Die EU-Entwaldungsverordnung und ihre Folgen
- Frank Polke
- 27. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Jeder spricht über Entbürokratisierung. Jeder? Nein, die EU geht einen anderen Weg. Bald wird die geplante Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten als sogenannte EU-Entwaldungsverordnung ihre Wucht auch bei uns entfalten

Auf Druck der EVP und vor allem der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wurde in der EU-Bürokratie im Herbst 2024 der Fuß etwas vom Gaspedal genommen. Für die Entwaldungsverordnung (EUDR) aus Brüssel gab es dann für die kleineren und mittleren Unternehmen aus der Forst- und Waldwirtschaft eine Gnadenfrist. Sie läuft bald ab. Für die großen Unternehmen gilt die sich verschärfende Dokumentationspflicht bereits ab Ende dieses Jahres. Am 1. Juli 2026 fallen alle Unternehmen aus diesem Wirtschaftszweig unter die neue Entwaldungsverordnung. Das trifft dann auch die kleineren und mittleren Familienbetriebe aus dem Bereich der Holz- und Forstwirtschaft.
Um was geht es?
Die neue EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (EUDR) hat das Ziel, entsprechende Lieferketten sicherzustellen, die frei von Rodung und nicht von Waldabholzungen ausgehen. Dies soll der zunehmenden Verödung ganzer Gebiete und des Raubbaus an Grün- und Naturflächen vor allem in Asien und Afrika entgegenwirken.
Dazu regelt die EUDR in allen EU-Mitgliedstaaten, dass bestimmte Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann für den europäischen Markt ein- oder ausgeführt oder für ihn bereitgestellt werden dürfen, wenn diese nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen. Mit der Verordnung gelten unternehmerische Sorgfaltspflichten beispielsweise für den Handel mit Soja, Ölpalme, Rindern, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie daraus hergestellten genannten Erzeugnissen.
Welche Konsequenzen hat dies für unsere Land- und Forstwirtschaft?
Laut neuer Entwaldungsverordnung dürfen Rohstoffe und Erzeugnisse nur dann in der EU in Verkehr gebracht, auf dem Markt bereitgestellt oder ausgeführt werden, wenn sie entwaldungs- und waldschädigungsfrei sind. Das bedeutet, dass sie nicht auf Flächen produziert worden sein dürfen, auf denen seit dem 31. Dezember 2020 Entwaldung oder Waldschädigung stattgefunden hat. Zudem müssen die Rohstoffe und Erzeugnisse mit den Gesetzen des Ursprungslands im Einklang stehen und unter Beachtung der in der Verordnung spezifizierten, elementaren Menschenrechte produziert worden sein. Mit einer Sorgfaltserklärung müssen die Erfüllung der Sorgfaltspflicht und die Einhaltung der Verordnung bestätigt werden.
Was tut die Bundesregierung?
Anders als sein Vorgänger Cem Özdemir (Grüne) versucht Landwirtschaftsminister Alois Rainer eine praxistaugliche Umsetzung der Verordnung zu moderieren. „Die Bundesregierung setzt sich daher auf EU-Ebene unter anderem dafür ein, dass die Primärerzeugung von Holz, Rindern und Soja in Deutschland und anderen Ländern ohne Entwaldungsrisiko bei der Anwendung der EUDR durch die Einführung einer ‚Null-Risiko-Variante‘ entlastet wird", lässt der CSU-Politiker erklären. Auch unnötige Bürokratie oder gar eine noch härtere Umsetzung des EU-Rechts in nationales Recht wird es mit Rainer nicht geben.
Als unmittelbar geltendes Unionsrecht muss die Verordnung nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Um die Verpflichtungen aus der Verordnung vollständig und bundeseinheitlich zu erfüllen, sind jedoch zusätzliche gesetzliche Durchführungsbestimmungen in einem nationalen Gesetz erforderlich. Es sind insbesondere Regelungen zu Zuständigkeiten und Befugnissen der beteiligten deutschen Behörden sowie zur nationalen Ausgestaltung der Ordnungswidrigkeits- und Strafbestimmungen zu treffen. Übersetzt: Ein gewisser Spielraum bleibt den deutschen Behörden.
Was sagen die Betroffenen?
Der Deutsche Forstwirtschaftsrat (DFWR) und der Bauernverband hatten sich maßgeblich für eine zeitliche Verschiebung der Entwaldungsverordnung ausgesprochen. Im Herbst 2024 zeigte man sich dann auch zufrieden, dass die EU die Anwendung um zunächst ein Jahr verschob. Jetzt verstreicht die Frist und am grundsätzlichen Problem ändert sich nichts. „Die EUDR schließt einen Großteil der Forstbetriebe faktisch vom Markt aus“, kritisiert Max von Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst. „Was mit mehr Nachhaltigkeit begann, droht nun durch Überregulierung in einen Rückschritt für Marktzugang und Versorgungssicherheit umzuschlagen.“ Der Verband begrüßt daher die Forderung der Länder nach einer global geltenden Null-Risiko-Variante, die praxisferne Dokumentationspflichten in risikoarmen Regionen vermeiden soll.
Die Familienbetriebe Land und Forst warnen zudem vor den internationalen Auswirkungen der EUDR. Gerade kleine Kooperativen und Betriebe in Entwicklungsländern könnten die Anforderungen kaum erfüllen und würden so vom Markt verdrängt – mit erheblichen sozialen und ökologischen Risiken.
Der Deutsche Forstwirtschaftsrat ist die Stimme für rund zwei Millionen private und öffentliche Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, die die Fläche von etwa 11,4 Millionen Hektar Wald in Deutschland nachhaltig pflegen und bewirtschaften. Die Mitgliedsorganisationen des DFWR vertreten den Privat-, Staats- und Körperschaftswald, die Forstwissenschaft, die mit der Forstwirtschaft verbundenen berufsständischen Verbände und weitere mit der Erhaltung und Förderung des Waldes und der Forstwirtschaft befasste Organisationen.
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