Die hochkarätig besetzte Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) hat erneut einen richtungsweisenden Bericht vorgelegt. Bereits der Titel enthält ein Plädoyer: „Zukunft Landwirtschaft. Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in schwierigen Zeiten“.
Elf große Themen-Kapitel, verteilt auf über 20 Seiten, gespickt mit Empfehlungen, Vorschlägen und Stellungnahmen. Jede Bundesregierung, die den aktuellen Bericht der Zukunftskommission Landwirtschaft ernst nimmt, steht vor großen Aufgaben. Denn in der Agrar-, Umwelt- und Tierschutzpolitik läuft beileibe nicht alles rund. Es gibt gute Ansätze und Ideen, doch es hapert an der Umsetzung.
Die ZKL legt an vielen Stellen den Finger in die offenen Wunden. Das Gremium, in dem Vertreter der Landwirtschaft, der Wirtschaft, der Verbraucher-, Umwelt-, Tierschutzorganisationen und der Wissenschaft über die alten Gräben hinweg offen diskutieren, wünscht sich von der Politik an vielen Stellen mehr Mut und eine bessere Kommunikation. In ihrer Analyse kommen die Mitglieder der Kommission zu dem Ergebnis, dass es einer neuen Kultur der Zusammenarbeit bedarf.
Gleich an mehreren Stellen wird dies in dem Bericht angesprochen. Offensichtlich hat der ZKL-Kreis am eigenen Leib erfahren, was es bedeutet, wenn man den Meinungsgegner nicht nur mit Argumenten torpediert, sondern gemeinsam nach Kompromissen und Auswegen sucht. Olaf Deiniger von Agrarzeitung Digital beschrieb das Gremium durchaus zutreffend als „Konsensmaschine“. Dies war nicht negativ gemeint, denn ohne eine Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft werden sich auch im Agrarsektor die drängenden Probleme nicht lösen lassen.
Ampel: Fachlich fundierte Vorschläge halbherzig berücksichtigt
Beispiele des Scheiterns gibt es viele, und sie sind nicht nur der im Auflösungsprozess befindlichen Ampelregierung anzulasten. Immer wieder wurden fachlich fundierte Vorschläge im politischen Abstimmungsprozess nur halbherzig berücksichtigt oder trotz Zusagen am Ende ignoriert.
Der aktuelle ZKL-Bericht enthält viele Empfehlungen für eine wie auch immer zusammengesetzte neue Bundesregierung. Ganz konkret wird zum Beispiel gefordert, den Agrardiesel künftig mit dem europäischen Durchschnittssatz zu besteuern und alternative Kraftstoffe entsprechend ihrem Beitrag zum Klimaschutz steuerlich zu entlasten.
Dringend durchforstet werden muss aus Sicht des Gremiums der Dschungel der Regelungen für die Landwirtschaft und den Gartenbau. Die ZKL spricht offen von einer Überforderung: „Landwirtschaft bedeutet Wirtschaften unter freiem Himmel und mit Lebewesen. Dies erfordert bei allen Regelungen einen gewissen Handlungsspielraum bzw. Orientierung vor Ort, um Ziele des Klima-, Umwelt- und Tierschutzes zu erreichen, ohne die Betriebe bei der Durchführung zu überfordern und gesellschaftliche Ziele zu konterkarieren.“ So klar dies ist, so sehr stehen diesen Gedanken Regelwerke und Behörden gegenüber, die immer kleinteiliger prüfen und regulieren wollen. Dabei weiß jeder Praktiker, dass es gerade dadurch erst zu Fehlern kommt, die am Ende dem Gesamtziel schaden.
„Vorschlägen der Borchert-Kommission folgen“
Als Negativbeispiel führt die ZKL den Umbau der Tierhaltung in Deutschland an. Sehr deutlich wird die Politik aufgefordert, den Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung – besser bekannt als Borchert-Kommission – zu folgen. Der aktuell verfügbare Finanzierungsrahmen sei „absolut unzureichend“. Die ZKL unterstützt unisono langfristige Vereinbarungen mit den Betrieben, damit diese den Umbau finanzieren können. Und das Gremium sieht in der moderaten Anhebung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf tierische Produkte das geeignetste Instrument.
Düngerecht, Stoffstrombilanz, Pflanzenschutz, GAP-Weiterentwicklung, Agrar-Umwelt-Kooperation, Flächenzugang – viele Themen werden im ZKL-Bericht behandelt und bewertet. Die Resonanz fiel in Fachkreisen positiv aus. Für Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, wird im ZKL-Papier deutlich, dass die laufende Transformation der Landwirtschaft „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die einer gesicherten Finanzierung bedarf und den Betrieben auf diese Weise eine Perspektive bieten kann“.
In dem einstimmig verabschiedeten Papier mit viele wichtigen und richtigen Empfehlungen und Vorschlägen für die Bundesregierung wird unter anderem eine neue Kultur der Zusammenarbeit gefordert. Eine zukunftsfähige Agrar-, Umwelt- und Tierschutzpolitik brauche eine noch stärkere Einbeziehung der gesamten Gesellschaft. Vieles funktioniere noch nicht gut. Das staatliche Tierhaltungskennzeichnungsgesetz, über dessen Auswirkungen wir kürzlich noch berichtet haben, sei ein solches Negativbeispiel. Die in der Praxis bereits bewährten Systeme und Prüfmechanismen seien nicht richtig eingebunden worden.
Die Kommission spricht auch zu vielen weiteren Themen Klartext. Ob Düngerecht, Weiterentwicklung der GAP, Agrardiesel oder Bürokratieabbau – die 25 Seiten sind gut gefüllt mit vielen im Konsens entwickelten Anregungen und Hinweisen.
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