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  • Ludwig Hintjens

Priorität eins für Agrarpolitik in Europa

Die Christdemokraten sollten ihrem Anspruch als Bauernpartei gerecht werden und nach dem Vorsitz im Agrarausschuss im Europaparlament greifen


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Manfred Weber (Foto: EVP-Fraktion)
Manfred Weber (Foto: EVP-Fraktion)

Die christdemokratische EVP hat die Europawahl haushoch gewonnen und im Europaparlament Gewicht zugelegt. Sie stellt nun 190 von 720 Sitzen und hat ihren Vorsprung vor den zweitplatzierten Sozialisten (136 Sitze) ausgebaut. Es kann sein, dass sie bis zur ersten Sitzungswoche Mitte Juli in Straßburg durch Übertritte von Parteien, die bislang bei der konservativen EKR-Fraktion waren, noch weitere Sitze dazugewinnt. Im Wahlkampf haben die Landwirtschaftspolitik und weitere Themen zum ländlichen Raum eine herausgehobene Rolle gespielt. Manfred Weber, der die europäische Parteienfamilie EVP sowie die Fraktion im Europaparlament leitet, hat während der Kampagne immer wieder betont, dass seine Partei die Bauernpartei sei.  


Nun muss er entscheiden, in welchen Politikbereichen die Christdemokraten ihre Schwerpunkte für die nächsten fünf Jahre setzen wollen. Der CSU-Vize aus Niederbayern hat bereits den Anspruch erhoben, dass die EVP den nächsten Agrarkommissar stellt. Die Kommissare werden von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen. Im Gespräch ist bereits der Luxemburger Christoph Hansen für den Posten.

 

Aber auch im neu gewählten Parlament sollten die Weichen so gestellt werden, dass die EVP ihrem Anspruch als Bauernpartei gerecht werden kann. Im Landwirtschaftsausschuss findet die Arbeit an den Gesetzentwürfen statt. Der oder die Abgeordnete, die den Landwirtschaftsausschuss leitet, hat viel Einfluss. Der Chef des Fachausschusses ist etwa dabei, wenn die beiden Co-Gesetzgeber, Parlament und Rat, letzte Hand an Gesetze legen.


Kandidat steht bereit


In der vergangenen Wahlperiode hatte erstmals der baden-württembergische Abgeordnete Norbert Lins (CDU) den Landwirtschaftsausschuss geleitet. Ob bei der Förderperiode für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) oder den Entlastungen von Bürokratie bis hin zur Wiederzulassung von Glyphosat – Lins hat vieles im Interesse der deutschen Landwirte erreicht. Die EVP sollte bei der Landwirtschaftspolitik im Europaparlament auf Kontinuität setzen und wieder den Vorsitz im Landwirtschaftsausschuss anstreben. Lins stünde bereit.


Damit es dazu kommt, müsste allerdings EVP-Chef Manfred Weber seine Prioritäten anders setzen. Über Jahrzehnte haben die Christdemokraten zunächst nach dem Auswärtigen Ausschuss gegriffen, wenn zum Beginn der Wahlperiode die Chefposten der Ausschüsse verteilt wurden. Die Ausschussvorsitze sind sowohl zwischen den Fraktionen als auch zwischen den nationalen Delegationen in den Fraktionen heiß umkämpft. Dass Lins 2019 den Ausschussvorsitz bekam, war eher glücklicher Fügung zu verdanken. Die sechs anderen Fraktionen hatten sich entschieden, eine Brandmauer zur rechtsradikalen ID-Fraktion zu errichten und ihr den eigentlich zustehenden Agrarausschuss nicht zu geben. Nur so kam Lins dann zum Zuge.


David McAllister, der ehemalige niedersächsische Ministerpräsident, leitet den Auswärtigen Ausschuss bereits seit 2016 und würde das Amt gern auch die nächsten fünf Jahre behalten. Da er EVP-Vize ist, hat sein Wunsch bei Manfred Weber vermutlich auch diesmal wieder Gewicht. Der Auswärtige Ausschuss macht aber keine Gesetzgebungsarbeit. Es sollte Weber darum gehen, möglichst viel von der Agenda der Christdemokraten umzusetzen. Dafür sollte er es diesmal nicht dem Zufall überlassen, sondern in der ersten Runde der Verteilung der Ausschussvorsitze nach dem Landwirtschaftsausschuss greifen.

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