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Forstpolitik auf dem Holzweg

  • Michael Lehner
  • 13. Mai 2024
  • 3 Min. Lesezeit

Das neue Bundeswaldgesetz, die Naturwald-Thesen und die Wirklichkeit


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Ein Holzweg führt durch einen Wald
Foto: slicer / pixelio.de

Streit um die richtige Forstwirtschaft hat in Deutschland eine lange Tradition – auch die Irrtümer. Nicht nur in Bayern geht der Expertenstreit gerade wieder richtig los. Auch bundesweit hagelt es Kritik am Entwurf für ein neues Bundeswaldgesetz. Im Kern geht es immer um die Frage, ob sich Forstwirtschaft rechnen muss. Oder ob die Steuerzahler dafür aufkommen, dass der Wald sich nicht mehr rechnen muss und der Natur überlassen wird – Borkenkäfer inklusive.

 

Nicht nur, weil der Jäger und Landwirt Hubert Aiwanger seit der Landtagswahl für den bayerischen Staatsforst zuständig ist, gärt es dort gewaltig. Sondern auch, weil selbst in Öko-Kreisen die Meinungen über den richtigen Umgang mit dem „Grünen Holz“ offenkundig meilenweit auseinander gehen. Aktuelles Beispiel: Beamte im Nationalpark Bayerischer Wald wollen die Fläche ausweiten, auf denen der Borkenkäfer dort bekämpft wird. Norbert Schäffer hingegen, Vorsitzender der bayerischen NABU-Niederlassung „Landesbund für Vogelschutz“, kritisiert eine „fachlich nicht nachvollziehbare Argumentation“.

 

Klar ist wohl, dass der Käfer auch im Nationalpark vermehrt schlüpft und entsprechend in die angrenzenden Wirtschaftswälder ausschwärmt. Der alte, mühsam befriedete Streit mit den Park-Nachbarn droht wieder aufzuflammen. Denn es gibt ja auch die Denkschule, dass der Käfer hilft, die gern geächteten „Fichtenplantagen“ durch „gesunden Mischwald“ zu ersetzen, der vermutlich (!) mit Hitze und Trockenheit weit besser klar kommt. Der vergangene Sommer mit großflächigen Dürre-Kalamitäten gerade auch in Laubwäldern stellte da manche Theorie auf harte Proben.

 

Quer durch die Öko-Fronten


Quer durch die Öko-Fronten geht auch die Debatte um die Nutzung des nachwachsenden Rohstoffs Holz. Während sogar der Berliner Klima-Minister den Plan aufgegeben hat, moderne Holzheizungen zu ächten, kämpfen diverse Verbände (und einzelne Förster) weiter dafür, das Holz lieber im Wald verrotten zu lassen. Was zwar ebenfalls Kohlendioxid freisetzt und den erwähnten Käfern die Verbreitung noch leichter macht. Aber der Theorie folgt, dass die Natur die Dinge am besten von alleine regelt. Aber wohl nicht die Forderung der Bundesbauministerin, dass die Deutschen viel mehr mit Holz bauen sollten.

 

„Praxisfern, bürokratisch, verfassungswidrig“ nennt eine Arbeitsgemeinschaft der wichtigsten deutschen Waldbesitzerverbände den Entwurf für ein neues Bundeswaldgesetz. Das Regelwerk gefährde die Klimaziele und die nachhaltige Bewirtschaftung durch noch mehr „Regulierung und Bürokratisierung“, der „dringend nötige, klimaresiliente Umbau und Schutz der Wälder (werde, d. Red.) an vielen Orten nicht mehr möglich“. Dass der Gesetzgeber den Eigentümern bis hin zur Wahl der Baumarten ihr Handeln vorschreiben will, gefährde „den Fortbestand einer fachgerechten, flexiblen und vor allem nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder“.

 

Zu den zentralen Streitfragen hinter den akuten Debatten gehört nicht nur die populäre Naturwald-Theorie. Mindestens genauso spannend ist der Streit um immer intensivere Freizeit-Nutzung, etwa durch Mountainbiker. Letzterer bringt einige Öko-Verbände – wie schon der alpine Ski-Tourismus – in die Verlegenheit, treue Fans zu brüskieren, wenn sie der Natur gerecht werden wollen. Beim Streit um Wege-Gebote und Betretungsverbote jedenfalls fühlen sich Waldbesitzer ziemlich alleingelassen. Auch mit der Erkenntnis, dass ein Übermaß an touristischer Nutzung das Schalenwild in die dichten Bestände treibt und so den Verbiss befördert.

 

Streit um Rolle von Raubtieren


Zugespitzt geht es um Fragen wie die, ob der Wald als Allgemeingut von kommerzieller Nutzung zu befreien sei. Oder ob besser wäre, die Regulierung der Wildbestände Raubtieren zu überlassen. Dass Natur der Artenvielfalt oft eher entgegenwirkt statt ihr zu nützen, haben Waldbesitzer schon vor Jahrzehnten nachgewiesen. Sich selbst überlassen setzen sich die stärksten Arten durch. Schwedische Forscher sind da erkennbar ergebnisoffen und stellen fest, dass frisch gepflanzte Bäume mehr Kohlendioxid binden als alte Baumriesen. Oder dass es dem Wald in Wolfsregionen nicht besser geht als anderswo.

 

Max von Elverfeldt, Bundesvorsitzender der Familienbetriebe Land & Forst, zur aktuellen Kampagne: „Gerade mit Blick auf die großen Herausforderungen durch den Klimawandel und seine Folgen brauchen wir für den Wald pragmatische Lösungen, keinen politischen Regulierungseifer.“ Die Verbände lassen zudem eine Verfassungsklage vorbereiten: Zumal die Beschränkung der Baumartenwahl und die Begrenzung waldbaulich-betrieblicher Freiheiten seien als Eingriff in die Eigentumsrechte verfassungswidrig.

 

„Die Bundesregierung ist in jeder Hinsicht auf dem Holzweg, 48 Prozent der deutschen Wälder befinden sich im privaten Besitz“, sagt Max von Elverfeldt: „Das Gesetz wirkt demotivierend und gängelt ausgerechnet diejenigen, die sich um den Wald kümmern. Es wird den Waldumbau eher verhindern als beschleunigen.“

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