Überflüssige Bürokratie
- Ludwig Hintjens
- 16. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
Zum Jahresanfang soll die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) in Kraft treten. Private Klein-Waldbesitzer würden absurden Regelungen unterworfen

Das Abholzen von ökologisch sensiblen Waldflächen ist kein Problem von mitteleuropäischen Ländern wie Deutschland und Österreich. Hierzulande sind in den letzten Jahrzehnten die Bestände an Wäldern sowie der Vorrat an Holz nachweislich gewachsen. Dennoch sollen die Waldbesitzer in Deutschland Anfang nächsten Jahres neuen kleinlichen bürokratischen Übungen unterworfen werden. Wenn die EU-Kommission nicht doch noch ein Einsehen hat, müssen künftig auch die Besitzer von Privatwald in Deutschland eine Sorgfaltserklärung abgeben, bevor sie ihr Holz vermarkten können.
Darin müssen sie an ein EU-Portal die verkauften Holzmengen mit den Geokoordinaten der jeweiligen Grundstücke melden. Auch die Holzmenge, die Art des Holzes und den Produktionszeitraum müssen Waldbesitzer angeben. Sie bekommen dann eine Referenznummer, die an den Käufer des Holzes übermittelt wird. Klar, es geht um Europas Einsatz gegen das Artensterben. Dass Importeure von Tropenhölzern, Kaffee, Soja oder Kakao aus Afrika, Asien und Lateinamerika den Nachweis „entwaldungsfrei“ erbringen müssen, ist nachzuvollziehen. Die Abholzung der letzten Urwälder ist ein ernsthaftes Problem. Doch warum die Besitzer von Privatwald in Deutschland und Österreich – 98 Prozent von ihnen haben weniger als 20 Hektar – sich dieser Prozedur unterwerfen müssen, das ist nicht nachzuvollziehen. Die Kommission kennt die Bedenken. Sie argumentiert aber, die Regelung müsse auch für den Wald in der EU gelten, da sie sonst nicht mit dem Reglement der Welthandelsorganisation (WTO) vereinbar wäre.
Warum hat die EU-Kommission nicht die Notbremse gezogen?
Die Entwaldungsverordnung (EUDR) stammt aus dem ersten Mandat von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die Jahre 2019 bis 2024 standen ganz unter dem Vorzeichen des Green Deals. Die Verordnung hätte Anfang 2025 EU-weit in Kraft treten müssen. Doch die Kommission entschied sich, ihren Start noch einmal um ein Jahr zu verschieben. Ihre zweite Amtszeit an der Spitze der EU-Behörde will von der Leyen vor allem für mehr Wettbewerbsfähigkeit der EU-Unternehmen und gegen überflüssige Bürokratie einsetzen. Dass die Kommission nicht längst die Notbremse gezogen und die Verordnung auf Eis gelegt hat, das verwundert sehr. Sollte die Verordnung Ende des Jahres scharf gestellt werden, würde sie als Rechtsakt in die EU-Geschichte eingehen, der viel unnütze Bürokratie neu schafft.
In Deutschland gibt es rund zwei Millionen Besitzer von Privatwäldern. Viele von ihnen bewirtschaften die Wälder nicht im Hauptberuf. Die allermeisten von ihnen müssten sich persönlich mit den absurden Anforderungen der EU-Rechtssetzung herumschlagen, da sie in der Regel keine Angestellten haben, die den Papierkrieg für sie erledigen könnten. Man darf getrost annehmen, dass diese Übung in den betroffenen Familien nicht gerade das Verständnis für das europäische Projekt vergrößern wird.
Dabei wäre es gar nicht so kompliziert: Kritiker der Regelung im Europaparlament fordern schon lange, dass in der Verordnung eine sogenannte Null-Risikokategorie eingefügt werden könnte. Mitgliedstaaten, in denen Entwaldung und das Abholzen von Primärwäldern nicht vorkommen, bedeuten kein Risiko für das Anliegen der Verordnung. Daher spräche nichts dagegen, dass sie in dieser Kategorie einsortiert werden. Damit würden sie von dieser ärgerlichen Regelung ausgenommen.






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