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EU-Entwaldungsverordnung: Wer zieht die Notbremse?

  • Ludwig Hintjens
  • vor 2 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

Wenige Wochen bleiben noch, um die handwerklichen Fehler der EU-Entwaldungsverordnung zu beheben. Die Forderung wird laut, das Inkrafttreten noch einmal um ein Jahr zu verschieben


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Foto: VenomDesign
Foto: VenomDesign

Das EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) stammt aus einer anderen Zeit. Es wurde in der vergangenen Wahlperiode vorgeschlagen und beschlossen. Damals waren die Gesetzgebungsvorschläge der Kommission beseelt vom Green Deal. Inhaltlich konnte es nicht grün genug sein. Die Interessen der Unternehmen waren zweitrangig, der Aufwuchs von Bürokratie wurde in Kauf genommen. In diesem Geist hat die EU bis 2024 Politik gemacht.


Das Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten ist ein Paradebeispiel dafür. Das Anliegen ist richtig: dafür sorgen, dass keine für den Arten- und Klimaschutz wertvollen Wälder geschlagen werden für Produkte, die in der EU auf den Markt kommen. Um dieses Anliegen umzusetzen, ist aber viel Papierkram notwendig. Etwa, wenn es darum geht, zu dokumentieren, dass das Holz nicht aus einem Primärwald im Amazonas- oder Kongobecken kommt.


Hierzulande wachsen Holzernte und Waldfläche


Von Anfang an nicht einzusehen war, dass auch Verkäufer von Holz diese Dokumentationspflichten beachten müssen, die gar nicht in Gebieten wirtschaften, wo abgeholzt wird. Rodung ist etwa in Deutschland, Österreich und anderen mitteleuropäischen Ländern kein Problem. Im Gegenteil: Hierzulande wächst sowohl die Holzernte als auch die bewaldete Fläche seit Jahren. Daher ist die Forderung der Unternehmen berechtigt: Die Kommission möge eine Null-Risiko-Kategorie im Gesetzestext verankern. Das heißt: In Ländern ohne Abholzungsrisiko sollen die Unternehmen nicht der Dokumentationspflichten der EUDR unterworfen werden. Ansonsten würde sinnlose Bürokratie aufgebaut.


In ihrem zweiten Mandat hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Prioritäten verschoben. Nicht mehr Klima- und Artenschutz stehen im Vordergrund. Vielmehr will sie den Unternehmen vor allem das Wirtschaften erleichtern. Ihre Behörde durchforstet dafür systematisch die EU-Verordnungen und Richtlinien und will Bürokratie kappen. Neue Dokumentationspflichten sollen verhindert, bestehende überflüssige Bürokratie soll abgebaut werden.


Nur kosmetische Änderungen oder doch Verschiebung?


Von diesen Gedanken hat sich die Kommission bislang aber leider bei der EUDR nicht leiten lassen. Sie will vielmehr das EU-Gesetz lediglich mit einigen kosmetischen Änderungen Ende des Jahres in Kraft treten lassen. Nur Kleinunternehmen sollen davon zunächst ausgenommen werden. Das Gesetz sieht etwa vor, dass Waldbesitzer in einer Datenbank das Waldstück genau lokalisieren müssen, in dem geerntet wird. Da die Geolokalisierung gerade die kleinen Waldbesitzer vor technische Schwierigkeiten stellen würde, will sich die Kommission nun nur noch mit der Postadresse des Waldstücks zufriedengeben. Dies ist wohlgemeint, aber ein völlig unausgereifter Vorschlag. So gibt es für viele Waldstücke in Deutschland eben nicht eine Postanschrift.


Die Zeit drängt. Die beiden Co-Gesetzgeber der EU, also der Rat der 27 Mitgliedstaaten und das Europaparlament, müssen sich schnell einigen. Sollte die Einigung nicht bis zum 30. Dezember gelingen, tritt die EUDR automatisch in Kraft. Mit allen ihren Ungereimtheiten. Dadurch würde Chaos entstehen. Lieferketten, etwa für die Automobilindustrie, könnten reißen.


Die Mitgliedstaaten haben jetzt den Vorstoß gemacht, das Inkrafttreten der EUDR komplett um ein Jahr zu verschieben. Das ist der einzig sinnvolle Weg. Es ist nicht vorstellbar, die vielen handwerklichen Fehler innerhalb von wenigen Wochen im Eilverfahren zu beseitigen.

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