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Koalitionsdisziplin, Energiepolitik, ein weiterer Blick zur Klimakonferenz und das Tier des Jahres 2026

  • Autorenbild: Jost Springensguth
    Jost Springensguth
  • vor 4 Tagen
  • 5 Min. Lesezeit

Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und auf die Bundespolitik


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Liebe Leserin, lieber Leser,


der Rentenstreit hat in dieser Woche viele politische Gemüter bewegt. Interessant ist dabei die Frage, ob die Koalition die Kraft hat, bei diesem Thema zusammenzufinden, um sich nicht zu gefährden. An einem Regierungszusammenbruch kann wohl niemand in der politischen Mitte Interesse haben. Jedenfalls haben sich CDU und SPD vorgenommen, ihre Koalitionsausschüsse häufiger tagen zu lassen. Ein konstruktives Signal. In der folgenden Wochenkolumne gehen wir weiter darauf ein, was bei der Klimakonferenz in Brasilien wichtig ist oder nicht: Zitate oder konkrete Leistungen. Letztlich gehen wir darauf ein, dass die Deutsche Wildtierstiftung bereits das Tier des Jahres 2026 gekürt hat.


Es war die erste etwas frostige Woche dieses Winters. Vielleicht kann man das abgekühlte Klima auch im übertragenen Sinne aktuell auf die Politik beziehen. Die Berliner Koalition sowie Blicke in Länder wie Brandenburg oder Sachsen vermitteln gekühlte Stimmung. Innerhalb des Regierungslagers gab es entgegen vieler Berichte nicht nur Streit. Der Koalitionsausschuss zwischen Union und SPD hat jedenfalls zu konkreten Ergebnissen geführt und soll nun öfter tagen. Beschlossen wurde die Förderung des Industriestromes und es erfolgte eine Einigung über eine gemeinsame Kraftwerksstrategie. Sie beinhaltet die Fortsetzung des wachsenden Anteils der erneuerbaren Energien. Gleichwohl bleiben erst mal Lücken, die durch Importe und fossile Kraftwerke geschlossen werden müssen.


Zunächst einmal zum Ist-Stand: Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat errechnet, dass beispielsweise am letzten Montag (17.11.) 35 Prozent unseres Stromes von Windrädern geliefert wurden; 7,7 Prozent kamen aus Biomasse, 5,2 Prozent von Solaranlagen und 2,6 Prozent machte die Wasserkraft aus. Damit stammt gut die Hälfte des im Lande benötigten Stromes aus Quellen erneuerbarer Energien. Der Mix hängt Tag für Tag vom Wetter ab. Ohne Kohle (an dem Montag 25,7 Prozent) und Erdgas (20,6) ging es damit auch bei diesem Beispiel nicht. Bis 2030 sollen insgesamt 80 Prozent des produzierten Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien kommen. Damit liegen noch weite Wege vor uns.


Wie die Lücken bei Dunkelflauten geschlossen werden sollen


Zur vom Koalitionsausschuss verabschiedeten Kraftwerksstrategie gehört zunächst der Lückenschluss durch fossile Stromproduktion. Damit soll abgesichert werden, dass es bei uns warm bleibt, die Räder nicht stillstehen und Lichter zu Zeiten sogenannter „Dunkelflauten“ nicht ausgehen. So heißt es, wenn die gewünschten erneuerbaren Energien im Mix nicht ausreichen, weil die Sonne nicht scheint und es windstill ist. Union und SPD haben sich darauf geeinigt, sich dagegen durch den Bau von Gaskraftwerken mit einer Kapazität von bis zu zehn Gigawatt abzusichern. Sie müssen aber bis 2045 auf klimaneutrale Brennstoffe wie Wasserstoff umgestellt werden können. Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hatte die doppelte Kapazität für diese umstellbaren Gaskraftwerke geplant. Wer dann den Rotstift angesetzt hat, waren weder Koalition noch Opposition, sondern die EU-Bürokratie in Brüssel. Die von der Wirtschaftsministerin angestrebte Größenordnung wurde schlichtweg nicht genehmigt.


Dabei bleibt die Energie in Verfügbarkeit und Preisen unsere Achillesferse. Im süffisanten Berlin wurde erst mal festgestellt, dass Grüne und SPD (ohne Lindner) das in der Ampel auch schon vorgeschlagen hatten. Jedenfalls titelte der Tagesspiegel: „Merz macht Habecks Wünsche wahr.“ Und Talkshow-Dauergast Robin Alexander („Die Welt“) befand im ZDF-Talk bei Maybrit Illner: „Wenn die fair wären im Kanzleramt, würden die noch ’ne Kiste Wein bestellen und dem Habeck schicken.“ Der wiederum will Beschlüsse der Koalition zum Industriestrompreis oder zur Kraftwerkstrategie und Alexanders Vorschlag nicht kommentieren. An seinem Medienfasten habe sich nichts geändert, funkte Habeck nach Deutschland. Für seinen Lieblingsgegner aus gemeinsamen Regierungszeiten gilt das nicht. Christian Lindner jedenfalls erschien ein Jahr nach dem Bruch der Ampel bei Maischberger – warum auch immer, zumal er zur Politik damals und heute nichts sagen wollte.


Ein Zitat des Kanzlers und deutsche Zusagen bei der Klimakonferenz


Bleiben wir kurz bei der Klimapolitik, deren Bedeutung nach aktuellen Umfragen bei den Wählerinnen und Wählern trotz dramatischer Prognosen gesunken ist. Gleichwohl geht es aktuell weiter bei der gefühlt endlos andauernden Klimakonferenz im brasilianischen Belém. Dabei beschäftigt sich alle Welt gerade weniger mit diesen Inhalten als mit einer Äußerung des Bundeskanzlers nach seinem Langstrecken-Trip dorthin. Wir brauchen seine Worte darüber nicht wiederholen, weil sie vielfach zitiert und in fast jeder Talkshow eingeblendet wurden. Es ging am Ende – vielleicht auch etwas unüberlegt – um seinen Eindruck zur vergleichenden Lebensqualität in der Stadt am Amazonas mit der bei uns in Deutschland. Das hat in Brasilien künstliche Empörung mit innenpolitischem Echo in Deutschland ausgelöst. Leider überlagern die Zitat-Debatten die Inhalte vom tropischen Tagungsort. Dort hat der geduldig für Berlin dagebliebene Bundesumweltminister Schneider (SPD) zugesagt, dass wir in diesem Jahr 60 Millionen zum Klimafonds beisteuern werden. Damit ist Deutschland das größte Geberland für den Anpassungsfonds, der 2007 eingerichtet wurde. Am Donnerstag hat Schneider zusammen mit seiner Kabinettskollegin, Entwicklungsministerin Reem Alabali Radovan (ebenfalls SPD), die Stimmung in Brasilien mit der Ankündigung aufgehellt, dass Deutschland mit dem Gastgeberland neben anderen über zehn Jahre eine Milliarde Euro in einen neuen Regenwaldfonds einzahlen werde.  „Wir bleiben auch angesichts des Sparzwangs der Bundesregierung ein verlässlicher Partner“, sagte Schneider. Man kann jedenfalls nicht sagen, Deutschland tue da nichts.


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Unsere Nachbarn von SRF, dem Schweizer Radio und Fernsehen, gehen in einer Meldung auf das Klima-Ranking der Länder ein. Dänemark liegt vorn, Deutschland auf Platz 22, die Schweiz kurz dahinter. Dazu heißt es in der Meldung zur Einordnung dieser viel zitierten Rangordnung: „Seit mehr als zwanzig Jahren schon publizieren Nichtregierungsorganisationen ihre Bewertungen, welches Land wie viel für den Klimaschutz tut. Die Einschätzungen und Bewertungen der Nichtregierungsorganisationen sind natürlich keine exakte Wissenschaft, und sie sind geprägt vom Wunsch, den Klimaschutz voranzubringen.“


Ein anderes Klima-Kapitel wurde übrigens jetzt abgeschlossen. Allein in Berlin sind bei der Staatsanwaltschaft seit 2022 genau 5.681 Verfahren gegen sogenannte Aktivist(inn)en der „Letzten Generation“ eingeleitet worden. Bis auf rund 100 sind alle abgeschlossen; knapp die Hälfte wurde eingestellt. Urteile wegen Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Sachbeschädigung führten hauptsächlich zu Geldstrafen.


Tier des Jahres 2026 mit imposanter Erscheinung und Problemen


Die Deutsche Wildtierstiftung geht voran: Sie hat bereits den Rothirsch als Tier des Jahres 2026 gekürt. Die Entscheidung ist das Ergebnis einer bundesweiten Online-Abstimmung. Die Stiftung beschreibt den Rothirsch natürlich zutreffend mit seiner imposanten Erscheinung, aber auch mit seinen Problemen. Dazu gehörten auch Konflikte um diese größte Tierart in unseren Wäldern, in die sie sich häufig zurückziehen. „Die Nahrungsaufnahme von bis zu 20 Kilo Knospen, Trieben von Weichhölzern, Waldfrüchten und Baumrinde neben Gräsern und Kräutern spielten da eine besondere Rolle. Leider habe die Art heute mit großen Problemen zu kämpfen. Durch Straßen, Siedlungen, intensive Landnutzung und behördlich festgelegte Grenzen der Artverbreitung, die sogenannten Rotwildbezirke, seien viele Rotwildvorkommen voneinander isoliert. Dadurch gibt es kaum Austausch zwischen den Populationen. Die wildbiologische Forschung habe in den vergangenen Jahren viele Fälle massiver genetischer Verarmung bestätigt.“


Das Verhalten der Hirsche und ihre genetische Entwicklung waren schon mehrfach bei uns ein Thema. Hier zwei Beispiele: Rothirsch: Weiter Weg auf Freiersfüßen“ und „Schritte zur Bewahrung des Rotwildes“.


Auf Platz zwei landete übrigens das Hermelin vor dem Goldschakal. Bei dem Goldschakal reibe ich mir etwas die Augen, wenn ich an unsere Berichte im Zusammenhang mit dem Ausflug eines dieser Raubtiere nach Sylt erinnere. Das gehört vielleicht auch zu den Themen, die wir am Rande unserer Jagden besprechen. Ob die Zukunft des Rotwildes in den Revieren nach den Jagd- und Streckenerlebnissen bei vielen immer vollständig und allgemein zutreffend gesehen wird, lasse ich mal dahingestellt: „Außerdem werden Rothirsche intensiv gejagt, da sie in der Forst- und Landwirtschaft wirtschaftliche Schäden verursachen können.“ Das ist zutreffend, aber als Beschreibung ist diese Aussage für mich sehr eingegrenzt, wenn es um die Frage geht, warum Jägerinnen und Jäger auf die Hirschjagd gehen.


Erstmals haben wir in dieser Woche ein Erklärvideo zur Entwicklung unserer Wälder in unseren Blog aufgenommen. Autor ist der Forstwissenschaftler Dr. Andreas Schulte. Er stellt im Themenrahmen Wald – Klima – Mensch der „zunehmend alarmistischen und ideologisierten Berichterstattung möglichst gut ausgeleuchtet Daten, Fakten, Wissen kritisch gegenüber“.


Mit diesem Videotipp verbleibe ich mit besten Grüßen und einem kräftigen Waidmannsheil


Ihr

Jost Springensguth

Redaktionsleitung / Koordination

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