Der Entwurf fürs neue Bundeswaldgesetz hat das Zeug, den ländlichen Raum endgültig in Rage zu bringen
Noch sind die Traktor-Demos gegen die Agrarpolitik nicht vorbei, da zündet die Bundesregierung die nächste „Bombe“. Die Novelle zum Bundeswaldgesetz bietet alle Komponenten für Aufregung und Proteste: neue Straftatbestände und Eingriffe ins Eigentumsrecht der Waldbesitzer. Vor allem aber jede Menge Ideologie mit der Handschrift des NABU. Also von jenem Verband, der seine eigenen Naturschutzflächen nicht in den Griff bekommt. Aber als heimliche Hausmacht in den Bundesministerien der Grünen gilt.
Wehe dem Waldbesitzer, der zum Beispiel die Wurzelstöcke gefällter oder sonst gefallener Bäume nicht nach den neuen Regeln versorgt. Hierzu soll es künftig sogar einen Straftatbestand geben. Wer Waldbau weiter nach eigener Erfahrung und Gutdünken betreibt, riskiert Bußgeld in noch nicht endgültig festgelegter Höhe. Originalton der beteiligten Öko-Verbände: „Das Fundament der anpassungsfähigen forstlichen Governance bilden die zwingend erforderlichen, sanktionsbewährten rechtlichen Mindeststandards der Waldbewirtschaftung, die sich aus der Gemeinwohlverpflichtung des Eigentums ergeben.“
Waldbauern sollen Arten und Sorten ihrer Forstpflanzen nicht mehr nach eigenem Gusto und eigener Expertise bestimmen, sondern verpflichtende Beratung einholen. Logisch gegen Bezahlung und – im Zweifel – von staatlicher Seite. Die Forstpartie bekommt also mehr Einfluss und Betretungsrechte. Was nicht zuletzt schlimme Erinnerungen an Versuche weckt, die Jagdgesetze – wie in Rheinland-Pfalz eben im Prozess des Scheiterns – im Sinne einer Jäger-Minderheit umzukrempeln.
Anweisung als altes Prinzip: Mehr Bäume pflanzen als ernten
Abschaffen wollen die Reformer im Gegenzug den Begriff der „guten waldbaulichen Praxis‟. Und es ist ihnen kaum Erwähnung wert, dass das Prinzip der Nachhaltigkeit im Waldbau eine deutsche Erfindung ist: Hans Carl von Carlowitz, königlich-polnischer und kurfürstlich-sächsischer Kammer- und Bergrat, schrieb mit der „Sylvicultura oeconomica“ die erste Anweisung, mehr Bäume zu pflanzen als zu ernten. Ein Meilenstein über Europa hinaus und Grundlage des Zusammenwirkens von Ökonomie und Ökologie im Forst.
Die auf Spendengenerierung spezialisierten Waldretter von NABU, Deutscher Umwelthilfe und WWF sind mit solcher Tradition nicht zufrieden. Das aktuelle Bundeswaldgesetz von 1975 kenne „keine Klimakrise und kein Artensterben‟. Es schaffe „nicht den notwendigen Rahmen, deutsche Wälder gegen die zunehmenden Extremwetter anzupassen und gegen die steigende Holznachfrage zu wappnen‟. Damit wird klar, dass es auch um weitere Eingriffe in Eigentumsrechte geht. Denn neben der Jagdpacht ist der Holzverkauf die einzig nennenswerte Einnahmequelle der Waldbesitzer.
Dass Teile der Bundesregierung zugleich den vermehrten Einsatz des umweltfreundlichen Baustoffs Holz propagieren, ist nicht der einzige Stolperstein im Gesetzentwurf. Forstwirtschaftliche Erkenntnisse wie der Nachweis, dass junger Wald weit mehr Schadstoffe bindet als altehrwürdige Baumriesen, werden schlichtweg ignoriert. Dafür gilt die höchst umstrittene These, dass Bäume besser als Totholz verrotten als verbrannt zu werden. Und am Ende lauert womöglich noch der Wolf, dessen vermeintlich segensreicher Einfluss auf den Waldzustand durch Forscher der schwedischen Forst-Universität (SLU) eben erst eindrucksvoll widerlegt wird.
„Allenfalls Diskussionsgrundlage mit handwerklichen Mängeln“
Die betroffenen Waldeigentümer nennen den zwischen Bundeslandwirtschafts- und Bundesumweltministerium abgestimmten Entwurf eine „allenfalls erste Diskussionsgrundlage mit vielen handwerklichen Mängeln“. „Unsere Mitgliedschaft lehnt den Entwurf in Gänze ab“, sagt Präsident Professor Andreas Bitter von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände e.V. Entsetzt hätten die privaten Waldbesitzer in Deutschland zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Holzproduktion im Entwurf als nachrangig betrachtet wird. „Dies wird der Rolle von Wald und Holz als oft einzige Erlösquelle der Forstbetriebe und als Wirtschaftsfaktor mit einer Wertschöpfung von fast 60 Milliarden Euro gerade im ländlichen Raum nicht gerecht.“ Der Entwurf zeichne sich an vielen Stellen durch „große Praxisferne“ aus, etwa bei der starren Beschränkung, dass zwischen Rückegassen mindestens 40 Meter Abstand eingehalten werden müssen.
Die bereits erwähnten Straftatbestände führen laut Professor Bitter „zu einer tiefen Verunsicherung von Menschen, die sich mit Herzblut und großem Engagement für den Wald einsetzen, ihn häufig seit vielen Generationen pflegen, damit der Gesellschaft den wunderbaren Rohstoff Holz zur Verfügung stellen und wegen der Klimakrise ohnehin vor kaum zu bewältigenden Herausforderungen stehen.“ Vernichtend ist auch der Tenor des Rechtsgutachtens, das die Verbände bei der auf Verfassungs- und Umweltrecht spezialisierten Kanzlei Dombert in Potsdam beauftragt. Immerhin gibt es Schätzungen, dass von dem geplanten Gesetz rund elf Millionen Hektar Wald und 750.000 private Waldbetriebe betroffen sind.
Rechtsgutachter Tobias Roß nennt den Gesetzentwurf „verfassungswidrig“ und „auch inhaltlich misslungen“. Die vorgesehene Beschränkung der Baumartenwahl, die Herabstufung der Holzproduktion und die Begrenzung anderer waldbaulich-betrieblicher Freiheiten seien Eingriffe in die Grundrechte des Eigentums (Art. 14 GG) und der Berufsfreiheit (Art. 12 GG). Die neu eingeführten Strafvorschriften wertet der Jurist als Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: „Die Strafvorschriften schießen weit über das Ziel hinaus.“ Die in diversen Neuregelungen zum Ausdruck kommende Nachrangigkeit der Holzproduktion gegenüber Klimaschutz und Biodiversität sei verfassungswidrig.
„Neuordnung nicht erforderlich und unverhältnismäßig“
AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter ergänzte: „Der Walderhalt ist erstes Ziel aller waldbäuerlichen Anstrengungen, denn nur in einem stabilen Wald sind die Holzproduktion sowie alle anderen Ökosystemleistungen gesichert. Die Neuordnung der Waldfunktionen ist nicht erforderlich und unverhältnismäßig.“ Auch die erstmals in einem Bundeswaldgesetz vorgesehenen Straftatbestände wie die Störung der „Stille des Waldes“ im Wald seien der Versuch, Verhaltensweisen zu kriminalisieren, „die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt strafwürdig sind“.
Max von Elverfeld, der Vorsitzende der „Familienbetriebe Land und Forst“, sagte dazu bereits in einem Zeitungsinterview, dass die gegenüber dem derzeit geltenden Bundeswaldgesetz geplanten neuen Straftatbestände und Bußgeldvorschriften Ausdruck eines tiefen Misstrauens gegenüber den Forstleuten vor Ort seien. „Die Androhung von Freiheitsstrafen setzt Waldbesitzer mit Kriminellen, die Einziehung von Tatmitteln Motorsägen mit Tatwaffen gleich.“
„Nicht Naturschutz- und Waldbehörden sind die besten Waldbewirtschafter, sondern eigenverantwortliche Waldbesitzer, die auf Bioökonomie setzen“, sagte Prof. Andreas Bitter. Max von Elverfeldt nennt den Gesetzentwurf gar „ein Demotivationsprogramm für Waldbesitzer“, er werde „den Waldumbau eher verhindern als beschleunigen“.
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