Fuchs-Dummy ist nur ein Behelf
- Christoph Boll
- vor 2 Tagen
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Aktualisiert: vor 1 Tag
Die Einarbeitung von Bauhunden am lebenden Fuchs in Schliefanlagen wird immer wieder kritisiert. Der mechanischen Attrappe nach dänischem Vorbild fehlen – gerade unter Tierschutz-Aspekten – wesentliche Voraussetzungen

Als Anfang des Jahres die grüne niedersächsische Umweltministerin Miriam Staudte ihre Pläne für ein neues Landesjagdgesetz präsentierte, stellte sie darin auch das Einarbeiten von Erd- oder Bauhunden an zahmen Füchsen in Schliefanlagen infrage. Das sind künstlich angelegte Fuchsbaue zur Ausbildung von Jagdhunden. Staudte zollte damit einer zumeist emotionalen Regung Tribut, aus der heraus auch Menschen, die die Jagd nicht komplett ablehnen, das Verständnis für die Ausbildung von Hunden an lebenden Tieren oft fehlt. Immer wieder wird in dem Zusammenhang die Frage nach der Tierschutzgerechtigkeit dieser Ausbildung und möglichen Alternativen gestellt.
Das tat auch Staudte. Die Ministerin besuchte im Sommer mit großem Tross im Gefolge eine dänischen Schliefanlage, um sich dort über den Einsatz einer mechanischen Fuchs-Attrappe zu informieren. Vertreterinnen und Vertretern des niedersächsischen Jagdverbandes, der Jagdhunde- und Tierschutzorganisationen sowie Mitglieder des niedersächsischen Landtags begleiteten sie. Spätestens seit dieser Reise ist der sogenannte SimFox nicht nur bei passionierten Raubwild-Jägern ein Thema.
Wie Schliefanlagen funktionieren
Die Diskussion versteht nur, wer weiß, wie die mehr als 120 Schliefanlagen in Deutschland funktionieren. Dabei handelt es sich künstlich angelegte, aber natürlichen Fuchsbauen nachempfundene Einrichtungen. Sie bestehen aus einem Netz von künstlichen Gängen, einschließlich von Hindernissen wie Sackgassen, Steigrohren und Sandbänken. In diese Anlage setzt der für die Anlage zuständige Schliefenwart einen speziell dafür gehaltenen, zahmen Fuchs ein.
Die Aufgabe des jungen Jagdhundes – in der Regel sind es körperlich kleine Rassen wie Teckel und Terrier – ist es anschließend, der Geruchsspur des Fuchses bis zum Hauptkessel, dem zentral gelegenen Wohnraum des Fuchses innerhalb des Baues, zu folgen und Reineke so lange zu verbellen, bis er durch eine Fluchtöffnung den Kessel verlässt. Um den Fuchs zu schützen, ist der Kessel durch eine technische Vorkehrung, den sogenannten Schieber, vom Rest des Baues getrennt, sodass es zu keinem direkten Körperkontakt zwischen Hund und Fuchs kommen kann.
Erfahrene Bauhundführer und Schliefenwarte betonen, dass der zahme Fuchs das Procedere genau kennt und keinem Stress ausgesetzt ist. Tierschützer hingegen fordern ein Verbot dieser Ausbildungsmethode, wie es in Dänemark faktisch bereits seit Anfang 2017 gilt. Seither ist bei unseren nördlichen Nachbarn das Halten von Füchsen – auch zur Hundeabrichtung – verboten.
Die zwölf dänischen Schliefanlagen behelfen sich deshalb mit einer vom dortigen Jagdverband entwickelten Methode, die auf einen mechanischen „Fuchs“ setzt. Die Arbeit mit der vollautomatischen Attrappe, dem sogenannten SimFox, zielt auf wesentliche Bausteine für die Bauhund-Ausbildung, das Einschliefen in den Bau, das Verbellen am Kessel und das verlässliche Abrufen.
Attrappe offenbart ihre Grenzen
Der SimFox offenbart aber auch die Grenzen seines Einsatzes: Er ist zwar beweglich und gibt Laute von sich. Die mechanischen Geräusche sind aber alles andere als natürlich und für manchen Jagdhund eher befremdlich. Und mindestens ebenso wichtig: Die Attrappe gibt keinen Duft ab. Deshalb sehen auch die dänischen Jäger im SimFox absolut keinen Ersatz für den lebendigen, echten Fuchs. Er ist ein Behelf für die Einarbeitung des Bauhundes, der dem Vierläufer und seinem Führer ermöglicht, unter fachkundiger Anleitung die ersten Schritte unter kontrollierten Bedingungen zu machen.
In Dänemark wurde deshalb eine „Natur-Prüfung“ eingeführt. Sie ermöglicht, das Verhalten des Hundes in freier Natur in einer realen jagdlichen Situation zu beurteilen. So wurde die Einarbeitung am Dummy komplett vom Prüfungsgeschehen am wilden Fuchs getrennt. In Deutschland hingegen sind Bauprüfungen für Erdhundrassen ein wesentlicher Bestandteil des Prüfungswesens.
Staudtes Delegationsreise nach Dänemark diente nach ihren Angaben der „Abwägung, ob die Praxis in Niedersachsen in dieser Wahlperiode auch dahingehend gesetzlich weiterentwickelt werden soll, die Schliefenanlagen künftig auch nur noch ohne lebende Füchse zu betreiben“. Vertreter der Jagdverbände und des Jagdgebrauchshundverbandes (JGHV) lehnen das weiterhin ab. Für sie ist der „dieser Roboterfuchs keine ausgereifte Alternative zu unserer bewährten Ausbildung der Jagdhunde in Schliefanlagen“, bilanzierte Ernst-Dieter Meinecke als Mitglied des Präsidiums des Landesjagdverbandes Niedersachsen (LJV).
Reale Bedingungen unverzichtbar
Mit JGHV-Präsident Karl Walch ist er einig, dass bei der dänischen Ausbildung das Entscheidende, nämlich das natürliche Verhalten von Jagdhund und Fuchs bei einem Aufeinandertreffen unter realen Bedingungen, völlig fehlt. Es gebe deshalb aus Sicht des Tierschutzes keine Verbesserung. Das Gegenteil, sei vielmehr der Fall, weil bei der in Dänemark angewandten Methode Fuchs und Bauhund zum allerersten Mal in der praktischen Jagdausübung aufeinandertreffen. Der Hundeführer wisse dabei nicht einmal ansatzweise, wie sein Hund reagiert. Das sei unter Tierschutzgesichtspunkten sehr viel bedenklicher als bei der Ausbildung in der Schliefanlage, wo Fuchs und Hund sich unter kontrollierten Bedingungen begegnen.
Aus Sicht der deutschen Praktiker ist daher eine Kombination beider Methoden zwar grundsätzlich denkbar. Die technische Variante, etwa mit dem SimFox, könne für eine erste Einarbeitungsphase vielleicht sinnvoll genutzt werden. Die eigentliche Ausbildung und die Prüfung der jagdlichen Eignung sei aber ohne Arbeit am lebenden Fuchs in der Schliefenanlage nicht möglich. Nur so lasse sich das natürliche Verhalten des Hundes realitätsnah beurteilen und züchterisch bewerten.
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