Im Norden: Bauern contra Umweltminister
Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Tobias Goldschmidt zieht sich mit seiner kritischen Grundhaltung gegenüber der Landwirtschaft zunehmend den Zorn der Bauern zu. Auf dem Landesbauerntag in Rendsburg wurde Goldschmidt laut vernehmbar als „Bremsklotz“ bezeichnet. Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), seit jeher ein Verfechter der herkömmlichen Landwirtschaft, beruhigte mit dem Angebot an die Adresse der Bauern: „Bei Problemen sprechen Sie mich an.“ Was durchaus als interne Kampfansage an den grünen Koalitionspartner in Kiel gewertet werden kann.
Im Rahmen der landwirtschaftlichen Messe „Norla“ wurde die Missstimmung zwischen Bauernverband, Agrarminister Werner Schwarz (CDU) und seinem Kollegen Goldschmidt überaus deutlich. Bis zuletzt habe das Umweltministerium versucht, das Entlastungspaket der Landesregierung zugunsten des Bauernstandes zu verhindern, hieß es. Dadurch sei es kleiner ausgefallen als von den Landwirten und Bauernverband gefordert.
Den Vorwurf „Bremsklotz“ bezeichnet Goldschmidt als eine „Mischung aus Folklore und dem Versuch, große und teils hausgemachte Probleme der Landwirtschaft im Umwelt- und Naturschutz abzuladen“. Der grüne Minister fügte hinzu: „Die Nachfolge auf vielen Betrieben ist nicht geklärt. Es ergeben sich hohe Risiken für die Landwirtschaft aus der Klimakrise, wie die Erntebilanz zeigt. Fast ein Drittel weniger Winterweizen und Raps als vor einem Jahr.“ Goldschmidt sagte in einem Interview mit dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag (sh:z): „Wer übernimmt denn da einen Hof? Dazu kommen die Gefahren für die Produktionsbedingungen aus nicht mehr intakten Öko-Systemen und die internationalen Anhängigkeiten von Saatgutlieferanten, Absatzmärkten und Pflanzenschutzmittel-Herstellern.“
„Überzogen alarmistisch“
Im Landeshauptausschuss des Bauernverbandes stößt die „bauernfeindliche Haltung“ des Umweltministers auf heftige Kritik. Agrarminister Werner Schwarz soll Goldschmidt folgendermaßen charakterisiert haben: „Überzogen alarmistisch.“ Schwarz könne die Ausführungen seines grünen Kollegen nicht mehr hören. „Er stelle alles einfach nur als kaputt dar“, wird kolportiert.
Goldschmidt macht die Landwirtschaft auch für schlechte Wasserqualitäten verantwortlich. Das Grundwasser sei zur Hälfte im Land zwischen den Meeren in einem schlechten chemischen Zustand. „Wir müssen unser Trinkwasser zunehmend aufbereiten, weil da Pflanzenschutzmittel und Nitrate aus Düngemitteln drin sind. Von 70 Seen im Lande haben nur zwei eine gute Wasserqualität“, so der Minister. Der Großteil der Stickstoff- und Phosphoreinträge seien auf die Landwirtschaft zurückzuführen. Dies sei ein hohes Risiko für den Tourismus, zieht Goldschmidt eine alte grüne Kampfparole aus dem Hut.
Dem widerspricht der Bauernverband in einer Mitteilung gegenüber unserem Blog „natur+mensch“: „Trinkwasseraufbereitung wegen Pflanzenschutzmitteln gibt es nicht und schon gar nicht zunehmend.“ Die Nährstoffeinträge aus Deutschland in die Ostsee machten zwei Prozent aus. Schleswig-Holstein, zumindest aber seine Landwirtschaft, dürfte demnach zu unter einem Prozent an den Einträgen beteiligt sein, schreibt Generalsekretär Stephan Gersteuer.
In der Kieler Koalition schlagen die Wellen hoch. Die Vertreter der beiden grün geführten Sozial- und Umweltministerien gehören in der Staatskanzlei nicht zu den gern gesehenen Gästen.
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