Wieder Bauernproteste vor Weihnachten: Diesmal in Brüssel
- Ludwig Hintjens
- vor 4 Stunden
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Die EU-Kommission verärgert die Landwirte: Sie peitscht das ungeliebte Mercosur-Freihandelsabkommen durch und greift weiter die Eigenständigkeit der Gemeinsamen Agrarpolitik im nächsten EU-Haushalt an

Wenn die Bauern gegen die EU-Politik auf die Straße gehen, wird es laut. Die Hupen ihrer Schlepper sind dann im gesamten Brüsseler Europaviertel zu hören. Dass die Verbände, auch der Deutsche Bauernverband, die Landwirte jetzt mobilisieren, kann niemanden überraschen. Es gibt zwei Steine des Anstoßes: die Pläne für den nächsten EU-Finanzrahmen sowie Mercosur.
Zunächst zu Mercosur: Die Kommission will jetzt das Handelsabkommen Mercosur ratifizieren. Zuvor hatte sie Schutzklauseln für Agrarprodukte konkretisiert. Den Bauernfunktionären reichen sie aber nicht aus.
Nun zu den Finanzen: Die Kommission hält eisern daran fest, im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU für die Jahre 2028 bis 2034 (MFR), das ist der Zwei-Billionen-Euro schwere Haushaltsrahmen der Gemeinschaft, der Agrarpolitik erstmals nicht mehr die volle Eigenständigkeit zu gewähren. Vielmehr soll die Agrarpolitik Teil der neuen nationalen und regionalen Pläne (NRP) werden. Das hieße, dass die Finanzen der Agrarpolitik sowie die Architektur der Förderung nicht mehr auf Brüsseler Bühne zwischen den 27 Mitgliedsländern und dem Europaparlament verhandelt würden. Die Europaabgeordneten wären raus. Zwischen den Experten der Kommission und den jeweiligen Regierungen der Mitgliedstaaten würde gesprochen, gerungen und anschließend ein Deal gemacht.
Sparprogramm bei den Direktzahlungen für Höfe
Unmut herrscht bei den Bauern auch, weil die Kommission bei den Direktzahlungen für die Höfe sparen will. Sie schlägt vor, EU-weit die Flächenprämien bei 100.000 Euro je Betrieb zu deckeln und nach Fläche der einzelnen Höfe zu staffeln. Das hieße, es kämen zugleich eine Kappung sowie eine Degression. Bisher können die Mitgliedstaaten selbst entscheiden. Die Bauern müssen also konkret fürchten, Einkommensunterstützung zu verlieren.
Bedenken von Agrarpolitikern aus dem Europäischen Parlament war von der Leyen kürzlich mit drei Konzessionen begegnet. Sie bot an, zehn Prozent der Gelder in den nationalen und regionalen Plänen abzüglich der GAP-Gelder für ländliche Regionen zu reservieren. Das wären 50 Milliarden Euro. Im laufenden MFR sind mit 80 Milliarden Euro aber deutlich mehr Mittel vorgesehen. Zudem versprach sie, Teile der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eigenständig zu halten, also nicht in den nationalen und regionalen Plänen aufgehen zu lassen. Auch sollen Regionalregierungen, im Fall Deutschlands die Landesregierungen, stärker in die Verhandlungen sowie in die Durchführung der NRPs eingebunden werden.
Die Christdemokraten im Europaparlament sind damit zufrieden. Sie zogen die Drohung zurück, dass Parlament könne den MFR-Vorschlag ganz zurückweisen. Das war ein Fehler. Die Kommission kommt mit einigen kosmetischen Änderungen davon, die zudem nur auf dem Papier stehen. Sie kann ihre bedenklichen Pläne weitertreiben.
Die Bauern wollen beim regulären Treffen der Staats- und Regierungschefs kurz vor Weihnachten in Brüssel protestieren. Den Unmut bekommt dann auch Kanzler Friedrich Merz zu Ohren. Er ist der richtige Adressat. Er pocht auf das Mercosur-Abkommen. Vor allem aber ist er ein Anhänger der nationalen und regionalen Pläne. Den Kanzler und seinen Finanzminister lockt die Idee, über die nationalen und regionalen Pläne Gelder für die eigene Gestaltung zu bekommen. Merz und Klingbeil dulden keine Störgeräusche. Sie haben Landwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) angewiesen, nicht gegen die MFR-Pläne der Kommission für die Gemeinsame Agrarpolitik zu protestieren. Bislang hält sich der Landwirtschaftsminister daran. Fragt sich nur, wie lange die deutschen Landwirte ihm das Schweigen durchgehen lassen.


