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Unser Zuwanderungsproblem in der Tierwelt (1)

  • Autorenbild: Christoph Boll
    Christoph Boll
  • vor 3 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

Invasive Arten richten enorme Schäden an. Ihre Ausbreitung soll verhindert werden. Doch Streckenzahlen zeigen, dass das durch freiwillige Bejagung kaum gelingt. Es gibt zum Teil enorme Bestandszunahmen. Darüber berichten wir in zwei Teilen


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Foto: Michael Woita / pixelio.de
Foto: Michael Woita / pixelio.de

Die Statistiken belegen eine klare Tendenz: Die Vorkommen von Waschbär und Marderhund, Nutria, Mink und Nilgans nehmen zu. Erfasst sind dabei nur die als erlegt gemeldeten Stücke. Denn während es für die Schalenwildarten verbindliche Abschusspläne und körperliche Nachweise gibt, entfällt dies für das Niederwild, zu dem die gebietsfremden Arten zählen. Ihre Bejagung erfolgt quasi freiwillig und sicher nicht flächendeckend oder konsequent. Denn nicht wenige Jäger lassen den Finger gerade, wenn sie beim Ansitz auf Sau oder Hirsch einen Neozoen in Anblick haben. So heißen die zugewanderten Tierarten, die sich bei uns im Lande etabliert haben – nicht nur in der Natur.


Nachtaktive Räuber aus Nordamerika und Asien


Besonders dramatisch ist das im Fall des Waschbären. Er ist eigentlich in Nordamerika zu Hause und seit der Mitte des 20. Jahrhunderts als Neubürger auf dem europäischen Festland vertreten. Ausgangspunkt der Entwicklung sind Tiere, die aus Pelztierfarmen und Gehegen entkommen sind oder ausgesetzt wurden. Die Jagdstrecke des Kleinbären hat sich nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes (DJV) innerhalb von zwei Jahrzehnten bis 2024 auf 239.162 mehr als verelffacht. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Denn der nachtaktive Räuber lebt zwar bevorzugt in gewässerreichen Laub- und Mischwäldern, ist aber enorm anpassungsfähig. Längst hat er auch Bergwälder, Salzwiesen und urbane Räume besiedelt.


Die Folgen für die Vogelwelt sind enorm. Der putzig anzuschauende Maskenträger schädigt sie, wo er nur kann. Als gewandter Kletterer erreicht er auch Nester hoch oben in Bäumen. Seine Vorderpfoten, vom Jäger Branten genannt, setzt er mit ausgeprägtem Tastsinn geschickt ein wie Hände, leert so auch Baumhöhlen und erbeutet oft genug mit dem Gelege auch das brütende Elterntier. Als Nahrungsopportunisten, also Allesfresser, ernähren sich Waschbären aber auch von Kröten, Fröschen, Lurchen und anderen Wirbellosen und pflanzlicher Kost. Gerühmt wird ihr gutes Gedächtnis. So sollen sich Tiere in Versuchen auch noch nach drei Jahren an die Lösung einer früher gestellten Aufgabe erinnert haben.


Ein äußerst scheuer Neubürger


Der auch Enok genannte Marderhund ist ein äußerst scheuer nachtaktiver Neubürger. Nur wenige Menschen bekommen ihn zu sehen. Doch die Zahl von fast 27.500 erbeuteten Exemplaren im Jagdjahr 2023/2024 belegt sein reichliches Vorkommen. Seit der Erlegung des ersten Marderhundes 1962 im Emsland hat er ganz Deutschland erobert. Das Kernverbreitungsgebiet des aus Asien stammenden Enok umfasst die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Als Allesfresser übt er wie der Mink einen zusätzlichen Prädationsdruck auf heimische Arten aus. Der amerikanische Mink ist ans Wasser gebunden und zahlenmäßig sicher das in heimischen Revieren am wenigsten verbreitete Neozoon. Auch wenn es keine bundesweite Streckenstatistik für diese Art gibt, kann er lokal erhebliche Reduzierungen verursachen, etwa bei Wasservögeln.

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