Es ist nicht in Ordnung, wenn die EU-Kommission Nichtregierungsorganisationen für Lobbytätigkeit mit zweifelhaften Zielen bezahlt
Mit dem Geld des EU-Steuerzahlers wurden Nichtregierungsorganisationen (NGO) für anrüchige Lobbykampagnen bezahlt. So sollte etwa eine NGO gegen das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten Stimmung machen. Eine andere Umwelt-Organisation hat Geld dafür bekommen, die Betreiber von Kohlekraftwerken in Deutschland zu verklagen. Die gleiche NGO hat sich etwa vertraglich verpflichtet, in Deutschland rechtlich gegen Landwirtschaft in Schutzgebieten vorzugehen. Auch Aktionen der Umweltaktivisten für ein Verbot des Pflanzenschutzmittels Glyphosat sowie der sogenannten Ewigkeitschemikalien PFAS wurden mit EU-Geld angeschoben.
Über den Skandal der NGO-Finanzierung hat erstmals Europe.Table berichtet. Die Aufklärung läuft gerade erst an. Bekannt und unumstritten war bisher, dass die EU-Kommission zur Unterstützung der Zivilgesellschaft NGOs bezahlt. Im Mehrjährigen Finanzrahmen, das ist so etwas wie der Budgetrahmen der EU von 2021 bis 2027, sind Mittel dafür im Life-Programm vorgesehen, das den Umwelt-, Arten- und Klimaschutz fördern soll. Kritikwürdig sind die Ziele und Aktivitäten, auf die die Kommission die Nehmer für die Gewährung eines Betriebskostenzuschusses von jährlich rund 700.000 Euro verpflichtet hat.
Aktionen anzetteln gegen Mercosur? Das ist kaum zu glauben, schließlich bemüht sich die Kommission seit vielen Jahren, weitere Freihandelsabkommen abzuschließen. Das ist schwer genug, weil es gerade in den Mitgliedstaaten – Frankreich, Polen und Spanien – massiven Widerstand sowohl der Bauern als auch der Politiker gegen das Mercosur-Abkommen gibt.
Interessen der Unternehmen vernachlässigt
Verantwortlich für die Life-Fördertöpfe in der letzten Wahlperiode war Frans Timmermans, der mächtige Vize-Präsident der EU-Kommission. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte dem niederländischen Sozialdemokraten die Verantwortung für die Umsetzung des Green Deal gegeben. Und Timmermans wollte sich profilieren, indem er sehr einseitig für Umwelt- und Klimaschutz gekämpft hat. Dabei hat er die Interessen der Unternehmen vernachlässigt.
Auch andere Lobbyaktivitäten, wie etwa Aktionen gegen Glyphosat, widersprachen den Beschlüssen der Kommission. Denn die Kommission hat nach eingehender Überprüfung des Risikos die Wiederzulassung des Unkrautvernichters beschlossen. So haben Timmermans und der damalige Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius NGOs dafür bezahlt, andere Generaldirektionen der Kommission zu lobbyieren, hier die Generaldirektion für Industrie und Binnenmarkt.
Die Kommission hat die NGOs auch vertraglich dazu verpflichtet, bei den Abgeordneten des Europaparlaments zu lobbyieren. Aus den Verträgen, die streng unter Verschluss sind, aber von Abgeordneten des Haushaltskontrollausschusses eingesehen werden konnten, geht hervor, dass die Kommission den Umweltlobbyisten zahlenmäßig genaue Vorgaben gemacht hat: Sie mussten nachweisen, dass sie Treffen mit wichtigen Parlamentariern zur Sache abgehalten haben, dass auf ihre Initiative hin Änderungsanträge im parlamentarischen Verfahren gestellt wurden. Auch dieses Vorgehen ist nicht hinzunehmen. Es widerspricht dem Prinzip der Gewaltenteilung, wenn die Kommission als Exekutive die Parlamentarier, also die Legislative, beeinflussen will.
Hinweisgeber deckt Skandal auf
Der Skandal ist durch einen Hinweisgeber an das Parlament aufgedeckt worden. Noch sind die politisch und beamtenrechtlich Verantwortlichen nicht benannt. Nur mühsam kommt die Aufklärung in Gang. Derzeit werden alle Verträge, die die Kommission im Life-Programm mit NGOs abgeschlossen hat, unter die Lupe genommen. Immerhin hat Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reagiert. Sie hat angeordnet, dass NGOs ab sofort keine Lobbyarbeit mehr mit EU-Geldern machen dürfen.
Die Christdemokraten wollen die Aufklärung im Haushaltskontrollausschuss vorantreiben und im Plenum in Straßburg Ende Januar über das Thema debattieren. Von Seiten der Sozialisten und Grünen ernten sie aber viel Widerstand. Das ist kein Wunder, weil gerade Umwelt-NGOs außerparlamentarisch ähnliche Ziele verfolgen wie Grüne und Sozialisten. Dafür sollte aber kein Geld des EU-Steuerzahlers fließen.
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