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Die neue Tierschutzbeauftragte kennt den Stallgeruch

  • Christian Urlage
  • 18. Aug.
  • 3 Min. Lesezeit

Die Bauerntochter, Juristin und CDU-Politikerin Silvia Breher befasst sich schon länger mit dem Tierschutz. Sie kommt aus einer bedeutenden Agrarregion im Westen Niedersachsens


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Silvia Breher
Silvia Breher (Foto: Anne Hufnagl)

Als Bundesagrarminister Alois Rainer (CSU) kürzlich seine Parlamentarische Staatssekretärin Silvia Breher zur neuen Tierschutzbeauftragten ernannte, hagelte es Kritik: Die Grünen, der Umweltverband BUND, der Deutsche Tierschutzbund sowie die Organisationen Peta und Vier Pfoten bezweifelten die Unabhängigkeit der CDU-Politikerin. Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin, der parteilosen Tierärztin Ariane Kari, gehört Breher dem Landwirtschaftsministerium an. Sie übernimmt die Aufgabe ab September zusätzlich, da die neue Koalition die Zahl der Beauftragten reduzieren und Kosten sparen will.


Doch wer ist Silvia Breher? Die 52-Jährige mit den punkig hochfrisierten blonden Haaren ist in Lindern im Kreis Cloppenburg auf einem Bauernhof aufgewachsen, als Tochter eines Maurers, der im Nebenerwerb einen landwirtschaftlichen Betrieb führte. Sie kennt also den Stallgeruch seit Kindheitstagen. Breher studierte Jura in Osnabrück und arbeitete dann 18 Jahre als selbstständige Rechtsanwältin. Dabei vertrat sie Handwerker in Bau-Streitigkeiten. Von 2011 bis 2017 setzte sie sich als Geschäftsführerin des Kreislandvolkverbandes (Bauernverband) Vechta für die Interessen der Landwirte ein.


Gegen drei Männer durchgesetzt


2017 zog sie für die CDU erstmals in den Bundestag ein, als Vertreterin des Wahlkreises Cloppenburg-Vechta im Westen Niedersachsens. Diese Region, das katholisch geprägte Oldenburger Münsterland, ist eine traditionelle Hochburg der Christdemokraten. In früheren Zeiten errangen sie sogar mehr als 60, 70 Prozent der Erst- und Zweitstimmen. Wer hier für die CDU antritt, kann damit sicher sein, auch ins Parlament gewählt zu werden. Entscheidender ist es daher, überhaupt für die Direktkandidatur aufgestellt zu werden. Breher gelang es. In einer Urwahl mit fast 2000 CDU-Mitgliedern schlug sie mit ihrem erfrischenden Auftritt drei Männer mit klarem Abstand. „Da wurde mir nichts geschenkt“, sagte sie der „Zeit“.


Bei der Bundestagswahl 2017 gewann die Quereinsteigerin in ihrem Wahlkreis mit 57,7 Prozent der Erststimmen – das höchste Ergebnis aller Kandidaten bundesweit. Seitdem hat sie eine steile politische Karriere hingelegt: Schon zwei Jahre später wurde Breher zur stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU gewählt. Sie ist auch Vorsitzende des CDU-Landesverbandes Oldenburg und gehört damit dem Landesvorstand der CDU in Niedersachsen an.


Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft


Das Wahlergebnis bei der Bundestagswahl in diesem Jahr fiel mit 45,8 Prozent der Erststimmen zwar deutlich schlechter aus als 2017 (57,7 Prozent) und 2021 (49,0 Prozent), doch damit erzielte Breher immer noch eines der besten Ergebnisse deutschlandweit. Nach der Wahl kursierten Gerüchte, Kanzler Friedrich Merz könnte sie und nicht einen Politiker der Schwesterpartei CSU für das Ressort Landwirtschaft, Ernährung und Heimat ins Kabinett holen. Tatsächlich wurde sie dort Parlamentarische Staatssekretärin. Die Sorgen und Nöte der Landwirte sind der Politikerin bestens vertraut. In ihrer ersten Wahlperiode im Bundestag gehörte sie dem Agrarausschuss an, in ihrer zweiten Wahlperiode war sie dort stellvertretendes Mitglied.


Außerdem engagierte sich die Mutter von drei Kindern in der Familienpolitik und war familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion. Wichtig sind ihr darüber hinaus die ländlichen Regionen: „Ich möchte, dass wir alle auch zukünftig gut in ländlichen Räumen leben und arbeiten können“, schreibt Silvia Breher auf ihrer Homepage. „Das ist eine Herzensangelegenheit und dafür stehe ich.“


Die größte Dichte an Veredelungsbetrieben in ganz Deutschland


Mit der Tierhaltung beschäftigt sich die CDU-Abgeordnete schon länger, allein schon, weil ihr Wahlkreis, das Oldenburger Münsterland, mit Geflügel, Schweine- und Rinderzuchtbetrieben deutschlandweit die größte Dichte an Veredelungsbetrieben aufweist. Hier sitzen Unternehmen, die zu den größten Lieferanten des deutschen Lebensmitteleinzelhandels zählen. Im Agrarausschuss des Bundestages hatte sie mit Tierschutz zu tun. Zur Tierwohl-Initiative des Handels sagte sie dem „Weser-Kurier“ vor zwei Jahren: „Ich hätte nie gedacht, dass bei mir auf dem Land im Supermarkt das Regal mit den entsprechenden Haltungsstufen so breit gefüllt sein würde.“


Die Bauern bräuchten aber auch die Chance, die Anforderungen des Marktes umzusetzen. Dafür müssten erst im Baurecht die Voraussetzungen geschaffen werden. Und es ist aus ihrer Sicht nicht hilfreich, wenn es in Deutschland eine Tierhaltung auf höchstem Niveau gibt, aber schmutzige Geschäfte ins Ausland verlagert werden.


Den Tierschutz sieht Breher als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Als besonders wichtig bezeichnet die designierte Beauftragte den „Dialog mit den Tierschutzverbänden, der Landwirtschaft, der Wissenschaft und der Gesellschaft“. Man kann gespannt sein, wie sie sich in den kommenden Jahren für den Tierschutz – nicht allein bei Nutztieren – einsetzt.

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