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  • Zahm wie nordfriesische Lämmer 

    Die Grünen Schleswig-Holsteins haben in jüngster Zeit gegenüber Teilen der Bundesregierung angemahnt, für ihr Land umweltpolitische Ziele nicht aufzuweichen. So haben sich auch Robert Habeck ins Visier genommen. Ist jetzt wieder Ruhe? Wochenlang hatten die Grünen in Schleswig-Holstein die Bundespartei und insbesondere die grünen Teile der Bundesregierung ins Visier genommen. Vorwurf: in Berlin fehlten in der praktischen Politik, die das Land zwischen den Meeren betrifft, die Einhaltung der grünen Ausgangspositionen und Grundsätze. Dabei bezogen sie auch ihren ehemaligen Spitzenmann im Berliner Ministeramt ein. Zur Abrechnung mit Robert Habeck kam es dann jedoch beim Landesparteitag am Wochenende nicht. Für die Beobachter herrschte „Friede, Freude, Eierkuchen“ unter den Delegierten. Sie gaben sich zahm wie nordfriesische Lämmer. Nur Bauernverbands-Chef Klaus-Dieter Lucht sprach dann als Gastredner Tacheles. Was hatten sie geschimpft, die Grünen im hohen Norden. In Berlin würden die grünen Grundideen verloren gehen, in der Ampel sei kaum noch etwas von grüner Politik zu spüren. Robert Habeck weiche vom Kurs ab und lasse sich „unterbuttern“, wie es sinngemäß zwischen Pinneberg und Flensburg hieß. Jetzt aber, auf dem Landesparteitag in Neumünster, gab es Lobeshymnen statt Kritik. Landes- und Bundespolitiker lobten sich gegenseitig. Kaum ein kritischer Beitrag war von den rund 100 Delegierten zu hören. Selbst der am Koalitionspartner CDU im Landtag gescheiterte „Nationalpark Ostsee“ wurde nur am Rande zum Thema. Die Grünen im hohen Norden wagen keinen Aufstand gegen Ministerpräsident Daniel Günther. Hatte er sie doch mit seiner CDU nach der Landtagswahl mit ins Boot geholt. Dafür kassierte der vorherige Koalitionspartner, die FDP mit ihrem tüchtigen und damaligen Wirtschaftsminister Bernd Buchholz, trotz seines hohen Ansehens eine Absage. Dies wirkt in Wirtschaftskreisen des Landes bis heute nach. Inzwischen gibt es häufig Kritik - auch aus dem Unternehmensverband – an der Wirtschaftspolitik der Landesregierung. Der zuständige Minister Claus Ruhe Madsen, der aus Dänemark stammt und – abgesehen von vielen Ankündigungen – relativ wenig umsetzt. Ministerpräsident Günther, der bundespolitisch mit der CDU zur Merkel-Linie zurückkehren möchte, steht nun im eigenen Land Ärger ins Haus. Eben, weil die Wirtschaft mit ihrem Minister nicht zufrieden ist. Landwirte: Noch zu wenig Verständnis erreicht Dazu nimmt inzwischen besonders der schleswig-holsteinische Bauernpräsident Klaus-Dieter Lucht kein Blatt vor den Mund. Auch auf dem zitierten Parteitag kritisierte er die Politik der grünen Bundesminister Steffi Lemke und Cem Özdemir auf das Heftigste. Sie hätten EU-Vorgaben zu strikt durchgesetzt und zeigten „viel zu wenig Verständnis für die wirtschaftliche Situation der Landwirte.“ Die Bauern seien immer noch nicht zufrieden mit dem, was an Veränderungen eintrete oder zu erwarten sei. Viele Menschen im ländlichen Raum fühlten sich weiter abgehängt von der Politik, fügte Lucht hinzu. Unterdessen hat der in Rendsburg ansässige Bauernverband der Kieler Landesregierung einen umfangreichen Forderungskatalog mit 33 Punkten zum Abbau der Bürokratie vorgelegt. Die gesamte Wirtschaft kritisiert das Fehlen wirksamer Maßnahmen gegen überbordende Bürokratie- und Gesetzesflut. „Landwirtschaft ist einer der wichtigsten und schönsten Berufe, die es gibt – aber wir sitzen heute mehr im Büro als auf dem Schlepper. Niemand ist deshalb Bauer geworden. Wir brauchen dringend ein Signal der Erleichterung“, fordert Lucht.

  • „Die Leute auf dem Land schreiben in der Regel keine Bücher“

    In ihren Romanen geht es um Menschen, die in Dörfern leben – damit ist die Schriftstellerin Dörte Hansen bekannt geworden. Sie wohnt selbst auf dem Land und wendet sich gegen Klischees „Altes Land“, „Mittagsstunde“ und „Zur See“: Diese drei Romane haben Dörte Hansen bekannt gemacht. Alles Bücher, die in Dörfern spielen. Einen Beweggrund, sich schreibend dem Leben auf dem Land zu widmen, nannte die Autorin und Radiojournalistin aus Nordfriesland kürzlich beim FAZ-Kongress „Zwischen den Zeilen“. In einem Gespräch mit FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube sagte sie, es gebe eine Flut von Büchern über das Landleben, die fast alle nach demselben Muster gestrickt seien: Großstadtmüder Mensch zieht auf das Land und weiß schon nach kurzer Zeit, wie das Landvolk tickt. „Ich fühlte mich in diesen Büchern immer so vollkommen falsch dargestellt als Mensch, der vom Land kommt“ – und der auch jetzt wieder auf dem Land lebt. Dörte Hansen hatte das Gefühl: Die Deutungshoheit über das Landleben liegt bei Leuten, die sich auf dem Land gar nicht besonders gut auskennen. „Denn die Leute auf dem Land schreiben in der Regel keine Bücher.“ Diese Darstellung hielt sie für einseitig; sie bereitete ihr gewissen Ärger. Und das war der Impuls, den Roman „Altes Land“ zu schreiben – ein Werk, das zum Jahresbestseller 2015 der „Spiegel“-Bestsellerliste wurde. „Das Land ist offensichtlich erklärungsbedürftig“ Bemerkenswert findet sie, dass es bei ihren Büchern jeweils heißt, sie habe einen Dorfroman geschrieben. Denn wenn jemand über Menschen in Berlin schreibt, ist das nicht so; niemand würde dann sagen: Er oder sie hat einen Stadtroman geschrieben. „Das Land ist offensichtlich erklärungsbedürftig“, stellt die Autorin dazu fest. Das war Anfang des 20. Jahrhunderts noch anders, als Schriftsteller wie Knut Hamsun das bäuerliche Leben beschrieben und dafür den Nobelpreis für Literatur erhielten. Dörte Hansen, 1964 in Husum geboren, ist selbst als Tochter eines Handwerkers in einem Dorf aufgewachsen, im 400-Einwohner-Ort Högel. Nach ihrem Studium in Kiel, Jahren in Hamburg und im Alten Land wohnt sie jetzt wieder mit ihrer Familie in Nordfriesland. Aber auch wenn sie zu Hause Plattdeutsch spricht – eine Dorfbewohnerin, wie man sie sich typischerweise vorstellt, ist sie nicht: Weder mischt sie bei den Landfrauen mit noch im Schützenverein oder bei der Freiwilligen Feuerwehr. „Letztlich schreibe ich über Verlust“ Die Dörfer haben sich verändert, ist die Autorin überzeugt. Heterogener seien sie geworden. Die Landwirtschaft spielt mittlerweile nur noch eine kleine Rolle – und im Dorf kann es genauso anonym zugehen wie in der Stadt. Es ist nicht mehr so, dass jeder jeden kennt, auch weil sich mitunter Zugezogene bewusst abschotten. In „Mittagsstunde“ beschreibt Dörte Hansen die Veränderung der Dörfer durch die Flurbereinigung, das Verschwinden der kleineren Betriebe und die Zerstörung der ländlichen Idylle. Und das formuliert sie auf eine Art und Weise, mit der sich offenbar so manche Leserin und so mancher Leser identifiziert haben. Oft sind es diejenigen, die selbst im Dorf aufgewachsen sind, die als erste in der Familie Abitur machen und dann studieren – und damit einen ganz anderen Weg gehen als ihre Klassenkameraden. Häufig sind es Menschen, die als junge Erwachsene vom eng empfundenen Dorf in die Großstadt wechseln, aber dort nicht richtig ankommen. „Wir wissen, wovon wir wegwollen, aber wir wissen nicht, wo wir hinwollen“, formuliert das Dörte Hansen im Gespräch mit FAZ-Herausgeber Kaube und bilanziert: „Letztlich schreibe ich über Verlust.“

  • Ostseeblick auf den Flüssiggas-Tanker

    Kurz vor dem Start der Urlaubssaison geht das LNG-Terminal vor Rügen in Betrieb. Bei Einheimischen und Tourismusmanagern gehen alle Alarmstufen auf Rot Es ist wohl das umstrittenste energiepolitische Projekt der vergangenen Jahre: Um einen möglichen Engpass in der Versorgung mit Flüssiggas zu verhindern, genehmigten die Behörden vor zwei Jahren den Bau und Betrieb eines LNG-Terminals vor der Ostseeinsel Rügen. Alles musste schnell gehen, sehr schnell. „Wir benötigen diese Menge, um nach dem Angriff auf die Ukraine die ausfallenden Gasimporte aus Russland dauerhaft zu ersetzen", erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) diese Kehrtwende im Frühling 2022. Rügen war nicht der einzige Standort, der damals für die LNG-Terminals ausgewählt wurde: Deutschlandweit waren und sind es fünf. Zwei davon befinden sich in Niedersachsen (in Wilhelmshaven an der Nordsee und in Stade an der Elbmündung), einer im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel sowie zwei in Mecklenburg-Vorpommern. Während aber die Ansiedlung in Lubmin weitgehend ohne Proteste abläuft, gibt es auf Rügen bzw. Mukran erheblichen Ärger. „Horrende Schäden für unsere Insel“ Anwohner, Politiker und Tourismusmanager fürchten um die Natur, die Schönheit der Insel. Und genau diese ist notwendig, um weiter als deutsches Reiseziel Nummer eins für Touristen zu glänzen. „Wenn die Anlage tatsächlich so gebaut wird, erwarten wir horrende Schäden für unsere Insel“, erklärte ein Sprecher der Gemeinde Binz. Meterhohe Kräne und Hafenanlagen trüben dann den Blick des erholungsbedürftigen Urlaubers aus dem Strandkorb, die Artenvielfalt wäre gefährdet. Und mit der Ruhe wäre es auch noch vorbei. Befürchtungen, die man auch Kanzler Olaf Scholz und Minister Robert Habeck bei einem sogenannten Vor-Ort-Termin zu erklärten versuchte. Vergeblich. Besonders der Tourismus, von dem fast alle Menschen und Branchen auf der Insel leben, ist ein kostbares, aber zerbrechliches Gut: Jedes Jahr kommen 1,2 Millionen Gäste nach Rügen. „Rügen ist im Gegensatz zu anderen LNG-Standorten kein Industriegebiet, sondern mit 1,2 Millionen Feriengästen die meistbesuchte Insel Deutschlands“, heißt es übereinstimmend. Diese Unberührtheit sei ein absoluter Trumpf, den man angesichts der strukturschwachen Gegend in Mecklenburg-Vorpommern nicht aufs Spiel setzen wolle. Ein weiteres Argument der Terminal-Gegner: Das Terminal in Mukran sei doch jetzt gar nicht mehr notwendig. Die Energieversorgung auch im Winter sei durch die vier anderen Standorte mehr als gewährleistet. Deutschland beim Flüssiggas ganz vorn Doch in Berlin rechnet man – wohl noch immer unter dem Schock des Gasstopps aus Russland – offenbar in anderen Dimensionen: Laut der Datenbank „Global Oil and Gas Exit List“, aus der das Handelsblatt zitiert, plant Deutschland langfristig mit Kapazitäten von 69 Milliarden Kubikmetern (bcm, von „billion cubic meters“). Das wären deutlich mehr als die von der Bundesregierung im März geschätzten 54 bcm. Gelingt diese Kapazitätserweiterung, wäre Deutschland damit unter den größten vier Baunationen von LNG-Terminals – zusammen mit China, Vietnam und Indien. Und es sieht ganz danach aus, dass die Bundesregierung weiter Tempo macht. Ende April hat das Unternehmen Deutsche Regas die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Bau und Betrieb des LNG-Terminals erhalten. Konkret machte das zuständige Landesministerium in Schwerin den Weg frei für die Errichtung der zwei schwimmenden Anlagen zur Speicherung und Regasifizierung von verflüssigtem Erdgas, einer landseitigen Kraft-Wärme-Kopplung-Anlage und zwei Versorgungsleitungen; die Genehmigung gilt bis Ende 2043. Sie umfasst jährlich maximal 110 Anlieferungen von Flüssiggas per Schiff. Umgerechnet: Jeden dritten Tag kommt ein solches Schiff, muss entladen werden. Auch von den höchsten Verwaltungsrichtern können die Protestler und Umweltaktivisten auf der Insel keinen Beistand erwarten: Das Bundesverwaltungsgericht wies zuletzt die Klagen zweier Umweltorganisationen gegen die Gaspipeline von Mukran nach Lubmin ab. Konsequenz: Mit der rund 50 Kilometer langen, bereits fertiggestellten Pipeline können die schwimmenden LNG-Terminals nun an das Gasfernleitungsnetz in Lubmin östlich von Greifswald angebunden werden. Mitte Mai soll die Anlage in Betrieb geben – sechs Wochen vor Start der heiß ersehnten Feriensaison auf Rügen.

  • Ministerin drängt auf schärferes Waffenrecht – Meinungsumfrage zum Wolf – Ländlicher Raum auf Abstellgleis

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, viele von uns haben das schöne, frühlingshafte Wetter und den Brückentag 1. Mai für einen Ausflug oder gar einen Kurzurlaub genutzt. Wer dafür das Deutschlandticket benutzte, mag es nicht immer bequem, aber in jedem Falle günstig gehabt haben. Ziemlich genau vor einem Jahr, am 1. Mai 2023, waren die subventionierten Fahrscheine für viel Geld und mit großen politischen Lobgesängen von Bund und Ländern eingeführt worden. Anlass genug, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Doch lassen Sie mich zuvor auf ein anderes Ereignis dieser Woche zu sprechen kommen, in dessen Folge wieder einmal Vorurteile gegen Jäger und Sportschützen zutage traten. In Stuttgart hat der erste von drei geplanten Großprozessen gegen eine rechtsgerichtete Organisation begonnen, die unsere politische Ordnung gewaltsam umstürzen wollte. Der Gruppe um Heinrich Prinz Reuß wird die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und die „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ vorgeworfen. Einer der Angeklagten steht zudem wegen versuchten Mordes vor Gericht. Keine Frage, hier haben sich Abgründe aufgetan. Der Rechtsstaat muss sich als wehrhaft erweisen und seine Feinde mit aller Härte zur Rechenschaft ziehen. Die zuständige Bundesinnenministerin Nancy Faeser scheint dies ähnlich zu sehen: Es müsse noch mehr getan werden, um Staatsfeindlichkeit und Rechtsextremismus auch in Zukunft effektiv zu bekämpfen, sagte die SPD-Politikerin im Deutschlandfunk. So weit, so gut und richtig. Es ist Faesers Amtspflicht als Bundesinnenministerin, hierbei ein Stück weit voranzugehen. Doch „vor allem“ eine Verschärfung des Waffenrechts, wie sie jetzt im Deutschlandfunk forderte, dürfte wohl kaum die Lösung sein. Denn nicht die Millionen Besitzer von legalen Jagd- und Sportwaffen sind das Problem. Im Zentrum der Überlegungen müssen die vielen illegalen und auf kriminellen Wegen beschafften Waffen stehen. Sie bilden die eigentliche Gefahr. Insofern bedient Faesers Vorstoß ideologische Vorurteile, statt uns in der Sache voranzubringen. Denn klar ist: Jäger und Sportschützen dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Erneute Debatte um den Wolf Stichwort Jagd. Nachdem der Kanonendonner der politischen Auseinandersetzung um den Wolf einer sachgerechten Debatte um sinnvolles Management der Raubtiere zu weichen schien, wollten wir uns und unseren Lesern eigentlich eine wolfsfreie Zeit gönnen. Nun macht uns der NABU einen Strich durch diese Rechnung. Der Umweltverband hat keine Kosten gescheut und eine groß angelegte Meinungsumfrage zur Akzeptanz des großen Spendenbringers beauftragt. Das Ergebnis überrascht nicht: 73 Prozent der Befragten finden es erfreulich, dass in Deutschland wieder Wölfe leben. Wir freuen uns natürlich auch, bedauern aber, dass der NABU nicht die Gretchenfrage stellen ließ, ob die Menschen glauben, dass es noch nicht genug Wölfe sind. Wo es doch längst amtlich ist, dass die Tiere nicht mehr zu den bedrohten und damit streng geschützten Arten zählen. Und wo sogar Bayerns Grüne zugeben, dass die alpine Weidewirtschaft und der Wolf nicht zusammenpassen. Was unvermeidlich in absehbarer Zeit zur Lockerung der EU-Schutzregeln führen wird – wenn das Bundesumweltministerium endlich offizielle Bestandszahlen nach Brüssel liefert. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger kommentiert den Sachstand so: „Leider wird immer noch versucht, gezielt Angst mit dem Wolf zu schüren“, das werde „der tatsächlichen Situation der Wölfe in Deutschland und der Wahrnehmung der Menschen nicht gerecht“, findet Krüger: „Anstelle aufgeregter Stimmungsmache müssen wir mehr entlang der tatsächlichen Probleme und Lösungen diskutieren.“ Wir sehen das auch so und sind gespannt, wie ein gewisser Sinneswandel bei den Fans der Wölfe ankommt: „In den Ausnahmefällen, in denen ein Wolf den empfohlenen Herdenschutz überwunden hat, akzeptiert auch der NABU als letztes Mittel einen Abschuss.“ Häufig schlechter öffentlicher Nahverkehr Doch zurück zur eingangs erwähnten Ein-Jahres-Bilanz des Deutschlandtickets. Aus Sicht des ländlichen Raumes fällt sie negativ aus, wie unter Autor Michael Lehner in seinem gestrigen Beitrag in unserem Blog kritisiert und in Zusammenhang mit anderen Subventionen zum Schaden des ländlichen Raums stellt. Und in der Tat, das Grundproblem ist, dass Dörfer und Kleinstädte häufig schlecht oder gar nicht an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen sind. Profiteure der teuren Ticketsubventionen sind die Bürger in Großstädten und in deren näherer Umgebung, den sogenannten Speckgürteln. Diese Unwucht spiegelt sich auch in den Ergebnissen des jüngsten Allensbacher Mobilitätsmonitors wider. Danach halten die Bewohner von Dörfern den Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr lediglich zu vier Prozent für sehr gut und zu 28 Prozent für gut, während die Vergleichszahlen in Großstädten 29 Prozent (sehr gut) und 55 Prozent (gut) betragen. Und eine Besserung zugunsten des ländlichen Raums ist nicht in Sicht. Ursache ist wieder mal das Geld. Viele öffentliche Nahverkehrsunternehmen klagen über sinkende Einnahmen, weil ihre Kunden vormals häufig deutlich mehr für die jeweiligen Tickets bezahlt haben. Es sind Inhaber der früheren Wochen- und Monatskarten, die jetzt auf die billigere Alternative Deutschlandticket umgestiegen sind. Die fehlenden Einnahmen können Bund und Länder nicht vollständig kompensieren. Ergebnis: „Wir waren im ÖPNV nie weiter weg von den im Zuge der Verkehrswende politisch vereinbarten Ausbauzielen als aktuell“, sagt der Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Ingo Wortmann. Nicht nur finanziell, auch klimapolitisch ist die Bilanz düster. 11,2 Millionen Menschen sind im vergangenen Jahr für 49 Euro mit Bus und Bahn durch Deutschland gefahren, 16 Prozent von ihnen gaben in Umfragen an, das Auto jetzt häufiger stehen zu lassen. Knapp 90 Prozent aller Fahrten mit dem Deutschlandticket wären jedoch so oder so mit Bahn oder Bus zurückgelegt worden, berichtete VDV-Präsident Wortmann weiter. Es gibt lediglich acht Prozent echte Neukunden. Wortmanns Stellvertreter Knut Ringat ergänzt: „Wenn ich wirklich etwas fürs Klima erreichen will, dann brauche ich mehr als 30 Prozent Neukunden.“ Doch hohe Wachstumsraten verzeichnet das 49-Euro-Ticket nicht mehr. Die Allensbacher Meinungsforscherin Renate Köcher, die den Mobilitätsmonitor 2024 in der vergangenen Woche vorgestellt hat, berichtete, die Bevölkerung auf dem Land habe das Gefühl, wenig Optionen zu haben und auf das Auto angewiesen zu sein. Tatsächlich lebt die überwältigende Mehrheit der Deutschlandticket-Kunden in Städten, nur 21 Prozent kommen vom Land. Die Deutsche Bahn hat derweil angekündigt, in diesem Jahr ihr Schienennetz zu erneuern und rund 1.000 Bahnhöfe zu modernisieren. Insgesamt sollten mehr als 2.000 Kilometer Gleise, 2.000 Weichen und 150 Brücken erweitert, modernisiert und erneuert werden. Laut dem Vorstandsvorsitzenden der zuständigen Bahn-Tochter „DB InfraGO“, Philipp Nagl, wird es damit erstmals seit vielen Jahren gelingen, die Überalterung der Eisenbahninfrastruktur zu stoppen. Dieser Optimismus in allen Ehren, aber für eine grundlegend bessere Anbindung des ländlichen Raums an den Schienenverkehr wären viel größere Anstrengungen erforderlich. Hilfe bei Suche nach Hunden Mitte März hatten wir in unserer Kommunikation, so auch in dieser Wochenkolumne und über unsere Social-Media-Auftritte (u.a. Facebook, X), dazu aufgerufen, sich an der Suche nach zwei offensichtlich gestohlenen bzw. entführten Jagdhunden zu beteiligen. Es ging um die Deutsch Drahthaar-Hunde „Ben“ und „Lissy“. Beide vierbeinige Jagdbegleiter sind am 19. Februar dieses Jahres in Heiligenhaus bei Düsseldorf spurlos verschwunden. Wir bedanken uns zusammen mit der Hundebesitzer-Familie für die Unterstützung und für eine Reihe von Reaktionen und Hinweisen. Der Erfolgsfall ist leider ausgeblieben. Unsere Stiftung nimmt das zum Anlass, weiter die Problematik des illegalen Handels mit Hunden, die im Zusammenhang mit Hundediebstahl oder Entführungen stehen, zu thematisieren. Wir wollen mit Veröffentlichungen und Finderlöhnen verstärkend bei der Suche über unsere Netzwerke helfen. Ich wünsche Ihnen eine gute, positive Woche und verbleibe mit den besten Grüßen Ihr Jürgen Wermser Redaktionsleitung/Koordination

  • Umverteilung gegen die Provinz

    Nicht nur das Deutschlandticket ist eine Subvention zum Schaden des ländlichen Raums Nun haben auch die Hauptstadt-Medien erkannt, dass das hochgelobte Deutschlandticket ein weiteres Verlustgeschäft für den ländlichen Raum ist. Dort können gerade mal 21 Prozent der Menschen die Mobilität zum (Fast-)Nulltarif nützen, sind aber bei der zwei Milliarden teuren Gegenfinanzierung aus Steuergeldern voll dabei. Und das ist nicht die einzige Ungerechtigkeit zur Rettung der Metropolen mit ihrer sozialen Schieflage. Bezeichnend, dass es Politiker gibt, die 49 Euro für den Monat freie Fahrt durch Deutschland immer noch zu teuer finden. Es sind oft die gleichen Tagträumer, die immer noch glauben, dass sich Normalverdiener ein Elektroauto locker leisten können. Und die nicht begreifen können, dass Berufspendler im ländlichen Raum nicht aufs Fahrrad umsteigen können. Senioren und im Laufen eingeschränkte Menschen schon gleich gar nicht. Zugleich hat solche Ideologie nicht verhindert, dass lange Zeit auch der Kauf sündteurer und übermotorisierter Prestige-E-Gefährte satt subventioniert wurde – natürlich mit Steuergeldern aller Bürger. Weil diese Politik der Autoindustrie lange das Kopfzerbrechen über sowohl erschwingliche wie umweltverträgliche Modelle ersparte, droht nun weiterer Subventionsbedarf – diesmal für die Hersteller, die schon vernehmbar nach dem Staat rufen. Und bald werden auch die Wohnungsbaukonzerne folgen, die bei marktüblichen Großstadt-Mieten das Problem haben, Mieter zu finden, die sich solche Wohnungen leisten können. Auch die dramatisch wachsenden Sozialtransfers über Wohngeld & Co. sind Umverteilung zum Schaden der Provinz. Nachzudenken, ob Bürgergeld-Empfängern nicht auch der Wohnsitz-Wechsel in Regionen mit günstigen Mieten zuzumuten wäre, grenzt in manchen Augen schon an Menschenfeindlichkeit. Wie die Modellrechnungen, dass sich das Arbeiten für Geringverdiener in den Metropolen kaum noch lohnt. Selbst der Hinweis, dass Sozialleistungen den Wettbewerb auf dem Wohnungsmarkt verzerren, sind verpönt. Die Gutsituierten genießen ihre urbane „Blase“ hingegen ohne Gewissensbisse. Obwohl klar ist, dass Pflegekräfte oder Reinigungspersonal ohne Subventionen längst die Großstädte verlassen müssten. Gern wird dazu noch übers Prekariat und seine Nöte gejammert. Und dabei gerne übersehen, was es mit Familien macht, wenn selbst Doppel-Verdiener (und selbst Beamte) Nebenjobs brauchen, um über die Runden zu kommen. Was nützt die akademische Aufregung über die wachsenden Erziehungs- und Bildungsdefizite von Schulkindern, wenn Eltern am Limit leben müssen? Wenn ganze Stadtviertel verelenden und horrende Steuergelder für das Bemühen aufgewendet werden, durch staatliche Förderung zu ersetzen, was Familien nicht mehr leisten können? Lückenhaftes Nahverkehrsnetz als wahres Problem Die Wohlfühl-Mentalität verweigert den Blick auf die Realität. Wenn eine Lehrkraft nicht mehr reicht, um in einem Großstadt-Klassenzimmer dem Bildungsauftrag gerecht zu werden und zu ersetzen, was Elternhäuser nicht mehr leisten können – und zugleich Lehrermangel ebenso den ländlichen Raum bedroht. Wie der über Jahrzehnte geduldete Rückzug der Bahn aus der Fläche, der umweltverträgliche Mobilität weit mehr verhindert als das Festhalten am Verbrenner-Auto. Die mangelnder Affinität zum urbanen Ambiente unverdächtige „Süddeutsche Zeitung“ lässt da ein wenig hoffen: „Das wahre Problem des Deutschlandtickets ist das lückenhafte Nahverkehrsnetz. Es ist kein Zufall, dass in Großstädten bis zu 30 Prozent der Einwohner das Ticket nutzen, in vielen ländlichen Regionen hingegen gerade einmal sechs Prozent. Und es ist kein Zufall, dass die Zahl der echten Neukunden im einstelligen Prozentbereich verharrt und die der Umsteiger vom Auto kaum messbar ist. Wo keine Bahn fährt, da bringt auch ein günstiger Fahrschein wenig.“

  • Der Mangel an Landärzten – ein Dauerproblem

    Das Problem des Ärztemangels ist nicht neu, doch nachhaltig wirkende Rezepte zur Heilung fehlen weiterhin Versorgung – immer wieder Versorgung. Es bleibt ein Dauerbrenner in der Gesundheitspolitik und betrifft gerade die ländlichen Regionen. Wenn Mediziner aller Fachrichtungen vom 7. bis zum 10. Mai zum 128. Deutschen Ärztetag in Mainz zusammenkommen, wird es ebenfalls um die Versorgung gehen – und zwar um das geplante Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz, kurz GVSG. Das Zehn-Silben-Wort ist derzeit bei den Fachleuten in aller Munde, bei Vertretern von Ärzteschaft und Krankenkassen ebenso wie bei Gesundheitsexperten in der Bundespolitik. Der vierte Entwurf des GVSG liegt mittlerweile vor, und hier zeigen sich, wie auch sonst in der Ampel, inhaltliche Differenzen zwischen der SPD und der FDP – unter anderem bei den umstrittenen Gesundheitskiosken und Primärversorgungszentren, die beide aus dem neuesten Gesetzesentwurf geflogen sind. In einem Grußwort, veröffentlicht im (online zugänglichen) Programmheft des Deutschen Ärztetages, schreibt Ärztepräsident Klaus Reimann, dass mit dem GVSG endlich die Entbudgetierung und ergänzende Pauschalen für die hausärztliche Versorgung kommen sollen. Für Reimann sind das Schritte in die richtige Richtung, vorausgesetzt, das Gesetz wird praxistauglich ausgestaltet. Der Verband der Ersatzkassen (vdek) sieht das anders: „Statt hier Versichertengelder mit der Gießkanne auszuschütten, brauchen wir insbesondere für ländliche Regionen zielgenaue, vernetzte Lösungen“, forderte die vdek-Vorstandsvorsitzende Ulrike Elsner. Da gehen im ständigen Verteilungskampf um die Gelder wieder die Meinungen der Interessengruppen in der Gesundheitspolitik auseinander. In Dörfern und Kleinstädten besonders deutlich spürbar Die Versorgung beschäftigte bereits auf dem Ärztetag 2023 die Mediziner und war in früheren Zeiten ebenfalls akut. Wer dazu im Internet recherchiert, stellt fest: Schon vor zehn, zwölf Jahren wurde das Thema klar benannt. „Der Ärztemangel auf dem Land wird immer drängender“, schrieb zum Beispiel Andreas Mihm am 24. Juni 2014 in der „Frankfurter Allgemeinen“. Und bereits am 11. Juni 2015, Bundesgesundheitsminister war damals noch Hermann Gröhe (CDU), verabschiedete der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung, abgekürzt GKV-VSG. Ein zentrales Ziel war es seinerzeit, die flächendeckende ambulante medizinische Versorgung zu sichern. Nachhaltig gewirkt hat es offenbar nicht. Der Mangel bleibt ein Langzeitproblem, mit dem sich die Politik nach wie vor beschäftigt. Warten, bis (k)ein Arzt kommt – dieses Problem ist längst nicht mehr ein theoretisches Szenario in ferner Zukunft. Vielmehr spüren Millionen Patientinnen und Patienten den Mangel bereits heute, wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kürzlich feststellte. Die Ursachen sind vielfältig: Immer mehr Ärztinnen und Ärzte arbeiten in Teilzeit, der Anteil angestellter Ärzte nimmt zu und zahlreiche Mediziner der geburtenstarken Jahrgänge treten jetzt und in den kommenden Jahren in den Ruhestand. In Dörfern und Kleinstädten wirkt sich das besonders deutlich aus. Patentrezepte gegen den Mangel hat bisher noch niemand gefunden. Zwar ist die Forderung völlig unstrittig, wonach die Gesundheitsversorgung nicht vom Wohnort abhängen darf. Aber in der Praxis ist eine Lösung nicht so einfach. Immerhin haben die meisten Bundesländer eine Landarztquote eingeführt, sodass nicht allein die Absolventinnen und Absolventen mit Einser-Abitur Medizin studieren können. Bayern und Rheinland-Pfalz führen die Landarzt-Quote auch für Kinderärzte ein Baden-Württemberg, das mit dem schrägen Begriff „The Ländarzt“ wirbt, meldet immerhin 390 Bewerbungen für einen von 75 Medizin-Studienplätzen. In Sachsen sind es nach Angaben des Gesundheitsministeriums 130 Bewerbungen für 40 Studienplätze. In Bayern waren es für die 188 Studienplätze bisher etwa viermal so viele Bewerber – in Niedersachsen lag die Nachfrage für das Wintersemester 2024/25 und das Sommersemester 2025 mit 278 Bewerberinnen und Bewerbern unter den Erwartungen. Große Hoffnungen, doch eine nicht so große Nachfrage – das könnte an der Verpflichtung für immerhin zehn Jahre liegen und an der drohenden Vertragsstrafe von immerhin bis zu 250.000 Euro. Und auch daran, dass die Auswahl der Fachrichtungen für die angehenden Landärzte eingeschränkt ist. Daher ist es ein passender Schritt, wenn Rheinland-Pfalz eine Landkinderarzt-Quote einführen will und auch Bayern die Landarzt-Quote auf die Kinder- und Jugendmedizin ausweitet.

  • Alles neu macht der Mai?

    Der Ampel-Referentenentwurf des Waldgesetzes und das Jagdgesetz werden kontrovers diskutiert. Wir beschreiben, was sich im Wald gerade aktuell tut und getan wird Der Frühling schreitet mit großen Schritten voran: Überall sprießt das Grün, die Vegetation erwacht, und eine neue Generation Wildtiere kommt zur Welt. In unseren heimischen Wäldern ist von Frühjahrsmüdigkeit keine Spur zu sehen – auch nicht in Bezug auf die Waldbewirtschaftung. Die Trockenheitsjahre seit 2018 haben zu einer flächendeckenden Käferkalamität geführt, wodurch auf etwa 500.000 Hektar buchstäblich kein Baum mehr steht. Waldbesitzerinnen und -besitzer stehen vor der Herausforderung, mit diesen in dramatischer Weise veränderten Waldbildern umzugehen. Diese Fläche in einen klimaresilienten Wald umzugestalten, erfordert eine gründliche Analyse der Ausgangssituation, einschließlich des Bodens, sowie eine sorgfältige Auswahl zukünftiger Baumarten. Die Monate April und Mai markieren eine geschäftige Zeit in der Forstwirtschaft, wenn sich die Natur langsam vom Winter erholt und der Frühling seine volle Pracht entfaltet. In diesen Monaten stehen verschiedene Aufgaben an, um die Gesundheit und Produktivität der Wälder zu erhalten und zu fördern: Von der Pflanzung neuer Bäume bis hin zur Schädlingsbekämpfung haben Forstwirtschaftlerinnen und Forstwirtschaftler alle Hände voll zu tun, um die natürlichen Ressourcen nachhaltig zu nutzen und zu schützen. Pflanzarbeiten erfordern präzises Handwerk Eine der wichtigsten Aufgaben im Frühling ist die Pflanzung und Anpflanzung neuer Bäume. Dies ist entscheidend, um entstandene Lücken im Bestand aufzufüllen und die Waldverjüngung voranzutreiben. Forstwirtschaftliche Betriebe planen sorgfältig die Auswahl der Baumarten, um die Vielfalt des Waldes zu erhalten und den klimatischen Bedingungen gerecht zu werden. Die Pflanzarbeiten erfordern präzises Handwerk und sind oft eine Gemeinschaftsanstrengung, bei der viele Hände helfen, junge Setzlinge in den Boden zu bringen. Junge Bäume benötigen während des Frühjahrs besondere Aufmerksamkeit und Pflege. Dazu gehören Maßnahmen wie das Entfernen von Konkurrenzvegetation, das Anbringen von Schutzvorrichtungen gegen Wildverbiss und das Bewässern bei Trockenheit. Diese Maßnahmen sind entscheidend, um das Wachstum und die Überlebensrate der jungen Bäume zu fördern und sicherzustellen, dass sie sich zu gesunden, starken Beständen entwickeln. Mit dem Frühling erwachen auch verschiedene Schädlinge und Krankheiten zum Leben, die den Wald bedrohen können. Forstwirtschaftlerinnen und Forstwirtschaftler müssen daher wachsam sein und Maßnahmen zur Bekämpfung oder Prävention ergreifen, um die Gesundheit der Wälder zu schützen. Dies kann die Anwendung von Insektiziden, das Entfernen befallener Bäume oder andere Methoden zur Schädlingsbekämpfung umfassen. Wenn die Bedingungen günstig sind, werden im Frühjahr auch Holzernte- und Rückearbeiten fortgesetzt. Dies umfasst das Fällen von Bäumen, das Zerkleinern von Holz und den Transport aus dem Wald. Aufgrund des nassen und warmen Winters sind vielerorts noch Arbeiten abzuschließen. Kontrollen zur Verkehrssicherheit Zusätzlich zu diesen Aufgaben müssen auch Maßnahmen zur Verkehrssicherheit ergriffen werden. Dazu gehört vor allem die Kontrolle von Bäumen an Straßen und Wegen, um die Sicherheit von Waldbesuchern und angrenzenden Verkehrswegen sicherzustellen. Neben diesen spezifischen Aufgaben umfasst die Arbeit in der Forstwirtschaft im Frühjahr auch allgemeine Waldpflege- und Managementaktivitäten. Diese bestehen unter anderem in dem Überwachen des Zustands des Waldes, der Aufnahme von Bestandsdaten, der Planung zukünftiger Maßnahmen und der Kommunikation mit anderen Interessengruppen wie Naturschutzorganisationen und Gemeinden. Aber auch ein Austausch mit den Jägerinnen und Jägern ist enorm wichtig! Mit Aufgang der Bockjagd sollte eine Absprache zwischen Jagd und Forst stattfinden, um ein gemeinsames Konzept zur Wildbewirtschaftung vor den Herausforderungen des Waldumbaus zu entwickeln. Hier können gemeinsame Waldbegänge das gegenseitige Verständnis fördern und einen gemeinsamen Weg in der Bewirtschaftung der Natur ebnen. Insgesamt stellen die Monate April und Mai also keineswegs eine Zeit zum Ausruhen dar und bringen eine Vielzahl von Aufgaben und Herausforderungen mit sich. Durch sorgfältige Planung, präzise Durchführung und engagierte Zusammenarbeit können Försterinnen und Förster durch aktive Bewirtschaftung dazu beitragen, die Gesundheit und Nachhaltigkeit unserer Wälder zu erhalten und zu fördern. Unser Gastautor Torben Hammer, studierter Forstwissenschaftler, berät private Forstbetriebe hinsichtlich innovativer Waldbewirtschaftungen und Märkte.

  • „Bei einem Glyphosat-Verbot würde ich roden“

    Zwei Europaabgeordnete erfahren, dass die Bauern erleichtert sind über die Entlastungen aus Brüssel und wo ihnen noch immer der Schuh drückt Mit überraschend großer Mehrheit (430 Ja; 130 Nein) hat das Europaparlament vor wenigen Tagen deutliche Änderungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) angenommen. Drei Umweltauflagen wurden entschärft, die die Landwirte erfüllen müssen, um die Direktzahlungen zu bekommen. Diese Erleichterungen für die Bauern bei den sogenannten Standards für den „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“ der Flächen (GLÖZ) treten noch vor der Europawahl in Kraft. Vom Tisch ist damit etwa die Auflage, vier Prozent der Ackerfläche brach liegen zu lassen. Diese Maßnahme im Zeichen des Klimaschutzes hatte die Bauern besonders empört, sie empfanden sie als Enteignung durch die EU. Nur 24 Stunden nachdem das Europaparlament grünes Licht gegeben hat, besuchen Norbert Lins, Chef des EU-Agrarausschusses, und der Binnenmarktexperte Andreas Schwab (beide CDU) landwirtschaftliche Betriebe. In der Ortenau – der Landkreis liegt wenige Kilometer vom EU-Parlament in Straßburg entfernt und zieht wegen seiner idyllischen und vom Weinbau geprägten Landschaft viele Touristen an – diskutierten die beiden deutschen CDU-Abgeordneten die jüngsten Beschlüsse mit betroffenen Landwirten und Winzern. Stephan Danner, Geschäftsführer der Winzer-Genossenschaft Durbach, ist besonders erleichtert, dass die Arbeiten an der Pestizidverordnung (SUR) von der EU-Kommission auf Eis gelegt wurden. „Wenn die SUR gekommen wäre, hätte dies die Stilllegung von etwa ein Drittel unserer Anbaufläche bedeutet.“ Der ursprüngliche Plan, der auf das Konto des inzwischen ausgeschiedenen Green-Deal-Hardliners und Vize-Kommissionspräsidenten Frans Timmermans ging, sah das Verbot von Pflanzenschutz in Schutzgebieten vor. Reben im schönen Durbachtal wachsen zu großen Teilen an Hängen, die in Landschaftsschutzgebieten liegen. Agrarausschusschef Lins, der seinen Wahlkreis etwas südlicher auf der Schwäbischen Alb hat, erläutert: „Timmermans und die rot-grünen Agrarpolitiker hätten mit uns eine maßvolle Reduzierung von Pestiziden haben können – und zwar in der gesamten EU.“ Da ein Kompromiss aber nicht möglich war, zog die Kommission den Vorschlag auf maßgebliches Betreiben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zurück. „Die Folge ist nun, dass in Spanien und Italien weiter viel Pflanzenschutz ausgebracht wird, im Südwesten aber bis 2030 bezogen auf die Jahre 2011 bis 2013 der Pestizideinsatz um die Hälfte zurückgehen wird.“ Dafür sorge das Biodiversitätsstärkungsgesetz der grün-schwarzen Landesregierung im Südwesten. Folgen auch für Tourismus Danner von der Winzer-Genossenschaft betont die Landschaftspflege durch den Weinbau. „Wenn unsere Winzer im großen Stil gezwungen gewesen wären, den Anbau aufzugeben, wären etliche Touristen ausbleiben.“ Die Urlauber kommen nicht nur wegen der guten Weine, sondern auch wegen der gepflegten Weinberge. Ein Dorf weiter liegt der Obsthof von Markus Grimmig. Wie auch andere Landwirte hat er schon daran gedacht, seinen Betrieb aufzugeben. Er appelliert an die beiden Abgeordneten, den Papierkrieg mit den Behörden zu erleichtern. „Ich habe schon auf Investitionsförderung verzichtet, weil mir der bürokratische Aufwand zu hoch war.“ Immerhin werden Betriebe mit weniger als zehn Hektar Fläche jetzt entlastet von Kontrollen der Behörden bei den „GLÖZ“-Standards. Davon profitieren gerade im Südwesten viele Betriebe, wo die Höfe wegen der Realteilung bei der Vererbung klein sind. Grimmig spricht ein anderes Thema an, wo die ursprünglichen EU-Pläne am Ende doch noch abgemildert wurden: Statt einem Verbot vom Pflanzenschutz-Allroundmittel Glyphosat hat ebenfalls von der Leyen eine Erneuerung der Zulassung um zehn Jahre durchgesetzt. Grimmig setzt auf Glyphosat, um kleine Streifen zwischen den Obstbäumen von Unkraut freizuhalten. Darauf hätte er nicht verzichten wollen: „Wenn sie mir Glyphosat verboten hätten, hätte ich gerodet.“ Zwei Anliegen nehmen die Abgeordneten mit von den Bauern, die sie besuchten. Zum einen müsse die Pflanzenschutzzulassungsverordnung der EU nach den Europawahlen überarbeitet werden: „Es kann nicht sein, dass die Landwirte auf der anderen Seite des Rheins im Elsass Mittel nutzen dürfen, die bei uns nicht zugelassen sind.“ Außerdem drücken Grimmig und seine Kollegen die Lohnkosten: „Wir brauchen eine Sonderregelung für unsere Erntehelfer. Der hohe Mindestlohn ruiniert uns.“

  • Das stille Glück am Angelhaken

    Angeln ist in und erlebt gerade jenseits der Großstädte einen Boom. Die Gründe dafür sind überraschend Das Paradies ist manchmal nur 30 Kilometer entfernt. Große Seen liegen in einer fast intakten ländlichen Idylle. Der Flakensee und der Liepnitzsee, der Scharmützelsee oder der Stolpsee – wunderschöne Gewässer, die nur eine halbe Stunde vom lauten und urbanen Berlin-Mitte-Getöse entfernt liegen. Und die jede Menge Freizeitspaß bieten. Ganz oben im Trend ist dabei nicht das Baden oder der Boots-Tourismus. Ganz oben im Trend liegt das Angeln. „Diese Beschäftigung erfreut sich gerade bei uns im wasserreichen Brandenburg immer größerer Beliebtheit“, erklärt ein Sprecher des Landesanglerverbandes Brandenburg. „Wir sind in den vergangenen fünf Jahren enorm gewachsen und spüren auch jetzt noch einen großen Zuwachs. Das macht uns sehr viel Freude.“ In Zahlen ausgedrückt: Im Jahr 2019 waren in Brandenburg offiziell rund 85.000 Menschen als Angler organisiert. Fünf Jahre später waren es bereits 10.000 mehr. Also 95.000 Menschen jeden Alters, unabhängig vom sozialen Status. Mehr Angler als Fußballspieler Mit dieser Mitgliederzahl – und darauf ist man beim Verband in Potsdam echt stolz – habe man den Fußballlandesverband Brandenburg e.V. überflügelt, dem offiziell rund 93.000 Jungen und Mädchen, Frauen und Männer angehören. Angeln anstatt Fußball, das als mediale Ware längst zum unerreichbaren FIFA- oder UEFA-Erlebnis verkommt. Auch in anderen Bundesländern, die in vergleichsweise dünnbesiedelten Regionen wie zum Beispiel Sachsen, Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern tolle natürliche Fluss- und Seenlandschaften bieten, registrieren Anglervereine eine ähnliche Entwicklung. So richtig ging der Boom 2020 los. Das Jahr, in dem Corona von China über Bergamo bis in den letzten Winkel der Welt seinen Schrecken entfaltete. „Ja, die Corona-Pandemie mit den Einschränkungen und Kontaktverboten hat wohl bei vielen Menschen einen Bewusstseinswandel eingeleitet. Damals haben viele diesen Sport und diese Freizeitaktivität für sich entdeckt. Angeln, das konnte man zu der Zeit allein machen. Da brauchte man keine Angst haben, gegen Auflagen zu verstoßen oder sich anzustecken. Das hat unserem Sport einen extremen Schub gegeben, auch und gerade bei den jüngeren Menschen.“ Nach der Corona-Pandemie – und das ist der zweite Grund für den unerwarteten Boom – kam die Inflation. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten in fast allen Bereichen sorgten bei vielen Familien dafür, dass die Kosten für Freizeitaktivitäten auf den Prüfstand gestellt werden mussten. Ergebnis: Angeln ist relativ kostengünstig, man kann es nach den abgelegten Prüfungen einfach ausüben. In vielen ostdeutschen Bundesländern gibt es zudem eine relativ hohe Zahl an Anglervereinen. In Brandenburg sind es beispielsweise aktuell 1200 Vereine, die Lehrgänge, Prüfungen und gute Tipps für den richtigen Angelplatz anbieten. Mitglieder können hier auf etwa 16.000 Hektar die gut 20 Hauptfischarten wie Hecht, Zander und Barsch angeln. Die Sehnsucht nach der Stille, der Natur Fast noch wichtiger ist noch ein weiterer Punkt, der in Zeiten von Twitter, TikTok, in Zeiten von Konflikten und Kriegen immer bedeutsamer wird. Viele Menschen verspüren das Bedürfnis, zur Natur zurückzukehren. Die Stille genießen, sich auf sich und die Schönheit der Natur besinnen. „Angeln entschleunigt und ist vielleicht das letzte große Naturabenteuer in unserer Zivilisation“, bringt dies der Sprecher des Landesanglervereins in Potsdam auf den Punkt. Doch um diesen positiven Boom auf eine solide Basis zu stellen und ihn dauerhaft erlebbar auch für die nächste Generation zu machen, bedarf es einiger Anstrengungen. Die zunehmende Urbanisierung und der Flächenverbrauch durch Verkehr, Wirtschaft und Wohnraum bedrohen auch die schönsten Angelparadiese. Als mahnendes Beispiel steht hier der Spreewald. Durch den Wegfall des Bergbaus und den Wasserdurst der Städte wie Berlin, Dresden oder Potsdam werden in wenigen Jahren die Wasserpegel stark sinken. Genau dies soll aber nicht passieren im Seen-Paradies Brandenburg. Denn dann ist es schnell wieder vorbei mit dem stillen Glück am Angelhaken.

  • Politische Aufregungen ohne Wirkung – Was die EU noch für die Bauern tut – Die Jagd und ihre Akzeptanz

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, die Kernaussage des ZDF-Politbarometers von gestern überrascht die Beobachter des Parlamentsbetriebes in Berlin schon. Nach allen ernsten und künstlichen Aufregungen rund um Scholz, Lindner oder Habeck – die Mehrheit in unserem Lande ist der Meinung: „Die Regierung hält - trotz Streit.“ Genau sind es 74 Prozent, die erwarten, dass die Ampel bis zum Ende der Legislaturperiode nicht auseinanderbricht. Gleichwohl wird nach Feststellung der Forschungsgruppe Wahlen die Arbeit des Kabinetts und damit der Gesamtheit der Ampel-Ministerinnen und Minister „sehr negativ“ bewertet. Im Ranking des Spitzenpersonals schneidet Boris Pistorius am besten ab. Cem Özdemir wird in der Gruppe der zehn wichtigsten Politiker nicht genannt. Das liegt vielleicht nicht direkt an ihm selbst, sondern auch daran, dass die Themen seines Fachbereichs nach der Zeit der Haushaltsberatungen und Trecker-Protesten auf der Agenda des Berliner Tagesgeschäftes erst einmal wieder nach unten gerutscht sind. Die Betroffenen in der Agrar- und Forstwirtschaft haben trotzdem unverändert die steuerliche Behandlung, steigende Kosten, bürokratische Auswüchse und branchenbezogene Zukunftssorgen besonders in den Familienbetrieben auf ihrer Agenda. Der ländliche Raum bleibt im Großen und Ganzen ein Thema am Rande Besonders auffällig war in dieser Woche, wie Repräsentanten und auch einzelne Unternehmer der Industrie den Kanzler mit ihren Praxis-Erfahrungen nahezu zur Sprachlosigkeit brachten. Knappe Worte liegen Olaf Scholz ohnehin. Zur Eröffnung der Hannover Messe geriet er wieder ins Blickfeld politischer Beobachter und internationaler Industrieplayer. Als er auf dem Stand des Metallunternehmens Rittal aus Hessen vom Aussteller als Replik auf seine Antwort auf die Kritik des BDI-Präsidenten („Das Lied des Kaufmanns ist die Klage“) die Ergänzung „… das Lied der Industrie sind die Lösungen“ hörte, wandte sich der Kanzler nach Beobachtungen von Zeitzeugen mit der schlichten Bemerkung „Jaha“ lächelnd ab. Das war dann der Folgeauftritt zu dem Spitzengespräch mit den vier wichtigsten Verbänden der deutschen Wirtschaft Anfang April. Gewöhnlich ist der ländliche Raum nicht mit vertreten, wenn der Kanzler mit BDI, BDA, ZDH und DIHK spricht – allenfalls am Rande durch die organisierte Handwerkerschaft. Auch im Zwölf-Punkte-Plan des Finanzministers und FDP-Vorsitzenden spielen die Anliegen des ländlichen Raumes höchstens indirekt eine Rolle. Mal sehen, was daraus dann nach dem Bundesparteitag der Liberalen an diesem Wochenende in Berlin wird. Da wird Europa in den Blick genommen. Die Themenauflistung der FDP dazu enthält in ca. 45 Stichpunkten unter A-Z irgendwann auch Punkte wie Klima, Umwelt und Landwirtschaft und dann Bereiche, die auch in den ländlichen Raum strahlen. So z.B. Infrastruktur, Digitalisierung, Gesundheit, Soziales oder Mobilität. Planbare EU-Entlastungen für die Bauern Bleiben wir beim Stichwort Europa. Das Parlament in Straßburg hat in dieser Woche mit der letzten Sitzung vor der Wahl in allen Mitgliedsländern vom 6. bis zum 9. Juni sein Restprogramm erledigt. Am Mittwoch hat es den Weg frei gemacht für das erwartete Agrar-Entlastungspaket. Der Vorschlag stammte von der EU-Kommission. Wichtig ist: Bisher gewährte die EU Entlastungen, die wegen der Pandemie und den hohen Energie- und Rohstoffpreisen in Folge des russischen Angriffskriegs nur befristet waren. Diesmal haben die Bauern mehr Planungssicherheit. Die Erleichterungen sollen bis zum Ende der Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gelten, also mindestens bis Ende 2027. Und das wurde beschlossen: Die insbesondere bei den deutschen Bauern als „Enteignung“ verstandene Vorschrift, vier Prozent der Fläche als Maßnahme des Artenschutzes brach liegen zu lassen, wird abgeschafft. Gegen eine Prämie können die Landwirtschaftsbetriebe auf freiwilliger Basis dennoch Ackerflächen stilllegen. Auch bei anderen Vorschriften, die die Bauern einhalten müssen, um die Flächenprämie zu erhalten, hat die EU Erleichterungen beschlossen. Sie heißen im Fachjargon „GLÖZ“ und gelten als Standards für einen „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“. Es gibt neun „GLÖZ“-Standards. Der achte ist außer Kraft gesetzt worden. Vier weitere, bei denen es unter anderem um den Fruchtwechsel und die Bodenbedeckung zu sensiblen Zeiten geht, wurden entschärft. Zudem entlastet die EU die Bauern weiter bei der Bürokratie. Das Entlastungsprogramm für die Landwirtschaft ist auch eine Reaktion der Kommission auf die Bauernproteste. Es wurde im beschleunigten Verfahren beschlossen, die Zustimmung der Mitgliedstaaten steht zwar noch aus, ist aber Formsache. Es soll noch vor der Europawahl Anfang Juni in Kraft treten. In der nächsten Woche berichtet unser Autor für EU-Themen, Ludwig Hintjens, für uns, wie das Paket bei Landwirten in der Ortenau aufgenommen wurde. Norbert Lins (CDU), Chef des Agrarausschusses im Europaparlament, hat drei Betriebe besucht und mit den Bauern gesprochen. Die Jagd und ihre Akzeptanz in der Gesellschaft Wenn wir schon auf dem Lande unterwegs sind, schauen wir natürlich wie auch andere darauf, wie sich sonst Feld und Wald entwickeln. In unserem Blog wird der Forstwissenschaftler Thorben Hammer als unser Gastautor zum 1. Mai beschreiben, was sich aktuell im Wald tut und dort getan wird. Dazu gehört im Idealfall ein zwischen Forstleuten und Jägern abgestimmtes Waidwerken. Der Blick auf Fakten und gewachsene Zusammenhänge ist für mich bedeutsam, wenn es um die Jagd und ihre Akzeptanz in der Gesellschaft geht. Nach der gelegentlich zu vernehmenden Lautstärke ihrer organisierten Gegner ist die Jagd ein Auslaufmodell. Die Wahrheit sieht anders aus. Seit Jahren wächst bei uns die Anzahl der Jägerinnen und Jäger kontinuierlich und kräftig. Vor allem die der Waidgenossinnen. Und übrigens auch die der ehemaligen Veganer. Es hat sich herumgesprochen, dass Wildbret die fairste Art des Fleischverzehrs ist. Mehr Tierwohl geht wohl nicht, es sei denn durch Totalverzicht. Spannend, dass mitunter auch Medien außerhalb der Fachpresse gute Haare an der Jägerschaft lassen. So berichtet aktuell die Wirtschaftswoche mit Fakten unterlegt, wie sich die Jagd als „beachtlicher Wirtschaftsfaktor“ entwickele. Im Durchschnitt lässt sich bei uns in Deutschland jede oder jeder einzelne die Passion Jagd 6.309 Euro jährlich kosten. Das gilt für die 436.000 Jägerinnen und Jäger in unserem Lande. Rund ein Drittel der genannten Durchschnittssumme geht als Pacht an die meist bäuerlichen Revierbesitzer. Für Waffen und Munition beträgt der Anteil an den statistisch errechneten durchschnittlichen Jagdkosten nur gut elf Prozent. Auf Biotoppflege, Reviereinrichtungen und den Ausgleich von Wildschäden entfallen danach etwa 22 Prozent. Am Rande: In den gelobten Öko-Ländern Skandinaviens gehört die Jagd zumindest im ländlichen Raum immer noch zum Alltag. In Norwegen kommen elf Einwohner auf einen Jagdscheininhaber, in Finnland sind es 18 und in Schweden 36. Mit einem Jäger auf 193 Einwohner ist in Deutschland noch reichlich Luft nach oben. Und der letzte Platz unter den EU-Ländern wohl noch länger sicher. Was nicht an den Ausbildungs- und Prüfungskosten von durchschnittlich 2.610 Euro liegen dürfte. Sondern eher an jahrzehntelang gepflegten Vorurteilen. Die gibt es beispielsweise inzwischen auch in England, wo nach einer anderen Statistik rund 400.000 Jägerinnen und Jäger registriert sind. Damit besteht im Vergleich zu uns ein ähnliches Verhältnis zur Einwohnerzahl. Für manchen blicken wir damit auch einmal auf eines der Mutterländer von Jagdprivilegien, die natürlich nicht mehr zeitgemäß sind. Die Geschichte ist manchmal auch belastend, wenn es Verbänden und Stimmen wie uns von natur+mensch darum geht, mit sachlichen Darstellungen und faktenunterlegt um mehr gesellschaftliche Akzeptanz für die Jagd zu werben. Dabei stehen wir zur Geschichte der Jagd, wie sie historisch gewachsen und stark im ländlichen Raum ausgeprägt ist. Es ist und bleibt eine Form der Naturnutzung, zu der ich stehe. Ein kleiner Ausflug über den Kanal Gelegentlich beobachten wir, wie die „Countryside Alliance“ in Großbritannien quasi ebenfalls als „Bürgerinitiative für den ländlichen Raum“ ähnliches wie wir bei natur+mensch tun. Alliance-Sprecher Tim Bonner befasst sich in seinem aktuellen Newsletter mit der Erhaltung gefährdeter Arten durch die Bejagung von Raubwild und beschreibt, wie sich auf der Insel Erscheinungen der Tierrechtsbewegung mit verschwimmenden Grenzen zu Umwelt- und Naturschutzorganisationen angleichen. Bonner berichtet von einer zunehmenden Frustration, die viele in Großbritannien erfasse, wenn sie erleben, wie Naturschutzorganisationen beispielsweise das Töten von Füchsen anprangern. Und das obwohl durch solche Tendenzen etwa Brachvogel-Wiederherstellungsprojekte gefährdet würden. Etwas süffisant blickt er übrigens aufs Festland: Das Töten von Wölfen sei in seinem Land kein Problem, mit dem sich die „Countryside Alliance“ direkt befassen müsse, da es diese Tiere auf den Inseln seit dem 17. Jahrhundert nicht mehr gebe. Das sei eine gewisse Erleichterung, da man es im Vereinigten Königreich mit anderen Problemen gegen die Jagd zu tun habe. Die Debatte in Europa scheine, so Bonner weiter, durch den Tod eines Ponys namens Dolly, das auf einem niedersächsischen Anwesen von Wölfen getötet wurde, erheblich beeinflusst worden zu sein. Dies sei ein „gewisser Fehler der Wölfe“ gewesen, da Dolly das Kindheitspony der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war. Er verortet in diesem Zusammenhang eine neue Interpretation der Regeln rund um die Wolfsjagd in der EU. Zu Deutschland im Speziellen hat er nichts geschrieben. Dafür verweist die „Countryside Alliance“ darauf, wie anderswo auf der Welt die Argumente für die Tötung von Wölfen eher auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. In Kanada habe so eine neu veröffentlichte Studie herausgefunden, dass die Reduzierung der Wolfszahlen für die Erholung der stark bedrohten Bergkaribu-Populationen von entscheidender Bedeutung sei. Zugegebenermaßen ist das diesmal abschließend ein weiterer Ausflug in dieser wöchentlichen Kolumne. Hoffentlich können Sie dagegen in Ihrer Nähe ein Wochenende genießen, das Zeichen und Temperaturen des Frühlings erwarten lässt. Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination

  • Genossenschaftsidee im Aufwind

    Wie sich die Selbsthilfe im ländlichen Raum erfolgreich gegen Bürokratie und Konzerne zur Wehr setzt: Beispiel Bayern Bayerns Genossenschaften behaupten sich in schwierigem Umfeld. Die mittlerweile über 1000 Selbsthilfe-Unternehmen im Freistaat steigerten im Krisenjahr 2023 ihre Umsätze um gut eine halbe Milliarde Euro auf 16,6 Milliarden Euro. Geld, das in den Regionen bleibt und zugleich der Marktmacht großer Konzerne Grenzen setzt. Zumal bei landwirtschaftlichen Produkten, zunehmend aber auch auf dem Sektor der erneuerbaren Energien. Mittlerweile gibt es in Bayern 329 Energiegenossenschaften, die ihren Umsatz binnen Jahresfrist von 378,7 auf 457 Millionen Euro und damit um 20,7 Prozent gesteigert haben. Nebenbei ein stattlicher Beitrag zur Energiewende. Und eine neue Einkommensquelle für den ländlichen Raum. Gregor Scheller, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB): „Die Energiewende und der Umstieg auf regionale, dezentrale und regenerative Versorgung gewinnt zunehmend an Schwung. Mit ihrer unmittelbaren Bürgerbeteiligung profitieren die Genossenschaftsmitglieder von dieser Entwicklung.“ Gerade wenn es um Photovoltaik und Windräder geht, gewinnt die Idee des „Gemeinsam sind wir stark“ auch im großstädtischen Umfeld Anhänger. Im Münchner Süden zum Beispiel gehen Genossenschaftsanteile für Energieanlagen weg wie warme Semmeln. Was auch die Proteste im Genehmigungsverfahren deutlich reduziert. Die norddeutsche Erfahrung, dass erneuerbare Energien an Akzeptanz gewinnen, wenn sie sich auf dem eigenen Konto rechnen, setzt sich offenbar auch in Bayern durch. Neues Geschäftsfeld der Dorf-Geldhäuser Genauso spannend: Die Genossenschaftsbanken haben die Energiewende als neues Geschäftsfeld entdeckt – und als attraktives Instrument der regionalen Wertschöpfung, von der die Anteilseigner direkt profitieren. Sogar aufs Land gezogene Großstädter, die vorher allenfalls den „Raiffeisen-Smoking“ belächelten, entdecken die Vorzüge der Dorf-Geldhäuser mit ihrer Kundennähe, die wie nebenbei auch zu hoher Krisenfestigkeit beiträgt. Zur Erinnerung: Alles begann im Jahr 1848 mit dem „Flammersfelder Hilfsvereins zur Unterstützung unbemittelter Landwirte“, etwas später mit der Rheinischen Landwirtschaftlichen Genossenschaftsbank. Der ins Rheinische gezogene Franke Friedrich Wilhelm Raiffeisen erfand den „Grünen Kredit“ und die Einkaufsgenossenschaft, zumal für Dünger und Saatgut, bald auch zur gemeinsamen Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte. Mittlerweile gibt es sogar genossenschaftlich organisierte IT-Unternehmen als Antwort auf die Bedeutung der Computertechnik und des Internets für Landwirtschaft und ländlichen Raum. Aber gerade im klassischen Umfeld sieht sich die Genossenschaftsidee mit wachsenden Gefahren konfrontiert. In der aktuellen Jahresbilanz des Genossenschaftsverbands hat das Thema breiten Raum: „Vorgaben zu Flächenstilllegungen oder Fruchtwechsel greifen erheblich in die Entscheidungs- und Einnahmemöglichkeiten der landwirtschaftlichen Betriebe ein. Dies beschleunigt den Strukturwandel immer mehr.“ Und: „Immer mehr Regulierung und sich ständig ändernde Vorschriften führen dazu, dass sich Landwirtschaft in Deutschland immer weniger lohnt. In Folge steigen Auslandsimporte von Lebensmitteln, deren Qualität nicht im gleichen Maßstab gewährleistet werden kann.“ Wenn deutschlandweit jeden Tag vier bäuerliche Familienbetriebe aufgeben, sei es an der Zeit, diesen Strukturwandel aufzuhalten: „Wer die kleinteilige Landwirtschaft und die regionale Versorgung mit wertvollen Lebensmitteln will, muss dafür auch die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.“ Beispielhaft seien da die bäuerlichen Genossenschaftsmolkereien und ihr Versuch, der Einkaufsmacht der Discounter Grenzen zu setzen, die zunehmend auf anonyme Eigenmarken setzen. Längst gehen die Milcherzeugerpreise so nach kurzzeitiger Erholung wieder in den Keller. Während Genossenschaften versuchen, ihren Milchprodukten mit Werbekampagnen zu eigener Marktmacht zu verhelfen.

  • KI-Systeme stehen auch für den Agrarbereich in den Startlöchern

    Big Data im Stall, Robotertechnik auf dem Acker. In der Landwirtschaft spielt künstliche Intelligenz eine immer größere Rolle Als kürzlich im Versuchs- und Bildungszentrum der Landwirtschaft auf Haus Düsse das Projekt „Stall der Zukunft“ eingeweiht wurde, ließ folgendes Detail aufhorchen: Die Aktivität und das Verhalten der Schweine, so hieß es, würden in den Ställen zum Beispiel mit Video- und Chiptechnik beobachtet sowie mit KI ausgewertet. Die künstliche Intelligenz werde dabei helfen, wichtige Erkenntnisse über den Betrieb und das Management von Außenklimaställen zu gewinnen. Systeme und Module der künstlichen Intelligenz können heute schneller als der Mensch Muster erkennen, Daten auswerten und daraus Lösungen ableiten. In einem Beitrag des „Bundesinformationszentrums Landwirtschaft“ zur Rolle von KI wird von einem großen Nutzen für den Agrarbereich gesprochen. Ob in der Tierhaltung oder in Acker- und Obstbau – überall müssten Landwirtinnen und Landwirte auf der Grundlage von Daten ständig Entscheidungen fällen, die den Ertrag ihrer Kulturen oder die Gesundheit ihrer Tierbestände beeinflussen. Wann ist der optimale Zeitpunkt für die Aussaat? Wann sind Pflanzenschutzmaßnahmen sinnvoll? Welche Futterkomponenten sind zu welchem Zeitpunkt erforderlich? Der Mitteldeutsche Rundfunk in Sachsen-Anhalt interviewte im Februar den KI-Experten Prof. Dr. Uwe Knauer, der an der Hochschule Anhalt unter anderem das Lehr- und Forschungsgebiet „Digitale Technologien in der Pflanzenproduktion“ vertritt. Für Knauer bietet KI die Chance, sehr viele Daten in der Dokumentation beherrschbar zu machen. Feld-Robotik und kameragestütztes Hacken Hilfreich ist künstliche Intelligenz aus Sicht des Wissenschaftlers unter anderem auch bei der Bildverarbeitung. Mit dem Aufkommen der Feld-Robotik und autonom arbeitenden Systemen werde die Wahrnehmung immer wichtiger. Beim kameragestützten Hacken sitze eine Kamera hinten auf dem Anbaugerät, das mechanisch Unkraut bekämpft. Knauer: „Die Kamera mit der Bildverarbeitung hilft zu unterscheiden: Ist es ein Unkraut oder ist es kein Unkraut?“ Der Experte rechnet nicht mit einer Vollautomatisierung in der Landwirtschaft, aber mit einer wirkungsvollen Assistenz durch KI. Er glaubt, dass sich dies auch die Landwirte durchaus wünschen. Wohl auch deshalb hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in den vergangenen Jahren eine große Zahl von Forschungsvorhaben gefördert, die sich mit der KI-Technologie in der Landwirtschaft, der Lebensmittelkette, der gesundheitlichen Ernährung und den ländlichen Räumen befassen. Insgesamt beläuft sich das Fördervolumen der 36 Projekte auf rund 44 Millionen Euro. Ergebnisse und Zwischenergebnisse werden Ende April auf einer zweitägigen Veranstaltung in Kaiserslautern vorgestellt. Pflanzenproduktion und Nutztierhaltung Manches liest sich wie aus einem Science-Fiction-Roman, anderes kommt der Praxis bereits nah. 24 Projekte im Bereich der Landwirtschaft behandeln die Pflanzenproduktion. Vier weitere landwirtschaftliche Projekte betreffen den Bereich der Nutztierhaltung. Schwerpunkte sind hier laut Ministerium insbesondere der Tierschutz und das Tierwohl – dies in Verbindung mit entsprechenden Haltungssystemen, Züchtungsfortschritten sowie dem Erhalt der Tiergesundheit. In Braunschweig arbeiten die Forscher zum Beispiel an einem System, das in kurzer Zeit Schadinsekten wie Blattläuse in Routine-Auswertungen von Luftfängen automatisiert identifiziert. In Osnabrück entwickelt man Sensorsysteme, damit autonome und teilautomatisierte Landmaschinen im Alltag gut arbeiten können. In Karlsruhe bemüht man sich darum, den aufwendigen Prozess der Beurteilung landwirtschaftlicher Pflanzenbestände mithilfe von künstlicher Intelligenz zu vereinfachen. In Emsbüren wiederum will man mit 3D-Kameras automatisch Leistungs- und Gesundheitsdaten der Schweine erfassen. KI-Systeme stehen an vielen Stellen in den Startlöchern, um die Land- und Forstwirtschaft zu unterstützen.

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