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Ein Bio-Tief oder nur eine Flaute?

Wolfgang Molitor

Zu wenige Landwirte steigen um: Bauern können steigende Nachfrage nach Bio-Fleisch und Bio-Milch kaum noch erfüllen


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Foto: Couleur
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Die Bio-Bauern in Deutschland können die steigende Nachfrage nach bio-zertifizierten Milch- und Fleischprodukten kaum noch erfüllen. Während der Verbraucher also langsam, aber stetig auf Bio-Produkte setzt (und offensichtlich bereit ist, dafür auch mehr Geld auszugeben), schrecken noch immer viele Landwirte davor zurück, ihren Betrieb auf bio umzustellen.


In den vergangenen Jahren seien zu wenige Höfe auf ökologische Erzeugung umgestiegen, sagt Bioland-Präsident Jan Plagge. Am Einzelhandel liegt das nicht mehr. Im Gegenteil: Plagge lobt große Bio-Offensiven wie die von Edeka Südwest als unverzichtbar. Der ökologisch und regional engagierte Einzelhandel ist längst der wichtigste Ort, an dem Kaufverhalten und Konsummuster merklich umgestellt werden. Vorausgesetzt, es gibt faire Preise für alle und faire Wertschöpfungsketten. Immerhin schreiben Discounter und Supermärkte Öko-Erfolgsgeschichte. Längst liegt ihr Bio-Umsatz über zehn Milliarden Euro im Jahr. Ihr Bio-Sortiment-Anteil liegt bei über 60 Prozent.


Manche schrauben das Bioland-Schild ab


2024 kauften die Verbraucher in Deutschland für 16 Milliarden Euro Bio-Lebensmittel und Bio-Getränke. Und doch fragen sich manche: Ist der Bio-Boom schon wieder vorbei? Tief oder nur Flaute? Nach Jahren der Expansion haben zuletzt viele Betriebe aufgegeben. Betroffen sind vor allem kleinere, tierhaltende Höfe, die oft ohnehin nur noch Nebenerwerbsbetriebe waren. Manche schrauben das Bioland-Schild an ihrem Stall ab. „Die Ära ist nach zehn Jahren vorbei“, sagt eine Milchbäuerin im Vogelsbergkreis. Sie ist zur konventionellen Landwirtschaft zurückgekehrt – obwohl sie dann elf Cent pro Liter weniger von der Molkerei bekommt als bisher. Denn die Betriebskostenrechnung fängt das locker auf. Das Futter kostet nur noch die Hälfte von dem, was für das Biofutter ausgegeben werden muss. Und beim Rapsschrot kann der Hof die Hälfte der Kosten bei mehr durch Düngemittel erzielten Ertrag einsparen.


Hinzu kommt: Anders als die Bio-Ackerbauern sind Bio-Milchbauern beim Verdienst deutlich schlechter gestellt. Obendrein spielt die Politik mit. Was selten auf den Höfen funktioniert. Über die Jahre sind immer mehr Auflagen aus Brüssel und Berlin dazugekommen, die am Ertrag zehren und die Arbeit erschweren. Dennoch: In der Summe sei der ökologische Landbau je nach Standort enorm wettbewerbsfähig, sagt Gerold Rahmann, der Präsident des Thünen-Instituts. Statistisch gesehen fallen die Einnahmen der Bio-Bauern nämlich durch die Öko-Prämie höher aus. Das Jahreseinkommen eines Bio-Bauern liegt im Schnitt bei 80.000 Euro.

In fünf Jahren wollte die Ampel-Regierung 30 Prozent der Fläche in Deutschland für den Öko-Landbau ausweisen. Fünf Millionen Hektar. Wie beim Wohnungsmarkt wird das nicht im Ansatz funktionieren. Anfang 2022 wurden von den gut 36.000 Biobauern (gut 14 Prozent aller Betriebe) gerade mal 1,8 Millionen Hektar ökologisch bewirtschaftet. Ohnehin erfüllten laut den Öko-Kennzahlen 2024 nur 64 Prozent aller Bio-Flächen die gegenüber der Bio-EU-Verordnung strengeren Richtlinien der Öko-Verbände.

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