Nach den Wahlen am Sonntag ist vor der Wahl am 22. September. Thüringen und Sachsen werden auf den Schlussspurt des Brandenburger Wahlkampfes Wirkung zeigen. Das Forum Natur meldet sich jetzt in Potsdam dazu
Erste Wahlanalysen in Thüringen und Sachsen zeigen, dass die starken Gewinne der extremistischen Parteien in den ländlichen Regionen und den höheren Altersgruppen eingesammelt wurden. Ein Spezifikum mit Blick auf die AfD scheint die offensichtlich stärker verbreitete Haltung junger Menschen, weniger Angst vor einer radikalen Partei zu haben als vor sozialen Verwerfungen. Viele nehmen die AfD als Partei für wirtschaftliche, öffentliche und soziale Sicherheit wahr – und das offensichtlich besonders in den ländlich geprägten Regionen.
Die Ausgangslage für die Wahl des nächsten Landtags in Potsdam ist in einigen Punkten politisch vergleichbar, in einem aber nicht: Michael Kretschmer hat vielleicht mit der CDU die Chance bewahrt, wieder eine Regierungsmehrheit zu finden. Bodo Ramelow wurde mit seiner Partei Die Linke glatt abgewählt. Nun versucht es Dietmar Woidke, mit seiner Partei, der SPD, wieder ins Amt zu kommen. Und das, obwohl gerade die Kanzlerpartei mit ihren grünen und liberalen Ampel-Partnern am Sonntag abgestraft wurde. Es wird interessant zu beobachten sein, welche Konsequenzen in der weiteren Wahlkampfführung sichtbar werden. Eins ist schon klar: Die Landespartei versucht möglichst unauffällig, Olaf Scholz weitgehend aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Er wohnt zwar im Lande und wird dort auch wohl wählen, aber kaum reden. Woidke meidet Kanzlerauftritte, die üblicherweise als besondere Höhepunkte in Wahlkämpfen gelten.
Dafür positionieren sich andere, die auch der Ministerpräsident und alle landespolitischen Handelnden in den Blick nehmen muss. Das sind die Repräsentanten des ländlichen Raumes. Dieser prägt das Land. Als Landesorganisation des „Forums Natur“ haben sie sich in Potsdam zusammen zu Wort gemeldet, um „Endlich Politik fürs Land“ einzufordern.
Es geht um Verbesserungen der Lebensbedingungen im ländlichen Raum
Gernot Schmidt, der Vorsitzende des Forums Natur Brandenburg (FNB), meinte, dass die Verbesserungen der Lebensbedingungen im ländlichen Raum zu den großen Aufgaben der neuen Landesregierung gehörten. Sie habe zur Aufgabe, die Konflikte zwischen Stadt und Land gezielt zu reduzieren. Die Verbände im Forum Natur würden ihren Beitrag dazu leisten. Der ländliche Raum könne nur durch den Schulterschluss der relevanten Akteure seinen Interessen Gehör verschaffen. Dies geschieht auch im Forum Natur, das auch auf Bundesebene als Aktionsbündnis die Interessen von Naturnutzern bündelt.
Zurück nach Brandenburg: „Die Agrar- und Umweltpolitik der letzten fünf Jahre hat maßgeblich zur Radikalisierung von Teilen des ländlichen Raums beigetragen. Die Bauernproteste, denen sich auch viele andere Berufsgruppen angeschlossen haben, waren ein sichtbares Zeichen dafür, das nicht ignoriert werden darf. Aus fachlicher Sicht waren das in den Bereichen Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft verschenkte Jahre. Die mangelnde Beteiligung der relevanten Akteure zog sich wie ein roter Faden durch die Legislatur. Miteinander wäre mehr gegangen.“ Das sagte der stellvertretende Vorsitzende des Forums Natur Brandenburg, Dr. Dirk-Henner Wellershoff, der zugleich Präsident des Landesjagdverbandes dort ist.
Die zusammengeschlossenen Verbände in Brandenburg haben gut drei Wochen vor der Landtagswahl ein Positionspapier zur Stärkung der ländlichen Räume durch Unterstützung der regionalen Landnutzung vorgestellt. Hier die wichtigsten Positionen als Dokumentation:
Forderungen, an die Landespolitik gerichtet:
Konflikte zwischen urbanem und ländlichem Raum gezielt reduzieren, Lebensbedingungen im ländlichen Raum verbessern
Personalunion von Leitung der Forstabteilung und der Obersten Jagdbehörde beenden
Entbürokratisierung der Landwirtschaft ermöglichen
regionale Wertschöpfung und Selbstversorgungsgrad der Region Berlin/Brandenburg in den politischen Fokus stellen
gesellschaftliche Bedeutung der Ernährungssicherheit anerkennen
Transformation der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung hin zu mehr Tierwohl bei Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit fördern
Zum Thema „Neuausrichtung des Natur- und Umweltschutzes“ heißt es unter anderem:
Artenschutzkonflikte endlich angehen (z.B. durch Überarbeitung von Wolfs-VO, Biber-VO, Kormoran-VO)
Management der Wolfspopulation an aktuelle Gegebenheiten anpassen (Bundesratsinitiative zur Absenkung des Schutzstatus des Wolfes einbringen, Wolf ins Jagdrecht aufnehmen, Bestandsregulierung ermöglichen)
FFH-Managementpläne unter Einbeziehung der Landnutzerverbände evaluieren und fortschreiben
Zur Forstpolitik werden unter anderem diese Punkte genannt:
Schutz der Brandenburger Wälder durch Förderung des klimaresilienten Waldumbaus und der nachhaltigen Holzproduktion
Freiraum bei der Wahl klimatoleranter Baumarten zulassen, Einbringung von klimatoleranten, bereits in Deutschland seit langem bewährten fremdländischen Baumarten ermöglichen
private Waldbesitzer beim klimaresilienten Waldumbau stärker unterstützen (z.B. durch Informations- und Beratungsangebote, niedrigschwellige Finanzierungsangebote ohne Vorleistung und hohen Bürokratieaufwand)
Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (PSM) gemäß aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen genehmigen, um intakte Waldbestände und Waldökosysteme vor massiven Verlusten an Biodiversität und Vielfalt durch Kalamitätsereignisse zu schützen
Zur Bewahrung eines funktionierenden und wertgeschätzten Jagdwesens:
Aufhebung der Änderungen der Jagdgesetzdurchführungsverordnung vom 22.05.2024: Streichung der Sommerschonzeit im Juni und Juli auf Rot-, Dam- und Rehschmalwild sowie auf Rehböcke auf landwirtschaftlichen Flächen, Wiederzulassung der Jagd auf Blässgänse auf gefährdeten Ackerkulturen, Aufhebung des Verbots sogenannter Totschlagfallen
Novellierung des Brandenburger Jagdrechts in konstruktiver Zusammenarbeit mit den Flächeneigentümern und -bewirtschaftern
Jagdabgabe im Sinne der Jägerschaft einsetzen, Anträge zügig bearbeiten
regionale Wildvermarktung stärken (z.B. durch Unterstützung von Projekten zur regionalen Wildvermarktung)
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