritt rund 6,6 Millionen Beschäftigte profitieren, vom zweiten 2027 bis zu 8,3 Millionen. Dabei ergeben sich regionale Unterschiede: In Ostdeutschland ist der Anteil der betroffenen Jobs deutlich höher als in den westlichen Bundesländern. Diese Unterschiede werfen die Frage auf, ob die Erhöhung wirklich überall die gleichen positiven Effekte haben wird – besonders in den strukturschwachen Regionen des Westens, die ebenfalls mit niedrigen Löhnen kämpfen. Landwirtschaft: Eine existenzielle Bedrohung für Betriebe? Diese Entwicklung sorgt vor allem in bestimmten Branchen wie dem Handwerk, der Gastronomie und in der Landwirtschaft für heftige Kritik. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, warf der Bundesregierung vor, durch diesen Beschluss ohne Ausnahmen für die Landwirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Agrarbetriebe massiv zu gefährden. Insbesondere für arbeitsintensive Kulturen wie Obst, Gemüse und Wein bedeute dies das Aus. „Diese massive Anhebung des Mindestlohns wird landwirtschaftliche Betriebe zum Ausstieg aus arbeitsintensiven Kulturen zwingen“, erklärte er in einer Pressemitteilung. Die Sorge ist, dass die höheren Löhne nicht durch die Marktpreise gedeckt werden können. Dadurch würden viele Betriebe gezwungen, die Produktion ins Ausland zu verlagern, wo die Arbeitskräfte deutlich günstiger sind. Dies könnte die regionale Versorgung mit frischen Lebensmitteln gefährden. Die Entscheidung der Mindestlohnkommission, keine Ausnahme für die Landwirtschaft zuzulassen, geht auf eine entsprechende Prüfung in diesem Sommer zurück. Es gibt demnach keine Sonderregelung. Der Präsident des Gesamtverbandes der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände, Hans-Benno Wichert, zeigte sich enttäuscht und erklärte, dass diese Entscheidung eine existenzielle Bedrohung für viele Betriebe darstelle. Er und der Vorsitzende des Westdeutschen Land- und Obstbauverbands (WLAV), Jörg Umberg, werfen der Bundesregierung vor, die Entscheidung aus politischen Gründen getroffen zu haben, ohne die tatsächlichen Bedürfnisse der Branche zu berücksichtigen. Ausnahmen und Sonderregelungen: Notwendig oder unnötig? Die Diskussion über mögliche Ausnahmen für bestimmte Branchen ist nicht neu. Schon bei der Einführung des Mindestlohns 2015 gab es Debatten über die Frage, welche Sektoren von den Regeln ausgenommen werden sollten. Beispielsweise gab es eine Sonderregelung für Zeitungszusteller, die zunächst mit einem reduzierten Mindestlohn arbeiteten. Auch die Möglichkeit, über Tarifverträge vom Mindestlohn abzuweichen, zeigte, dass es in der Vergangenheit durchaus Flexibilität gegeben hat. Dass sie jetzt ausbleibt, wird dort beklagt, wo der Arbeitsmarkt von besonderen Gegebenheiten geprägt ist.

  • Der Kanzler reist an die Küste – Neuer Umgang mit neuen Energien?

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und auf die Bundespolitik Liebe Leserin, lieber Leser, in den ersten beiden Tagen dieser Woche gab es in der Bundespolitik erst einmal einen unaufgeregten Blick des Kanzlers in die Länder. Friedrich Merz schließt die Reihe seiner Antrittsbesuche dort ab, wo im Gegensatz zu früheren Terminen jetzt kaum Schlagzeilen produziert wurden. Das Kabinett hat zwei Pakete zur Entbürokratisierung beschlossen, bei denen noch nicht absehbar ist, ob und wie sie gerade auch mit dem Blick auf den ländlichen Raum funktionieren werden. Unsicherheiten gibt es weiter bei den Waldbesitzern, weil noch nicht klar ist, wann oder wie ein Gesetz über entwaldungsfreie Lieferketten bei uns durchschlägt. Bei uns finden gerade viele Jagden statt. Es ist die Zeit, in der gesundes und mageres Wildfleisch mit viel Ideen auf die Tische gebracht wird. Auch dieses Thema streifen wir in unserer Wochenkolumne rund um natur+mensch. Für den Bundeskanzler standen in dieser Woche Ausflüge nach Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern  an. Das war knapp geplant und damit alles andere als fröhliche Kurzerholung in frischer Seeluft. Die Programme gehören zu den letzten Antrittsreisen von Friedrich Merz in die 16 Bundesländer. Im Gegensatz zu anderen Vorgängen auf seinem Schreibtisch in Berlin wird dieses Thema pünktlich abgeräumt sein. Im Kanzleramt und auch im Bundestag hat Friedrich Merz in dieser Zeit weiter viel Energie aufzuwenden, um die Koalition und damit seinen „Laden“  zusammenzuhalten. Am Montag und Dienstag konnte er sich wieder den noch nicht bereisten Regionen zuwenden und damit dem, was im Lande „draußen“ bedeutsam ist. Und er konnte weiter daran arbeiten, dass das Zusammenspiel von Bund und Ländern in dieser Legislaturperiode am Ende vielleicht wieder besser klappt. Da spielen die Gastgeber Daniel Günther und Manuela Schwesig nun einmal eine besondere Rolle. Der Kanzler erwärmt sich für erneuerbare Energien Bei diesen Besuchen steht also Länderspezifisches im Mittelpunkt, wobei der Kanzler auch Details aufnehmen will. Gerade in Husum an der Westküste wird demonstriert, welche zentrale Rolle die Nord- und Ostsee bei den erneuerbaren Energien für die gesamte Republik spielen. Und von wo aus nicht nur der Wind, sondern auch Zukunftsthemen wie z. B. die Speicher- und Wasserstofftechnologien für uns alle wichtig sind. Friedrich Merz besuchte zusammen mit Ministerpräsident Daniel Günther ein führendes Unternehmen, das direkt an der Nordsee Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff und zur Ladeinfrastruktur entwickelt bzw. realisiert. Schleswig-Holstein deckt bekanntermaßen mehr als den eigenen Bedarf mit seinen produzierten Energien ab. Gespannt wird jetzt drauf gewartet, wie die Bundesregierung den Fördermechanismus in diesem Bereich reformieren wird. Merz ist bekannt dafür, dass er den Fuß nicht gerade auf dem Gaspedal hat, wenn es um den Ausbau dieses Sektors geht. Aber hier lobt er die Windkraft-Hochburg an der Nordsee. Nach dem Firmenbesuch machte er klar, dass er verstanden habe, wie hier vor Ort mit Windstrom Wasserstoff erzeugt wird. Und fügte hinzu, er sei „vollkommen überzeugt“ davon. Die hier gerade für andere Teile der Republik gelieferte Windenergie führt anderswo im Lande zu Herausforderungen, etwa wenn es um Speicherkapazitäten und über- oder unterirdisch um den Transport durch die neue große Stromtrassen geht. Der Bau dieser Leitungen löst erhebliche Eingriffe in landwirtschaftlich genutzte Flächen aus, wie wir in unserem Blog schon mehrfach geschildert haben . Die Freunde des Krabbenbrötchens können aufatmen Mit dem Besuch des Schifffahrtsmuseums in Husum wurde dort dann doch ein kleiner touristischer Teil für den Kanzler eingebaut. Die graue Stadt am Meer ist übrigens bekannt dafür, dass Durchreisende gern anhalten, um Fischbrötchen zu essen. Frischer geht’s also nicht als hier. In der Region ist ein großer Teil unserer Küstenfischerei zu Hause. Dort wird aber auch ein ständiges europäisches Problem mit Blick auf den Hafen mit seinen Kuttern sichtbar. Das betrifft viele mittelständische Betriebe an der Küste. Ständigen Diskussionen über Beschlüsse aus Brüssel um Fangquoten folgen auch Entscheidungen, die die Existenz kleiner Familienbetriebe betreffen. Das sind die, die von der Fischerei leben. Davon war anlässlich des Kanzlerbesuchs nicht viel zu hören oder zu lesen. Merz hätte sich beim Krabbenbrötchen vielleicht auch mal an einem der Kutter die Zukunftssorgen direkt anhören können. Möglicherweise wäre er bei einem Krabbenfischer auch aktuell auf ein zuversichtliches Gesicht gestoßen. Denn gerade diese Woche kam die Meldung aus Büsum: „Die Krabben sind wieder da.“ Auch bei den Verbrauchern kommt Hoffnung auf. Noch im April waren die Preise in die Höhe geschossen. Seit 2000 haben die 180 deutschen Kutter im Jahr etwa 12.000 Tonnen an Land gebracht. 2024 waren es nur noch knapp 4.000. Jetzt hoffen die Fischer und Liebhaber von Krabbenbrötchen auf bessere Zeiten. Zum Spendenformular Bleiben wir noch kurz bei Merz und der Küste. Dem Trip nach Schleswig-Holstein folgte der nächste Antrittsbesuch in Mecklenburg-Vorpommern. Und damit war der Kanzler bei Manuela Schwesig, einer der wichtigsten Akteurinnen des Koalitionspartners SPD,  zu Gast. Sie steht in diesem strukturschwachen Bundesland wie Sachsen-Anhalt vor der nächsten Landtagswahl. In Schwerin wird damit auch sichtbar, dass die AfD nicht allein ein Problem der CDU ist. Ein entsprechender Eindruck wird jedenfalls immer wieder in Berlin und dem ganzen Land vermittelt, wenn junge Menschen von links empört auf die Straße gehen. Da werden kampagnenartig Parteilinien verschoben, wenn´s um Rassismus geht. Bei seinem Antrittsbesuch in Brandenburg hat Merz die Stadtbild-Debatte losgetreten. In Mecklenburg hat er dagegen beim vergleichbaren Anlass keine weiteren Schlagzeilen ausgelöst. Immerhin kündigte er nach einem Brandbrief der Kommunen über die angespannte Finanzlage dort Gespräche mit den Betroffenen vor Ort an. Und er sprach von einer für die Städte und Gemeinden „nicht mehr tragbaren Kostenlast“  etwa bei der Sozialhilfe, der Pflege oder der Jugendhilfe. Hier drückt der Schuh bei Kreisen und Kommunen. Die Lieferketten und die Unruhe bei Waldbesitzern Blicken wir weiter nach Brüssel: Der Vorschlag der EU-Kommission für ein EU- Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten  sorgt immer noch für Unruhe. Die Behörde wollte dafür sorgen, dass sowohl bei Importen als auch bei allen in der EU hergestellten Produkten keine Anreize zur Abholzung von wertvollen Wäldern gesetzt werden. Das Inkrafttreten war zunächst um ein Jahr auf Anfang 2026 verschoben worden . Jetzt hat die Kommission Erleichterungen vorgeschlagen, die aber nun für weitere Kritik sorgen. Unterdessen wächst der Druck der Mitgliedstaaten auf die Kommission, das Vorhaben ganz fallen zu lassen. Wir werden mit unserem EU-Autoren Ludwig Hintjens am Thema bleiben. Die Zeit der Treib- und Drückjagden und was dabei auf den Tisch kommt Der November ist für Jägerinnen und Jäger die Zeit intensiver Erlebnisse auf Feldern und in den Wäldern – mit Erfolgen, die auf den anschließend gelegten Strecken sichtbar werden, aber auch mit Enttäuschungen. Manchmal entstehen sie durch das Verhalten von Außenstehenden. Auch ich habe auf Ständen nahe von Wegen immer wieder Spaziergänger angetroffen. Auch wenn hier mal für ein paar Stunden Unruhe im Wald entsteht, zeigen die meisten Verständnis bei erläuternden Hinweisen und halten sicher Abstand vom Jagdbetrieb. Bei den Drückjagden in dieser Zeit wird hauptsächlich Schwarzwild, aber auch Rot- und Rehwild erlegt. Dieses Wildbret wird immer beliebter , weil sich herumspricht, wie gesund das Fleisch aus der Jagd ist. Es ist mager, proteinreich und voller wichtiger Vitamine oder Spurenelemente wie B-Vitamine und damit gesund. Beispiel Fleisch vom Wildschwein: Diese Tiere ernähren sich vorwiegend im Wald pflanzlich bei einem geringen Anteil aus Kleintieren. Also alles natürlich – das schmeckt man auch auf dem Teller. Der frühe Blick in die Kalender des nächsten Jahres Langsam beginnt die Zeit der neuen Kalender. 2026 steht bereits vor Tür  und erste Termine werden bereits eingetragen. Hier sind in dieser Woche erste Hinweise im Postfach gelandet. Dabei ist mir aufgefallen, was uns wieder oder neu auf der nächsten „Jagd und Hund 2026“ in Dortmund  vom 27. Januar bis zum 1. Februar erwartet. Das sind etwa bekannte Namen wie Blaser, RWS, Browning, Swarovski, Bresser, Leica oder Zeiss, wenn es auf dieser Leitmesse für Natur und Jagd in Dortmund um die Bereiche Waffen, Optik und Ausrüstung geht. Zunehmend zeigt sich in der Jagdpraxis der Einsatz von Drohnen – etwa bei der Kitzrettung. Unser Artikel zu diesem Thema hat im August allein bei Facebook 140.943 Impressions von 90.711 erreichten Nutzern ausgelöst. Das zeigt uns, wie aktuell das Thema bleibt. Zur Messe wird eine Rahmenveranstaltung angekündigt zum Thema, wie Drohnen sinnvoll und waidgerecht für die Jagd eingesetzt werden können. In der Westfalenhalle geht es außerdem natürlich wieder um Genusserlebnisse. Neben den beliebten Food-Klassikern meldet die Messe auch kulinarische Neuzugänge wie Wildglück Premium Wildfleisch, Waidmanns Food oder Mr. Wild. Bleiben wir beim nächsten Kalender. Schon jetzt können die Daten und Inhalte für die Internationale Grüne Woche in Berlin vorgemerkt werden: Vom 16. bis 25. Januar 2026 feiert sie gleichzeitig ihr 100-jähriges Bestehen. Damit können wir auch noch einmal auf Mecklenburg-Vorpommern zurückkommen. Der dortige Landwirtschaftsminister Till Backhaus kündigte an, dass sein Bundesland als Partner erstmals den Auftakt der Messe mitgestalten wird. Hier geht es traditionell um die Ernährung, ausgehend von den Erzeugnissen unseres Landes mit Trends und technischen Entwicklungen. Dieser Bereich macht sieben Prozent der gesamten Ausstellungsfläche unter dem Funkturm aus. Politischer Höhepunkt wird am 17. Januar erneut die Konferenz von über 60 Agrarministerinnen und Agrarministern sein. Auch der DJV wird wieder mit einem Stand in Halle 27 vertreten sein. Diese Hinweise passen vielleicht zu diesem Wochenende – wenn vor der Weihnachtszeit bereits die ersten Termine für Urlaub, Ausflüge, Jagd und attraktive Veranstaltungen eingetragen werden. So verbleibe ich mit diesem Wochenkommentar mit besten Grüßen und einem kräftigen Waidmannsheil Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination

  • Schwarz-grüne Gratwanderung zwischen Landwirtschaft und Umwelt

    Anerkannter Fachmann für Landwirtschaft muss im Kieler Kabinett den Stuhl räumen: Das Ressort wird an der Spitze weiblich und jünger Werner Schwarz (Foto: Frank Peter) Als Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) vor drei Jahren sein Kabinett neu ordnete und den früheren Bauernverbands-Präsidenten Werner Schwarz, einem ausgewiesenen und anerkannten Fachmann, zum Minister für Agrar und Forst berief, ging ein Ruck durch die Landwirtschaft im hohen Norden. Endlich ein eigenes Ressort. Günther hatte den landwirtschaftlichen Part aus dem grünen Umweltministerium herausgelöst und verselbständigt. Fortan trauerte der grüne Koalitionspartner der alten Ressortführung nach und machte es CDU-Minister Schwarz in der Tagespolitik mehr als schwer . Jetzt zog Günther einen Schlussstrich und ersetzt den 65-jährigen Schwarz durch die 34 Jahre alte Landtagsabgeordnete Cornelia Schmachtenberg. Die neue Ministerin für „Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz des Landes Schleswig-Holstein“ ist studierte Agrarwissenschaftlerin und Vorsitzende der Frauenunion im Lande. Zeitgleich wechselt die 67-jährige Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack in den Ruhestand. Nachfolgerin ist ebenfalls eine CDU-Frau. Die 38-jährige Magdalena Finke war bislang Staatssekretärin im Kieler Innenministerium. Während diese Personalie keine Überraschung ist, führt der Wechsel im Agrarressort zu Spekulationen. Der ehemalige Bauernpräsident und Minister hinterlässt Spuren So soll die Chemie zwischen Günther und Schwarz nicht mehr gestimmt haben. Mit dem Schweinebauern aus dem Kreis Stormarn führte ein ausgemachter Fachmann das Ministerium. Schwarz agierte allerdings äußerst zurückhaltend, große öffentliche Auftritte waren nie sein Ding. Als ehemaliger Präsident des Landes-Bauernverbandes musste er mit dem Vorwurf aus dem grünen Lager, ihm fehle es an Unabhängigkeit, leben. „Agrarpolitik muss wieder mit der Praxis gemacht werden, nicht gegen sie“, lautete seine Maxime. Schwarz vereinfachte das Baurecht für Ställe und setzte weniger strenge Regeln zur Knickpflege durch. Er forderte Genehmigungen für mehr Pflanzenschutzmittel und sprach sich dafür aus, dass Landwirte ökologisch sensibles Grünland leichter zu Ackerland umbrechen sollten. So manche Forderung aus seinem Berufsstand konnte er jedoch nicht umsetzen, weil zahlreiche Themen in den Zuständigkeitsbereich des grün geführten Umweltministeriums fallen. Hier knüpft der amtierende Präsident des Bauernverbandes, Klaus-Peter Lucht, an. „Die andauernde Blockadehaltung des Umweltministeriums hat dazu geführt, dass sowohl der Minister als auch die Staatssekretärin nicht ihre gesamte politische Agenda für eine starke Landwirtschaft umsetzen konnten“, kritisiert Lucht. Was auch heißt, dass sich der Ressort- Wettbewerb im Kabinett um die Landwirtschaft fortsetzen wird. Der Frauenanteil in der Kieler Regierung liegt jetzt bei 60 Prozent. Ministerpräsident Daniel Günther rief die Männer dazu auf, „jetzt mal tapfer zu sein“, schließlich seien das die Frauen auch jahrelang gewesen. Er selbst treibe leider mit seinen 52 Jahren den Altersdurchschnitt im Kabinett nach oben, fügte Günther hinzu. Die beiden Ämterwechsel sind nach Meinung von politischen Beobachtern „ein wahltaktisches Manöver“ des Regierungschefs. Wird doch in knapp zwei Jahren im Land zwischen den Meeren ein neuer Landtag gewählt.

  • Der Gänsebraten ist nicht in Gefahr

    Noch immer breitet sich die Vogelgrippe in Deutschland fast ungebremst aus. Für die Verbraucher ändert sich aber erst mal nichts. Doch das könnte sich ändern Foto: Alexandra H. / pixelio.de Die negativen Meldungen aus den Betrieben reißen nicht ab. Immer wieder melden Geflügelzüchter aller Größe in ganz Deutschland neue Verdachtsfälle. Wenig später ergeben die Proben dann bestätigt eine Infektion mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1 . Und kurze Zeit später ergeht die Auflage der Behörden, dass die Tiere getötet werden müssen. Nach Einschätzung des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) hat die aktuell grassierende Vogelgrippe bereits vergleichbare Ausmaße wie im Schreckensjahr 2021 erreicht. Die Zahl der im Referenzlabor des Instituts registrierten Infektionsfälle sei bereits höher als zum gleichen Zeitpunkt des Jahres 2021, sagte eine Sprecherin des Loeffler-Instituts gegenüber Medienvertretern. Doch es gibt auch zeitliche Unterschiede: „Wir hatten 2025 einen sehr zeitigen Beginn der Infektionswelle und müssen nun abwarten, ob sie auch früher wieder abebbt.“ Eine Hoffnung, die dringend nötig ist: Schon jetzt seien wohl bundesweit knapp eine Million Tiere infiziert und getötet worden. Zudem sei bei knapp 300 verendeten Wildvögeln festgestellt worden, dass sie mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert waren. Infektionsgeschehen verlagert sich Aktuell zeichnet sich eine regionale Verlagerung des Infektionsgeschehens vom Norden in den Süden ab. Im Moment gibt es noch die meisten Ausbrüche in Niedersachsen, einem traditionell starken Standort für Geflügelzucht und -mast mit Hunderttausenden Tieren. Auch in Brandenburg und Schleswig-Holstein ist das Infektionsgeschehen laut FLI noch sehr schnell. Mit dem Herbstvogelzug dürfte es sich jetzt aber schnell nach Bayern und Baden-Württemberg verlagern. Während viele Betriebe um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfen und das für Entschädigungen zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium aus Berlin auch auf der europäischen Ebene um großzügige Entschädigungen kämpft, dürfte sich für den heimischen Verbraucher in Sachen Preise für den Geflügel-Weihnachtsbraten nicht sehr viel ändern. Markt wird von Importware bestimmt Bisher halten sich die Preisaufschläge nämlich noch im Rahmen. Der Kilopreis für Gänse hat sich durch den fast bundesweiten Ausbruch der Vogelgrippe aktuell kaum erhöht. Das liegt nach Beobachtungen von Marktteilnehmern erst einmal daran, dass gerade Großbetriebe oder Importunternehmen, die sich auf den Import von Gänsen und Enten spezialisiert haben, ihre Preise und Kontrakte für diese Saison bereits vor Monaten geschlossen haben. „Und dabei sind auch schon vereinzelte Ausbrüche der Epidemie durch den Kranichzug miteingepreist“, erklärt ein Kenner der Branche. Natürlich sei das Ausmaß der Tierseuche in diesem Jahr besonders stark, aber der Markt für den heimischen Verbraucher wirbele das aktuell noch nicht durcheinander. „Das Angebot aus Deutschland ist trotz der massenhaften Tötung stabil.“ Ein weiterer und wohl auch ausschlaggebender Grund ist die hohe Importquote für Gänse und Enten, die den deutschen Markt bestimmt. 80 Prozent der Gänse, die in den deutschen Supermärkten und den Discountern verkauft werden, stammen überwiegend aus dem osteuropäischen Ausland. Vor allem Tiere aus Ungarn und Polen bestimmen den Markt. Die Preise für die Importtiere haben sich allerdings im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Die Gründe dafür sind mannigfaltig: So haben sich Transportkosten erhöht, das Preisniveau steige auch in Polen. Und gerade in Nordpolen fehlten durch vorangegangene Ausbrüche der Geflügelpest Tiere, die jetzt schlacht- und verkaufsreif seien. Trotzdem liegt das Preisniveau für importierte Gänse und Enten aus diesen Ländern noch unter den Kosten, die deutsche Züchter für ihre Tiere verlangen müssten, um kostendeckend arbeiten zu können. Zugvögel als Überträger der Geflügelpest Experten weisen noch einmal darauf hin, dass das Virus für Menschen nicht gefährlich ist. Nach gesicherten Erkenntnissen sind Zugvögel Überträger der Geflügelpest, die bei vielen Vogel- und Geflügelarten häufig tödlich verläuft. Aber: Viele Wasservögel würden das Virus über den Kot ausscheiden, ohne selbst schwer zu erkranken, hieß es.

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