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  • Wolfgang Kleideiter

Weg mit dem bürokratischen Klein-Klein

Beim Bürokratieabbau haben sich die Agrarminister mit dem Bund auf einen Arbeitsplan verständigt. Wenn nun Taten folgen, können viele Höfe auf Entlastung hoffen


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Ein Stapel mit Aktenordnern
Foto: Geisteskerker

Rund ein Viertel ihrer Arbeitszeit verbringen Landwirte am Schreibtisch, um dort stichtagsgenau die unterschiedlichsten bürokratischen Vorgaben zu erledigen. Teilweise auf der Grundlage überholter oder manchmal sogar widersprüchlicher Vorschriften geben sie Meldungen mit identischen Informationen an verschiedene Stellen ab, füllen Bögen aus und führen Tabellen. Diese Informationspflichten belasten die deutsche Landwirtschaft pro Jahr mit 620 Millionen Euro. 

 

Jeder Betrieb kann ein Lied davon singen, dass mit jeder neu erdachten Regelung aus Brüssel oder Berlin auch das Bürokratiemonster gefüttert wird. Erst kürzlich beklagte der Nationale Normenkontrollrat, dass alle großen Pläne für ein Bürokratieentlastungsgesetz für die Landwirtschaft bislang „keine substanziellen Erleichterungen enthalten“.

 

Doch jetzt soll dies anders werden. Bei ihrem Frühjahrstreffen in Erfurt haben die Länderagrarministerinnen und -minister unter Vorsitz von Susanna Karawanskij (Linke) eine Prioritätenliste zum Abbau von Bürokratie in der Land- und Forstwirtschaft beschlossen. Nicht weniger als 194 Punkte enthält eine Vorschlagsliste, die die Länder vor der Konferenz Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vorgelegt haben. Schon die Zahl macht deutlich, wie sehr das bürokratische Klein-Klein die Land- und Forstwirtschaft erdrückt. Während der Bauernproteste wurden die Regelungswut und der damit verbundene Aufwand mehrfach kritisiert. Am Rande der Frühjahrskonferenz in Erfurt verwiesen Bauern darauf, dass es beispielsweise bei Abstandsregelungen für den Gewässerschutz sogar unterschiedliche Vorgaben in unterschiedlichen Gesetzen gebe.

 

Bürokratieabbau steht schon lange auf der Agenda

 

Die Botschaft scheint nun angekommen zu sein. Schon bis Ostern möchte Özdemir eine erste Bewertung der Vorschläge vorlegen. Dann will der Bund sich erneut mit den Ländern zusammensetzen. Diese erwarten schon bis zur Jahresmitte erste Maßnahmen zum Bürokratieabbau, stellte Sachsens-Anhalts Agrarminister Sven Schulze (CDU) nach der Konferenz klar. „Wir werden den Bund in die Pflicht nehmen, spürbare Erleichterungen zeitnah umzusetzen“, betonte auch Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU).

 

Bürokratieabbau steht schon lange auf der Agenda des Deutschen Bauernverbandes. In einem elfseitigen Papier zum Treffen der Agrarminister hatten die Landwirte erneut eine ernst gemeinte und wirksame Initiative zur Entbürokratisierung eingefordert. Im Agrarsektor habe die Bürokratie ein „höchst unerträgliches Maß“ angenommen. Eine Vielzahl unnötiger Kontrollen und Regulierungen erdrücke die landwirtschaftlichen Betriebe, heißt es in dem Schreiben des Bauernverbandes. Eine Entlastung müsse in allen Bereichen der Landwirtschaft erfolgen: „Sowohl im Bereich der tierischen und pflanzlichen Erzeugung als auch im Umweltrecht, in der Agrarförderung, dem Baurecht bis hin zum Steuer-, Arbeits- und Sozialrecht sind landwirtschaftliche Betriebe höchst unverhältnismäßigen Bürokratielasten ausgesetzt.“

 

Schon jetzt ist klar, dass die Musik bei der Entbürokratisierung aber nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel spielt. Dort ist man unter dem Druck der europaweit protestierenden Bauern aber inzwischen so weit, die Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) an die Realität anzupassen und mit mehr Flexibilität zu versehen. Die Europäische Kommission hat entsprechende Gesetzgebungsvorschläge auf den Weg gebracht. Auch hier will man die Bürokratie bei den Auflagen abbauen. Das lässt die deutschen Landwirte hoffen.

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