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AutorenbildWolfgang Kleideiter

Markt entwickelt sich deutlich differenzierter

Die Kaufwerte für landwirtschaftliche Flächen sind 2023 auf ein Allzeithoch gestiegen. Im Jahr 2024 setzte sich der Trend aus Sicht von Branchenexperten zwar mancherorts fort, doch die Entwicklung ist bundesweit längst nicht mehr einheitlich


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Foto: Oliver Mohr / pixelio.de

Landwirtschaftliche Flächen waren laut Statistischem Bundesamt 2023 in Deutschland so teuer wie nie zuvor. Nordrhein-Westfalen und Bayern standen dabei unangefochten an der Spitze. In den vergangenen 20 Jahren haben sich die Bodenpreise dort fast vervierfacht. Noch teurer ist es in den Niederlanden. Dort zahlten Landwirte laut Top Agrar im dritten Quartal 2024 für einen Hektar Ackerland im Schnitt 101.200 Euro.


Der Flächenpreis bei Kauf und Pacht entwickelte sich laut Agrarmakler Julius Losch auch in diesem Jahr nach oben. Doch die Entwicklung, so der Experte für landwirtschaftliche Immobilien im Gespräch mit unserem Blog, sei inzwischen deutlich differenzierter und bundesweit nicht mehr einheitlich. Im deutschlandweit tätigen Büro Losch & Meyer kennt man als Agrar- und Forstmakler das komplexe und vielschichtige Geschäft seit vielen Jahren. Verkaufs- und Kaufpreise, so die Erfahrung, hängen gerade in diesem Spezialbereich von einer Vielzahl durchaus regionaler Faktoren ab.


So entwickelten sich nach Beobachtung des Maklerbüros zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen die Preise insbesondere in der Köln-Aachener Bucht, am nördlichen Niederrhein und im Westmünsterland auch im Jahr 2024 weiterhin nach oben. Eine eher stagnierende Entwicklung gab es wiederum in den strukturschwächeren Gebieten wie dem Westerwald oder im Kern der Eifel.


Die anhaltend hohe Nachfrage wird nach Worten von Julius Losch sowohl durch Wohnbau- und Gewerbeausweisungen, Straßenbau sowie Kiesabbau als auch dadurch verstärkt, dass Politik und Gesellschaft den ländlichen Raum in den zurückliegenden Jahren stärker in den Fokus genommen haben. „Nicht nur der Flächenbedarf für Infrastrukturprojekte und Bauvorhaben ist groß, auch der Anspruch an den ländlichen Raum hat sich erhöht.“ Neben der Energiewende, deren Folgen überwiegend im ländlichen Raum, zum Beispiel der Ausbau der Leitungstrassen oder der Bau von Windenergie- und Photovoltaikparks, zu spüren sind, verschärft der zunehmende Flächenverbrauch für ökologische Schutzzwecke den Druck im Markt.


Beim Flächenerwerb geht es meist um strategische Zielsetzungen


Dass land- und forstwirtschaftliche Flächen allein als Kapitalanlagen angesehen werden, erlebt man bei Losch & Meyer selten. „Die Rendite ist eher schmal. Meist geht es beim Erwerb um strategische Zielsetzungen oder die Absicherung eines bereits vorhandenen Wertes“, erläutert Julius Losch. „Handelt es sich um angrenzende Flächen, von denen der eigene Betrieb nicht zu weit entfernt ist? Könnte es sich auf mittlere Sicht um Flächen handeln, die eine Arrondierung ermöglichen oder gar eine Ausweisung als Wohn- oder Gewerbeflächen erfahren? Diese Fragen stehen im Vordergrund.“


Tatsächlich belief sich die Inanspruchnahme von Landwirtschaftsfläche durch Umwandlung in verschiedene andere Nutzungsarten im Schnitt der letzten vier Jahre auf 117 Hektar pro Tag. Vom politischen Ziel, den Verlust durch Siedlung und Verkehr auf unter 30 Hektar pro Tag zu senken, ist man weit entfernt.


Im Kölner Büro stammen rund 90 Prozent der Käufer und Verkäufer aus der Landwirtschaft oder es sind Vertreter der öffentlichen Hand oder Konzerne. Natürlich kennt man im Bereich der Hofanlagen und Landhäuser auch den Typus Träumer, der fern der Realität sein Leben auf dem Land verwirklichen und eine Hofanlage erwerben und umnutzen will. Julius Losch: „Hier nehmen wir uns durchaus die Freiheit, die Vorstellungen zu korrigieren.“


Aufgrund des Flächenbedarfs diskutiert die Politik darüber, außerlandwirtschaftlichen Investoren den Zugriff auf Land und Forst zu erschweren. Das Grundstückverkehrsgesetz von 1962 soll neu gefasst werden. In manchen Punkten könnte sich Julius Losch eine Verbesserung vorstellen, zum Beispiel beim landwirtschaftlichen Vorkaufsrecht. Hier sorgt die Systematik in NRW dafür, dass ein Landwirt, der in einen Kaufvertrag einsteigen will, wegen des Umwegs über das Siedlungsunternehmen NRW-Urban GmbH & Co. KG zweimal Grunderwerbs- und Notarkosten zahlen muss. Das macht die Flächen am Ende sehr teuer. Julius Losch: „Das Für und Wider muss offen diskutiert werden. Und auch die Frage des Eingriffs in das Eigentumsrecht ist zu beantworten.“

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