Sogar in seiner Selbstkritik hält Robert Habeck an der Überzeugung fest, dass der Staat die Menschen zu ihrem Glück zwingen muss
Der Blick auf die Sintflut-Bilder macht es schwer, den Klimawandel zu leugnen. Dennoch verliert die Bundesregierung weiter an Rückhalt. Vor allem der zuständige Energiewende-Minister Robert Habeck. Und dies vor allem im ländlichen Raum, den der Grüne mit Steuer-Milliarden zum Gewinner der Krise machen will. Habecks Hauptproblem: Seine Botschaften kommen gerade bei den Menschen nicht mehr an, auf die es beim Gelingen der Wende ankäme.
Selbst wenn er Fehler zugibt, wirkt der verblassende Grünen-Star wie ein Trotzkopf im Büßergewand. Ja, sagt er, die Bürger habe sein Heizungsgesetz womöglich überfordert. Aber es sei trotzdem der richtige Weg, um das Klima zu retten. Obwohl sich Wärmepumpen bei deutschen Strompreisen für die Verbraucher nicht rechnen. Obwohl die Branche mit opulenten Förderprogrammen in Goldgräberstimmung versetzt wurde und Phantasiepreise für eine recht simple Technik durchsetzen wollte. Und – vor allem – weil es hinten und vorne am Strom für eine flächendeckende Umsetzung der Wende fehlt.
Die harte Hand, mit der Habeck das gemeine Volk zum Öko-Glück zwingen will, passt so gar nicht zur Realität im Land. Ob Bürger-Windkraftwerke oder Stromtrassen, der Widerstand vor Ort formiert sich viel zu oft unter dem Sonnenblumen-Banner. Und auch in grün-schwarzen Allianzen. Es fehlt an Machtworten gegen regionale Egoismen. Und am Blick auf die Realität, die gerade im ländlichen Raum so gar nicht ins Weltbild der Mainstream-Grünen passt. Vom Festhalten am Feindbild Brennholz bis zur Unfähigkeit, die Autoindustrie an einer Modell- und Preispolitik zu hindern, die Menschen in der Provinz berechtigt um die lebensnotwendige Mobilität fürchten lässt.
Der Blick fürs Machbare bleibt auf der Strecke
Unter Regierungsverantwortung der Grünen hat sogar die staatlich kontrollierte Bahn an liebgewonnenen Irrwegen festgehalten: Neubauplanungen mit der Prämisse unnötig hoher Geschwindigkeit, horrende Preissteigerungen im Güterverkehr, die Transporte zurück auf die Straße zwingen, dazu anhaltender Rückzug aus der Fläche. Statt auf Pünktlichkeit und Erreichbarkeit zu setzen, gefällt sich die Bahn als Wettbewerber des Kurzstrecken-Flugverkehrs. Und ist diesem sogar beim Preisvergleich unterlegen. Grüne Ordnungsrufe bleiben auch auf diesem Feld ebenso selten wie wirkungslos. Der Reformeifer reduziert sich aufs subventionsfinanzierte Deutschland-Ticket, von dem die Hälfte der Deutschen gar nichts hat.
Heftig protestieren Habeck & Co. in derart verfahrener Situation gegen die Feststellung, dass sich die Nation auch durch solche Politik in Lager spaltet. Und dass die Feinde der Demokratie davon zwangsläufig profitieren. Auch weil einfache Gemüter denken könnten, dass letztlich nur die Wahl zwischen grün-roter und brauner Bevormundung bleibe. Auf der Strecke bleibt dabei der Blick fürs Machbare, vor allem fürs Zumutbare. Stattdessen floriert das altlinke Misstrauen gegen den menschlichen Urtrieb des Gewinnstrebens. Dass Bauern und Waldbesitzer Geld verdienen müssen, macht sie aus solcher Sicht ebenso verdächtig wie ein Mittelstand, dem weniger Bevormundung wichtiger ist als mehr Subventionen.
Welcher Kontrast, dass die wirklich Mächtigen der Wirtschaft gerne einen Wirtschaftsminister von den Grünen loben. Einen, der mit Euro-Milliarden Politik machen will. Einen, der gern an großen Rädern dreht, obwohl seine Wähler weit mehrheitlich Fahrräder lieben. Einen, der im Wettbewerb mit Asien bestehen will, obwohl sein Publikum von kürzeren Arbeitszeiten träumt. Und von Urwäldern statt landwirtschaftlicher Nutzflächen. Wo das hinführen kann, zeigt ein Blick nach Schweden: Dort haben es die Grünen bei der Reichstagswahl gerade noch auf 4 Prozent gebracht. Und zu einer liberal-konservativen Regierung, die auf das Wohlwollen der rechten Schwedendemokraten angewiesen ist.
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