Erstmals seit 1988 gibt es in Deutschland wieder einen Fall von Maul- und Klauenseuche (MKS). Bundesweit sind die zuständigen Behörden, Jäger, Landwirte und die Fleischwirtschaft alarmiert

Die im brandenburgischen Landkreis Märkisch-Oderland vor wenigen Tagen in einem Wasserbüffel-Bestand festgestellte Viruserkrankung MKS ist zwar ein lokales Ereignis, aber mit möglicherweise weitreichenden Folgen. Die örtlich zuständigen Behörden arbeiten an Bekämpfungs- und Schutzmaßnahmen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat einen Zentralen Krisenstab Tierseuchen einberufen. Sowohl für die Behörden als auch den Bauernverband hat jetzt die Eindämmung „höchste Priorität“, wie Präsident Joachim Rukwied formuliert. Die tückische Seuche liegt aktuell wie ein Schatten über der Grünen Woche, der Leitmesse der Land- und Ernährungswirtschaft in Berlin und damit in unmittelbarer Nachbarschaft des Ausbruchsortes Hönow im Kreis Märkisch-Oderland. Ställe für Rinder, Schafe, Ziegen oder Schweine wurden gar nicht erst installiert. Damit haben die Veranstalter schnell reagiert und verzichten auf die Paarhufer als übliche lebende Messeattraktionen.
Der Mensch ist zwar für die MKS wenig empfänglich. Für die genannten Nutztiere allerdings ist sie hochansteckend. Das gilt übrigens auch für Paarhufer als Zoo- und Wildtiere. Das Virus wurde in Brandenburg durch das zuständige Landeslabor nachgewiesen und im Nationalen Referenzlabor für MKS des bundeseigenen Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) bestätigt. Damit verliert Deutschland bei der Weltorganisation für Tiergesundheit automatisch die Anerkennung als „frei von Maul- und Klauenseuche ohne Impfung“. Während noch die epidemiologischen Untersuchungen zur Ermittlung der Einschleppungsursachen für die Seuche laufen, wurden bereits Sperrzonen in Brandenburg und Berlin eingerichtet und Verbringungsbeschränkungen für empfängliche Wiederkäuer und Schweine verhängt.
Auswirkung auf die internationalen Handelsbeziehungen
Der Seuchenausbruch wirkt sich direkt auf die internationalen Handelsbeziehungen aus. So hat Großbritannien den Import besonders gefährdeter Tierarten aus Deutschland verboten. Das betrifft lebende Tiere und Frischfleischprodukte. Zuvor hatten bereits Südkorea und Mexiko ein Einfuhrverbot für deutsches Schweinefleisch verhängt. Die Niederlande untersagten landesweit den Transport von Kälbern, da dorthin seit Anfang Dezember 2024 mehr als 3.600 Mastkälber aus Brandenburg geliefert worden sind. Ansonsten läuft der Handel innerhalb der EU mit kleinen Einschränkungen weiter. Denn dort gilt der Grundsatz, nur Importe aus betroffenen Regionen zu beschränken.
Für das Bundeslandwirtschaftsministerium sind die wirtschaftlichen Schäden bislang nicht abschätzbar. Das Fachmagazin topagrar hingegen zitiert Steffen Reiter, Geschäftsführer des Verbandes der Fleischwirtschaft (VDF), mit der Aussage, „der Umsatzverlust dürfte in die Hunderte Millionen gehen“. „Südkorea oder Japan werden uns vorerst kein Fleisch mehr abnehmen“, glaubt Reiter. Im besten Fall könnte sich Deutschland in drei Monaten wieder für MKS-frei erklären. Bevor der Handel aber wieder floriert, dürfte es weitere Monate dauern.
Landwirte erhalten für die MKS-Folgen keine Entschädigungen. Aus Sicht von Bauernpräsident Joachim Rukwied ist deshalb auch „der Schaden für die Tierhalter erheblich, weil Exportmärkte wegfallen werden“. Er hat Bund und Länder aufgefordert, die Seuche umgehend zu bekämpfen. Denn wie gravierend die Folgen der Seuche sein können, hat etwa Großbritannien 2001 nach einem schweren Ausbruch erfahren. Dort mussten damals mehr als sechs Millionen Tiere geschlachtet werden. Das zerstörte die Existenzgrundlage vieler Landwirte.
Hohes Risiko indirekter Ansteckungen
Die MKS wird durch ein Herpes-Virus ausgelöst und meistens durch direkten Kontakt zwischen erkrankten und empfänglichen Tieren übertragen. Allerdings besteht auch ein hohes Risiko einer indirekten Ansteckung über Gegenstände, Fahrzeuge oder Menschen. Ein Großteil der Tiere überlebt die Seuche geschwächt. Die Gefahr des Ausbruchs in Brandenburg besteht darin, dass Wasserbüffel meist extensiv gehalten werden. Es gibt daher die Möglichkeit, dass sich auf einer Weide Wildschweine oder Rehe infiziert haben. Da die Krankheit nicht unmittelbar tödlich ist, können infizierte Tiere auch über größere Strecken wandern.
Einschränkungen für die Jagd
Deshalb sind deutschlandweit die Bundesländer alarmiert. Jäger werden gebeten, auf die Teilnahme an Jagden und Veranstaltungen mit Tieren jeglicher Art in Brandenburg zu verzichten. Denn „durch Jagdreisen nach Brandenburg oder Jagdgäste aus Brandenburg besteht eine Gefahr der Einschleppung der Tierseuche“, so das Referat Tierseuchen des Thüringer Sozialministeriums. Es mahnt zudem zur strikten Einhaltung der Hygieneregeln bei der Jagdausübung. In Niedersachsen hat das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) mit Gültigkeit bis zum heutigen Freitag alle Veranstaltungen mit Klauentieren untersagt. Erkrankte Tiere zeigen typische Symptome wie Blasen an Maul, Zunge, Klauen oder Zitzen.
Die Wasserbüffelherde, in der die Seuche ausgebrochen war, wurde umgehend gekeult, ebenso ein benachbarter Schweinebestand. Denn in einem Steckbrief des für Tiergesundheit zuständigen Bundesforschungsinstitutes heißt es, dass alle Klauentiere getötet und unschädlich beseitigt werden müssen, wenn in einem Betrieb auch nur ein Tier erkrankt ist. Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Institutes ist der Virustyp des Brandenburger Falls hauptsächlich im Nahen Osten und in Asien zu finden. Die Wissenschaftler haben die Herkunft des Erregers auf das Gebiet Türkei-Iran eingegrenzt.
Nun wird ein spezifischer Impfstoff produziert. Die Rezeptur dafür gibt es bereits in der MKS-Antigenbank. Innerhalb weniger Tage soll der Impfstoff bereitstehen, sodass eine Immunisierung aller angrenzenden Nutztierbestände anlaufen kann. Eine erste Testreihe konnte das Virus bei keinem Tierbestand im Umkreis von einem Kilometer nachweisen. Es scheint sich somit vorerst um einen isolierten Ausbruch zu handeln.
Comments