Jagdrecht rückt Isegrim auf den Pelz
- Christoph Boll
- vor 11 Stunden
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Weidetierhalter und Jäger haben es lange gefordert. Nun soll der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen und seine Bejagung erleichtert werden. Ein Referentenentwurf für eine entsprechende Änderung des Bundesjagdgesetzes liegt inzwischen vor

CDU/CSU und SPD setzen damit um, was sie im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Die erforderliche Absenkung des hohen Schutzstatus von Isegrim auf EU-Ebene ist bereits erfolgt. Und die Bundesregierung hat vor einigen Wochen für zwei der drei biogeografischen Regionen Deutschlands an die EU-Kommission den günstigen Erhaltungszustand der Wolfspopulation gemeldet. Damit sind die formalen Voraussetzungen erfüllt, auf deren Basis das von Alois Rainer (CSU) geführte Bundeslandwirtschaftsministerium die Novellierung vorschlägt. Damit einher geht auch eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, in dem die Regelungen zum Umgang mit dem Wolf entfallen.
„Tagesspiegel Background“ berichtete vor wenigen Tagen als erstes über den vorliegenden Referentenentwurf, der den Wolf in Paragraph 2 als dem Jagdrecht unterliegende Tierart aufführt. Das löste ein breites Medienecho aus. Von einer geplanten weitreichenden Freigabe der Jagd auf Wölfe spricht der Nachrichtensender ntv auf seiner Internetseite. Demnach ist eine reguläre Bejagung künftig in Deutschland auf der Basis zuvor aufzustellender revierübergreifender Managementpläne vom 1. September bis zum 28. Februar des Folgejahres vorgesehen. Sämtliche Vorgaben gelten übrigens auch für Wolfshybride, also Mischlinge zwischen Wolf und Hund.
Der Deutsche Jagdverband (DJV) bezeichnet die Gesetzesinitiative als politisch überfällig. Er kritisiert aber auch Details. So hält er die Jagdzeit für falsch. Sie berge die Gefahr, dass die Sozialstruktur in Wolfsrudeln beeinträchtigt wird. Der Verband fordert deshalb eine Jagdzeit für Jungwölfe von Juni bis Oktober. „Nur in diesem Zeitraum ist eine sichere Unterscheidung zwischen Jung- und Altwölfen möglich. Das ist die Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Bestandsregulierung bei gleichzeitiger Wahrung des günstigen Erhaltungszustandes“, erklärt der DJV. Wissenschaftliche Studien zeigten zudem, dass zerstörte Rudelstrukturen Weidetierrisse begünstigen können. Das müsse durch eine artgerechte Bejagung vermieden werden.
Kritik an vorgesehener Jagdzeit
Der Verband fordert zudem unabhängig vom Erhaltungszustand eine zweite Säule der Regulierung. Sie soll ermöglichen, dass schadensstiftende Wölfe oder ganze Rudel ganzjährig und ohne vorherige behördliche Anordnung entnommen werden können, wenn sie durch Nutztierrisse auffällig geworden sind. Die rechtliche Umsetzung müsse unbürokratisch und rechtssicher gestaltet werden. Im Gesetzesentwurf vorgesehen ist, dass die zuständige Jagdbehörde bevollmächtigt wird, zur Abwendung „land-, forst-, fischerei- oder wasserwirtschaftlicher oder sonstiger wirtschaftlicher Schäden oder im Interesse der Gesundheit des Menschen oder der öffentlichen Sicherheit“ die Tötung einzelner Wölfe oder ganzer Rudel über die halbjährige Jagdzeit hinaus, also in der Schonzeit, anzuordnen. Das soll auch dann möglich sein, wenn ihnen keine konkreten Risse von Nutztieren zuzuordnen sind. Kommt der Jagdausübungsberechtigte der Anordnung nicht nach, „so kann die zuständige Behörde die Jagd selbst übernehmen oder einen Dritten mit der Durchführung beauftragen“, heißt es weiter im Entwurf.
Außerdem ist die Jagd nur in einem Radius von 20 Kilometern und innerhalb von sechs Wochen nach dem Schaden zulässig, wobei die Behörde diese zeitliche und räumliche Vorgabe ausdehnen kann. So können etwa Weidegebiete festgelegt werden, in denen die Jagd auf den Wolf erlaubt wird, weil sie wegen der Geländebedingungen nicht schützbar oder aufgrund der naturräumlichen Gegebenheiten nicht zumutbar wolfsabweisend eingezäunt werden können. In jedem Fall aber sind die Erlegung eines Wolfes sowie das Auffinden eines Fallwildwolfes der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen, um eine Begutachtung sowie eine Probennahme des Wolfs zu ermöglichen.
Klare Vorgaben für die Wolfsjagd
Die sachlichen Ge- und Verbote bei der Wolfsjagd orientieren sich an den Vorgaben für die Jagd auf Hochwild. So sind bei den Büchsenpatronen ein Mindestkaliber von 6,5 Millimeter und eine Mindestauftreffenergie von 2000 Joule auf 100 Meter vorgeschrieben. Der Schrotschuss ist nur zum Töten von in Fallen gefangenen Wölfen und als Fangschuss erlaubt. Wölfe dürfen weder gefüttert noch mit Futter angelockt werden. Neben Fallen, die nicht selektiv sind, sollen auch halbautomatische Waffen, deren Magazin mehr als zwei Patronen fasst, bei der Jagd auf den Wolf verboten sein. Den Einsatz künstlicher Lichtquellen, Vorrichtungen zum Anstrahlen oder Beleuchten des Zieles, von Nachtzielgeräten, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schusswaffen bestimmt sind, darf die zuständige Behörde nur im Einzelfall erlauben.
Die Vorgaben für die Wolfsjagd sollen regelmäßig überprüft werden. Dazu hat das Landwirtschaftsministerium im Einvernehmen mit dem Umweltministerium bis spätestens Ende 2030 und danach jeweils im Abstand von fünf Jahren dem Bundestag einen Bericht vorzulegen. Er soll erläutern, ob die Regelungen sich bewährt haben und weiterhin erforderlich sind oder welche Anpassungen sinnvoll sind. Änderungen am Entwurf kann es aber auch noch im nun beginnenden Gesetzgebungsverfahren geben. Denn zunächst muss das Papier durchs Kabinett und dann durch den Bundestag. Im Verlauf dieses Prozesses sind zahlreiche und lautstarke Proteste der einschlägig bekannten Interessenverbände zu erwarten, von Naturschützern bis zu Tierrechtlern.


