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Unser Zuwanderungsproblem in der Tierwelt (2)

  • Autorenbild: Christoph Boll
    Christoph Boll
  • vor 10 Stunden
  • 3 Min. Lesezeit

Invasive Arten richten enorme Schäden an. Ihre Ausbreitung soll verhindert werden. Es gibt zum Teil enorme Bestandszunahmen. Darüber berichten wir – in Teil 2 geht es u.a. um Nutria und Nilgänse


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Einen ebenfalls rasanten Zuwachs haben die Nutria hingelegt. Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich die Jagdstrecke auf fast 120.000 Stück annähernd verzehnfacht. Basis des Bestandes sind auch hier aus Pelztierfarmen entflohene Tiere wie auch bewusste Auswilderungen. Eine Zuwachsrate von mehr als 28 Prozent in einem Jahr ist ein deutliches Zeichen für das enorme Vermehrungspotenzial der aus Südamerika stammenden Sumpfbiber, die oft mit Bibern oder der kleineren, ebenfalls hier nicht heimischen Bisamratte verwechselt werden. Längst hat die auf Wasser angewiesene Nutria, die an den auffälligen weißen Schnurrhaaren am kantigen Kopf zu erkennen ist, den Großteil Deutschlands besiedelt und ist auch in urbanen Lebensräumen sehr zahlreich vertreten.


Schäden für Mensch und Tier


Die Nutria richtet durch Unterhöhlen erhebliche Schäden an Ufer- und Böschungsbereichen sowie Deichanlagen an. Außerdem kann sie Uferröhrichte durch Fraß stark schädigen und dadurch die Lebensräume seltener Arten schädigen. Nutrias schaffen relativ große Hohlräume. Dadurch verursachte Einstürze des Erdreichs können auch Dämme und damit den Verkehr gefährden.


Besonders in jüngster Zeit wird das Fleisch der Sumpfbiber als sehr schmackhaft gelobt. Das knüpft an Aussagen Ende der 1950er Jahre an, als es hieß: „Das Fleisch der Nutria ist als Genussmittel geschätzt, insbesondere in Südamerika bei der einheimischen Bevölkerung und den Jägern. Es ist sehr zart und wohlschmeckend. Im Geschmack kommt es etwa dem Spanferkel gleich. Überdies bemühte sich die argentinische Regierung, den Konsum von Nutriafleisch zu heben, um die Rentabilität der Farmzucht zu erhöhen.“ Bereits zuvor hatte ein Fachbuch für Pelztierzüchter der DDR die Verarbeitung des Fleisches zu Mettwurst, Kochsalami und Rouladen beschrieben. In Gefängnissen der DDR gab es Nutria mit Pellkartoffeln zu essen.


Weit verbreitet und bis in die Städte zugezogen


Bestens für den Verzehr geeignet ist auch die aus Afrika stammende Nilgans. Die bundesweite Streckenstatistik weist sie zwar nicht gesondert aus, sondern Zahlen für alle erlegten Wildgänse zusammen, mit einem Wert von zuletzt mehr als 146.000. Der DJV geht jedoch davon aus, dass die Nilgans in Deutschland inzwischen verbreiteter ist als die Graugans.


Die rasante Ausbreitung erfolgt seit den 1970er Jahren. Ausgangspunkt war wahrscheinlich eine aus den Niederlanden stammende Population, die sich aus entflogenen Ziervögeln gebildet hatte. Entlang des Rheins und seiner Nebenflüsse hat die Nilgans längst im Süden die Grenze zur Schweiz und im Osten über die Donau auch Österreich erreicht. Sie ist zum Brutvogel geworden. Das schafft Probleme in städtischen Bereichen, wo die Nilgans manchmal sogar als Plage empfunden wird. Denn sie erobert Radwege und Liegewiesen an Badeseen und in Freibädern. Obendrein hat das Gesundheitsamt in Frankfurt a.M. festgestellt, dass der reichlich hinterlassene Kot der Nilgänse in öffentlichen Freibädern eine Gesundheitsgefahr besonders für Kleinkinder ist, weil darin Salmonellen nachgewiesen wurden.


Aggressive Verdrängung anderer Arten


Auch die heimische Vogelwelt, besonders Wasservögel, ist durch die Nilgans beeinträchtigt. Sie ist einerseits sehr anpassungsfähig, andererseits äußerst aggressiv, besonders während der Brutzeit. So kommt es lokal zur Verdrängung anderer Arten. Das Ausmaß der Aggressionsbereitschaft soll dabei von der Vogeldichte am Gewässer und nicht vom Futterangebot abhängen. Das alles veranlasste die EU 2017, die Nilgans auf die rechtsverbindliche Liste invasiver, gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung zu setzen. Das forderte von den Mitgliedsstaaten „wirksame Managementmaßnahmen“, die „tödliche oder nicht-tödliche physikalische, chemische oder biologische Maßnahmen zur Beseitigung, Populationskontrolle oder Eindämmung einer Population“ umfassen.

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