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- Solide Mehrheit für Rentenpaket – Aufatmen bei Kanzler und Koalition
Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und auf die Bundespolitik Liebe Leserin, lieber Leser, nach der Rentendebatte ist vor der Rentendebatte. Das ist die Konstruktion der Koalition, die dem gestern mühsam zustande gebrachten Beschluss nur einen vorläufigen Charakter verleiht. Nun folgt dasselbe Thema zunächst in der Kommission zu diesem Thema. Aufatmen in der Koalition, dass die eigene Mehrheit steht. Ungewissheit darüber, wie es zwischen Union und SPD, Jung und Alt in der Sozialpolitik weitergeht. Darauf gehen wir nur kurz ein, weil im Vorfeld darüber viel geredet und geschrieben wurde. In dieser ländlichen Wochenkolumne blicken wir weiter auf die 100. Grüne Woche und was die Besucher von Stadt und Land dort zu erwarten haben. Im Hintergrund läuft gleichzeitig das Thema Kennzeichnungspflicht bei Produkten, die mit Gentechnik in der pflanzlichen Vorstufe zu Lebensmitteln werden. Letztlich lesen Sie im Folgenden, welche Themen Sie in unseren nahezu täglichen Beiträgen im Blog finden. Das sind unter anderem die Fütterung von Stadttauben und der Krach, den Krähen verursachen und damit in Rathäusern Ratlosigkeit auslösen. Großes Aufatmen beim Kanzler und in der Berliner Regierungskoalition. Nach monatelangen Diskussionen hat der Bundestag das auch in schwarz-roten Kreisen hochumstrittene Rentengesetz mit absoluter Mehrheit beschlossen. Für die neue Haltelinie beim Rentenniveau bis 2031 und die Ausweitung der Mütterrente stimmten 318 Abgeordnete – bei 224 Nein-Stimmen und 53 Enthaltungen. Damit hat Bundeskanzler Friedrich Merz sein Ziel der sogenannten Kanzlermehrheit von 316 Stimmen um zwei Stimmen übertroffen. Zunächst hatte der Bundestag 319 Ja- und 225 Nein-Stimmen bekanntgegeben, sich dann aber korrigiert. Damit steht das Rentenpaket mit einer Halbwertzeit bis 2031 und die Koalition hält. Wie lange, werden wir sehen. Vor der Abstimmung herrschte in der Koalition und in den Reihen der Union höchste Nervosität und Ärger über die SPD nach den Auftritten der Sozialministerin vor den Arbeitgebern und den Jusos. Da irritieren die alten klassenkämpferischen Töne von Bärbel Bas. Sie passen nicht mehr in die Zeit. Selbst in der SPD muss sich langsam die Erkenntnis durchsetzen, dass die Stammkundschaft Industriearbeiter wegbricht und damit ihre Wählerstruktur nicht mehr die der letzten Jahrzehnte ist. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst ist geübt in der stillen Führung einer Koalition mit den Gegensätzen von Schwarz und Grün. Er rät im ARD-Morgenmagazin: „Man muss auch fair sein und sich verstehen wollen.“ Beide Seiten sollten „mal ein bisschen runterkommen“ . Lachen zur Begrüßung als Gastrednerin sei auch nicht gerade fair gewesen. Wenn Unternehmer, Gewerkschaften und Politik an einem Strang zögen, wäre es besser für Deutschland. Das ist richtig und sein Rat: „Zusammensetzen und vielleicht mal ein Bier trinken.“ Bei so erregten Gemütern scheint das aber nicht so einfach zu gehen. Das aktuelle Klimaschutzprogramm erst im nächsten Jahr Was tut sich noch in Berlin und steht nicht so im Fokus? Umweltminister Carsten Schneider (SPD) will das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung erst mal ein paar Monate liegen lassen. Nicht dieses Jahr, sondern im nächsten sollen dann die vielleicht aktualisierten Klimaziele der Bundesregierung übermittelt werden. Stand der Planung jetzt: Treibhausgasneutralität bis 2045 und eine Reduzierung der Emissionen um 65 % bis 2030 im Vergleich zu 1990. Solange kein Mahnschreiben der EU-Kommission im Posteingang ankommt, besteht wohl kein aktueller Handlungsdruck. Im Klimaschutzprogramm beschreibt die Bundesregierung, wie sie die nationalen Ziele erreichen will. Festgezurrt ist da auch in Brüssel erst mal noch nichts. Berlin wird im Januar ländlich-grün. Auf den 100. Geburtstag der Grünen Woche ist mein Kollege Wolfgang Kleideiter bereits mit einem Blick in ihre Geschichte in unserem Blog natur+mensch eingegangen . Vom 16. bis zum 25. Januar werden in den Hallen und auf dem Gelände der Berliner Messe unter dem Funkturm Stadt und Land zusammengeführt. Jetzt werden immer mehr Aktivitäten auch der Partner der Landwirtschafts- und Ernährungsmesse wie Jagd, Gartenbau oder Waldbau bekannt. Der inzwischen traditionelle „ErlebnisBauernhof“ soll die gesamte Themenpalette der modernen Landwirtschaft zeigen und eben erlebbar machen. Unter dem Leitmotiv „Ernährung sichern. Natur schützen“ wird zusammen mit 70 Partnern aus Landwirtschaft, Wissenschaft, Technik, Verarbeitung und Lebensmittel-Einzelhandel gezeigt, wie Innovation, Verantwortung und Vielfalt zusammenwirken. Lea Fließ, Geschäftsführerin des Forums moderne Landwirtschaft : „Die Landwirtschaft steht für Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Innovation gleichermaßen, wenn auf der Messe vielfältige Themen von Pflanzenzüchtung über moderne Tierhaltung bis zu digitalen Technologien präsentiert werden.“ Dabei stünden nach ihren Angaben Dialog und Transparenz im Mittelpunkt. Zum Spendenformular Die deutsche Ernährungsindustrie erinnerte ebenfalls diese Woche daran, dass sie sich traditionell auf der Grünen Woche zeigt. „Zukunft schmeckt“ heißt das Programm, das die Bundesvereinigung der Branche (BVE) und der Lebensmittelverband Deutschland präsentieren. Vielfalt und Innovationen sollen demnach als zentrale Voraussetzung die Ernährung in einem zunehmend herausfordernden Umfeld auch in Zukunft gewährleisten. Die Branche will offensichtlich mit ihrer starken Präsenz auf der Grünen Woche natürlich auch politische Wirkung entfalten. BVE-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff: „Die deutsche Ernährungswirtschaft braucht politische Stabilität, die Planungssicherheit schafft, Innovation ermöglicht und Überregulierung verhindert.“ Vielfalt sei dabei weit mehr als eine Frage des Geschmacks. Neue Debatten über den Einsatz der Gentechnik zu erwarten Derweil geht es in Brüssel wieder einmal um den transparenten Umgang mit der Gentechnik . Für entsprechende Produkte soll es künftig keine Hinweispflicht mehr auf den Endprodukten geben. Das streben Europaparlament und der Rat der EU-Länder an. Diese Debatte wird künftig auch Kritiker dieser Entwicklung erneut auf dem Plan rufen. Produkte, die aus Pflanzen mit begrenzten genetischen Eingriffen hergestellt werden, sollen demnach keinen Hinweis in den Supermärkten mehr erhalten, lediglich eine verpflichtende Kennzeichnung des Saatgutes . Der Weg dorthin ist gewöhnlich lang: EU-Parlament und Mitgliedsstaaten müssen diese Entwicklung bestätigen. Und wir werden uns im Laufe dieses Verfahrens damit in unserem Blog beschäftigen. Quälgeister oder zu duldende Arten in den Städten Nachdem wir in dieser Woche auf die unterschätzte Gefahr von oft illegal gefütterten Stadttauben in Zeiten der Geflügelpest eingegangen sind, befassen wir uns in der nächsten Woche im Blog mit einer weiteren städtischen Vogelplage. Sie geht von der zunehmenden Population der Krähen in verschiedenen Arten aus. Ein Problem für Stadt und Land. Unser Autor Jürgen Muhl wird am Beispiel mehrerer Städte schildern, wie schwierig die Lage geworden ist. Das reicht in verschiedenen deutschen Kommunen vom Ideenreichtum für Vergrämungsmaßnahmen bis zum Hissen der „weißen Flagge“ in einer norddeutschen Stadt. Auf der einen Seite nehmen Bürgerbeschwerden zu und auf der anderen Seite steht die Machtlosigkeit gegenüber den geschützten Vögeln, die nun einmal Krach machen und damit lästig werden. Zudem kommen in diesem Zusammenhang wieder das Thema weggeworfener Speisereste und die Folgen bis zum Seuchengeschehen in die Diskussion. Die Wegwerf-Unsitte halb gegessener Portionen ist nun einmal ein Teil des Problems. Prägende Spuren in Beruf und Berufung „Time to Say Goodbye“ auch von unserer Seite. Matthias Kruse ist ein geschätzter Kollege, der mit seinem Schritt in den Ruhestand nach 35 Jahren im Jagdjournalismus prägende Spuren in Beruf und Berufung hinterlassen wird. Ich wünsche, dass Jüngere sie aufnehmen, die vielleicht auch zugleich Journalisten und Jäger sind. Mit dem gegenseitigen Verständnis von Passion und Profession ist das bei uns manchmal „so eine Sache“. Der Chefredakteur des Rheinisch-Westfälischen Jägers wirkt an einer Schnittstelle von Einsichten, Überzeugungen und Botschaften. Etwa bei der Vermittlung von Zusammenhängen von Jagd und Natur nach innen und außen. Es muss übrigens die genannte Zeit her sein, als wir uns erstmals begegnet sind – nicht auf einer Jagd, sondern auf seiner Suche nach redaktionellen Konzepten. Das war damals in der Tageszeitung und einer Redaktion, die ich in gleicher Funktion, aber mit Blick auf andere Zielgruppen leitete. Wir sprachen seitdem immer wieder mal über die Unterschiede eines Publikums- und eines Verbandsmediums. Das Wort vom jagdjournalistischen Herzblut beschreibt die DNA, die für den Neu-Ruheständler Matthias seitdem steht. Wie ich ihn kenne, wechselt er nicht ins Nichtstun. Dazu wird gehören, dass wir so im Gespräch bleiben, wie wir das bisher gegenseitig gewinnend gepflegt haben. Mit diesen guten Wünschen auf freundschaftlich-kollegialer Ebene verbinde ich auch für Sie, liebe Leserinnen und Leser, ein gutes und schönes Adventswochenende Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination
- Die Trophäe ist mehr als ein toter Knochen
Trophäengeile Schießer. Das ist eine der drastischen, aber sicher nicht seltensten Beschimpfungen von Jägern. Sie verkennt, dass Trophäen nicht Ausdruck von Prahlerei sind, sondern Erinnerungsstücke und Träger wildbiologischer Informationen Foto: privat Der Trophäenbegriff hat heute oft einen negativen Beigeschmack. Zunächst ein Blick in die Geschichte. Der zugrunde liegende altgriechische Begriff tropaion meint schlicht ein Triumphzeichen. Das konnten Waffen und Rüstzeug des besiegten Gegners, Feldzeichen, Wimpel und Fahnen sein. Das Zurschaustellen der abgeschlagenen und auf lange Stangen gespießten Häupter von Feinden war weit verbreitet. Wir kennen den keltischen Kopfkult, die Schrumpfköpfe der südamerikanischen Shuar, den Skalp bei nordamerikanischen Indianern und die abgeschnittene Nase bei den Japanern als Trophäe sowie die Erwähnung feindlicher erbeuteter Vorhäute als Trophäe im Alten Testament der Bibel. Im Sport gibt es die weniger martialischen Zeichen in Form von errungenen Titeln, Urkunden oder Pokalen. Das Ausstellen von Trophäen ist also zunächst einmal nicht protziges Präsentieren, sondern eine Urform menschlichen Verhaltens. Es drückt Stolz aus, der etwas anderes ist als Prahlerei. Die Trophäe ist Zeichen des persönlichen Triumphes und repräsentiert den oder die besiegten Gegner. Das kann auch der innere Schweinehund sein, das Überwinden von Respekt oder sogar Angst vor einer Herausforderung. Auch Jagdtrophäen drücken diesen Erfolg aus. Wobei solche nur von selbst erlegtem Wild gewonnen werden. Das unterstreicht auch der Spruch, dass man sich nicht mit fremden Federn schmückt. Alles andere gilt als nicht waidgerecht Lassen wir die Auslandsjagd außen vor, die meistens der Trophäe gilt, es aber nicht muss, so wird oft der Gegensatz von Fleisch- und Trophäenjagd formuliert. Schon der Heidedichter Hermann Löns kannte ihn. In seinem Buch „Kraut und Lot“ schrieb er 1922 über die Bockjagd: „Na, und wenn einer auch noch so grau war wie ein Milchwagenesel, schad‘t nichts, ist alles einerlei, man jug ja um die Decke nicht, man jug ja um das Geweih! Denn man war kein Fleischmacher, kein Wildbretschütz, man war Waidmann, gerechter Waidmann, sah verächtlich auf den Bratenjäger und kam sich als Wunder wie weiß was vor, trug man im Rucksack ein braves Gehörn heim, an dem so nebenbei 20 oder 24 Pfund Wildbret herumbaumelten.“ Fleisch- oder Trophäenjagd Der eine oder andere Waidmann stellt sich selbst die Herausforderung, ein ganz bestimmtes Stück Wild zu erlegen. Deshalb mag er alle mögliche andere Beute pardonieren. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass es entwicklungsgeschichtlich keinen Unterschied zwischen schnödem Fleisch- und kultiviertem Trophäenjäger gibt. Die Krallen des erbeuteten Bären wurden in Urzeiten ebenso gerne an einer Schnur als Schmuck um den Hals getragen wie der Braten gegessen. Anders gesagt: An jeder Trophäe hängen nun mal etliche Kilogramm Fleisch. So gesehen ist auch das zur leckeren Mahlzeit zubereitete Wildbret eine Trophäe, die nur eben nach dem Essen verschwunden ist. Anders die Körperteile, die der erfolgreiche Schütze als Erinnerungsstücke an die Erlegung aufbewahrt und als Dekoration, Schmuck oder Gebrauchsgegenstand nutzt. Ein Jäger mag also gerne andere Tiere in dieser Zeit unbeschadet laufen lassen, um ein besonders heimliches oder wegen seiner Trophäe begehrenswertes Stück Wild mit hartem körperlichem Einsatz, zeitlichen Opfern und anderer Entsagung zu verfolgen, tagelang, wochenlang, monatelang, bis er es schließlich überlistet. Einen wesentlichen Beitrag zu einer geregelten Bejagung des Wildbestandes leistet er damit nicht. Denn das Wildvorkommen muss – modern gesprochen – vernünftig bewirtschaftet werden. Es braucht dazu einen zahlen- und altersklassengemäßen Abschuss, der ja auch in der Summe erfolgt. Weiserfunktion für Biotop-Qualität Schon deshalb geht das Vorurteil fehl, Jäger zielten in erster Linie auf die Trophäe. Zu den typischen Jagdtrophäen zählen Zähne von Säugetieren, etwa das Gewaff des Keilers, die Fangzähne des Fuchses und die Grandeln des Rothirsches, aber auch ganze Felle, etwa vom Raubwild, Teile des Fells, die unter anderem in Form von Sau- und Gamsbart als Hutschmuck getragen werden, und einzelne Federn. Niemand wird aber wohl ernsthaft behaupten, einem Jäger gehe es vorrangig ums Erbeuten von Erpellocken und Malerfedern. Die Kritik hat vielmehr fast ausschließlich Geweihe und Hörner, also den Kopfschmuck männlichen Schalenwildes, im Blick. Das aber macht je nach Wildart maximal ein Viertel bis ein Drittel an der Gesamtstrecke aus. Der weit überwiegende Teil, darunter das gesamte Jungwild, liefert keine Trophäe. Gleichwohl haben die manchmal als Knochenaustellung verunglimpften Hegeschauen ihre Berechtigung. Sie schaffen Transparenz und liefern Aufschluss über die Population, die Wilddichte und die Lebensqualität der Bestände. Denn die Trophäen in ihre Gesamtheit haben Weiserfunktion dafür, wie gut das Biotop für die Wildart geeignet ist. Insofern sind Hegeschauen auch eine Plattform für Informationsaustausch und Weiterbildung zu den Themen Äsungsangebot und Gesundheit des Wildbestandes.
- Die unterschätzte Gefahr im Seuchengeschehen
Die Geflügelpest breitet sich in Deutschland rasant aus. Zehntausende Nutztiere mussten bereits getötet werden, Wildvögel sind massiv betroffen. Was viele nicht auf dem Radar haben: Auch Stadttauben können das Virus übertragen Foto: Rike / pixelio.de Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, warnt aktuell vor einem „drastischen Anstieg von Geflügelpest-Ausbrüchen“. Die Verbreitungskarte zeigt: Längst sind auch Ballungsräume wie Hamburg, Berlin und das Ruhrgebiet betroffen. Damit rückt ein Problem in den Fokus, das Kommunen und Tierseuchenexperten gleichermaßen umtreibt: die Rolle der Stadttauben. Und: Sie werden durch oft illegale Fütterungen zur Brutstätte der Seuche. Tauben als Überträger – die Fakten Das FLI bestätigte nach einer Medienanfrage, dass Tauben zwar „weniger empfänglich als Hühner und Puten“ seien, eine Infektion mit dem H5N1-Virus aber durchaus „auch bei Tauben zu Erkrankungen und Todesfällen führen“ kann. Infizierte Tauben scheiden den Erreger aus und verbreiten kontaminierten Kot – „allerdings nur in sehr geringen Mengen“, wie das FLI einschränkt. Bei unerlaubten Fütterungen in Parks und auf Plätzen – steigt offensichtlich das Übertragungsrisiko. Marc Henrichmann (CDU), Vorsitzender des Arbeitskreises Jagd, Fischerei, Natur der Union, fordert deshalb gegenüber der Bild ein Umdenken: „Wir sehen an der Verbreitung der Geflügelpest, dass es hier nicht um falsche oder zu geringe Jagd auf Wildvögel geht, sondern dass auch städtische Lebensräume Brutstätte des Virus sein können.“ Er verlangt Notfallpläne für Städte und Gemeinden, um landwirtschaftliche Nutztiere und Wildvögel gleichermaßen zu schützen. Das Füttern von Tauben und Enten in der Stadt möge ein beliebter Freizeitspaß sein, mit Blick auf das Seuchengeschehen sei das aber eine ernste Gefahr. Ordnungswidrigkeiten werden nicht konsequent verfolgt Das Füttern von Tauben ist in den meisten deutschen Kommunen als Ordnungswidrigkeit untersagt. In Köln beispielsweise lautet das Taubenfütterungsverbot nach der Stadtordnung: Das Füttern, Auslegen oder Anbieten von Futter für verwilderte Haustauben oder Wildtauben wird mit 35 bis 1.000 Euro geahndet. Dieses Beispiel gilt für viele Städte. Sie entscheiden zwar oft örtlich über Fütterungsverbote. Konsequente Maßnahmen bleiben in der Praxis aber meist aus. Die rasante Ausbreitung der Geflügelpest zeigt: Notfallpläne für städtische Taubenbestände sind überfällig. Kommunen müssen Fütterungsverbote konsequent durchsetzen und kontrollieren. Die Gefahr ist real – und sie ist längst in unseren Städten angekommen. Quellen: u.a. FLI, Kommunen, Mediendienste
- Wieder Bauernproteste vor Weihnachten: Diesmal in Brüssel
Die EU-Kommission verärgert die Landwirte: Sie peitscht das ungeliebte Mercosur-Freihandelsabkommen durch und greift weiter die Eigenständigkeit der Gemeinsamen Agrarpolitik im nächsten EU-Haushalt an Symbolbild: ChatGPT Wenn die Bauern gegen die EU-Politik auf die Straße gehen, wird es laut. Die Hupen ihrer Schlepper sind dann im gesamten Brüsseler Europaviertel zu hören. Dass die Verbände, auch der Deutsche Bauernverband, die Landwirte jetzt mobilisieren, kann niemanden überraschen. Es gibt zwei Steine des Anstoßes: die Pläne für den nächsten EU-Finanzrahmen sowie Mercosur. Zunächst zu Mercosur: Die Kommission will jetzt das Handelsabkommen Mercosur ratifizieren. Zuvor hatte sie Schutzklauseln für Agrarprodukte konkretisiert. Den Bauernfunktionären reichen sie aber nicht aus. Nun zu den Finanzen: Die Kommission hält eisern daran fest, im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2028 bis 2034 (MFR), das ist der Zwei-Billionen-Euro schwere Haushaltsrahmen der Gemeinschaft, der Agrarpolitik erstmals nicht mehr die volle Eigenständigkeit zu gewähren. Vielmehr soll die Agrarpolitik Teil der neuen nationalen und regionalen Pläne (NRP) werden. Das hieße, dass die Finanzen der Agrarpolitik sowie die Architektur der Förderung nicht mehr auf Brüsseler Bühne zwischen den 27 Mitgliedsländern und dem Europaparlament verhandelt würden. Die Europaabgeordneten wären raus. Zwischen den Experten der Kommission und den jeweiligen Regierungen der Mitgliedstaaten würde gesprochen, gerungen und anschließend ein Deal gemacht. Sparprogramm bei den Direktzahlungen für Höfe Unmut herrscht bei den Bauern auch, weil die Kommission bei den Direktzahlungen für die Höfe sparen will. Sie schlägt vor, EU-weit die Flächenprämien bei 100.000 Euro je Betrieb zu deckeln und nach Fläche der einzelnen Höfe zu staffeln. Das hieße, es kämen zugleich eine Kappung sowie eine Degression. Bisher können die Mitgliedstaaten selbst entscheiden. Die Bauern müssen also konkret fürchten, Einkommensunterstützung zu verlieren. Bedenken von Agrarpolitikern aus dem Europäischen Parlament war von der Leyen kürzlich mit drei Konzessionen begegnet. Sie bot an, zehn Prozent der Gelder in den nationalen und regionalen Plänen abzüglich der GAP-Gelder für ländliche Regionen zu reservieren. Das wären 50 Milliarden Euro. Im laufenden MFR sind mit 80 Milliarden Euro aber deutlich mehr Mittel vorgesehen. Zudem versprach sie, Teile der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eigenständig zu halten, also nicht in den nationalen und regionalen Plänen aufgehen zu lassen. Auch sollen Regionalregierungen, im Fall Deutschlands die Landesregierungen, stärker in die Verhandlungen sowie in die Durchführung der NRPs eingebunden werden. Die Christdemokraten im Europaparlament sind damit zufrieden. Sie zogen die Drohung zurück, dass Parlament könne den MFR-Vorschlag ganz zurückweisen. Das war ein Fehler. Die Kommission kommt mit einigen kosmetischen Änderungen davon, die zudem nur auf dem Papier stehen. Sie kann ihre bedenklichen Pläne weitertreiben. Die Bauern wollen beim regulären Treffen der Staats- und Regierungschefs kurz vor Weihnachten in Brüssel protestieren. Den Unmut bekommt dann auch Kanzler Friedrich Merz zu Ohren. Er ist der richtige Adressat. Er pocht auf das Mercosur-Abkommen. Vor allem aber ist er ein Anhänger der nationalen und regionalen Pläne. Den Kanzler und seinen Finanzminister lockt die Idee, über die nationalen und regionalen Pläne Gelder für die eigene Gestaltung zu bekommen. Merz und Klingbeil dulden keine Störgeräusche. Sie haben Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) angewiesen, nicht gegen die MFR-Pläne der Kommission für die Gemeinsame Agrarpolitik zu protestieren. Bislang hält sich der Landwirtschaftsminister daran. Fragt sich nur, wie lange die deutschen Landwirte ihm das Schweigen durchgehen lassen.
- Warten auf Wachstum und mehr Wohlstand
Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und auf die Bundespolitik Liebe Leserinnen und Leser, in unserem aktuellen Wochenkommentar blicken wir auf die jüngste Beratung des Koalitionsausschusses sowie die aktuelle Debatte über die Wirtschafts-, Sozial- und auch Rentenpolitik der schwarz-roten Koalition. Dabei geht es nicht zuletzt um die Auswirkungen auf den ländlichen Raum. Weitere Themen sind die geplante Reform des Bundesjagdgesetzes mit Blick auf den künftigen Umgang mit Wölfen, die Folgen des Klimawandels auch für den ländlichen Raum – Stichwort sinkendes Grundwasser – sowie sich abzeichnende massive Proteste von Landwirten gegen die künftige EU-Agrarpolitik. Diese Woche hat es für die schwarz-rote Kollektion in sich gehabt. Erst die große Haushaltsdebatte im Bundestag und dann die nächtliche Sitzung des Koalitionsausschusses , die bis in die frühen Morgenstunden dauerte. Können sich die Ergebnisse sehen lassen? Das lässt sich noch nicht abschließend beantworten, weil auch die gestern vom Kanzler verkündete Einigung beim geplanten Rentengesetz die wesentlichen Fragen zur Finanzierbarkeit nur vertagt, aber noch nicht löst. Die grundsätzlichen Bedenken der Jungen in der Unionsfraktion bleiben bestehen, egal ob sie am Ende dem Gesetz noch zähneknirschend zustimmen oder nicht. Für den Kanzler, aber auch die Koalitionsspitzen insgesamt, ist diese mangelnde Geschlossenheit in den eigenen Reihen eine schwere Hypothek. Entscheidend wird sein, dass Deutschland wieder auf einen kräftigen Wachstumspfad kommt. Nur dann sind die großen Staatsaufgaben wie Verteidigung, Soziales sowie Klima- und Umweltschutz dauerhaft zu stemmen. Auch so manche hitzigen Diskussionen im politischen Berlin dürften dann in etwas ruhigere Fahrwasser steuern. Aber leider sieht es danach momentan nicht aus. Der schwarz-roten Koalition ist es immer noch nicht gelungen, mehr Zuversicht oder gar eine generelle Aufbruchstimmung in deutschen Betrieben zu wecken. Im Gegenteil. Die Stimmung in den Chefetagen hat sich laut Ifo-Geschäftsklimaindex wieder eingetrüb t. „Die deutsche Wirtschaft zweifelt an einer baldigen Erholung“ , kommentierte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Auf den Verantwortlichen in Berlin lastet damit eine große Verantwortung. Sie nehmen momentan Schulden in kaum vorstellbarer Größenordnung auf, um nicht nur die Landesverteidigung zu sichern, sondern auch die teils marode Infrastruktur zu modernisieren sowie mehr Wachstum zu ermöglichen. Doch was ist, wenn diese Wette auf zukünftige soziale Sicherheit und Wohlstand nicht aufgeht? Dann bleibt vor allem ein gewaltiger Schuldenberg, der den politischen Handlungsspielraum der jüngeren Generation auf Jahrzehnte bedrohlich einzuengen droht … Fortschritte für den ländlichen Raum Bei einigen Themen, die insbesondere den ländlichen Bereich betreffen, kommt die schwarz-rote Koalition jedoch augenscheinlich gut voran. So soll beispielsweise die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Wiedereinführung der Agrardiesel-Rückerstattung kommen. Auch wird der Bundeszuschuss zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung erhöht, wie unser Autor Frank Polke Anfang der Woche in seinem Beitrag „Bundeshaushalt und ländlicher Raum: Bis in den frühen Morgen“ berichtet hat. Davon profitieren vor allem kleinere Landwirtschaftsbetriebe, die als Familienunternehmen geführt werden. Auch würden die von der früheren Ampel-Regierung geplanten Kürzungen im Bereich des Ackerbaus und der ökologischen Landwirtschaft zurückgenommen. Für die Zukunft der heimischen Wälder sollen wieder Mittel in Millionenhöhe bereitgestellt werden, um Anpassungen an den Klimawandel wissenschaftlich zu begleiten und die Zukunftsfähigkeit des Waldes zu sichern. Wie wichtig in diesem Zusammenhang nationale Schritte sind, hat das eher enttäuschende Ergebnis der Weltklimakonferenz im brasilianischen Belem gezeigt. Der internationalen Staatengemeinschaft fällt es offenkundig schwer, sich auf gemeinsame und konkrete Maßnahmen für einen besseren Klimaschutz zu einigen. Dabei wurde das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens bereits 2024 verfehlt. Das hat Konsequenzen für jeden Bürger in Deutschland, aber auch für Industrie, Gewerbe und nicht zuletzt die Landwirtschaft, die sich zunehmend auf neue Umwelt- und Wetterbedingungen einstellen muss – Stichwort fehlendes Grundwasser. Sorge in Bayern wegen zu niedrigem Grundwasser Nur ein aktuelles Beispiel unter vielen für den Ernst der Lage ist der neue Niedrigwasserbericht des bayerischen Landesamts für Umwelt, der kürzlich erschienen ist. Danach erlebte Bayern nur in den Jahren 2015, 1976, 1972 und 1971 noch trockenere Jahre. Nach Angaben der Münchner Staatsregierung zeigten Ende Oktober 2024 ein Drittel der Messstellen des oberflächennahen Grundwassers niedrige oder sehr niedrige Messwerte. Beim Tiefengrundwasser waren es sogar 44 Prozent. Oder wie es Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber sagt: „Unser Wasser ist wegen des Klimawandels einem dauerhaften Stresstest ausgesetzt.“ Zum Spendenformular Zurück nach Berlin. Dort kommt die Bundesregierung bei dem Ziel voran, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen und so seine Bejagung zu erleichtern. Der Referentenentwurf zur entsprechenden Änderung des Bundesjagdgesetzes liegt inzwischen vor. Er muss nun noch vom Kabinett gebilligt werden. Dann kann das eigentliche Gesetzgebungsverfahren im Bundestag beginnen, das gewiss noch von vielen Protesten bestimmter Interessenverbände von Arten-, Tier- und Naturschützern begleitet werden dürfte. Doch für Weidetierhalter und viele andere Bewohner des ländlichen Raums dürften die Signale aus Berlin eine gute, lang herbei gewünschte Nachricht sein. Unser Autor Christoph Boll hat sich in der vergangenen Woche mit dieser Thematik inklusive der Reaktion des Deutschen Jagdverbandes (DJV) in unserem Blog ausführlich auseinandergesetzt . Junger Wolf forderte zum Spielen auf Das Thema drängt, nachdem sich Wölfe immer stärker in Deutschland ausgebreitet haben und noch weiter ausbreiten. Manche der ansonsten scheuen Tiere verlieren sogar den Respekt vor Menschen . So wurde in dieser Woche von einem Fall bei Großhennersdorf in Ostsachsen berichtet , wo sich ein junger Wolf Menschen auf kurze Distanz näherte, Spaziergängern auf weiten Strecken folgte und zum Spiel aufforderte, indem er kleine Sprünge machte oder Gegenstände ins Maul nahm. Ein aggressives Verhalten gegenüber Menschen sei bislang nicht beobachtet worden, teilte das zuständige Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie mit. Aber dabei muss es natürlich nicht bleiben, wenn Wölfe lernen, dass von Menschen grundsätzlich keine Gefahr ausgeht. Auch deshalb ist es wichtig, dass diese Tiere unter bestimmten Voraussetzungen gejagt werden dürfen, so wie es jetzt die neue Bundesregierung offenkundig plant. Neue Bauernproteste angekündigt Blicken wir zum Schluss nach Brüssel und auf die Haltung der Landwirte zur künftigen EU-Agrarpolitik. Dort ist das Abwarten mittlerweile vorbei. Die Bauernverbände laufen Sturm gegen die Pläne der Kommission, der Gemeinsamen Agrarpolitik die Eigenständigkeit im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen für die Jahre 2028 bis 2034 zu nehmen. Die Flächenprämien für die Landwirte sollen auch abgeschmolzen und gedeckelt werden. Außerdem peitscht die Kommission die Ratifizierung des Freihandelsabkommens Mercosur mit mehreren Staaten Südamerikas voran. Mercosur wird gerade von den streitlustigen französischen Landwirten rundheraus abgelehnt. Der europäische Bauernverband Copa-Cogeca hat für das Treffen der Staats- und Regierungschefs am 18. Dezember Demonstrationen angekündigt. Tausende von Bauern aus der ganzen EU werden erwartet. Unser Brüsseler Autor Ludwig Hintjens wird darüber kommende Woche in unserem Blog genauer berichten. Auch können Sie in der kommenden Woche einen Beitrag von Christoph Boll zur Trophäenjagd lesen. Unser Autor kommt darin zu dem Ergebnis, dass die manchmal als Knochenausstellung verunglimpften Hegeschauen ihre Berechtigung haben. Die dort gezeigten Trophäen sind kein Ausdruck von Prahlerei, sondern drücken vielmehr Stolz aus und liefern obendrein Aufschluss über die Population, die Wilddichte und die Lebensqualität der Bestände. Freuen Sie sich auf diese nicht nur jagdlich interessante Lektüre … Ich wünsche Ihnen eine gute und in jeder Hinsicht positive Woche. Mit besten Grüßen Ihr Jürgen Wermser Koordination/ Redaktionsleitung
- Die Leistungsschau unterm Funkturm vor dem 100. Geburtstag
Die Grüne Woche feiert bald den 100. Geburtstag. Von einer lokalen Warenschau hat sie sich zur Weltmesse für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau gemausert. Da ist nicht nur ein Ständchen, sondern auch ein Blick zurück fällig Foto: © Messe Berlin GmbH Ohne Hans-Jürgen von Hake gäbe es die Grüne Woche nicht. Der Adelssprössling aus Brandenburg arbeitete in den Goldenen Zwanzigern im Berliner Fremdenverkehrsamt. Nicht nur ihm fiel auf, dass die Wintertagung der 1885 von Max Eyth in Berlin gegründeten Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) stets Hersteller von Produkten für Landwirtschaft und Jagd anlockte. Ob am Kaiserdamm oder andernorts in Charlottenburg – wenn sich die grünen Lodenmäntel im Stadtbild häuften, gingen die Aussteller in Position. Von Hake, so ist überliefert, hatte die Idee, aus dem „wilden“ Handel eine Ausstellung zu formen. Gesagt, getan: 1926 wurde die DLG-Tagung erstmals von einer Messe begleitet. Und weil‘s so gut passte, gaben ihr die Berliner Zeitungen den Namen „Grüne Woche“. Bis heute steht dieser Begriff für Leistung und Innovation, Begegnung und Austausch. 50.000 Menschen strömten schon 1926 zu ersten Messe unterm Funkturm, um die Vielfalt in der Landwirtschaft zu bestaunen und regionale Produkte zu kosten. Dass sich daraus eine Leitmesse und Dialogplattform für die nationale und internationale Agrarpolitik entwickeln würde, hat Hans-Jürgen von Hake sicher nicht geahnt. Heute trifft man im Januar an den Messetagen in Berlin auf Nahrungs- und Genussmittelangebote aus aller Welt, regionale Spezialitäten aus deutschen Landen, ein breites Kongressprogramm und die Leistungsschauen aus Landwirtschaft und Gartenbau. Wer einmal wissen will, welche Potenziale die internationale Ernährungswirtschaft hat, muss zur Grünen Woche fahren. Sie ist globale Handelsplattform und gleichzeitig ein „Testmarkt“, denn hier wird auch über die Ernährung in der Zukunft gesprochen. Die Jagd ist vom ersten Tag an dabei Auch wenn es sich bei einigen eingebürgert hat, vor den Messetoren zu demonstrieren, drinnen werden vom 16. bis zum 25. Januar 2026 Akzente in Sachen moderner Landwirtschaft, Innovation, Nachhaltigkeit und alternativer Ernährungsformen gesetzt. Die Jagd ist vom ersten Tag an auf der Grünen Woche vertreten, informiert über Natur- und Artenschutz und die Notwendigkeiten der Jagd. Die Grüne Woche etablierte sich sehr schnell. Ältere Berliner und Brandenburger können sich noch gut an die ersten Messejahre erinnern. Auf Bildern aus dieser Zeit sieht man vier Meter hohe „Erdbearbeitungsmaschinen“ oder riesige Geräte, mit denen es möglich war, 5000 Eier auf einmal für über ein Jahr frisch zu halten. Menschen drängten sich auf Tierschauen, bestaunten Flachsspinnerinnen aus dem Spreewald oder edle Jagdzimmer. Ab 1933 formten die Nationalsozialisten die Grüne Woche ideologisch um, instrumentalisierten sie für die verwerfliche Blut-und-Boden-Ideologie. Die Berliner Messe wurde bis zum Kriegsbeginn 1939 zu einer bloßen Propagandaschau der Machthaber. 1948 kehrte die Grüne Woche zurück und fand ab 1951 im jährlichen Rhythmus statt. In den 1960er Jahren wuchs die Anzahl internationaler Aussteller mehr und mehr an. Durch die deutsche Wiedervereinigung und die Öffnung des Ostblocks erlebte die Messe in den 1990er Jahren nochmals einen Zuwachs. Und weil es immer internationaler zuging, bekam die Grüne Woche ab 2005 jeweils ein „Partnerland“. Seit 2009 mit internationalem Agrarministergipfel Seit 2008 findet anlässlich der Grünen Woche fast zeitgleich in Berlin die Welternährungskonferenz „Global Forum for Food and Agriculture“ statt, seit 2009 verbunden mit einem internationalen Agrarministergipfel. Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat wiederum bietet seit 2008 mit dem „Zukunftsforum Ländliche Entwicklung“ eine Plattform für den Austausch darüber an, wie ländliche Räume attraktiv und zukunftsfähig gestaltet werden können. Die Grüne Woche hat Anziehungskraft und Ausstrahlung, aber sie lebt auch mit den Gegebenheiten der jeweiligen Zeit. Russland, einst einer der großen Aussteller, ist schon seit Jahren wegen des Angriffs auf die Ukraine nicht mehr in Berlin vertreten. 2021 und 2022 zwängte die Covid-Pandemie die Messe in das Korsett einer rein digitalen Veranstaltung. Und im Frühjahr dieses Jahres sorgten Fälle von Maul- und Klauenseuche dafür, dass keine Rinder, Schafe und Ziegen unterm Funkturm zu sehen waren. Dass die Grüne Woche über das 100-Jährige hinaus eine Zukunft hat, ist indes sicher. Der Hauptstadt beschert sie durch die Ausgaben der Besucher und Aussteller einen Kaufkraftzufluss von mehr als 150 Millionen Euro. Und im Messe-Logo, das von Anfang an zwei stilisierte Gerstenhalme zeigte, stehen die Linien heute für die Begriffe Entwicklung, Wachstum, Bewegung und Begegnung.
- Jagdrecht rückt Isegrim auf den Pelz
Weidetierhalter und Jäger haben es lange gefordert. Nun soll der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen und seine Bejagung erleichtert werden. Ein Referentenentwurf für eine entsprechende Änderung des Bundesjagdgesetzes liegt inzwischen vor Foto: Sora CDU/CSU und SPD setzen damit um, was sie im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Die erforderliche Absenkung des hohen Schutzstatus von Isegrim auf EU-Ebene ist bereits erfolgt. Und die Bundesregierung hat vor einigen Wochen für zwei der drei biogeografischen Regionen Deutschlands an die EU-Kommission den günstigen Erhaltungszustand der Wolfspopulation gemeldet. Damit sind die formalen Voraussetzungen erfüllt, auf deren Basis das von Alois Rainer (CSU) geführte Bundeslandwirtschaftsministerium die Novellierung vorschlägt. Damit einher geht auch eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, in dem die Regelungen zum Umgang mit dem Wolf entfallen. „Tagesspiegel Background“ berichtete vor wenigen Tagen als erstes über den vorliegenden Referentenentwurf, der den Wolf in Paragraph 2 als dem Jagdrecht unterliegende Tierart aufführt. Das löste ein breites Medienecho aus. Von einer geplanten weitreichenden Freigabe der Jagd auf Wölfe spricht der Nachrichtensender ntv auf seiner Internetseite. Demnach ist eine reguläre Bejagung künftig in Deutschland auf der Basis zuvor aufzustellender revierübergreifender Managementpläne vom 1. September bis zum 28. Februar des Folgejahres vorgesehen. Sämtliche Vorgaben gelten übrigens auch für Wolfshybride, also Mischlinge zwischen Wolf und Hund. Der Deutsche Jagdverband (DJV) bezeichnet die Gesetzesinitiative als politisch überfällig. Er kritisiert aber auch Details. So hält er die Jagdzeit für falsch. Sie berge die Gefahr, dass die Sozialstruktur in Wolfsrudeln beeinträchtigt wird. Der Verband fordert deshalb eine Jagdzeit für Jungwölfe von Juni bis Oktober. „Nur in diesem Zeitraum ist eine sichere Unterscheidung zwischen Jung- und Altwölfen möglich. Das ist die Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Bestandsregulierung bei gleichzeitiger Wahrung des günstigen Erhaltungszustandes“, erklärt der DJV. Wissenschaftliche Studien zeigten zudem, dass zerstörte Rudelstrukturen Weidetierrisse begünstigen können. Das müsse durch eine artgerechte Bejagung vermieden werden. Kritik an vorgesehener Jagdzeit Der Verband fordert zudem unabhängig vom Erhaltungszustand eine zweite Säule der Regulierung. Sie soll ermöglichen, dass schadensstiftende Wölfe oder ganze Rudel ganzjährig und ohne vorherige behördliche Anordnung entnommen werden können, wenn sie durch Nutztierrisse auffällig geworden sind. Die rechtliche Umsetzung müsse unbürokratisch und rechtssicher gestaltet werden. Im Gesetzesentwurf vorgesehen ist, dass die zuständige Jagdbehörde bevollmächtigt wird, zur Abwendung „land-, forst-, fischerei- oder wasserwirtschaftlicher oder sonstiger wirtschaftlicher Schäden oder im Interesse der Gesundheit des Menschen oder der öffentlichen Sicherheit“ die Tötung einzelner Wölfe oder ganzer Rudel über die halbjährige Jagdzeit hinaus, also in der Schonzeit, anzuordnen. Das soll auch dann möglich sein, wenn ihnen keine konkreten Risse von Nutztieren zuzuordnen sind. Kommt der Jagdausübungsberechtigte der Anordnung nicht nach, „so kann die zuständige Behörde die Jagd selbst übernehmen oder einen Dritten mit der Durchführung beauftragen“, heißt es weiter im Entwurf. Außerdem ist die Jagd nur in einem Radius von 20 Kilometern und innerhalb von sechs Wochen nach dem Schaden zulässig, wobei die Behörde diese zeitliche und räumliche Vorgabe ausdehnen kann. So können etwa Weidegebiete festgelegt werden, in denen die Jagd auf den Wolf erlaubt wird, weil sie wegen der Geländebedingungen nicht schützbar oder aufgrund der naturräumlichen Gegebenheiten nicht zumutbar wolfsabweisend eingezäunt werden können. In jedem Fall aber sind die Erlegung eines Wolfes sowie das Auffinden eines Fallwildwolfes der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen, um eine Begutachtung sowie eine Probennahme des Wolfs zu ermöglichen. Klare Vorgaben für die Wolfsjagd Die sachlichen Ge- und Verbote bei der Wolfsjagd orientieren sich an den Vorgaben für die Jagd auf Hochwild. So sind bei den Büchsenpatronen ein Mindestkaliber von 6,5 Millimeter und eine Mindestauftreffenergie von 2000 Joule auf 100 Meter vorgeschrieben. Der Schrotschuss ist nur zum Töten von in Fallen gefangenen Wölfen und als Fangschuss erlaubt. Wölfe dürfen weder gefüttert noch mit Futter angelockt werden. Neben Fallen, die nicht selektiv sind, sollen auch halbautomatische Waffen, deren Magazin mehr als zwei Patronen fasst, bei der Jagd auf den Wolf verboten sein. Den Einsatz künstlicher Lichtquellen, Vorrichtungen zum Anstrahlen oder Beleuchten des Zieles, von Nachtzielgeräten, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schusswaffen bestimmt sind, darf die zuständige Behörde nur im Einzelfall erlauben. Die Vorgaben für die Wolfsjagd sollen regelmäßig überprüft werden. Dazu hat das Landwirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Umweltministerium bis spätestens Ende 2030 und danach jeweils im Abstand von fünf Jahren dem Bundestag einen Bericht vorzulegen. Er soll erläutern, ob die Regelungen sich bewährt haben und weiterhin erforderlich sind oder welche Anpassungen sinnvoll sind. Änderungen am Entwurf kann es aber auch noch im nun beginnenden Gesetzgebungsverfahren geben. Denn zunächst muss das Papier durchs Kabinett und dann durch den Bundestag. Im Verlauf dieses Prozesses sind zahlreiche und lautstarke Proteste der einschlägig bekannten Interessenverbände zu erwarten, von Naturschützern bis zu Tierrechtlern.
- Bundeshaushalt und ländlicher Raum: Bis in den frühen Morgen
Berlin will und muss dem ländlichen Raum helfen – und gibt dafür viel Geld aus. Sehr viel Geld Foto: Sora Die Bundesregierung bemüht sich, die Interessen des ländlichen Raumes auch finanziell zu berücksichtigen. Dies schlägt sich auch im jetzt ausverhandelten Bundeshaushalt 2026 nieder – auch die Weichenstellungen für den Haushalt 2027 sind in diese Richtung getroffen worden. Die Haushaltsbereinigungssitzung im Bundestag – dort bemühen sich Haushaltspolitiker von Union und SPD um letzte Einigungen für die Etats – dauerte in der vergangenen Woche von Donnerstag 17 Uhr bis in den frühen Freitag. Auseinander gingen die zuständigen Haushaltspolitiker schließlich um 5.30 Uhr. Eine Marathonsitzung. Nach Informationen des Blogs natur+mensch setzten sich vor allem Unions-Vertreter dafür ein, einzelne Bereiche, die für den ländlichen Raum besonders relevant sind, finanziell zu entlasten bzw. zu fördern. Konkret gehört dazu natürlich die im Koalitionsvertrag festgeschriebene vollständige Wiedereinführung der Agrardieselrückerstattung. Ausverhandelt wurde dies im Finanzhaushalt des Bundes, da diese Entscheidung an das Gesetz zur „Abschaffung der Freihandelszone Cuxhaven“ angehängt wurde. Zudem werden bereits im kommenden Haushaltsjahr die Betriebe der sogenannten „Grünen Branche“ entlastet, indem der Bundeszuschuss zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung um 20 Millionen Euro erhöht wird. Diese Zahlungen belasten vor allem kleinere Landwirtschaftsbetriebe, die als Familienunternehmen geführt werden. Die von der Ampel-Regierung geplanten Kürzungen im Bereich des Ackerbaus und der ökologischen Landwirtschaft werden ebenfalls zurückgenommen. Auch für die Zukunft der heimischen Wälder werden erneut Mittel in Millionenhöhe bereitgestellt, um Anpassungen an den Klimawandel wissenschaftlich zu begleiten und die Zukunftsfähigkeit des Waldes zu sichern. Konkret: Im Bundeshaushalt 2026 werden die Mittel für den Wald im Rahmen der „Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK)“ um zehn Millionen Euro auf 100 Millionen Euro angehoben. Hilfe für den ländlichen Raum. Entlastungssignale für unsere Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft Der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Haase, zeigte sich denn auch zufrieden. „Mit dem Bundeshaushalt 2026 setzen wir trotz notwendiger Konsolidierungen deutliche Entlastungssignale für unsere Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sowie für die ländlichen Räume. Wir halten Wort.“ Auch die im Wahlkampf heftig debattierte Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie soll – wie versprochen – zum 1. Januar kommen. Damit will man dem weiteren Wegbrechen gastronomischer Infrastrukturen gerade im ländlichen Raum weiter entgegenwirken. Eine weitere – mittelbare – Entlastung für den ländlichen Raum ist die Senkung der Flughafensteuer und die Übernahme der Flugsicherungsgebühren durch den Bund. Kostenpunkt: eine knappe halbe Milliarde Euro. Damit will der Bund vor allem den kleinen Regionalflughäfen helfen, die besonders vor der drohenden oder schon vollzogenen Streichung von Fluglinien betroffen sind. Dies trifft die Wirtschaft im ländlichen Raum, die auf Anbindung an größere Drehkreuze angewiesen sind. Und diese Ankündigung, die Kosten für die Flugverkehrswirtschaft zu senken, zeitigt erste Wirkung. So kündigte zum Beispiel die Lufthansa an, die Verbindung vom Flughafen Münster/Osnabrück nach München nicht – wie angekündigt – zu streichen. Dies hätte der Wirtschaft (und auch dem Tourismus) gerade im Münsterland, im Osnabrücker Raum und im Emsland schweren Schaden zugefügt. Auch Paderborn, Dresden und Nürnberg kämpfen um die Attraktivität ihrer Regionalflughäfen. Weniger Verwaltungskosten gefordert Ein weiterer Schwerpunkt ist die Neuausrichtung der Förderpolitik für den ländlichen Raum. Damit Steuergelder zielgerichteter als bisher im ländlichen Raum Wirkung entfalten können, werden ab nächstem Jahr die Verwaltungskosten von Projektträgern auf maximal fünf Prozent der Fördersumme begrenzt. Modellrechnungen haben ergeben, dass bei zahlreichen Förder-Projekten gerade für den ländlichen Raum Verwaltungskosten bis zu 60 Prozent verschlingen. Das soll jetzt gesetzlich verboten sein. Fraglich ist, wie dies zu kontrollieren sein wird oder ob dies neue (Kontroll-)Bürokratie schafft.
- Koalitionsdisziplin, Energiepolitik, ein weiterer Blick zur Klimakonferenz und das Tier des Jahres 2026
Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und auf die Bundespolitik Liebe Leserin, lieber Leser, der Rentenstreit hat in dieser Woche viele politische Gemüter bewegt. Interessant ist dabei die Frage, ob die Koalition die Kraft hat, bei diesem Thema zusammenzufinden, um sich nicht zu gefährden. An einem Regierungszusammenbruch kann wohl niemand in der politischen Mitte Interesse haben. Jedenfalls haben sich CDU und SPD vorgenommen, ihre Koalitionsausschüsse häufiger tagen zu lassen. Ein konstruktives Signal. In der folgenden Wochenkolumne gehen wir weiter darauf ein, was bei der Klimakonferenz in Brasilien wichtig ist oder nicht: Zitate oder konkrete Leistungen. Letztlich gehen wir darauf ein, dass die Deutsche Wildtierstiftung bereits das Tier des Jahres 2026 gekürt hat. Es war die erste etwas frostige Woche dieses Winters . Vielleicht kann man das abgekühlte Klima auch im übertragenen Sinne aktuell auf die Politik beziehen. Die Berliner Koalition sowie Blicke in Länder wie Brandenburg oder Sachsen vermitteln gekühlte Stimmung. Innerhalb des Regierungslagers gab es entgegen vieler Berichte nicht nur Streit. Der Koalitionsausschuss zwischen Union und SPD hat jedenfalls zu konkreten Ergebnissen geführt und soll nun öfter tagen. Beschlossen wurde die Förderung des Industriestromes und es erfolgte eine Einigung über eine gemeinsame Kraftwerksstrategie. Sie beinhaltet die Fortsetzung des wachsenden Anteils der erneuerbaren Energien. Gleichwohl bleiben erst mal Lücken, die durch Importe und fossile Kraftwerke geschlossen werden müssen. Zunächst einmal zum Ist-Stand: Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat errechnet, dass beispielsweise am letzten Montag (17.11.) 35 Prozent unseres Stromes von Windrädern geliefert wurden; 7,7 Prozent kamen aus Biomasse, 5,2 Prozent von Solaranlagen und 2,6 Prozent machte die Wasserkraft aus. Damit stammt gut die Hälfte des im Lande benötigten Stromes aus Quellen erneuerbarer Energien. Der Mix hängt Tag für Tag vom Wetter ab. Ohne Kohle (an dem Montag 25,7 Prozent) und Erdgas (20,6) ging es damit auch bei diesem Beispiel nicht. Bis 2030 sollen insgesamt 80 Prozent des produzierten Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien kommen. Damit liegen noch weite Wege vor uns. Wie die Lücken bei Dunkelflauten geschlossen werden sollen Zur vom Koalitionsausschuss verabschiedeten Kraftwerksstrategie gehört zunächst der Lückenschluss durch fossile Stromproduktion . Damit soll abgesichert werden, dass es bei uns warm bleibt, die Räder nicht stillstehen und Lichter zu Zeiten sogenannter „ Dunkelflauten“ nicht ausgehen. So heißt es, wenn die gewünschten erneuerbaren Energien im Mix nicht ausreichen, weil die Sonne nicht scheint und es windstill ist. Union und SPD haben sich darauf geeinigt, sich dagegen durch den Bau von Gaskraftwerken mit einer Kapazität von bis zu zehn Gigawatt abzusichern. Sie müssen aber bis 2045 auf klimaneutrale Brennstoffe wie Wasserstoff umgestellt werden können. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hatte die doppelte Kapazität für diese umstellbaren Gaskraftwerke geplant. Wer dann den Rotstift angesetzt hat, waren weder Koalition noch Opposition, sondern die EU-Bürokratie in Brüssel. Die von der Wirtschaftsministerin angestrebte Größenordnung wurde schlichtweg nicht genehmigt. Dabei bleibt die Energie in Verfügbarkeit und Preisen unsere Achillesferse . Im süffisanten Berlin wurde erst mal festgestellt, dass Grüne und SPD (ohne Lindner) das in der Ampel auch schon vorgeschlagen hatten. Jedenfalls titelte der Tagesspiegel: „Merz macht Habecks Wünsche wahr.“ Und Talkshow-Dauergast Robin Alexander („Die Welt“) befand im ZDF-Talk bei Maybrit Illner: „Wenn die fair wären im Kanzleramt, würden die noch ’ne Kiste Wein bestellen und dem Habeck schicken.“ Der wiederum will Beschlüsse der Koalition zum Industriestrompreis oder zur Kraftwerkstrategie und Alexanders Vorschlag nicht kommentieren. An seinem Medienfasten habe sich nichts geändert, funkte Habeck nach Deutschland. Für seinen Lieblingsgegner aus gemeinsamen Regierungszeiten gilt das nicht. Christian Lindner jedenfalls erschien ein Jahr nach dem Bruch der Ampel bei Maischberger – warum auch immer, zumal er zur Politik damals und heute nichts sagen wollte. Ein Zitat des Kanzlers und deutsche Zusagen bei der Klimakonferenz Bleiben wir kurz bei der Klimapolitik , deren Bedeutung nach aktuellen Umfragen bei den Wählerinnen und Wählern trotz dramatischer Prognosen gesunken ist. Gleichwohl geht es aktuell weiter bei der gefühlt endlos andauernden Klimakonferenz im brasilianischen Belém. Dabei beschäftigt sich alle Welt gerade weniger mit diesen Inhalten als mit einer Äußerung des Bundeskanzlers nach seinem Langstrecken-Trip dorthin. Wir brauchen seine Worte darüber nicht wiederholen, weil sie vielfach zitiert und in fast jeder Talkshow eingeblendet wurden. Es ging am Ende – vielleicht auch etwas unüberlegt – um seinen Eindruck zur vergleichenden Lebensqualität in der Stadt am Amazonas mit der bei uns in Deutschland. Das hat in Brasilien künstliche Empörung mit innenpolitischem Echo in Deutschland ausgelöst. Leider überlagern die Zitat-Debatten die Inhalte vom tropischen Tagungsort. Dort hat der geduldig für Berlin dagebliebene Bundesumweltminister Schneider (SPD) zugesagt, dass wir in diesem Jahr 60 Millionen zum Klimafonds beisteuern werden. Damit ist Deutschland das größte Geberland für den Anpassungsfonds , der 2007 eingerichtet wurde. Am Donnerstag hat Schneider zusammen mit seiner Kabinettskollegin, Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (ebenfalls SPD), die Stimmung in Brasilien mit der Ankündigung aufgehellt, dass Deutschland mit dem Gastgeberland neben anderen über zehn Jahre eine Milliarde Euro in einen neuen Regenwaldfonds einzahlen werde. „Wir bleiben auch angesichts des Sparzwangs der Bundesregierung ein verlässlicher Partner“ , sagte Schneider. Man kann jedenfalls nicht sagen, Deutschland tue da nichts. Zum Spendenformular Unsere Nachbarn von SRF, dem Schweizer Radio und Fernsehen, gehen in einer Meldung auf das Klima-Ranking der Länder ein. Dänemark liegt vorn, Deutschland auf Platz 22, die Schweiz kurz dahinter. Dazu heißt es in der Meldung zur Einordnung dieser viel zitierten Rangordnung: „Seit mehr als zwanzig Jahren schon publizieren Nichtregierungsorganisationen ihre Bewertungen, welches Land wie viel für den Klimaschutz tut. Die Einschätzungen und Bewertungen der Nichtregierungsorganisationen sind natürlich keine exakte Wissenschaft, und sie sind geprägt vom Wunsch, den Klimaschutz voranzubringen.“ Ein anderes Klima-Kapitel wurde übrigens jetzt abgeschlossen. Allein in Berlin sind bei der Staatsanwaltschaft seit 2022 genau 5.681 Verfahren gegen sogenannte Aktivist(inn)en der „Letzten Generation“ eingeleitet worden. Bis auf rund 100 sind alle abgeschlossen; knapp die Hälfte wurde eingestellt. Urteile wegen Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Sachbeschädigung führten hauptsächlich zu Geldstrafen. Tier des Jahres 2026 mit imposanter Erscheinung und Problemen Die Deutsche Wildtierstiftung geht voran: Sie hat bereits den Rothirsch als Tier des Jahres 2026 gekürt. Die Entscheidung ist das Ergebnis einer bundesweiten Online-Abstimmung. Die Stiftung beschreibt den Rothirsch natürlich zutreffend mit seiner imposanten Erscheinung, aber auch mit seinen Problemen. Dazu gehörten auch Konflikte um diese größte Tierart in unseren Wäldern, in die sie sich häufig zurückziehen. „Die Nahrungsaufnahme von bis zu 20 Kilo Knospen, Trieben von Weichhölzern, Waldfrüchten und Baumrinde neben Gräsern und Kräutern spielten da eine besondere Rolle. Leider habe die Art heute mit großen Problemen zu kämpfen. Durch Straßen, Siedlungen, intensive Landnutzung und behördlich festgelegte Grenzen der Artverbreitung, die sogenannten Rotwildbezirke, seien viele Rotwildvorkommen voneinander isoliert. Dadurch gibt es kaum Austausch zwischen den Populationen. Die wildbiologische Forschung habe in den vergangenen Jahren viele Fälle massiver genetischer Verarmung bestätigt.“ Das Verhalten der Hirsche und ihre genetische Entwicklung waren schon mehrfach bei uns ein Thema. Hier zwei Beispiele: „ Rothirsch: Weiter Weg auf Freiersfüßen“ und „Schritte zur Bewahrung des Rotwildes“ . Auf Platz zwei landete übrigens das Hermelin vor dem Goldschakal. Bei dem Goldschakal reibe ich mir etwas die Augen, wenn ich an unsere Berichte im Zusammenhang mit dem Ausflug eines dieser Raubtiere nach Sylt erinnere. Das gehört vielleicht auch zu den Themen, die wir am Rande unserer Jagden besprechen. Ob die Zukunft des Rotwildes in den Revieren nach den Jagd- und Streckenerlebnissen bei vielen immer vollständig und allgemein zutreffend gesehen wird, lasse ich mal dahingestellt: „Außerdem werden Rothirsche intensiv gejagt, da sie in der Forst- und Landwirtschaft wirtschaftliche Schäden verursachen können.“ Das ist zutreffend, aber als Beschreibung ist diese Aussage für mich sehr eingegrenzt, wenn es um die Frage geht, warum Jägerinnen und Jäger auf die Hirschjagd gehen. Erstmals haben wir in dieser Woche ein Erklärvideo zur Entwicklung unserer Wälder in unseren Blog aufgenommen . Autor ist der Forstwissenschaftler Dr. Andreas Schulte. Er stellt im Themenrahmen Wald – Klima – Mensch der „zunehmend alarmistischen und ideologisierten Berichterstattung möglichst gut ausgeleuchtet Daten, Fakten, Wissen kritisch gegenüber“. Mit diesem Videotipp verbleibe ich mit besten Grüßen und einem kräftigen Waidmannsheil Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination
- 900.000 Hektar Wald verloren oder 1,5 Mio. dazugekommen?
„Nachgewiesen falsch“ – so ist das Urteil des Forstwissenschaftlers Andreas Schulte über die im September von verschiedenen Medien weit verbreitete Meldung „900.000 Hektar Wald verloren“ Prof. Dr. Andreas Schulte (Screenshot: YouTube) „900.000 ha Wald verloren – Satellitendaten zeigen schrumpfenden Baumbestand in Deutschland“. So meldete es beispielsweise der Tagesspiegel. In einem bemerkenswert aufklärenden Video erläutert der Forstwissenschaftler Prof. Dr. Andreas Schulte im YouTube-Kanal „CumTempore“ faktenbasierende Hintergründe zur Entwicklung unserer Wälder. So führt er in das Thema ein: „ Haben Sie das auch gelesen, gesehen, gehört …? In Deutschland sollen – Zitat – ‚mehr als 900.000 Hektar Wald verloren gegangen sein‘ , so der ÖRR über die Tagesschau, den Bayerischen Rundfunk, den Deutschlandfunk etc. Auch der diesbezügliche Artikel der Deutschen Presseagentur sorgte zeitgleich für ein gigantisches Echo über unsere sogenannten Leitmedien wie die FAZ, die Süddeutsche, den Stern bis hin zu fast allen Regionalzeitungen, die den Artikel der dpa 1:1 abdruckten.“ Die so verbreiteten Aussagen gehen offensichtlich auf eine Veröffentlichung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zurück. Diese Mitteilung hatte die Überschrift: „Neuer Webdienst EO visualisiert Kronendachverluste – Satellitendaten für deutsche Wälder in Not“. Korrekt heißt es dort, dass es sich um interaktive Karten „zum Verlust der Kronendachbedeckung für ganz Deutschland“ handele. Prof. Schulte greift in seinem Erklärvideo die verbreitete Schlagzeile „900.000 ha Wald verloren“ auf und fragt zu dieser Aussage: „Wann ist uns das passiert, wer hat da nicht aufgepasst, wo sind die Wälder, das ganze Holz jetzt hin, hat einer beim Fundamt mal nachgefragt …? Falls Sie jetzt auch Angst um unseren verlorenen Wald haben, sind Sie Fake Facts aufgesessen – denn: Seit 1949 hat die Waldfläche in Deutschland bis heute um etwa 1,5 Mio. Hektar zugenommen. Und: Anstatt die großen Mengen an bestem, durch Borkenkäfer dem Markt zugeführtem Fichtenholz in Deutschland für eine Holzbauoffensive zu nutzen, haben wir es unter Begasung mit einem Klimakiller billigst vor allem nach China exportiert. Oder lassen es als Totholz z.B. im Nationalpark Harz einfach liegen und ungenutzt durch natürliche Zersetzung Millionen Tonnen CO₂ emittieren.“ Interesse am Thema: Dann schauen Sie das Video von Andreas Schulte mit daten- und faktenbasierten Hintergründen zum Sterben einiger Fichtenwälder der letzten Jahre, die Sie in den Medien so nicht gelesen oder gesehen haben. Quelle: Prof. Dr. Andreas Schulte Zum Autor: Der Forstwissenschaftler Prof. Dr. Andreas Schulte war Inhaber des Lehrstuhls für Waldökologie, Forst- und Holzwirtschaft im Institut für Landschaftsökologie der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Er ist Verfasser und Herausgeber mehrerer Bücher zu waldökologischen, forst- und holzwirtschaftlichen Themen. Neben seinen bodenkundlichen und waldökologischen Untersuchungen, die in den 1980er und 1990er Jahren noch ganz im Zeichen der Debatte um das „Waldsterben“ standen, beschäftigte sich Andreas Schulte auch früh mit Fragen der Weltforstwirtschaft und ihrer künftigen Entwicklung angesichts des Klimawandels. Seit Mitte 2024 ist Schulte Herausgeber und Autor des YouTube-Kanals „CumTempore“ . In Videos gefasste Bemerkungen zum Themenrahmen Wald – Klima – Mensch stellt der Forstwissenschaftler der „zunehmend alarmistischen und ideologisierten Berichterstattung möglichst gut ausgeleuchtet Daten, Fakten, Wissen kritisch gegenüber“. Mit den Videos werden in ca. 15 Minuten Fragen, Probleme, Interessantes aufgegriffen, insbesondere aus den Bereichen Waldökologie und Forstwirtschaft, dem Umwelt-, Natur- und Klimaschutz wissensbasiert und verständlich in einen gesellschaftspolitischen Kontext gestellt.
- Unser Zuwanderungsproblem in der Tierwelt (2)
Invasive Arten richten enorme Schäden an. Ihre Ausbreitung soll verhindert werden. Es gibt zum Teil enorme Bestandszunahmen. Darüber berichten wir – in Teil 2 geht es u.a. um Nutria und Nilgänse Teil 1 lesen Foto: Jaramo81 , 2020-11-14 Nutria (1) , CC BY-SA 4.0 Einen ebenfalls rasanten Zuwachs haben die Nutria hingelegt. Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich die Jagdstrecke auf fast 120.000 Stück annähernd verzehnfacht. Basis des Bestandes sind auch hier aus Pelztierfarmen entflohene Tiere wie auch bewusste Auswilderungen. Eine Zuwachsrate von mehr als 28 Prozent in einem Jahr ist ein deutliches Zeichen für das enorme Vermehrungspotenzial der aus Südamerika stammenden Sumpfbiber, die oft mit Bibern oder der kleineren, ebenfalls hier nicht heimischen Bisamratte verwechselt werden. Längst hat die auf Wasser angewiesene Nutria, die an den auffälligen weißen Schnurrhaaren am kantigen Kopf zu erkennen ist, den Großteil Deutschlands besiedelt und ist auch in urbanen Lebensräumen sehr zahlreich vertreten. Schäden für Mensch und Tier Die Nutria richtet durch Unterhöhlen erhebliche Schäden an Ufer- und Böschungsbereichen sowie Deichanlagen an. Außerdem kann sie Uferröhrichte durch Fraß stark schädigen und dadurch die Lebensräume seltener Arten schädigen. Nutrias schaffen relativ große Hohlräume. Dadurch verursachte Einstürze des Erdreichs können auch Dämme und damit den Verkehr gefährden. Besonders in jüngster Zeit wird das Fleisch der Sumpfbiber als sehr schmackhaft gelobt. Das knüpft an Aussagen Ende der 1950er Jahre an, als es hieß: „Das Fleisch der Nutria ist als Genussmittel geschätzt, insbesondere in Südamerika bei der einheimischen Bevölkerung und den Jägern. Es ist sehr zart und wohlschmeckend. Im Geschmack kommt es etwa dem Spanferkel gleich. Überdies bemühte sich die argentinische Regierung, den Konsum von Nutriafleisch zu heben, um die Rentabilität der Farmzucht zu erhöhen.“ Bereits zuvor hatte ein Fachbuch für Pelztierzüchter der DDR die Verarbeitung des Fleisches zu Mettwurst, Kochsalami und Rouladen beschrieben. In Gefängnissen der DDR gab es Nutria mit Pellkartoffeln zu essen. Weit verbreitet und bis in die Städte zugezogen Bestens für den Verzehr geeignet ist auch die aus Afrika stammende Nilgans. Die bundesweite Streckenstatistik weist sie zwar nicht gesondert aus, sondern Zahlen für alle erlegten Wildgänse zusammen, mit einem Wert von zuletzt mehr als 146.000. Der DJV geht jedoch davon aus, dass die Nilgans in Deutschland inzwischen verbreiteter ist als die Graugans. Die rasante Ausbreitung erfolgt seit den 1970er Jahren. Ausgangspunkt war wahrscheinlich eine aus den Niederlanden stammende Population, die sich aus entflogenen Ziervögeln gebildet hatte. Entlang des Rheins und seiner Nebenflüsse hat die Nilgans längst im Süden die Grenze zur Schweiz und im Osten über die Donau auch Österreich erreicht. Sie ist zum Brutvogel geworden. Das schafft Probleme in städtischen Bereichen, wo die Nilgans manchmal sogar als Plage empfunden wird. Denn sie erobert Radwege und Liegewiesen an Badeseen und in Freibädern. Obendrein hat das Gesundheitsamt in Frankfurt a.M. festgestellt, dass der reichlich hinterlassene Kot der Nilgänse in öffentlichen Freibädern eine Gesundheitsgefahr besonders für Kleinkinder ist, weil darin Salmonellen nachgewiesen wurden. Aggressive Verdrängung anderer Arten Auch die heimische Vogelwelt, besonders Wasservögel, ist durch die Nilgans beeinträchtigt. Sie ist einerseits sehr anpassungsfähig, andererseits äußerst aggressiv, besonders während der Brutzeit. So kommt es lokal zur Verdrängung anderer Arten. Das Ausmaß der Aggressionsbereitschaft soll dabei von der Vogeldichte am Gewässer und nicht vom Futterangebot abhängen. Das alles veranlasste die EU 2017, die Nilgans auf die rechtsverbindliche Liste invasiver, gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung zu setzen. Das forderte von den Mitgliedsstaaten „wirksame Managementmaßnahmen“, die „tödliche oder nicht-tödliche physikalische, chemische oder biologische Maßnahmen zur Beseitigung, Populationskontrolle oder Eindämmung einer Population“ umfassen.
- Kretschmanns Erbe oder ein Mann gegen den Trend?
Landtagswahl in Baden-Württemberg im März 2026: Der grüne Spitzenkandidat Cem Özdemir will Brücken bauen – aber selbst für Joschka Fischer grenzt ein Sieg an ein Wunder Cem Özdemir (Foto: Verena Müller) Joschka Fischer redet nicht um den grünen Brei herum. „Die Verteidigung der grünen Ministerpräsidentschaft in Stuttgart wird schwer, sehr schwer“, schreibt der frühere Bundesaußenminister in seinem Vorwort zu einer Wahlhilfe-Biografie, die die Autoren Rolf Henkel und Johanna Henkel-Waidhofer jetzt vorgelegt haben. Fischer mag später nachschieben, wenn es dennoch einem gelinge, „dann Cem“. Doch der bald 60-Jährige, der in der Staatskanzlei das Erbe des nicht mehr kandidierenden grünen Kult-Konservativen Winfried Kretschmann antreten will, weiß selbst am besten, dass seine Chancen gut vier Monate vor der Wahl besser stehen könnten. Sicher: Sein Bekanntheitswert im Land liegt nahe an der 100-Prozent-Marke. Sein CDU-Konkurrent Manuel Hagel ist schon froh, wenn ihn gut ein Drittel der Menschen in Baden-Württemberg kennen. Doch die Zahlen, die letztlich über Sieg oder Niederlage entscheiden, lassen vermuten, dass es für Özdemir, den dialektsicheren „anatolischen Schwaben“, am 8. März nicht zum Sieg reichen dürfte. Die wiederbelebte CDU liegt ziemlich stabil um die 30 Prozent, die kretschmannlosen Grünen zehn Prozent dahinter. Schlimmer noch: Zwischen Schwarze und Grüne hat sich die AfD auf den Umfrage-Platz 2 geschoben. Özdemirs Inszenierung: Ein Mann des Kompromisses Ein Mann gegen den Trend: So präsentiert sich Özdemir. Weit genug weg von den Grünen, um das bürgerlich-konservative Wählerlager, das Kretschmann so genial umgarnen konnte, nicht völlig abzuschrecken. Sein Programm steht im Klappentext: „Mein Spezialgebiet ist das Brückenbauen zwischen unterschiedlichen Positionen und der Versuch, Lösungen mit Maß und Mitte zu finden. Ich will es mal so sagen: Wer mit mir keinen Kompromiss finden kann, will keinen.“ Doch Manuel Hagel, nicht nur wegen seiner 37 Jahre um viele politische Erfahrungen, raffinierte Tricks und aufrüttelnde Reden ärmer als der weltläufige Özdemir, will sich davon nicht einlullen lassen. Dass es ihm nach der Wahl lieber wäre, mit SPD und FDP eine Deutschland-Koalition zu bilden, ist kein Geheimnis. Doch eine in allen Umfragen um die zwölf Prozent dümpelnde Landes-SPD und eine sich sicher, wenn auch knapp über fünf Prozent wähnende FDP dürften am Ende nicht zum neuen Bündnis reichen. Zumal die Linkspartei zum ersten Mal mit dem Einzug in den Stuttgarter Landtag rechnen kann. Cem, der Brückenbauer. Die Buch-Autoren führen nicht zuletzt Özdemirs Rolle als Bundeslandwirtschaftsminister während der großen Bauernproteste im Frühjahr 2024 an, als er sich mehr als ein Mal mutig zum Teil sehr aufgebrachten Demonstranten zum Disput stellte und nicht ohne positive Wirkung blieb. Aber Özdemir ist eben kein Kretschmann, mag er sich noch so ökoüberparteilich und ehrlich wirtschaftsaffin zeigen. Und laut feststellen, dass es für die Grünen die größte Gefahr sei, „wenn wir nach links abdriften“. „Meine Turmfrauen finden ihn gut, trotzdem werden sie Cem nicht wählen“, zitieren die Autoren eine auf dem Land lebende Grüne. So ist das wohl. Selbst in den Großstädten wie der Landeshauptstadt Stuttgart bröckelt das einst so stabile grüne Fundament. Auch Manuel Hagel wird Anfang des kommenden Jahres auf den Büchertischen präsent sein. Dann soll ein Band zum 75-jährigen Jubiläum der Landes-CDU erscheinen, ein Jahr zu früh zwar, aber rechtzeitig vor der Wahl. Hagel wird dazu das Vorwort schreiben. Für eine eigene Biografie reicht es eben noch nicht.











