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Die Trophäe ist mehr als ein toter Knochen

  • Autorenbild: Christoph Boll
    Christoph Boll
  • vor 11 Stunden
  • 3 Min. Lesezeit

Trophäengeile Schießer. Das ist eine der drastischen, aber sicher nicht seltensten Beschimpfungen von Jägern. Sie verkennt, dass Trophäen nicht Ausdruck von Prahlerei sind, sondern Erinnerungsstücke und Träger wildbiologischer Informationen


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Foto: privat
Foto: privat

Der Trophäenbegriff hat heute oft einen negativen Beigeschmack. Zunächst ein Blick in die Geschichte. Der zugrunde liegende altgriechische Begriff tropaion meint schlicht ein Triumphzeichen. Das konnten Waffen und Rüstzeug des besiegten Gegners, Feldzeichen, Wimpel und Fahnen sein. Das Zurschaustellen der abgeschlagenen und auf lange Stangen gespießten Häupter von Feinden war weit verbreitet. Wir kennen den keltischen Kopfkult, die Schrumpfköpfe der südamerikanischen Shuar, den Skalp bei nordamerikanischen Indianern und die abgeschnittene Nase bei den Japanern als Trophäe sowie die Erwähnung feindlicher erbeuteter Vorhäute als Trophäe im Alten Testament der Bibel. Im Sport gibt es die weniger martialischen Zeichen in Form von errungenen Titeln, Urkunden oder Pokalen.


Das Ausstellen von Trophäen ist also zunächst einmal nicht protziges Präsentieren, sondern eine Urform menschlichen Verhaltens. Es drückt Stolz aus, der etwas anderes ist als Prahlerei. Die Trophäe ist Zeichen des persönlichen Triumphes und repräsentiert den oder die besiegten Gegner. Das kann auch der innere Schweinehund sein, das Überwinden von Respekt oder sogar Angst vor einer Herausforderung.


Auch Jagdtrophäen drücken diesen Erfolg aus. Wobei solche nur von selbst erlegtem Wild gewonnen werden. Das unterstreicht auch der Spruch, dass man sich nicht mit fremden Federn schmückt. Alles andere gilt als nicht waidgerecht

Lassen wir die Auslandsjagd außen vor, die meistens der Trophäe gilt, es aber nicht muss, so wird oft der Gegensatz von Fleisch- und Trophäenjagd formuliert. Schon der Heidedichter Hermann Löns kannte ihn. In seinem Buch „Kraut und Lot“ schrieb er 1922 über die Bockjagd: „Na, und wenn einer auch noch so grau war wie ein Milchwagenesel, schad‘t nichts, ist alles einerlei, man jug ja um die Decke nicht, man jug ja um das Geweih! Denn man war kein Fleischmacher, kein Wildbretschütz, man war Waidmann, gerechter Waidmann, sah verächtlich auf den Bratenjäger und kam sich als Wunder wie weiß was vor, trug man im Rucksack ein braves Gehörn heim, an dem so nebenbei 20 oder 24 Pfund Wildbret herumbaumelten.“


Fleisch- oder Trophäenjagd


Der eine oder andere Waidmann stellt sich selbst die Herausforderung, ein ganz bestimmtes Stück Wild zu erlegen. Deshalb mag er alle mögliche andere Beute pardonieren. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass es entwicklungsgeschichtlich keinen Unterschied zwischen schnödem Fleisch- und kultiviertem Trophäenjäger gibt. Die Krallen des erbeuteten Bären wurden in Urzeiten ebenso gerne an einer Schnur als Schmuck um den Hals getragen wie der Braten gegessen. Anders gesagt: An jeder Trophäe hängen nun mal etliche Kilogramm Fleisch. So gesehen ist auch das zur leckeren Mahlzeit zubereitete Wildbret eine Trophäe, die nur eben nach dem Essen verschwunden ist. Anders die Körperteile, die der erfolgreiche Schütze als Erinnerungsstücke an die Erlegung aufbewahrt und als Dekoration, Schmuck oder Gebrauchsgegenstand nutzt.


Ein Jäger mag also gerne andere Tiere in dieser Zeit unbeschadet laufen lassen, um ein besonders heimliches oder wegen seiner Trophäe begehrenswertes Stück Wild mit hartem körperlichem Einsatz, zeitlichen Opfern und anderer Entsagung zu verfolgen, tagelang, wochenlang, monatelang, bis er es schließlich überlistet. Einen wesentlichen Beitrag zu einer geregelten Bejagung des Wildbestandes leistet er damit nicht. Denn das Wildvorkommen muss – modern gesprochen – vernünftig bewirtschaftet werden. Es braucht dazu einen zahlen- und altersklassengemäßen Abschuss, der ja auch in der Summe erfolgt.


Weiserfunktion für Biotop-Qualität


Schon deshalb geht das Vorurteil fehl, Jäger zielten in erster Linie auf die Trophäe. Zu den typischen Jagdtrophäen zählen Zähne von Säugetieren, etwa das Gewaff des Keilers, die Fangzähne des Fuchses und die Grandeln des Rothirsches, aber auch ganze Felle, etwa vom Raubwild, Teile des Fells, die unter anderem in Form von Sau- und Gamsbart als Hutschmuck getragen werden, und einzelne Federn. Niemand wird aber wohl ernsthaft behaupten, einem Jäger gehe es vorrangig ums Erbeuten von Erpellocken und Malerfedern. Die Kritik hat vielmehr fast ausschließlich Geweihe und Hörner, also den Kopfschmuck männlichen Schalenwildes, im Blick. Das aber macht je nach Wildart maximal ein Viertel bis ein Drittel an der Gesamtstrecke aus. Der weit überwiegende Teil, darunter das gesamte Jungwild, liefert keine Trophäe.


Gleichwohl haben die manchmal als Knochenaustellung verunglimpften Hegeschauen ihre Berechtigung. Sie schaffen Transparenz und liefern Aufschluss über die Population, die Wilddichte und die Lebensqualität der Bestände. Denn die Trophäen in ihre Gesamtheit haben Weiserfunktion dafür, wie gut das Biotop für die Wildart geeignet ist. Insofern sind Hegeschauen auch eine Plattform für Informationsaustausch und Weiterbildung zu den Themen Äsungsangebot und Gesundheit des Wildbestandes.

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