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Zum Hubertustag: Emotionen sind der Kern der Jagd

  • Autorenbild: Christoph Boll
    Christoph Boll
  • 2. Nov.
  • 3 Min. Lesezeit

Warum und vor allen Dingen wie jagen wir? Gerade der 3. November, der Tag des Gedächtnisses an den Patron der Jagd, fordert Antworten auf diese Frage


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Foto: Carsten Przygoda / pixelio.de
Foto: Carsten Przygoda / pixelio.de

Der Hubertustag ist vielfach Anlass, über die Jagd grundsätzlicher nachzudenken. Da gibt es jene, die nostalgisch verklärt an frühere Zeiten denken, und jene, die – auch technisch – stets auf dem modernsten Stand sind. Sie eint eine Einstellung zur Jagd, die weit über Zweckdienlichkeit hinausreicht und in ihrem Kern nur schwer in Worte zu fassen ist.


Aus der Sicht nicht weniger, zumeist älterer Jäger soll sich an der Jagd, dem Handwerk und in den Revieren möglichst nichts ändern. Ja, mancher sähe allzu gerne die Zeit zurückgedreht, weil vermeintlich früher alles besser und schöner war. Da wird mit glorifizierenden Sätzen eine Vergangenheit beschworen, die einer heilen Welt gleicht.


Veränderung wird dabei fast immer als Bedrohung empfunden. Wenn sie denn schon sein muss, dann möglichst im gesellschaftlichen Umfeld der Jagd, aber bloß nicht in deren Kern. Die Argumente und Haltungen mögen nachvollziehbar sein. Dass das aber nicht funktionieren kann, sollte angesichts der Entwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten längst klar sein.


Ein schmaler Grat zwischen Bewahrung und Veränderung


Die Suche nach dem richtigen Verhältnis zwischen Bewahrung und Veränderung bewegt sich auf einem schmalen Grat. Jeder einzelne muss sich mit seinem Verhalten dabei positionieren. Denn letztlich geht es immer um Verantwortung – gegenüber dem Tier als Mitgeschöpf und gegenüber der Gesellschaft. Die Jagd als Funktion, als Auftrag, der gesetzlichen Vorgaben folgt, lässt sich klar definieren. Sie ist eine Dienstleistung an die Forstwirtschaft, an das Grundeigentum und hat als solche einen gesellschaftlichen Wert, der besonders von Politikern gerne beschworen wird.


Auf dieser Ebene folgt die Jagd internationalen, nationalen und in unserem Föderalismus landesrechtlichen Normen, die sie erfüllt und umsetzt. Da sind Jagd und Jäger verlässliche, kompetente Partner bei der Gestaltung der Lebensräume und der Regulierung der Wildbestände. Jäger bringen sich dabei mit viel Engagement, Erfahrung und Wissen und nicht zuletzt erheblichen Beträgen aus der eigenen Geldbörse ein.


Wer dieser Funktion der Jagd auch künftig gerecht werden will, muss nicht nur gut ausgebildet sein, sondern sich auch kontinuierlich weiterbilden. Er muss flexibel sein und wissenschaftliche Erkenntnisse nicht nur rezipieren, sondern draußen im Revier entsprechend reagieren. Das zeigt: Es kann nicht alles bleiben, wie es ist. Nötig ist vielmehr die Bereitschaft zu einem hohen Maß an Flexibilität.


Ideeller Moment der Jagd


Dieser funktionale Aspekt ist aber nur die eine Seite von Jagd. Die andere ist das Wesen der Jagd, ihr ideeller Moment, durch den Jagd ein essenzielles menschliches Ereignis unabhängig von Nützlichkeitserwägungen wird. Da „reden wir über Emotionen und Empfindungen wie Freude, Traurigkeit, Spannung, Erfüllung, bewegt und erschüttert sein“, hat der oberösterreichische Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner formuliert und daraus „sogar das menschliche Recht zu jagen“ abgeleitet.


Zur Jagd gehört das Verstehen von Zusammenhängen in Feld und Wald


Jäger leben in sehr ursprünglicher Form einen Beutetrieb aus, der eine der letzten menschlichen Freiheiten ist und tief in den menschlichen Genen steckt. Schon dieses Streben nach Beute ist Jagd, denn auch wenn die Wildkammer leer bleibt, ist das Gemüt voll von den auf Pirsch und Ansitz gesammelten Erlebnissen und Eindrücken. Dieser emotionale Zugang ist weit mehr als aller – unzweifelhaft notwendige – faktenbasierte Beitrag zu Seuchenprävention, Wildtiermanagement und Fleischgewinnung der Kern des Antriebs zur Jagd. Er lässt sich jedoch nur schwer in Worte fassen, besonders für Außenstehende.


Diese Motivation scheint aber durch, wenn Jungjäger oder Jagdscheinanwärter sich über ihre Erwartung an die Jagd äußern. Da geht es nur selten um die Funktion und Optimierung gesellschaftsdienlicher Leistungen, sehr viel hingegen um Naturempfinden und das Verstehen von Zusammenhängen in Feld und Wald.


Unabhängig von gesetzlichen Vorgaben braucht es aber auch für die emotionale Seite der Jagd verbindliche Richtlinien. Eine klare Jagdethik muss Forderungen nach totaler Freiheit und Individualität begrenzen. Denn angesichts von Wildkameras, Drohnen und Nachtsichttechnik hat das Wild längst keine realistische Chance des Entkommens mehr. Wenn das Waidwerk nicht immer weiter in Richtung technisch hoch gerüstetem Tötungsbetrieb verkommen will, braucht es Selbstbeschränkung. Sie setzt eine persönliche Einstellung voraus, die wir Waidgerechtigkeit nennen und sich immer bewusst ist, dass wir hoch entwickelte, empfindsame Mitgeschöpfe jagen, die weder Nutzvieh noch Schädlinge sind.

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