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Die höheren Mindestlöhne und die Folgen für Preise und Existenzen

  • natur+mensch
  • vor 29 Minuten
  • 3 Min. Lesezeit

Das neue Jahr und damit die nächste Erhöhung des Mindestlohnes rücken näher. Betroffen sind viele Branchen, insbesondere das Handwerk oder die Landwirtschaft, unter anderem mit Spargel-, Beeren-, Obst- und Weinbetrieben. Und am Ende die Verbraucher


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Foto: Sora
Foto: Sora

Wenn es um die Inflation geht, spielen die Lebensmittelpreise eine besondere Rolle. Und dabei dann insbesondere Brot und Brötchen. Als Preistreiber werden oft Rohstoffe und Zutaten benannt. Sie stammen teilweise aus der heimischen Landwirtschaft oder werden importiert. Auf Hersteller- und Verbraucherseite werden weitere Schübe durch die beschlossenen beiden nächsten Schritte zur Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohnes erwartet. Ein Beispiel hat sich unlängst die Bild-Zeitung herausgepickt. Unter der Überschrift „So teuer macht der neue Mindestlohn meine Brötchen“ wird der Inhaber einer Filialbäckerei in Brandenburg zitiert. Wenn er bei zehn bis 15 seiner Mitarbeiter, meist Hilfskräften im Verkauf, den Lohn demnach anpasst, müsse er wohl auch die Bezahlung derjenigen anheben, die schon über dem Mindestlohn liegen – allein um den Abstand zu wahren. Damit steigen in Folge auch die Lohnnebenkosten und die Rechnungen von Dienstleistern wie Reinigungsfirmen, Speditionen oder Lieferanten, die ebenfalls ihre Mindestlöhne anzupassen haben. Eine Kette, die an der Verkaufstheke endet – wo die Kunden die Preiserhöhungen nicht akzeptieren und im Zweifel weniger kaufen.


Worauf geht diese Entwicklung zurück?


Am 29. Oktober 2025 beschloss das Bundeskabinett die „Fünfte Mindestlohnanpassungsverordnung“: Ab dem 1. Januar 2026 steigt der Mindestlohn zunächst auf 13,90 Euro pro Stunde – ein Anstieg von 8,42 % im Vergleich zum aktuellen Satz von 12,85 Euro. Ein weiterer Schritt erfolgt dann zum 1. Januar 2027, wenn der Mindestlohn auf 14,60 Euro pro Stunde weiter ansteigt. Das bedeutet eine Gesamterhöhung von 13,88 %. Laut Schätzungen des Statistischen Bundesamtes werden vom ersten Schritt rund 6,6 Millionen Beschäftigte profitieren, vom zweiten 2027 bis zu 8,3 Millionen. Dabei ergeben sich regionale Unterschiede: In Ostdeutschland ist der Anteil der betroffenen Jobs deutlich höher als in den westlichen Bundesländern. Diese Unterschiede werfen die Frage auf, ob die Erhöhung wirklich überall die gleichen positiven Effekte haben wird – besonders in den strukturschwachen Regionen des Westens, die ebenfalls mit niedrigen Löhnen kämpfen.


Landwirtschaft: Eine existenzielle Bedrohung für Betriebe?


Diese Entwicklung sorgt vor allem in bestimmten Branchen wie dem Handwerk, der Gastronomie und in der Landwirtschaft für heftige Kritik. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, warf der Bundesregierung vor, durch diesen Beschluss ohne Ausnahmen für die Landwirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Agrarbetriebe massiv zu gefährden. Insbesondere für arbeitsintensive Kulturen wie Obst, Gemüse und Wein bedeute dies das Aus.


„Diese massive Anhebung des Mindestlohns wird landwirtschaftliche Betriebe zum Ausstieg aus arbeitsintensiven Kulturen zwingen“, erklärte er in einer Pressemitteilung. Die Sorge ist, dass die höheren Löhne nicht durch die Marktpreise gedeckt werden können. Dadurch würden viele Betriebe gezwungen, die Produktion ins Ausland zu verlagern, wo die Arbeitskräfte deutlich günstiger sind. Dies könnte die regionale Versorgung mit frischen Lebensmitteln gefährden.


Die Entscheidung der Mindestlohnkommission, keine Ausnahme für die Landwirtschaft zuzulassen, geht auf eine entsprechende Prüfung in diesem Sommer zurück. Es gibt demnach keine Sonderregelung. Der Präsident des Gesamtverbandes der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände, Hans-Benno Wichert, zeigte sich enttäuscht und erklärte, dass diese Entscheidung eine existenzielle Bedrohung für viele Betriebe darstelle. Er und der Vorsitzende des Westdeutschen Land- und Obstbauverbands (WLAV), Jörg Umberg, werfen der Bundesregierung vor, die Entscheidung aus politischen Gründen getroffen zu haben, ohne die tatsächlichen Bedürfnisse der Branche zu berücksichtigen.


Ausnahmen und Sonderregelungen: Notwendig oder unnötig?


Die Diskussion über mögliche Ausnahmen für bestimmte Branchen ist nicht neu. Schon bei der Einführung des Mindestlohns 2015 gab es Debatten über die Frage, welche Sektoren von den Regeln ausgenommen werden sollten. Beispielsweise gab es eine Sonderregelung für Zeitungszusteller, die zunächst mit einem reduzierten Mindestlohn arbeiteten. Auch die Möglichkeit, über Tarifverträge vom Mindestlohn abzuweichen, zeigte, dass es in der Vergangenheit durchaus Flexibilität gegeben hat. Dass sie jetzt ausbleibt, wird dort beklagt, wo der Arbeitsmarkt von besonderen Gegebenheiten geprägt ist.

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