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Kleines Spinnentier birgt große Gefahren

  • Autorenbild: Christoph Boll
    Christoph Boll
  • vor 2 Tagen
  • 4 Min. Lesezeit

Die Zecke ist ein unscheinbares kleines Tier. Ihr Biss aber kann massive gesundheitliche Folgen haben. Es drohen Borreliose und FSME


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Foto: Dieter Schütz / pixelio.de
Foto: Dieter Schütz / pixelio.de

Mit zunehmenden Außentemperaturen verstärken Zecken ihre Aktivitäten. Damit steigt das Risiko, von den kleinen Blutsaugern befallen zu werden, für alle, die sich viel im Freien aufhalten. Das sind in erster Linie Jäger, Förster, Land- und Waldarbeiter und Spaziergänger in Wald und Feld. Je mehr sie sich abseits befestigter Wege bewegen oder gar durch Unterholz und Wiesen streifen, desto gefährdeter sind sie. Denn Zecken können die Erreger der Borreliose und der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und damit gefährliche Krankheiten übertragen.


Für 2025 wird wieder ein zeckenreiches Jahr erwartet. Denn durch die warmen Winter sind die Spinnentiere inzwischen ganzjährig aktiv. Die Folge ist, dass bereits kurz nach dem Jahreswechsel die ersten FSME-Fälle gemeldet wurden. Bei der FSME kann es zu Entzündungen des Gehirns, der Hirnhaut oder des Rückenmarks kommen. Für rund ein Prozent der Patienten endet die Krankheit tödlich. Ist sie erst einmal ausgebrochen, können nur die Symptome therapiert werden.


Eine Lyme-Borreliose, die die Haut, das Nervensystem, die Gelenke und das Herz betreffen kann, wird am häufigsten zuerst als Wanderröte von mindestens fünf Zentimeter Durchmesser um den Zeckenstich sichtbar. Diese Wanderröte kann atypisch verlaufen oder streuen. Dazu können verschiedene unspezifische Symptome auftreten.


Beide Krankheiten werden durch den Gemeinen Holzbock, der in der Regel ab Frühjahr bis etwa Oktober, dank des Klimawandels aber inzwischen fast ganzjährig aktiv ist und von Flensburg bis Konstanz vorkommt. Daneben gibt es die Auwaldzecke. Sie kann Babesien auf den Hund übertragen und ist zwar den ganzen Winter aktiv, kommt aber in Deutschland nur punktuell vor. Sie befällt den Menschen selten und bedeutet deshalb für ihn ein geringeres Risiko.


Entscheidend für das Risiko einer Krankheitsübertragung ist der Anteil infizierter Zecken. In Deutschland tragen mancherorts bis zu einem Drittel der Zecken Borrelien in sich. Seit einigen Jahren schon sehen die Forschenden einen Rhythmus mit hohen Erkrankungszahlen in jedem zweiten Jahr statt wie früher in jedem dritten Jahr. Mittlerweile sei ein deutlich ansteigender Trend erkennbar, betont die Parasitologin Prof. Dr. Mackenstedt: „Seit 2017 steigen die Fallzahlen kontinuierlich an.“


Unterschiedliche Meldepflichten


Für die Borreliose gibt es keine Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz. In Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen besteht jedoch eine Meldepflicht auf der Basis von Länderverordnungen. Hingegen ist die FSME bundesweit anzeigepflichtig. Insgesamt 686 FSME-Fälle verzeichnete das Robert-Koch-Institut im vergangenen Jahr in Deutschland. Das ist nach dem Rekord im Jahr 2020 mit 718 Fällen das Jahr mit den zweithöchsten Fallzahlen.


Etwa 80 Prozent der Fälle fanden sich in Süddeutschland. So meldete Baden-Württemberg 226 Fälle, Bayern 311. Meldungen lagen aus allen Bundesländern vor bis auf Hamburg und Schleswig-Holstein. Wissenschaftler folgern, dass das Risiko einer FSME-Infektion inzwischen in ganz Deutschland besteht. Auch wenn nördlich der Mittelgebirge das Risiko deutlich niedriger ist, zeigt auch dort ein ansteigender Trend. Dementsprechend haben auch Sachsen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin Höchststände für das Jahr 2024 Höchstwerte bei den Erkrankungen gemeldet.


Das Robert-Koch-Institut führt eine regelmäßig aktualisierte Übersicht der FSME-Risikogebiete. Darin waren zu Jahresbeginn 2025 183 Land- und Stadtkreise verzeichnet. Sie liegen ganz überwiegend in Bayern und Baden-Württemberg sowie im Süden von Hessen, Thüringen und Sachsen. Auch in Landkreisen, die nach Definition des Robert-Koch-Instituts nicht als Risikogebiete gelten, wurden für 2024 Fälle gemeldet. Doch nicht alle FSME-Infektionen werden auch erkannt, wie Forscher ermittelt haben.


Eine Zecke nimmt in ihrem Leben nur drei Blutmahlzeiten zu sich, dabei kann sie sich infizieren oder Erreger weitergeben. Sie setzt sich besonders gern in dünnhäutigen, feuchten und gut durchbluteten Körperregionen fest. Beim Menschen finden sich die Blutsauger deshalb überwiegend in den Kniekehlen sowie im Bauch- und Brustbereich. Bei Kindern sitzen sie gern am Kopf, im Nacken oder am Haaransatz. Das Absuchen des Körpers sollte deshalb nach einem Aufenthalt in der Natur zur Routine gehören.


Prävention ist erstes Gebot


Ansonsten ist Prävention das erste Gebot. Das gilt für Zwei- und Vierbeiner. Wer auf Wegen bleibt und den Kontakt mit der Vegetation am Rand meidet, schützt sich. Denn die Blutsauger krabbeln bevorzugt in Bodennähe auf einer Höhe von 30 bis 60 Zentimetern in der niedrigen Vegetation, an Grashalmspitzen oder Ästchen von Sträuchern. Sie fühlen sich nicht nur im Wald wohl, sondern auch im städtischen Grün, etwa in Stadtparks, Biergärten oder dem heimischen Garten.


Außerdem gibt es Abwehrstoffe, die es in Sprayform und als Lotion zu kaufen gibt und die vor Zeckenstichen schützen. Für Jäger werden spezielle Textilien angeboten, die mit Akariziden imprägniert sind. Sie töten Zecken bei Kontakt ab. Der gleiche Wirkstoff ist erhältlich für Hunde als Spot-On für Nacken und Kruppe. Zudem gibt es Kautabletten für Hunde, die rund drei Monate wirken. Spot-Ons hingegen müssen einmal im Monat aufgetragen werden und verlieren schnell ihre Wirkung, wenn der Vierbeiner viel im Wasser schwimmt.


Sticht eine Zecke dennoch, muss sie entfernt werden. Dafür kann man eine feine Pinzette nutzen oder sogenannte Zeckenkarten oder -zangen. Mit diesen Werkzeugen in Form eines Kuhfußes lassen sich Zecken heraushebeln. Zum Entfernen von Nymphen, also dem zweiten Jugendstadium der Zecke, gibt es spezielle, sehr feine Schlingen, die wie ein Fadeneinfädler aussehen. Danach die Bissstelle desinfizieren. Den besten Schutz jedoch verspricht eine Impfung, zu der die meisten Mediziner angesichts der aktuellen Entwicklungen raten.


Für Jäger erfreulich ist, dass eine infizierte Zecke, die an einem Reh oder einem domestizierten Wiederkäuer wie einem Rind parasitiert, ihre infektiöse Fracht verliert. Nach der Blutmahlzeit sind keine Lyme-Borrelien mehr nachweisbar. Warum das so ist, weiß die Wissenschaft bisher nicht. Wiederkäuer wie Rehe können sich auch nicht mit Borrelien infizieren. Von Zecken, die vom erlegten Reh- oder Rotwild ablassen, dürfte deshalb keine Gefahr ausgehen.

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