Die Chance ist da. Die Parteien könnten die Grüne Woche diesmal intensiver als sonst dazu nutzen, um kurz vor einer Bundestagswahl ihre agrarpolitischen Positionen zu erklären

Die Grüne Woche erlebt immer wieder turbulente Jahre: 2021 und 2022 fand die Leitmesse für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau wegen der Corona-Pandemie nur digital statt. Nach einem „normalen“ Messejahr 2023 stand sie 2024 im Zeichen der landesweiten Bauernproteste. Und diesmal rückt das Stelldichein unterm Berliner Funkturm sehr nah an den Tag der vorgezogenen Bundestagswahl heran. Man darf also gespannt darauf sein, welche Schlagzeilen das Messegeschehen in diesem Januar beherrschen werden.
Vom 17. bis zum 26. Januar öffnet die Grüne Woche ihre Tore. Im vergangenen Jahr zog sie rund 275.000 Besucher an. Mindestens genauso viele erwarten sicherlich die rund 1500 Aussteller aus 60 Ländern, die ab Freitag vor Ort sind. Ein facettenreiches fachliches Rahmenprogramm bietet parallel die Basis für einen intensiven Austausch.
Schon am Mittwoch dürften Bauernpräsident Joachim Rukwied und Christian von Boetticher als Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie in der zentralen Auftaktpressekonferenz inhaltliche Akzente setzen. Zum traditionellen Messerundgang am ersten Tag der Grünen Woche werden Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Christophe Hansen, EU-Kommissar für Landwirtschaft und Ernährung, erwartet.
Am Eröffmungstag wird in Berlin auf der Messe die Erklärung „Nutzung der nachhaltigen Holzenergie“ unterzeichnet. Von Hubert Aiwanger (Bayern) über Silke Gorißen (NRW) bis Peter Hauk (Baden-Württemberg) werden zu diesem Termin der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW) zahlreiche Landesminister und Spitzenvertreter der Branche kommen.
Aktuelle Trends und Themen der Zukunft stehen bei einer Fülle von Kongressen im Mittelpunkt. Laut Veranstalter sind an den zehn Tagen nicht weniger als 300 Fachdiskussionen, Panels und Seminare geplant. Da fällt es selbst ausgefuchsten Messebesuchern schwer, die Übersicht zu behalten.
Die Jagd ist wieder dabei
Die Vielfalt der Aktivitäten und Leistungen im ländlichen Raum zeigt sich in ihrer Breite mit besonderen Aktivitäten und Veranstaltungsformaten. Neben dem Schwerpunkt der Agrarwirtschaft präsentiert sich auch der Deutsche Jagdverband wieder mit einem großen Stand in der „Grünen Halle“ 27 an gewohnter Stelle. Dort bietet der DJV Wissenswertes rund um die Jagd, den Natur- und Artenschutz sowie Jagdhunde und Greifvögel. In derselben Halle ist auch ein Branchenstand der Deutschen Forstwirtschaft.
Einen besonderen Stellenwert hat das hochkarätige Global Forum for Food and Agriculture (GFFA), das zum 17. Mal auf einer Grünen Woche stattfindet. Gastgeber ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Diesmal wird von Mittwoch bis Samstag intensiv über das Thema Bioökonomie und Nachhaltigkeit gesprochen. Es geht um nicht weniger als die Welternährung in einer Zeit starker klimatischer Veränderungen. Den Abschluss des Forums bildet die Berliner Agrarministerkonferenz, zu der rund 70 Ressortchefs erwartet werden. Es ist das weltweit größte Treffen dieser Art.
Die Region und der ländliche Raum kommen aber in Berlin nicht zu kurz. Bäuerinnen-Forum, Fachkonferenzen des Deutschen Bauernverbandes, Verleihung des „Regional-Star 2025“ an regionale Konzepte des Lebensmittelhandels, Startup-Days und das 18. Zukunftsforum „Ländliche Entwicklung“ gehören während der Grünen Woche zum Programm. Das Zukunftsforum befasst sich – passend zum bevorstehenden Wahltag – mit dem Generalthema „Teilhabe, Demokratie und Zusammenhalt in ländlichen Regionen“.
Dass die Politik dieses Gipfeltreffen der Agrarbranche ungenutzt lassen wird, ist kaum anzunehmen. Die schönen Bilder an einem Messestand, an dem man regionale Köstlichkeiten genießt oder ausprobiert, sind aber nur die eine Seite der Medaille. Der Bauernverband zum Beispiel hat zehn Kernanliegen zur Bundestagswahl formuliert. Die Landwirtschaft erwartet auch auf der Grünen Woche im Austausch ernstgemeinte Antworten. Gleiches gilt für die Kernforderungen zur Wahl aus dem Bereich der Jagdverbände.
Schnell reagiert haben die Messeveranstalter auf die ersten Fälle von Maul- und Klauenseuche in Brandenburg. Man geht auf Nummer sicher: Paarhufer wie Rinder, Schweine, Ziegen und Schafe sind diesmal auf der Grünen Woche nicht zu sehen.
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