Mehr Zeit für Acker und Stall
- Ludwig Hintjens
- 14. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Agrarkommissar Hansen will überflüssige Bürokratie für die Bauern abschaffen. Die EU-Kommission versteht ihren Vorstoß auch als Reaktion auf die Bauernproteste im vergangenen Jahr

Junge Menschen mit dem Berufswunsch Landwirt wollen in der Natur und mit Tieren arbeiten, nicht stundenlang am PC sitzen und Formulare ausfüllen. Zudem raubt die Bürokratie Zeit. Zeit, die Bauern besser auf dem Acker oder im Stall verbringen würden. Daher ist es richtig, wenn die EU-Kommission nun überflüssige Berichtspflichten auch in der Landwirtschaft abbaut. Agrarkommissar Christophe Hansen will seinen Vorschlag dafür auch als Reaktion auf die Bauernproteste in mehreren EU-Ländern im Herbst verstanden wissen.
Die Kommission forstet die Vorschriften für die Wirtschaft in vielen Branchen auf. Im EU-Jargon hat sich für die Sammelgesetze, mit denen bestehende Verordnungen und delegierte Rechtsakte der EU entschlackt werden, der Begriff Omnibus-Gesetz eingebürgert. Der Agrar-Omnibus ist bereits der dritte Vorschlag der Kommission zur Regelvereinfachung. Damit will die Behörde unter der Leitung von Ursula von der Leyen die Beziehungen zwischen Europa und den Unternehmen aufbessern.
Es ist beachtlich, was der Luxemburger Agrarkommissar in der Sache vorschlägt. Er setzt sich damit gegen Bedenkenträger in seiner Beamtenschaft hinweg. Die hatte im Vorfeld der Verkündung ihre Vorbehalte lanciert und bemängelt, dass etwa mehr Kontrollen auf den Höfen auch eine abschreckende Wirkung gegen Regelverstöße bedeuteten. Hansen schlägt nun vor, dass es künftig nur noch einen Vor-Ort-Kontroll-Termin im Jahr je Hof geben soll. Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) soll zudem weiter von den Umwelt- und Klimagesetzen der EU entkoppelt werden. Bisher müssen die 27 Mitgliedstaaten im Laufe der Förderperiode der GAP, neue Umwelt- und Klimagesetze in ihre nationalen Strategiepläne einarbeiten. Allerdings: Die jetzige GAP-Förderperiode läuft ohnehin nur noch bis 2027. Bis dahin ist nicht mehr mit substanziellen Klima- und Umweltgesetzen zu rechnen, die Folgen für die Agrarpolitik haben könnten.
Mehr Spielraum für eigene Entscheidungen
Der Acker-Omnibus setzt zudem an der sogenannten Konditionalität an. Das sind Bedingungen, die die Landwirte erfüllen müssen, um an die Direktzahlungen der EU zu kommen. Hier will Hansen den Bauern mehr Spielraum für eigene Entscheidungen geben. Sie sollen künftig mehr Dauergrünland als Acker nutzen können. Hier geht es um Kriterien zur „Erhaltung von Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“ (GLÖZ). Die Mitgliedstaaten könnten den Umbruch von bis zu zehn Prozent des bestehenden Dauergrünlands erlauben. Dies wäre eine Verdoppelung gegenüber der bisherigen Rechtslage.
Weitere Entlastungen sollen für Biohöfe und sehr kleine Höfe kommen. Allerdings bietet Deutschland die Pauschalzahlungen für Kleinerzeuger gar nicht an, die nun erhöht werden sollen. Dies betrifft aber deutsche Höfe: Öko-Bauern sollen von mehreren GLÖZ-Standards ausgenommen werden.
Der Agrarexperte der CDU/CSU-Abgeordneten im Europaparlament, Norbert Lins, lobt den Vorschlag. „Die GAP muss flexibler in ihrer Umsetzung und bauernfreundlicher werden.“ Er fordert, dass das Parlament den Hansen-Vorschlag im Dringlichkeitsverfahren behandelt. Das geht schneller, weil dabei in den betroffenen Ausschüssen nicht mehr Positionen des Parlaments bestimmt und abgestimmt werden müssen. „Die Maßnahmen werden nur für die nächsten zwei Jahre gelten, bis die neue GAP eingeführt wird.“ Damit ist eine zweite Erwartung des Abgeordneten aus Baden-Württemberg auch klar: Bei der nächsten GAP, die bis zum Sommer vorgestellt werden soll, muss der Bürokratieabbau weiter gehen.






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