Nicht nur der Wolf breitet sich unkontrolliert aus. Bei weiteren Arten sollte die EU die Tür für ein aktives Management der Bestände öffnen
Seit mehr als 30 Jahren praktizieren die Europäer erfolgreich den Schutz bedrohter Arten. Grundlage ist die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) aus dem Jahr 1992. In Anhang II sind die Arten von Pflanzen und Tieren aufgeführt, die unter besonders strengem Schutz stehen. Einige Tierarten, die akut vom Aussterben bedroht waren, haben sich erholt. Es ist nun Zeit, daraus die Konsequenzen zu ziehen. Sie müssen kaum oder gar keine natürlichen Feinde fürchten. Ihre Populationen wachsen unkontrolliert, bedrohen teils den Menschen oder richten Schäden in der Landwirtschaft und öffentlicher Infrastruktur an.
Der Wolf ist nur die prominenteste der hier betroffenen Tierarten. Der Weg, um zu einem aktiven Management der Bestände zu gelangen, ist aufwendig. Zunächst muss die Berner Konvention des Europarates geändert werden. Die Berner Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der über dem EU-Recht steht. Wenn die Berner Konvention geändert ist, kann dann in einem zweiten Schritt die FFH-Richtlinie geändert werden. Dazu bedarf es eines Vorschlages der EU-Kommission, der dann von den beiden Co-Gesetzgebern, EU-Parlament und Ministerrat der 27 EU-Staaten, beraten und beschlossen werden muss.
Die Union ist die einzige Partei, die mit der Forderung in den Europawahlkampf zieht, das EU-Recht zu ändern. Im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU steht der Hinweis darauf aber recht versteckt. In dem Absatz, in dem „Abschüsse bei hoher Wolfsdichte“ gefordert werden, heißt es auch: „Auch für andere große Beutegreifer braucht es vergleichbare Anpassungen.“
Um diese bislang streng geschützten Tierarten könnte es gehen: Der Bär stellt in Rumänien, der Slowakei und inzwischen auch in Norditalien eine akute Bedrohung für den Menschen dar. Allein in Rumänien gibt es Schätzungen zufolge 5000 bis 6000 Bären. Anders als beim Wolf kommt es zu gefährlichen Angriffen von Bären auf Wanderer und andere Sportler, leider immer wieder auch mit tödlichen Folgen für den Menschen. Hier sollte in die Bestände eingegriffen werden.
Auch der Biber ist vielerorts eine Plage
In Deutschland ist der Biber in vielen Gegenden zu einer regelrechten Plage geworden. Gerade im Südwesten um Sigmaringen und Biberach (!) nagen die Biber in großem Stil Bäume ab und stauen das fließende Gewässer auf. Nicht nur die Bauern sind genervt, deren Felder geschädigt werden. Die kommunalen Wasserbetriebe klagen über hohe finanzielle Schäden. Sie müssen die Abwasserkanäle aufwändig freihalten. Der Biberbestand in Deutschland wird auf 14.000 Tiere geschätzt. Obwohl sich die Bestände massiv erholt haben, finden immer noch kostspielige Umsiedlungsaktionen statt, die jeweils 100.000 Euro und mehr kosten. Die geschädigten Landwirte bekommen keinen finanziellen Ausgleich.
Am Bodensee und vielen Flussläufen hat der Bestand des Kormorans längst überhandgenommen. Sehr zum Ärger von Hobbyanglern und gewerblicher Binnenfischerei. Die unkontrollierte Ausbreitung der Kormorane, die sich von Fischen ernähren, ist ein Faktor, warum seit Anfang dieses Jahres ein zunächst auf drei Jahre befristetes Fangverbot für Blaufelchen gilt, auf die sich die Bodenseefischerei spezialisiert hatte.
Saatkrähen müssen kostspielig vergrämt werden
Vor allem in städtischen Parks und von Landwirten wird die Saatkrähe wieder als eine Belästigung empfunden. In Scharen machen die Krähen sich etwa über Biomaisfelder her. In vielen Kommunen wird über die Lärmbelästigung durch die Vögel geklagt sowie über die Verkotung von Parks und Spielplätzen. Da Abschüsse verboten sind, müssen Landwirte und Kommunen zu teuren Vergrämungsmaßnahmen greifen.
Fischotter vor allem in einigen Gegenden Bayerns sowie Gänse, die wertvolles Grünland in Nord- und Ostseenähe beeinträchtigen, sind weitere Arten, bei denen der Schutzstatus herabgesetzt werden sollte.
Die Anpassung der FFH-Richtlinie wird auf den erbitterten Widerstand des grünen Teils der Bundesregierung sowie von grünen und sozialistischen Abgeordneten im Europaparlament stoßen. Das Vorhaben ist aber überfällig und sollte nach der Europawahl konsequent vorangetrieben werden.
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