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  • Warum Regionen schrumpfen oder wachsen

    Deutschlands Landkreise und Städte werden sich bis 2045 sehr unterschiedlich entwickeln. Das zeigt eine Bevölkerungsprognose. Damit werden zugleich die gewaltigen Herausforderungen erkennbar Deutschland wächst und wird älter. Das zeigt die Bevölkerungsprognose des Bundesinstituts für Bau, Stadt- und Raumforschung  (BBSR): Demnach werden 2045 rund 800.000 Menschen mehr in Deutschland leben – das entspricht einem Anstieg um 0,9 Prozent. Die Bundesrepublik zählt dann 85,5 Millionen Einwohner. Doch regional werden sich die Landkreise und Städte laut BBSR völlig unterschiedlich entwickeln und nicht überall mehr Einwohner zählen. Das macht eine Karte von „tagesschau.de“  deutlich. Zunehmen wird die Bevölkerung in Großstädten und dem Umland, zunehmen wird sie auch in den meisten ländlichen Regionen Bayerns und Baden-Württembergs, in den meisten Regionen Niedersachsens, im Westen von Nordrhein-Westfalen, in Leipzig sowie in Berlin und weiten Teilen seines Umlands, etwa Potsdam. In zahlreichen Kreisen werden Sterbeüberschüsse durch Wanderungsgewinne kompensiert. Bis zu 20 Prozent weniger Einwohner Kleiner wird die Bevölkerung der Prognose zufolge in mehr als einem Drittel aller kreisfreien Städte und Landkreise. Das betrifft viele strukturschwache Regionen abseits der Metropolen, insbesondere im Osten Deutschlands. Demnach verlieren die Landkreise Erzgebirgskreis in Sachsen, Greiz in Thüringen und Mansfeld-Südharz in Sachsen-Anhalt bis 2045 sogar mehr als ein Fünftel ihrer Bevölkerung. Weniger Einwohner sind aber ebenso in Regionen Westdeutschlands zu erwarten: in Teilen von Nordhessen, den angrenzenden Gebieten im Osten Nordrhein-Westfalens und in Teilen des Saarlandes. Zugleich wird Deutschland älter – die Zahl der Menschen im Rentenalter ab 67 Jahren erhöht sich laut BBSR bis 2045 in Deutschland um 2,2 Millionen; das entspricht einem Wachstum von 13,6 Prozent. Abgelegene und schrumpfende Gebiete weisen laut BBSR das höchste Durchschnittsalter auf – hier muss die Regionalpolitik besonders intensive Anstrengungen unternehmen, um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse zu garantieren. Gewaltige Herausforderungen durch die Bevölkerungsentwicklung Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesinstituts treffen ihre Annahmen auf der Grundlage langfristiger demografischer Entwicklungen. Dazu gehören Außen- und Binnenwanderungen, die Sterbe- und die Geburtenrate. Das BBSR geht zudem davon aus, dass die Zuwanderung aus dem Ausland in den kommenden Jahren hoch bleiben wird. Die gegenläufige Bevölkerungsentwicklung führt zu gewaltigen, teils gegensätzlichen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen: Für alle Regionen bleibt die Aufgabe, Zuwanderer in den Arbeitsmarkt zu integrieren, aber auch in den Alltag. In Großstädten und im jeweiligen Umland werden Immobilien weiterhin stark nachgefragt werden, ebenso Kita-Plätze und Dienstleistungen wie die Pflege. Mindestens genau so viel Aufmerksamkeit verdienen strukturschwache, dünn besiedelte ländliche Räume, gerade im Osten Deutschlands. Sie brauchen die Unterstützung des Bundes, der Länder und der Europäischen Union, um lebenswert zu bleiben. Wie Binnenwanderungen mit AfD-Erfolgen zusammenhängen Die Wahlerfolge von AfD und BSW bei der Europawahl in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg haben auch mit den Binnenwanderungen zu tun. Darauf hat zu Recht der frühere Brandenburger Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen“ hingewiesen, als er die Stimmung in Ostdeutschland beschrieb. Klein- und Mittelstädte hätten nach der Wende in kurzer Zeit ein Drittel bis zur Hälfte ihrer Einwohner verloren, „wer das nicht erfahren hat, kann es sich kaum vorstellen“, so Platzeck. Platzeck: Für Pflege durch Angehörige ist im Osten keiner mehr da Ostdeutschland hat nach seinen Worten mit der Wende Hunderttausende junge Leute verloren, die heute vorwiegend im Westen Deutschlands arbeiten. „Das verändert eine Gesellschaft, weil da nicht nur die Zukunftshoffnung, sondern auch der Mut in Teilen fortgeht“, sagte Platzeck und fügte hinzu, die Wirkungen seien bis heute spürbar. Für die Pflege durch Angehörige ist im Osten laut Platzeck fast keiner mehr da. Viele Jüngere seien weg, und die Älteren hätten den Eindruck: „Auf meine Kinder brauche ich nicht zu zählen.“ Außerdem seien fast drei Viertel aller wichtigen Leitungs- und Machtfunktionen im Osten von Westdeutschen besetzt. „Stellen Sie sich mal vor, fast alle Chefposten in Bayern wären von Ostdeutschen besetzt, da gäbe es bestimmt einen Aufstand“, erklärte Platzeck.

  • Stadt und Land dürfen nicht weiter auseinanderdriften – Sorgen bei Jägern und Bauern

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, sie können nicht voneinander lassen. SPD, Grüne und FDP haben sich nun doch noch auf einen gemeinsamen Haushalt geeinigt . Ein Scheitern hätte zwangsläufig den Bruch der Ampelkoalition bedeutet. Bei allen Unterschieden und Konflikten: So weit wollten es die Unterhändler dann doch nicht kommen lassen. Ein grandioser Neustart in eine gemeinsame und erfolgversprechende Zukunft sieht allerdings anders aus. Dafür haben sich die Spitzenvertreter der drei Parteien im Vorfeld zu sehr bekämpft. Und inhaltlich fehlt der große Wurf, auf den die Mehrheit der Wähler beim Start dieser Regierung gehofft und gesetzt hatte. Zudem ist das Vertrauen in die Kompetenz und Kommunikationsbereitschaft dieser Regierung seit längerem dramatisch gesunken, wie auch die kurz vor der Haushaltseinigung bekannt gewordenen Zahlen des ARD-Deutschlandtrends zeigen. Dort liegt etwa die führende Regierungspartei SPD mit 14 Prozent drei Punkte hinter den Rechtsaußen von der AfD – ein politisches Schreckensszenario, das sich Sozialdemokraten vor ein paar Jahren nicht in ihren schlimmsten Träumen hätten vorstellen können. Die Liste der Versäumnisse und unzureichenden Reformschritte ist lang. Ein zentraler Bereich, den wir in unserem Blog immer wieder thematisiert haben, ist die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Die Bundesregierung hatte dazu in dieser Woche den ersten umfassenden Bericht vorgelegt. Er zeigt zwar an, dass sich die Regionen generell annähern. Aber die Unterschiede bleiben weiterhin groß. So wird die Bevölkerungszahl in ländlichen, grenznahen und strukturschwachen Regionen weiter schrumpfen, teilweise sogar wie im Erzgebirge bis zum Jahr 2045 um 24 Prozent. Das hat natürlich auch Folgen etwa für die medizinische Versorgung und die Bereitstellung weiterer Infrastruktur. Auch liegen die Einkommen in dünn besiedelten Gebieten im Durchschnitt immer noch unter dem von Großstädten von vor zehn Jahren. Dieses Gefälle zwischen Stadt und Land muss geringer werden. Abschreckendes Beispiel Frankreich Welch politisch fatale Effekte es haben kann, wenn Stadt und Land politisch, wirtschaftlich und mental auseinanderdriften, lässt sich am Beispiel unseres westlichen Nachbarn Frankreich leider allzu gut studieren. Vom alles dominierenden Zentrum Paris in die Provinz sind es oftmals nur wenige Stunden Fahrt mit dem Zug oder dem Auto. Aber man ist in einer ganz anderen Welt. In der Großstadt gibt sich die Elite kulturell weltoffen bis hin zu multikulturell. Das „grüne Gewissen“ wird durch den persönlichen Lebensstil und einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr bedient. Man zeigt sich nach außen hin ökologisch bewusst, aber dass Natur mehr ist als ein Park oder ein Erholungsgebiet, ist vielen dort fremd. Im ländlichen Frankreich, wo die extremen Rechten besonders erfolgreich sind, sieht es völlig anders aus. Ärzte, Bahnhöfe, Postämter, Apotheken – von allem gibt es zu wenig. Jenseits der großen Städte fühlen sich immer mehr Bürger in vielfacher Beziehung abgehängt und unverstanden. Das schürt Ressentiments und weckt den Wunsch, es „denen da oben“ mal zu zeigen. Die Tiefe des Problems wurde in Frankreich lange verdrängt. Umso größer ist jetzt der Schock im urbanen, demokratischen Lager. Deshalb ist es auch in Deutschland so wichtig, dass der ländliche Raum seinen gebührenden Platz in der öffentlichen Wahrnehmung und praktischen Politik bekommt. Momentan ist da noch einige Luft nach oben, wie etwa die kürzlichen Proteste der Bauern gegen die Politik der Ampelregierung gezeigt haben. Dabei ging es den Landwirten nicht nur um Geld – sprich verlässliche Perspektiven –, sondern auch um mehr Respekt und Anerkennung für ihre oftmals schwere Arbeit. Das Leben und Arbeiten in und mit der Natur hat viele Herausforderungen. Und es ist für unsere Gesellschaft in höchstem Maße systemrelevant. Man denke nur an die Bereiche Ernährung und Umwelt, von denen jeder Bürger lebensnotwendig abhängig ist. Zu den Lehren aus der Wahl in Frankreich gehört, eine engagierte Politik zur Entwicklung des ländlichen Raumes zu betreiben. Denn wenn die Menschen in den Dörfern und kleineren Städten an den Rand gedrängt werden, wird es auch in den Metropolen ungemütlich. Wölfe breiten sich weiter aus Dazu gehört auch das Thema Wolf, das in ländlichen Regionen – im Unterschied zu Metropolen – die Gemüter bewegt. Nur noch als weltfremd lassen sich vermeintliche Tierfreunde und Politiker beschreiben, die die Probleme mit der Ausbreitung des Raubtiers in Deutschland herunterspielen. Über die ungebremste Zunahme an Rudeln in Teilen Deutschlands haben wir in unserem Blog des Öfteren berichtet. Selbst auf die Nordseeinsel Norderney hat es jetzt zum wiederholten Male ein Wolf geschafft.  Das Tier tauchte in der Ruhezone des niedersächsischen Wattenmeers auf, wie die zuständige Verwaltung mitteilte. Für den erneuten Nachweis hatte die Behörde eine Drohne mit einer Wärmebildkamera aufsteigen lassen. Zuvor war der Wolf – vermutlich ein Rüde – von einer Wildkamera bereits am 6. und 20. Juni fotografiert worden. Die Raubtiere breiten sich offenkundig immer weiter in Deutschland aus. Auch im Saarland wurde jüngst ein Wolf gesichtet. Derweil gibt es in der Jägerschaft weiterhin Unmut über anhaltende Unklarheiten im Zusammenhang mit der geplanten Verschärfung des Waffenrechts inklusive eines weitgehenden Messerverbots.  Noch ist nicht klar, wohin die Reise geht, nachdem die FDP die Innenministerin mit einem Veto gegen einen Referentenentwurf aus ihrem Hause zu einem neuen Waffengesetz ausgebremst hat. Nun hat Niedersachsen eine Bundesratsinitiative zur Verschärfung des Waffenrechts in ähnlichem Tenor gestartet. Ausgeblendet wird bei diesen Debatten offensichtlich das eigentliche Problem des illegalen Waffenbesitzens und -handels. Jedenfalls entsteht dieser Eindruck, wenn man die Texte aus dem Innenministerium und aus Niedersachsen liest. Für den Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) sind aber die „illegalen Waffen unsere eigentlichen Problemwaffen“ . Über den Bundesrat soll nun gleichwohl die Novelle des Waffenrechts „zügig vorangebracht“ werden. Zugleich wird aber in dem Entwurf ausdrücklich betont, dass es Ausnahmen für Jäger geben könne. Mal sehen, was dabei am Ende tatsächlich herauskommt. In unserem Blog wird unser Autor Christoph Boll in der nächsten Woche ausführlicher auf dieses umstrittene Thema eingehen.   Gefahren durch erkrankte Tiere Sorgen machen sich Jäger und Nutztierhalter aktuell auch um die weitere Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest. In Hessen hat sich die Zahl der Fälle auf neun erhöht, nachdem zuerst in der Nähe von Rüsselsheim ein Ausbruch gemeldet worden war. Jetzt wurden auch zwei infizierte Wildschweine südlich der abgesperrten Zone gefunden. Für Jäger und Landwirte gilt in einem 15-Kilometer-Radius um die Fundorte neben anderen strengen Auflagen auch eine Leinenpflicht für Hunde. Derweil könnte den Nutztierhaltern – und nicht nur ihnen – womöglich noch von ganz anderer Seite Gefahr drohen. So jedenfalls in dieser Woche Christian Drosten, der Chef-Virologe der Berliner Charité. Er bezeichnete den massiven Ausbruch von dem Vogelgrippevirus H5N1 in den USA als möglichen Auslöser für eine kommende Pandemie. „So etwas hat es vorher noch nicht gegeben, solche extrem großen Ausbrüche bei Kühen – alle Fachleute sind besorgt,“ sagte Drosten in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der Erreger sei jüngst in Milchviehbeständen in USA und dort „sogar schon in Milchprodukten im Handel aufgetaucht“ . Es könne glimpflich ablaufen, denn das Virus brauche mehrere Schritte zur Anpassung , und vielleicht sei es vorher schon unter Kontrolle. Aber es könne auch schon der Anlauf zu einer nächsten Pandemie sein, den wir live mit verfolgen, warnte Drosten, der einer der international führenden Virologen ist und frühzeitig vor einer Pandemie durch das sogenannte Coronavirus gewarnt hatte. Auch damals habe man die Verbreitung des Virus zu spät bemerkt, sagte Drosten nun mit Blick auf den Vogelgrippeerreger. Da kann man nur hoffen, dass es nicht so schlimm kommt … Ich wünsche Ihnen eine gute, positive Woche und verbleibe mit den besten Grüßen Ihr Jürgen Wermser, Redaktionsleitung/Koordination

  • Wenn der Erbfall zum Pleitefall wird

    In vielen Fällen beginnt mit dem Tod des Hofinhabers ein Streit ums Erbe. Die Gesetzeslage dazu war lückenhaft: Jetzt soll sich das ändern. In Brandenburg ist man sogar schon einen Schritt weiter Der Schweinehof in der kleinen Ortschaft in der Lüneburger Heide besteht seit 130 Jahren. Doch jetzt, wenige Wochen nach dem Tod des Eigentümers und Hofinhabers, könnte diese stolze Familientradition enden. Grund ist ein Todesfall des Hofeigentümers. Und genau dieser löst einen schwierigen Erbfall aus, inklusive Abfindungen für die Geschwister, die der älteste Bruder und Hofbetreiber nun auszahlen muss. 100.000 Euro für jeden der drei Geschwister, das ist für den Landwirt, der den Betrieb ohnehin seit 20 Jahren führt, nicht zu verkraften. Dazu noch die hohen Kosten für Anwälte und Notare. Kein Einzelfall. Gesetzlich geregelt ist der Erbfall in der sogenannten Höfeordnung. Doch genau diese Verordnung ist seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Frühling dieses Jahres in vier Bundesländern quasi außer Kraft gesetzt. Betroffen sind Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg, also durchaus Länder, in denen viele Menschen leben und der Kreis der Betroffenen auch groß ist. Deswegen bemüht sich das zuständige Bundesjustizministerium in Berlin jetzt, das Vererben von Bauernhöfen auf eine neue, einheitliche rechtliche Grundlage zu stellen. Das Bundeskabinett brachte deshalb noch vor der parlamentarischen Sommerpause eine Reform der Höfeordnung auf den Weg, die die Übergabe von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben grundsätzlich neu und verbindlich regeln soll. Zum rechtlichen Hintergrund Konkret geht es um die Höhe der Abfindung der Erben. Nach geltendem Recht erben die Frau oder der Mann des Erblassers, die Eltern des Erblassers, wenn der Hof von ihnen oder aus ihren Familien stammt oder mit ihren Mitteln erworben worden ist, die Geschwister des Erblassers und deren Abkömmlinge. Die anderen müssen eine Abfindung erhalten, deren Höhe sich nach dem Wert des Hofes richtet. Konkret nennt das Gesetz als Rechengrundlage den sogenannten Einheitswert des Hofs. Verfassungsgericht kippt alte Regelung Doch genau diese Kalkulationsgrundlage wurde vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem Urteil beanstandet – und die Richter gingen bei der Reform der Grundsteuer sogar noch einen Schritt weiter. Die höchsten Bundesrichter kippten bei der Reform der Grundsteuer die umstrittenen Höfeordnungen gleich ganz. Das rechtliche Vakuum bestand jetzt seit dem Frühjahr. Neue Hofgröße als Untergrenze Die Lücke muss geschlossen werden, da die Höfeordnung in den vergangenen Jahrzehnten durchaus Relevanz entfaltete. Für den Berufsstand der Landwirte insgesamt, für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit von Betrieben und die Entwicklung von Regionen, in denen Landwirtschaft das soziale und wirtschaftliche Leben prägt. Durch die Erbregelungen sollte nämlich grundsätzlich verhindert werden, dass im Erbfall familiengeführte Betriebe zerschlagen werden müssen, wenn lediglich ein Familienmitglied den jeweiligen Hof erbt und alle anderen eine Abfindung erhalten. Wurden diese Abfindungen nämlich fällig, überforderte dies oft die finanziellen Möglichkeiten desjenigen, der den Betrieb weiterführt. Konsequenz: Viele Betriebsinhaber mussten gegen ihren Willen verkaufen, damit die Erbausgleichszahlungen an die Geschwister oder Kinder geleistet werden konnten. Angesichts des ohnehin dramatischen Höfesterbens in den vergangenen Jahrzehnten eine Entwicklung, die die politisch Verantwortlichen gern eindämmen oder verhindern wollen. Deswegen wurde das Bundesjustizministerium aktiv. In den Ländern, in denen die Höfeordnung nicht gilt oder gar nicht existiert, beruft man sich nämlich bisher auf die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die jetzt vom liberalen Bundesjustizminister Marco Buschmann erarbeitete Vorschrift wird da etwas konkreter. So werden bestimmte Hofgrößen als Berechnungsgrundlage für die Abfindungen definiert: Bislang mussten die Betriebe einen Wirtschaftswert von 10.000 Euro haben; durch die Reform soll als Untergrenze ein Grundsteuerwert A in Höhe von 54.000 Euro gelten. „Wir wollen, dass die Höfeordnung zukunftsfest ist und der Generationenwechsel in der Landwirtschaft auch künftig gut gelingt“, begründete Buschmann seinen Entwurf. Eine Zustimmung der Ampel-Fraktionen, die aktuell in den Haushaltsberatungen feststecken und wahrlich keinen neuerlichen Streitfall gebrauchen können, gilt als sicher. Auch der Bundesrat dürfte keine politischen oder rechtlichen Einwände haben.   Familienbetriebe Land und Forst in Brandenburg zufrieden   Das Land Brandenburg wurde unterdessen schon selbst tätig. Der Landtag in Potsdam hat in dieser Woche eine eigene Reform der Höfeordnung verabschiedet. Ab 2025 tritt dort die neue Regelung in Kraft, die den bisherigen Ersatzwirtschaftswert durch fünf Zehntel des Grundsteuerwerts als Berechnungsgrundlage für Erbauseinandersetzungen ersetzt. Diese pragmatische Lösung verhindert die Aufteilung von Höfen zur Erfüllung von Erbansprüchen. „Dies ist ein entscheidender Schritt zum Schutz unserer Höfe und zur Sicherung ihrer Zukunft“, zeigte sich Rudolf Hammerschmidt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg, zufrieden. „Mit dieser Reform vermeiden wir, dass Höfe wegen Erbstreitigkeiten aufgegeben werden müssen.“ Für die Familienbetriebe Land und Forst Brandenburg markiere dies einen bedeutenden Erfolg und ein klares Signal für die Zukunft der Agrarwirtschaft im Land.

  • Schweinezüchter in Sippenhaft  

    China droht nun mit Strafzöllen auf Produkte aus der Landwirtschaft. Was hinter der Eskalation im Handelskonflikt zwischen Brüssel und Peking steckt Europas Schweinezüchter bekommen keine Subventionen, die den Regularien der WTO widersprächen. Wenn die chinesische Regierung eine Antidumping-Untersuchung gegen Schweinefleisch-Importe aus der EU anstrengt und dafür keine substanziellen Argumente hat, dann wird eine Branche aus anderen Gründen in Sippenhaft genommen. Es geht nicht um Landwirtschaftspolitik, es geht um Industrieprodukte: Hintergrund ist der Handelskonflikt zwischen der EU und China um E-Autos. China flutet den EU-Markt etwa seit zwei Jahren mit batterieelektrischen Autos zu hochattraktiven Preisen. Die französischen Volumenhersteller sind die Hauptleidtragenden, weil Fahrzeuge von BYD und Geely aus chinesischer Produktion für Renault und Stellantis (Peugeot) eine harte Konkurrenz sind. Die französische Regierung hat seit längerem Strafzölle der EU gefordert. Und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Forderung Rechnung getragen. Vermutlich auch, um Emmanuel Macron einen Gefallen zu tun – auf dessen Unterstützung sie für eine Wiederwahl angewiesen ist –, hat sie bereits im Herbst eine Antidumping-Untersuchung bei batterieelektrischen Autos aus China angekündigt und schon damals das Ergebnis der Untersuchung vorweggenommen: Es gebe keine Zweifel, dass China die Produktion unrechtmäßig subventioniere. Politisierter Wirtschaftsbereich Vor wenigen Tagen hat die Kommission erwartungsgemäß Zölle gegen E-Autos verhängt. Die Antwort aus Peking ist die Antidumping-Untersuchung bei Schweinefleisch. China hat sich diesen Bereich mit Bedacht ausgewählt. Es handelt sich um den größten landwirtschaftlichen Exportartikel der EU nach China. Agrarprodukte machen zwar einen vergleichsweise kleinen Teil der EU-Exporte nach China aus. Doch die Landwirtschaft ist in der EU ein politisierter Wirtschaftsbereich. Auch Wein und Milch sollen im Fokus gewesen sein. Die chinesische Regierung hat sicher geschaut, welche Länder in der EU am stärksten betroffen wären von Gegenmaßnahmen. Da Frankreich Hauptexportland von Wein ist und damit am härtesten getroffen wäre, wären Strafzölle auf Bordeaux- und Rhone-Flaschen etwas zu offensichtlich gewesen. Die EU exportiert Schweinefleisch für etwa drei Milliarden Euro jährlich nach China. Hauptexportländer sind Spanien, Niederlande und Dänemark. Drei Mitgliedstaaten der EU also, die ihren Einfluss in Brüssel geltend machen könnten, so das Kalkül aus Peking. Noch ist nämlich bei den E-Auto-Zöllen das letzte Wort nicht gesprochen. Erst im November entscheidet die Kommission über Höhe und Dauer der Zölle. So war es auch keine Überraschung, dass wenige Tage nach der chinesischen Drohung mit Zöllen auf Schweinefleisch Gespräche zwischen Peking und Brüssel über die E-Auto-Zölle angekündigt wurden. Man redet also wieder miteinander. Die Schweinezüchter mit Exportgeschäft müssen sich allerdings darauf einstellen, dass die Zölle kommen – sollten die Verhandlungen nicht zur Zufriedenheit Chinas ausgehen. Schon allein, weil die Chinesen das Gesicht nicht verlieren wollen. Zölle in einer Höhe zu verhängen, die die Exporte abwürgen – das wäre allerdings auch nicht im Interesse Chinas. China importiert aus der EU Schweineprodukte, die hierzulande nicht verwendet werden wie Köpfe, Schwänze und Hufe. Wenn die EU-Exporte ausblieben, würden die chinesischen Hersteller nicht im gleichen Maße die Produktion hochfahren. Es würde also letztlich den chinesischen Verbraucher treffen, wenn empfindliche Ausgleichszölle auf Schweinefleisch aus Europa verhängt würden. Vielleicht dämmert Peking ja noch, dass die Abwehrstrategie der E-Auto-Zölle doch einige Schwächen hatte.

  • Kupierte Jagdhunde sind mopsfidel

    Falsch verstandene Tierliebe bei geplanter Gesetzesänderung im Bundesrat 97 Seiten umfassen die Ideen und weiteren Akzente des Agrarausschusses im Bundesrat für ein neues Tierschutzgesetz. Darunter ist die Verschlimmbesserung, die Ausnahmegenehmigung für Jagdhunde vom Kupierverbot abzuschaffen. Im Gesetzesentwurf, den die Bundesregierung am 24. Mai beschlossen hat, war davon noch nicht die Rede. Seinen Beitrag dazu hatte nicht zuletzt Bundesfinanzminister Christian Lindner geleistet. Er hatte das Papier aus dem Hause des zuständigen grünen Landwirtschaftsministers Cem Özdemir lange blockiert mit dem Hinweis, er wolle an der bewährten Regelung festhalten, die das Kürzen der Schwänze von Jagdhunden erlaubt. Als Jäger weiß Lindner in dem Punkt, wovon er spricht. Fraglich ist aber, ob der gegenteilige Vorstoß falsch verstandener Tierliebe noch wieder eingefangen werden kann, wenn der Bundesrat an diesem 5. Juli auf Basis der Empfehlungen des Agrarausschusses über eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf berät. Dazu kann sich dann die Bundesregierung äußern, bevor der Bundestag die Gesetzesänderung abschließend berät. Zu oft nämlich folgt die Debatte den mit heißem Herzen, aber wenig kynologischem Sachverstand vorgetragenen Äußerungen vermeintlicher Tierfreunde. In Deutschland gilt das grundsätzliche Kupierverbot seit 1987 (Ohren) und 1998 (Schwanz). Ausnahmen sind Amputationen aus medizinischer Indikation, etwa bei Tumoren oder Schwanzabriss. Diese Vorgabe gilt auch dann, wenn der Eingriff in Ländern vorgenommen wird, wo dies noch erlaubt ist. Denn wer seinen Hund nur deshalb kurzfristig ins Ausland bringt, um die hiesigen Vorschriften zu umgehen, macht sich strafbar. Gleichwohl sieht man in Deutschland immer noch Vierbeiner mit kupierten Ohren oder Schwänzen, teils weil die Eigentümer das Gesetz umgehen, teils weil sie die Welpen in diesem Zustand direkt bei einem ausländischen Züchter kaufen. Sie nutzen die schizophrene Situation aus, dass zwar die böse Tat verboten, der Verkauf und die Haltung kupierter Tiere aber grundsätzlich legal ist. Um dem im Rahmen der eigenen Möglichkeiten entgegenzuwirken, gilt beim Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) seit 2002 ein Ausstellungsverbot für Hunde aus dem In- und Ausland, deren Ohren nach dem 1. Januar 1987 kupiert wurden oder deren Rute nach dem 1. Juni 1998 amputiert wurde. Gefahr schwerster Verletzungen Im Gegensatz zu allen Maßnahmen, die ausschließlich einem verschrobenen Schönheitsideal folgen, erkennt das Tierschutzgesetz bislang in Paragraph 6 ausdrücklich das präventive Schwanzkürzen im Welpenalter bei bestimmten Jagdhunderassen als vernünftigen Grund an. Es dient nämlich dem Gesundheitsschutz. Ein Verbot wäre deshalb kontraproduktiv für das Tierwohl. Denn im Einsatz, der auch dem aus Gründen des Klimaschutzes erforderlichen Waldumbau und der Seuchenprävention dient, sind die vierbeinigen Jagdhelfer in unwegsamem Gelände unterwegs. Umgestürzte Bäume, Brombeeren- und Schwarzdorn-Dickichte oder Schilf können bei langer Rute zu schwersten Verletzungen führen. Die Folgen sind erhebliche Schmerzen und Leiden, die zu einer Amputation im Erwachsenenalter zwingen können. Dagegen ist Kupieren von Jagdhunden innerhalb der ersten drei Lebenstage unproblematisch. Eine innerartliche Kommunikation ist auch mit kupierter Rute zweifelsfrei möglich. Kupierte Hundewelpen dürfen selbstverständlich nur an Jagdscheininhaber abgegeben werden. Der Deutsche Jagdverband (DJV) und der Jagdgebrauchshundverband (JGHV) verweisen zudem darauf, dass es entgegen den Ausführungen in der Begründung des Agrarausschusses im Bundesrat in den Ländern, in denen ein Kupierverbot besteht, es nachweislich tierschutzrelevante Probleme gibt, wenn Jagdarten angewendet werden, die mit deutschen Verhältnissen vergleichbar sind. Jäger hängen an ihren vierbeinigen Begleitern nicht weniger als andere Menschen. Jagdhunde unterscheiden sich aber von Haus-, Hof- und Schoßhunden in einem wesentlichen Punkt: Ihre Zucht, Abrichtung und Haltung folgt nicht einem Schönheitsideal, sondern einem Zweck. Im übertragenen Sinne gilt die Designmaxime „form follows function“. Missachten kann diese Notwendigkeit nur, wer dem Tier keine dienende Rolle zuweist außer der, das eigene Wohlbefinden zu befriedigen. Besser um Qualzuchten kümmern Wer dem besten Freund des Menschen etwas Gutes tun will, sollte sich um die Qualzuchten von Mops, Französischer und Englischer Bulldogge, Malteser, Shi Tzu, Pekinese und Boxer kümmern. Aus falsch verstandener Ästhetik erfreuen sich diese rund- oder kurzköpfigen Rassen aktuell immer größerer Beliebtheit. Die Hunde bezahlen den Modespleen ihrer Halter mit massiven Gesundheitsproblemen, der sogenannten Brachyzephalie. Dabei handelt es um eine unnatürliche Verengung der oberen Atemwege. Ursache ist die zu kurze und deformierte Nase, die eine zu enge Nasenöffnung und das zu lange Gaumensegel bedingen. Diese Tiere hecheln oft, können schlecht bis gar nicht durch die Nase atmen und sind nicht belastbar. Sie können wegen des Sauerstoffmangels bei körperlicher Anstrengung, Stress oder Wärme und manchmal auch ohne besonderen Anlass ohnmächtig werden und umfallen. Je kürzer die Nase, desto größer die Atemnot. Mopsfidel sind diese Rassen im Gegensatz zu kupierten Jagdhunden längst nicht mehr.

  • „Die Ernte von Wild als Nahrungsmittel im Vordergrund“

    Der frühere Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen, hatte immer einen Blick auf die Jagd mit klaren politischen Positionen. Nach seinen Aussagen zum ländlichen Raum hier der jagdpolitische Teil unseres Interviews mit ihm In mehreren Bundesländern steht die Jagd mit neuen Gesetzesentwürfen im Brennpunkt, so unter anderem in Rheinland-Pfalz, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Da werden Einschränkungen formuliert, die Praktiker der Jagd nicht verstehen. Welche Motivationen sind vor allem in grün-roten Koalitionen dahinter zu erkennen? Carstensen: Jagd ist eine sehr natürliche Nutzung. Aber wer nichts davon versteht, wer weit weg ist von dieser Art der Nutzung, sieht darin nur ein Hobby einer elitären Gruppe. Die Leistungen der Jäger umfassen viel mehr als nur das Erlegen von Wild. Vernünftige Politik sollte sich die Leistungen der Jäger zunutze machen. Wenn man aber mit ideologischen Scheuklappen an die Gesetzgebung herangeht, dann macht man keine guten Gesetze. Rund 400.000 Jäger mit ihren Familien und ihren Freundinnen sind auch eine politische Macht. Sie sollte viel intensiver deutlich gemacht werden. Jeder Jäger und jede Jägerfamilie lebt in einem Bundestags- oder Landtagswahlkreis. Treten Sie ruhig Ihren Abgeordneten auf die Füße und machen deutlich, welche praktischen Leistungen von Jägern erbracht werden. Das ist viel mehr als nur das Schreiben von Leserbriefen. Die Jagd steht im Prozess der ständigen Veränderung unserer Gesellschaft und damit auch politisch immer wieder in der Diskussion. Warum ist das so? Carstensen: In der deutschen Sprache gibt es die schönen Worte „begreifen“ und „erfahren“. Wer in der Stadt wohnt, immer satt wird, für seine Nahrungsmittel nur seinen Supermarkt kennt und selten Beziehung zum ländlichen Raum sucht, wird wahrscheinlich kaum erfahren und begreifen, was Jagd und natürliche Nutzung und landwirtschaftliche Nahrungsmittelproduktion bedeuten. In Niedersachsen, wo nicht nur der Wolf stark in Erscheinung tritt, sondern auch große Flächen zur Niederwildjagd gehören, versucht ein grüner Minister, das Jagdrecht allein aus seinem grünen Verständnis von Tierrechten zu verändern. Tut das der Jagd gut? Carstensen: Wir sind offensichtlich wieder bei der Ideologie, die der Jagd überhaupt nicht guttut. Sauberes und verantwortungsvolles Jagen beinhaltet auch das Respektieren von Tierrechten und dem Tierschutz. Jagd hat nun mal auch was mit dem Töten von Tieren zu tun. Dieses muss tierschutzgerecht geschehen, und deshalb befürworte ich die Pflicht, sich jedes Jahr aufs Neue im Schießen zu üben. Aber ein Verbot von Niederwildjagd, ein Verbot von Gänsejagd wie in den Niederlanden, wo die Gänse mit Netzen gefangen werden, um sie zu vergasen, hat nun wirklich nichts mehr mit Tierrecht zu tun. Alle Welt spricht über den Wolf. Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Situation? Carstensen: Es ist so, wie es ist. Der Wolf ist da. Ich bin nicht so glücklich darüber, dass er ins Jagdgesetz mit aufgenommen worden ist. Unsere Jagdgesetze beinhalten Verantwortung für das Wild und eine Hegeverpflichtung. Verantwortung für den Wolf haben diejenigen, die ihn haben wollten. Das sind sicherlich nicht die Schäfer, die den Schaden haben. Wenn so viel Geld wie für den Wolf auch für andere Arten ausgegeben worden wäre, wie zum Beispiel für Birkwild im Dellstedter Moor in Dithmarschen oder im Dosenmoor bei Neumünster, dann hätte man auch sehr stolz auf die Verbesserung von Artenschutz in der Natur sein können. Jetzt gilt es, die inzwischen ungebremste Vermehrung von Wölfen zu verhindern. Sie müssen auch bejagt werden dürfen. Aber sollen die Jäger dafür den Kopf hinhalten und sich Beschimpfungen und Morddrohungen aussetzen, wenn Politik und Naturschutz gemütlich im Sessel sitzen bleiben und die Verantwortung jetzt anderen übertragen? Sie gehen weiter intensiv zur Jagd? Carstensen: Ich gehe seit meinem 16. Geburtstag und immer noch mit Begeisterung zur Jagd, tue das mit Freunden und bekenne mich dazu. Ich versuche, sauber zu jagen, tierschutzgerecht zu töten, und weiß, dass ich anschließend ein Nahrungsmittel vor mir liegen habe . Mir liegt die Jagd in Schweden, bei der Trophäen keine große Rolle spielen, aber die Ernte von Wild als Nahrungsmittel im Vordergrund steht. Früher gab es eine Jagd des Ministerpräsidenten oder auch eine sogenannte Diplomatenjagd. Sind das Gesellschaftsjagden der Vergangenheit? Carstensen: Offensichtlich und leider ja. Wir brauchen sicher keine Diplomatenjagd mehr, aber die Kontakte, die auf der Jagd geknüpft werden konnten, sind auch bei den Landesjagden in den landeseigenen Forsten nicht zu verachten gewesen. Zum ersten Teil des Gesprächs mit dem Ministerpräsidenten a.D. Peter Harry Carstensen

  • Die nächsten Demos sind in Sicht

    Das „große Entlastungspaket“ für die Landwirtschaft ist aus Sicht der Betroffenen nur ein Päckchen mit dürftigem Inhalt. Auf dem Bauerntag 2024 bekam die Ampelkoalition den Zorn deutlich zu spüren Cem Özdemir macht aus seinem Herzen wenigstens keine Mördergrube. Die Bauern, so der grüne Bundeslandwirtschaftsminister auf dem Bauerntag in Cottbus, hätten im Winter „sehr gute Gründe“ gehabt, mit rollenden Traktoren lautstark zu protestieren . Der damalige Kabinettsbeschluss, die Steuerrückerstattung für Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Maschinen mit einem Federstrich abzuschaffen, sei „ohne Maß und Mitte“ gewesen. Recht hat er. Geblieben ist am Ende bekanntlich der stufenweise Abbau der Steuerbegünstigung und das hehre Versprechen, auf den Höfen und in den Ställen rasch für Entlastung zu sorgen. Diejenigen, die wie der frühere Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert im Frühjahr an einem radikalen Kurswechsel zweifelten , haben mit ihrer Vorahnung richtig gelegen. Das Maßnahmenbündel, das die Koalition nach eigenen Angaben „pünktlich zum Bauerntag“ geschnürt hat, besteht aus Ankündigungen und bietet nicht nur aus Sicht von Jochen Rukwied, den Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes, zu wenig konkrete Entlastung. Genau diese wird allerdings dringend gebraucht, um den Wettbewerb in der EU zu bestehen. Die über Jahre aufgebauten Lasten und Belastungen existieren aktuell weiter. Zwar sollen die Landwirte künftig von einer Gewinnglättung bei der Steuerzahlung profitieren, wenn die Steuer auf den durchschnittlichen Gewinn von drei Jahren niedriger ausfällt als die Summe der Steuern für die drei Einzeljahre. Doch dieses Modell, das unterschiedliche Ertragslagen berücksichtigt, entfaltet frühestens 2026 seine Wirkung. Und dem versprochenen großen Bürokratieabbau – von 200 Maßnahmen ist die Rede – steht entgegen, dass gleichzeitig eine Änderung des Tierschutzgesetzes die Nutztierhalter in Deutschland mit wieder neuen Verordnungen und Regelungen überzieht. Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, spricht von einem „Bürokratiemonster“. Protest von 30 Verbänden Beim Düngegesetz sieht es ähnlich aus. Und inzwischen protestieren 30 Verbände der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft im Schulterschluss auch gegen ein geplantes „Zukunftsprogramm“ Pflanzenschutz. Dass sich die Ampelfraktionen angesichts dieser Gemengelage damit brüsten, die geplante Stilllegung von vier Prozent der landwirtschaftlichen Nutzflächen abgeschafft zu haben, ist dreist. Die Entscheidung, die Pflicht zur Stilllegung der Ackerflächen zur Erfüllung des GLÖZ-8-Standards für 2024 auszusetzen, ist in der EU-Kommission in Brüssel und nicht in Berlin gefallen. Wenn die Ampelkoalition bei den Bauern im kommenden Jahr nur den Hauch einer Chance haben will, muss sie jetzt liefern. Mit Versprechungen lassen sich die Landwirte nicht mehr hinhalten. Das Misstrauen ist nicht kleiner, sondern seit der Präsentation des Entlastungspakets noch größer geworden. In Cottbus wurde offen gefragt, ob sich der Bauernverband bei seinen Gesprächen mit den Ministerien an der Nase durch den Ring führen lässt und welche Eskalationsstufen des Protests man vorbereite. Eine Regionalzeitung titelte treffend: „Es brodelt unter den Bauern.“ Und an Selbstbewusstsein mangelt es ihnen nicht. Bei den Trecker-Demos haben die Landwirte den Rückhalt der Bevölkerung gespürt. Präsident Rukwied, in Cottbus von den Delegierten mit einem besseren Ergebnis als vor vier Jahren in Erfurt im Amt bestätigt (87,5 Prozent, vorher 81,6 Prozent), gab sich entsprechend kämpferisch und forderte unter anderem eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage für die Betriebe. Über diesen wichtigen Punkt und die Mehrwertsteuer für Fleisch sollte Özdemir mit seinem Kabinettskollegen Lindner sprechen. Die Antwort des Bundesfinanzministers liegt auf der Hand. In der Ampel ist man der Ansicht, dass damit der Abbau der Vergünstigungen beim Agrardiesel überkompensiert wird. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sieht dies anders und kritisierte erneut die Ampelarbeit. Er erntete in Cottbus lauten Beifall, als er zum Beispiel beim Agrardiesel dazu aufforderte, zur alten Praxis zurückzukehren. Brandenburg will am 5. Juli im Bundesrat auch gegen das geplante Düngegesetz votieren. Woidke wörtlich: „Wenn man Dinge nur halbrichtig macht oder sogar falsch, dann braucht man Kraft – man braucht dann nämlich die Kraft zur Korrektur.“

  • Blicke nach Brüssel und Berlin – Verbandsversammlungen in Geschlossenheit

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, trotz der Parlamentswoche hat die politische Welt in den letzten Tagen mehr auf Brüssel als auf Berlin geschaut. Das Führungspaket um Ursula von der Leyen wurde geschnürt und muss nun noch durch das EU-Parlament gebracht werden. Dabei allerdings zeigt sich die italienische Ministerpräsidentin etwas verschnupft, weil sich der Wahlerfolg der hinter ihr stehenden rechten Parteien im Personaltableau nicht widerspiegele. Viele Gesetze, Beschlüsse und Entscheidungen der Administration wirken sich auf Interessen der ländlichen Regionen auch bei uns aus. Unabhängig von den Personalentscheidungen läuft der Apparat weiter, wie wir am folgenden Beispiel sehen. So blickt unser Autor Ludwig Hintjens aktuell darauf, wie China landwirtschaftliche Produkte aus Europa in den Fokus nimmt. Peking hat angekündigt, Schweinefleisch aus Europa auf Dumping hin zu untersuchen. China habe den Verdacht, dass Mitgliedstaaten der EU die Aufzucht von Schweinen unzulässig subventionierten. Dahinter steckt die Drohung, Strafzölle auf den Export von Schweinefleisch  zu erheben. Noch sind wir nicht so weit. Zunächst einmal geht es der Regierung in Peking darum, Verhandlungsmasse zu schaffen. Die Kommission hatte nämlich Zölle auf E-Autos aus chinesischer Fabrikation verhängt. Während niemand Zweifel an den Dumpingpreisen für E-Autos aus China hat, gibt es keine Anhaltspunkte für ungerechtfertigte Subventionen beim Schweinefleisch. Auch China muss Beweise vorlegen, bevor es Strafzölle erhebt. Im Fokus stehen dabei wohl zunächst Spaniens Schweinemäster … Gleichwohl bleiben bei unserem Blick auf den Bundestag vermeintliche Randthemen nicht verborgen. So gab es in dieser Woche eine öffentliche Anhörung zum „besten Vorgehen gegen fischfressende Kormorane“ . Wen die Uneinigkeit darüber interessiert: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1010310 Angler und Binnenfischer fordern seit langem, dass der Schutzstatus des Kormorans  herabgesetzt wird. Auf das Konto des unter strengem Artenschutz stehenden imposanten Wasservogels mit der hakig gebogenen Schnabelspitze gehen Beutezüge in Fischteichen und Seen. Von dieser Bundesregierung dürfen die Freizeit- und Berufsfischer keine Unterstützung erwarten. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hintertreibt auch jegliche Möglichkeiten, die das EU-Recht heute schon bietet, für „Entnahmen“, deutlicher ausgedrückt: z. B auch Abschüsse von auffälligen Exemplaren des Beutegreifers Wolf . Hilfe müsste von der EU kommen: Die CDU-CSU-Abgeordneten im Europaparlament bestehen darauf, dass die FFH-Richtlinie in dieser Wahlperiode neu verhandelt wird. Wenn die Kommission unter der vermutlich nächsten Präsidentin Ursula von der Leyen diesem Wunsch nachkommt, könnte der Schutzstatus bei etlichen Arten herabgesetzt werden. Dringend nötige Eingriffe in den Bestand bei Arten, die keine natürlichen Feinde haben, wären dann möglich. Im Blick: Wolf, Kormoran, Biber, Bär, Saatkrähe und andere.  Die endlose Suche nach einem Kompromiss… Derweil hört man vom Kernthema der Ampelregierung im Moment nicht viel. Nur: Die erwartete Einigung über den nächsten Bundeshaushalt lässt länger auf sich warten , als sich das selbst der Bundeskanzler wünscht. Der linke Flügel seiner Fraktion zieht rote Linien bei Einschränkungen der Sozialleistungen. Die FDP will genau dort runterfahren und bleibt eisenhart bei der Schuldenbremse. Mal sehen, wie Olaf Scholz das beieinander bringt. Nach dem ZDF-Politbarometer von gestern rechnet die Hälfte der Deutschen nicht mit einer zeitnahen Einigung. Die Grünen lehnen sich derweil zurück, obwohl sie schon Konflikte in einer Kombination aus Fehleinschätzungen und Fehlkalkulationen in die Regierung eingebracht haben. Da kann man als Beispiel das vielzitierte Heizungsgesetz nehmen, wo Bundeswirtschaftsminister Robert Harbeck schon in sich gegangen ist und inzwischen selbst mehrfach Fehler eingeräumt hat. Bei einem Bürgerdialog in Berlin hat er vor einige Zeit zur Frage bemerkt, wie weit die Gesellschaft bereit sei, Klimaschutz konkret zu tragen: Da sei er dann doch zu weit gegangen. Nach den Zahlen kann man das auch auf die Akzeptanz der Elektromobilität übertragen. Da hat es vielleicht eine Anfangsbegeisterung bei der öffentlich geförderten Erstbeschaffung von Elektroautos gegeben. Das ist vorbei. Es werden aktuell mehr Verbrenner als E-Autos gekauft  und zugelassen. Der Anteil der E-Autos an den Neuzulassungen insgesamt lag im Mai bei etwa 12,6 Prozent und betrug damit 30 Prozent weniger im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die Auswirkungen dieser politischen Entscheidungen mit langfristigen Festlegungen bei Autobauern wie VW und Ford auf Elektroantriebe strahlen auf die Standorte und die Zulieferer  aus. Mit Alternativen für Antriebe schwerer technischer Fahrzeuge – etwa in Land- und Forstwirtschaft – wird das kaum anders werden. Alle blicken jetzt bei dieser politischen Lage auf die nächsten Wahlen und damit die östlichen Bundesländer. Die größten Bauchschmerzen in der Ampel muss dabei die SPD mit ihrem stoisch wirkenden Kanzler haben. Gestern hören wir ebenfalls vom aktuellen Politbarometer des ZDF, dass die SPD es bei der Sonntagsfrage noch auf 14 % bringt. Die Co-Vorsitzende Saskia Esken erlebt derzeit bei ihren systematisch geplanten Ost-Terminen die Stimmung dort. In der Süddeutschen Zeitung wurden ihre Erlebnisse im SPD Kreisverband Stendal letzte Woche unter der Überschrift „SPD auf Rutschpartie nach unten“ beschrieben. Dort habe sie sich die Schilderung eines Parteifreundes anhören müssen, dass die AfD alle Anlässe – ob Messerangriff oder Migration – ausnutze, jeden Vorfall auszuschlachten. „Wir kommen da nicht mehr gegen an“, wird ein SPD-Mann vor Ort zitiert. Und dann wird die Antwort der Parteivorsitzenden „zu alledem“ zitiert : „Es gelingt uns nicht so gut, Antworten auf die Alltagssorgen zu finden.“ Das kann man auch als Beleg einer Hilflosigkeit werten, vor allem wenn ein anderer Genosse ihr mit auf den Weg gibt, dass der Kanzler hier zudem höchst unbeliebt sei. Zwei große Verbandsversammlungen: DJV und DBV Bleiben wir auf dem Lande und dabei, was sich dort in den letzten Tagen und in Bezug auf den ländlichen Raum getan hat. Da waren fast nebeneinander die Verbandstagungen der Bauern in Cottbus und der Jäger in Mainz . Beide Großveranstaltungen haben gemeinsam, dass diese beiden großen Organisationen Geschlossenheit demonstrieren – jeder für sich: der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Deutsche Jagdverband (DJV). Diese zeigen klare Reaktionen in einer überwiegend grün-rot geprägten politischen Landschaft. Sie ist eher von Gegenwind als von Unterstützung für die berechtigten Interessen der Menschen dort geprägt. Da sind Männer und Frauen, die ackern, Tierzucht betreiben, heimische Lebensmittel produzieren, Forstwirtschaft auf Generationen anlegen, zur Jagd gehen, imkern oder auch Fische auf die Speisekarten bringen. Daraus ergibt sich ein Katalog von Gemeinsamkeiten, die auf beiden Bundeskongressen immer wieder beschworen wurden. Wie existenziell und bedeutend dieser Komplex für unsere gesamte Gesellschaft in unserem Land ist, wird von der aktuellen Politik kaum angemessen reflektiert. Eines der Kernthemen beider Verbände bleibt der endlich auch politisch zu kontrollierende Umgang mit dem Thema Wolf . Helmut Dammann-Tamke, der DJV-Präsident, fordert erneut mit guten Gründen ein Populationsmanagement für dieses Tier, das inzwischen in der Zunahme und damit Dichte seiner Verbreitung auch in der breiten Bevölkerung wachsende Sorgen auslöst. Wer an der See oder in den Bergregionen Urlaub macht, erkennt inzwischen, was auf den Deichen und den Almen geschieht, wenn Weidetiere zunehmend vom Wolf gefährdet werden. Bernhard Krüsken, der Generalsekretär des Bauernverbandes, unterstrich vor den Jägern, dass die Politik beim Thema Wolf die Realitäten nicht anerkennt . Es gab auch was zu feiern: Der Jagdverband besteht 75 Jahre. Nur noch eine süffisante Anmerkung dazu: Ausgerechnet „Scholz & Friends“ heißt die Kampagnenagentur, die im Gegensatz zu „Kanzler & Ampel“ nachgewiesenermaßen als erfolgreiche Truppe gilt. Unter dem Motto „Grüner wird´s nicht“  soll sie für unsere Jägerinnen und Jäger die Akzeptanz in der Gesellschaft steigern. Wer mehr zum Jubiläumsjägertag erfahren möchte, sollte am besten in die Fachzeitschriften schauen . „ Stimmung unter den Bauern ist weiter mies“ Mit ähnlich klaren Botschaften ging es zu beim Deutschen Bauerntag in Cottbus. Er schließt sich mit seinen Positionen nahtlos an die sogenannten Bauernproteste unter Regie des DBV an. Präsident Joachim Rukwied forderte eingangs, Perspektiven für die Landwirtschaft zu schaffen . „ Mit unseren Bauernprotesten haben wir Türen aufgestoßen und deutlich gemacht, dass Wettbewerbsfähigkeit bei allen Gesetzesvorhaben zwingend mitgedacht werden muss. Während auf EU-Ebene ein Umdenken erkennbar ist, scheint die Bundesregierung noch immer nicht verstanden zu haben, dass der Wirtschafts- und Landwirtschaftsstandort Deutschland nur dann zukunftsfähig ist, wenn er auch wettbewerbsfähig ist.“ Über den Kongress der Landwirte in Cottbus wird Wolfgang Kleideiter am Montag in unserem Blog berichten. Sein erster Eindruck: „Die Stimmung unter den Bauern ist weiter mies.“ Zum Schluss füge ich noch zwei Leseempfehlungen an. Es kann nicht verkehrt sein, mal erfahrene Politiker im Ruhestand zu befragen. In einem Interview, das Jürgen Muhl geführt hat, nimmt der frühere Ministerpräsident und aktive Jäger Peter Harry Carstensen zur Politik für die ländlichen Regionen Stellung. Den ersten Teil können Sie schon lesen . Am Dienstag folgen in unserem Blog seine Ansichten zum Thema Jagd. Und wenn wir schon bei Leseempfehlungen sind, kann ich es mir nicht verkneifen, dass einer unserer Autoren unter die Verfasser regionaler Krimis gegangen ist. Der Titel passt von der Farbe her zu unseren Themen, spielt aber auf einem Golfplatz mit den Verflechtungen eines damit zusammenhängenden Clubs. Wolfgang Kleideiter hat gemeinsam mit einem medizinischen Fachmann der Neurologie und Psychiatrie ein Meisterwerk von Sprache & Spannung verfasst: „ Nero und das blutige Grün“ . Zu einer Buchempfehlung gehören Umfang, Bezugsquellen und Preis: 412 Seiten, 16,90 €, zu erhalten im Handel und online im Buchshop von „Books on demand“ . Später empfehle ich wieder einmal Lektüre über und zur Jagd – dann aber wieder etwas anderes als einen Krimi. Mit diesem Hinweis verbleibe ich mit meiner diesmal anlassbezogenen etwas längeren Wochenkolumne Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination

  • ASP: Seucheneindämmung ist oberstes Ziel

    Die Meldungen über das Wiederaufflammen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) alarmieren. Jäger und Landwirte sind aufgerufen, wachsam zu sein und eine effektive Schwarzwildbejagung sicherzustellen Mit der immer wieder aufflackernden Afrikanischen Schweinepest (ASP) ist nicht zu spaßen. Nun ist sie erstmals auch in Hessen ausgebrochen. Nachdem das erste infizierte Wildschwein entdeckt worden war, dauerte es einige Tage, bis das Landesumweltministerium mitteilte, dass rund 500 Meter vom Erstfund entfernt und damit ebenfalls innerhalb der 7.300 Hektar umfassenden Kernzone im Landkreis Groß-Gerau fünf weitere infizierte Tiere gefunden worden seien, sodass es aktuell sechs Fälle sind. Das klingt nach wenig, ist es aber besonders dann nicht, wenn einige Kadaver wie befürchtet schon älter sind und die Seuche damit schon länger wütet. Denn es gilt, den Seuchenherd einzudämmen und das Virus punktuell scharf zu bekämpfen. Ganz vermeiden lassen sich Neuinfektionen offenbar nicht. Das zeigt die Entwicklung seit dem ersten Ausbruch der ursprünglich auf Afrika begrenzten ASP in Europa. Nachdem die anzeigepflichtige Tierseuche 2007 nach Georgien eingeschleppt worden war, breitete sie sich von dort in die Nachbarländer aus, trat 2014 das erste Mal in den baltischen Staaten und Polen auf und wurde 2020 in Deutschland erstmals im Landkreis Spree-Neiße in Brandenburg bei einem Wildschwein festgestellt. Kurz darauf war Sachsen und ein Jahr später Mecklenburg-Vorpommern betroffen. Zur Bekämpfung gesammelte Erfahrungen nutzen Die Verantwortlichen in Hessen tun gut daran, auf die im Nordosten Deutschlands gesammelten Erfahrungen bei der erfolgreichen Bekämpfung zurückzugreifen. Zwar ist die Seuche für den Menschen absolut ungefährlich. Doch löst sie bei den betroffenen Schweinen enormes Tierleid aus, das fast immer tödlich endet. Noch schlimmer ist der volks- und betriebswirtschaftliche Schaden nach einem Eintrag in Haustierbestände. Er kann landwirtschaftliche Betriebe ruinieren. Von denen gibt es laut hessischem Landwirtschaftsministerium innerhalb einer Restriktionszone mit einem Radius von 15 km rund 75 mit etwa 5.600 Schweinen. Auch der Austausch mit den Behörden in Rheinland-Pfalz ist zwingend. Schließlich liegen dort der Landkreis Mainz-Bingen und die Stadt Mainz in dem Radius. In der Vergangenheit gab es bereits acht ASP-Ausbrüche bei gehaltenen Schweinen. Neben einem Ferkelerzeuger in Niedersachsen waren fünf unterschiedliche Haltungen in Brandenburg sowie Mastschweinebestände in Mecklenburg-Vorpommern und in Baden-Württemberg betroffen. Ein Übergreifen auf Haustierbestände soll nun in Hessen mit aller Macht verhindert werden, zumal es keinen Impfstoff gibt. Deshalb ist dort das epidemiologische Expertenteam des Friedrich-Loeffler-Instituts, das die wohl renommierteste wissenschaftliche Einrichtung für Tiergesundheit in Deutschland ist, beratend tätig. Einsatz von Kadaver-Suchhunden und Drohnen Aber auch ganz praktische Maßnahmen sind zwingend. Intensiv wird nach Wildschwein-Kadavern gesucht. Dabei werden neben speziell ausgebildeten Kadaver-Suchhunden auch Drohnen eingesetzt. Das Regierungspräsidium Darmstadt hat dazu extra das Flugverbot für Natur- und Vogelschutzgebiete aufgehoben. Außerdem wurde in Hessen mit dem Bau eines elf Kilometer langen Schutzzauns begonnen. Er soll die Wanderbewegungen infizierter Wildschweine begrenzen. Außerdem muss deren Population niedrig gehalten werden. Dazu bedarf es einer intensiven Bejagung. Ohne Jäger, die dabei eine gesellschaftliche Aufgabe erfüllen, ist das nicht möglich. Denn eine Gesetzesreform, mit der das polnische Parlament Ende 2019 den Einsatz von Polizisten, Grenzschützern und Soldaten zum Abschuss von Wildschweinen ermöglicht hat, ist in Deutschland unvorstellbar. Bei uns ist das Jagdrecht ein Eigentumsrecht, also gebunden an den Besitz von Grund und Boden. Doch alle Bemühungen von Behörden, Landwirten und Jägern sowie alle Restriktionen im Umgang mit Haus- und Wildschweinen sind nutzlos, wenn ein achtlos in der Natur weggeworfenes Brötchen sie zunichtemacht. So zitiert die Frankfurter Rundschau die FLI-Leiterin Carola Sauter-Louis, dass das ASP-Virus wahrscheinlich durch einen Lastwagenfahrer nach Hessen eingeschleppt wurde, der seinen Bioabfall an einer Autobahnraststätte nicht in einem der verschlossenen Müllbehälter entsorgt habe. Diese virushaltigen Speiseabfälle könnte das Wildschwein gefressen haben. Weil der Erreger sowohl über Nahrungsmittel als auch über Kleidung und Autoreifen weitergetragen werden kann, mahnen die zuständigen Ministerien in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen besonders angesichts der bevorstehenden Sommerreisezeit zu erhöhter Achtsamkeit. Beide Bundesländer haben die höchsten Hausschweinbestände in Deutschland. Da geht es um tausende Arbeitsplätze in Schlacht- und Zerlegebetrieben sowie der nachgelagerten Lebensmittelindustrie.

  • „Mehr Respekt für den ländlichen Raum und die Landwirtschaft“

    Peter Harry Carstensen im Interview. Der Politiker hat als MdB (1983 bis 2005) und danach als Ministerpräsident bis 2012 immer sein besonderes Augenmerk auf den ländlichen Raum, die Landwirtschaft und auch die Jagd gerichtet Herr Carstensen, Sie sind in ganz Deutschland bekannt als Schleswig-Holsteiner durch und durch. Als Parlamentarier und als Ministerpräsident haben Sie ihre Heimat maßgeblich mitgeprägt. Und Sie sind – wie kann es auch anders sein – unverändert ein engagierter und politischer Mensch. Es liegt nahe, dass „natur+mensch“ dazu und zu Ihrer Passion der Jagd mit Abstand zu Ihrer Zeit als Regierungschef ein paar Fragen stellt. Dazu gehört natürlich erst einmal ein Blick in die aktuelle Landespolitik: Wäre es nicht aus Ihrer Sicht und mit Blick auf die Interessenlage der CDU nicht doch besser gewesen, mit der FDP statt mit den Grünen eine Koalition einzugehen? Carstensen: Ich habe mit der FDP außerordentlich gut zusammen gearbeitet. Das war produktiv und nützlich für das Land. Die Grünen zeigen sich insbesondere im Bund als missionarische Eiferer. Wir brauchen aber mehr Sachverstand und Lebenserfahrung in der Politik. Ich halte im Bund nichts von einer Zusammenarbeit mit den Grünen. Im Land ist anders entschieden worden. Daniel Günther kann das und ich habe das zu akzeptieren. Geht der ländliche Raum in der großen Politik unter? Im Deutschen Bundestag findet er kaum noch statt. Carstensen: Als ich 1983 in den Bundestag kam, plakatierte der Bauernverband an den Straßen „Einer ackert und fünfzig werden satt“. Heute versorgt ein Ackersmann nahezu 200, die satt werden. Das heißt aber auch, dass heute einer aus der Landwirtschaft zu Wahl geht und 200 andere, die nicht viel mit Landwirtschaft und ländlichen Raum zu tun haben. Der ländliche Raum und die Landwirtschaft benötigen viel, viel mehr Respekt. Es wird nicht nur vergessen, dass wir unsere Nahrungsmittel von Landwirten in noch nie da gewesener Qualität und zu noch nie da gewesenen niedrigen Preisen und in absolut genügender Menge erhalten. Der ländliche Raum sorgt auch noch für Ausgleichsmaßnahmen. Er sorgt für Erholungsgebiete. Er sorgt für die Infrastruktur und Hinterlandanbindung. Er sorgt für gute Luft und Verbesserung des Klimas. Mir war es eine Freude, dass die Demonstration der Bauern endlich einmal darauf hingewiesen haben. Und ich habe mich sehr über ein Plakat gefreut, auf dem stand: „Sie säen nicht, sie ernten nicht, aber sie wissen alles besser“. Das ist auf den Punkt gebracht. Zum Thema Bauern-Demos: War das ein Strohfeuer oder verändert sich gerade etwas? Carstensen: Es war mehr als ein Strohfeuer. Viele in der Politik, beim Bund und in Europa haben wohl verstanden, dass der ländliche Raum und die Landwirtschaft eine viel wichtigere Funktion haben, als bisher gedacht. Moderne Landwirtschaft, über die so gerne geschimpft wird, hat so außerordentlich viel geleistet. Sie hat nicht nur die Menschen in unserem Land satt gemacht sondern auch dafür gesorgt, dass der Zuwachs der Menschen auf der Welt – seit 1950 sind das über 5 Milliarden – ernährt werden konnte. Die Zahl der Hungernden auf dieser Erde, die immer noch viel zu hoch ist, ist seit Jahrzehnten nicht gestiegen, aber der Zuwachs der Erdbevölkerung konnte ernährt werden. Das ist eine Leistung, auf die Landwirtschaft stolz sein kann. Der Ministerpräsident von Hessen hat im Ressortzuschnitt seines Kabinetts Landwirtschaft und Umwelt getrennt. Ist das eine Entscheidung von gestern oder eine mit Zukunft? Carstensen: Ich habe damals die beiden Ressorts zusammengeführt. Die Entscheidungen in Hessen habe ich nicht zu bewerten. Aber der Ministerpräsident hat als Chef des Kabinetts dafür zu sorgen, dass Umwelt- und Agrarpolitik in einem vernünftigen Verhältnis zueinanderstehen. Wie ich ihn kenne, wird er das wohl auch erreichen können. Sie hatten stets einen guten Draht zur ländlichen Bevölkerung. In den politischen Diskussionen kommt aber der ländliche Raum zu kurz, ja, er wird schon gern einmal vergessen. Was kann man dagegen tun? Carstensen: Der ländliche Raum wird inzwischen von mehr geprägt, als nur von der Landwirtschaft. Ein gesunder Strukturwandel in der Landwirtschaft setzt voraus, dass auch andere Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen werden. Ich kann nur empfehlen, sich intensiv mit den Menschen im ländlichen Raum an den Tisch zu setzen, um Verbesserungen zu erreichen. Mein Landwirtschaftsminister Christian von Boetticher hat seinerzeit die „Aktivregionen“ in Schleswig-Holstein als Förderregionen eingeführt. Wir haben den Menschen mit ihrer Kenntnis vor Ort eher zugetraut, für Verbesserungen zu sorgen, als wir es in Kiel in der Ferne von den Schreibtischen aus hätten leisten können. In der nächsten Woche erscheint am Dienstag in unserem Blog „natur+mensch“ der zweite Teil dieses Interviews. Dann stehen Fragen zur Jagd und zur aktuellen Jagdpolitik im Mittelpunkt.

  • Mobilität aus der Klippschule

    In vielen ländlichen Regionen ist es mit dem ÖPNV schwierig. Oft bleibt Pendlern nur das Auto. Der Bundesverkehrsminister will jetzt eine bessere Verknüpfung von Auto und Bahn. Das nennt man Park-and-Rail – seit 1972 Das sagt Volker Wissing nicht, als er die abgestandene Initiative von einer kombinierten Pendler-Nutzung von Auto und Bahn aus dem noch frischen Sommerloch zieht. Deshalb dies zuerst: Von den im Monatsschnitt rund 11,2 Millionen Abonnenten des Deutschlandtickets kommen nach Angaben des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) nur 21 Prozent aus dem ländlichen Raum. Was heißt: Das Ticket ist im Prinzip vor allem für Städter und Speckgürtel-Pendler attraktiv. Dennoch behauptet der Bundesverkehrsminister, dass das 49-Euro-Ticket gerade auf dem Land eine starke Vereinfachung und Entlastung mit sich bringe, weil es dort im Gegensatz zu städtischen Zentren bisher kaum bezahlbare Flatrate-Tarife für Pendler auf dem Land gegeben habe. Wissing wird selbst wissen, dass er damit zu kurz springt. VDV-Umfragen zufolge steigen zwar 16 Prozent der Deutschlandticket-Nutzer seltener ins Auto, seit sie das Abo haben. Eine spürbare Verlagerung des Verkehrs findet dennoch im erhofften Ausmaß nicht statt. Denn auch das gehört zum Alltag: Es geht nicht allein ums Geld, wenn man auf dem Land vom Auto auf Busse und Bahnen umsteigen will. Viel wichtiger ist es für Berufspendler, eine Verbesserung des Angebots zu schaffen. Die Infrastruktur muss stimmen, wenn die Flexibilität des Autos und die Effizienz der Schiene miteinander klug verflochten werden sollen. Und da wird dann auch Wissing kleinlaut. Der Minister hat zwar recht, wenn er sagt, es sei in einer freien Gesellschaft weltfremd, Menschen mit staatlichen Zwangsmaßnahmen zur Veränderung ihres Lebens veranlassen zu wollen. Und richtig ist auch, dass es nicht reicht, den Bus statt alle drei Stunden alle zwei fahren zu lassen – und dass es von Frequenz, Finanzierung und Fachkräfteangebot zudem unrealistisch ist, auf dem Land einen 20-Minuten-Takt mit dem Bus hinzubekommen. Das aber, was Wissing als Teil der Problemlösung aus dem alten Hut zieht, klingt dann doch ziemlich hilflos. Der Minister setzt nämlich auf bessere multimodale Verkehrsstrukturen im ländlichen Raum. Also auf etwas, was man seit 1972 als Park-and-Rail (manchmal auch als Park-and-Ride) kennt. „Wir brauchen mehr attraktive Umstiegsmöglichkeiten in der Fläche“, sagt Wissing. Das ist eine Erkenntnis, für die man keine 52 Jahre braucht. Wissings Initiative fehlt Konkretes Zudem fehlt Wissings Initiative jegliches Konkretes. „Überlegen“ könnten etwa die Länder, welche Standorte in welchen Regionen für Umstieg-Hubs am besten wären, von denen dann Schienenverbindungen in die Metropolregion mit enger Taktung angeboten werden könnten, Bahnhöfe mit genügend Parkplätzen und guter Bus-Anbindung, die laut Wissing von den Menschen aus der Umgebung gut erreichbar seien. Mit Verlaub: Das ist ein Vorschlag aus der verkehrspolitischen Klippschule. Zu banal, um ernsthaft eine neue Phase der Mobilität auf dem Land einzuleiten. Mal sehen, wie es jetzt weitergeht. Die Verkehrsminister von Bund und Ländern beraten über einen Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV. Seit längerem. Die Länder wollen zudem von Wissing eine stärkere Erhöhung der milliardenschweren Regionalisierungsmittel, mit denen Leistungen bei Verkehrsunternehmen bestellt werden. Ohne die geht nämlich nichts. Wo das Geld aber zur gut gemeinten Verknüpfung fehlt, da kann auch ein noch so schwurbelnder Minister keinen Knoten durchschlagen.

  • Schieflage und damit Sorgen in Niedersachsen

    Wenn die Papenburger Meyer-Werft schließen müsste, wäre das eine Katastrophe für eine ländliche Region. Niedersachsens Landesregierung will helfen, stellt aber auch Forderungen Es ist immer ein Ereignis, wenn sich ein rund 240 Meter langes Luxus-Kreuzfahrtschiff den 40 Kilometer langen Weg bahnt von der Papenburger Meyer-Werft über die Ems in Richtung Dollart und Nordsee. Zahlreiche Schaulustige stehen dann am Fluss, und auch die „Tagesschau“ hat von der spektakulären Überführung der Ozeanriesen schon oft Bilder gesendet. Doch wenn es schlecht läuft, könnte damit bald Schluss sein, denn die Werft steckt in finanziellen Schwierigkeiten. Sollte es tatsächlich zum Konkurs kommen, wäre das eine Katastrophe für eine strukturschwache Region im Nordwesten Niedersachsens: für das nördliche Emsland und das angrenzende Ostfriesland – einst die Armenhäuser der Nation. Die Werft, einer der größten und innovativsten Schiffbauer in Europa, ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für ganz Niedersachsen. Landeswirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), selbst aus dem Nordwesten des Landes stammend, nennt sie ein „industrielles Aushängeschild von Weltrang“. Rund 3300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen, und es sichert geschätzt mindestens 10.000 weiteren Arbeitnehmern bei Zulieferern und Dienstleistern Aufträge. Probleme wegen gestiegener Energie- und Rohstoffpreise Die Auftragsbücher sind auch derzeit gefüllt, sechs Kreuzfahrtschiffe sind bestellt. Doch die Meyer-Werft benötigt bis 2027 finanzielle Mittel in Höhe von 2,77 Milliarden Euro. Das Liquiditätsproblem hat die Corona-Pandemie verursacht, denn die Verträge für die Kreuzfahrtschiffe sind zum Teil zuvor abgeschlossen worden. Seitdem sind jedoch die Energie- und Rohstoffpreise, auch wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine, drastisch gestiegen. Und die Werft muss weitgehend vorfinanzieren, das ist im Schiffbau üblich. Sie erhält erst dann rund 80 Prozent des Kaufpreises, wenn die Kreuzfahrtschiffe fertig sind. Der Bau muss also mit Krediten zwischenfinanziert werden. Gespräche mit dem Bundeswirtschaftsministerium Und wegen der Bedeutung für die Region ist die Existenz der angeschlagenen Meyer-Werft aktuell eines der wichtigsten Themen für die niedersächsische Landespolitik. Auch die Bundesregierung prüft eine Rettung des Unternehmens; das Bundeswirtschaftsministerium steht in Kontakt mit dem Land Niedersachsen und der Werft. Wie weit darf sich die Landes- und Bundespolitik einmischen? In Hannover sind sich SPD, Grüne und die größte Oppositionspartei CDU einig, dass die Werft nur mithilfe staatlicher finanzieller Unterstützung, etwa in Form einer Bürgschaft, eine Zukunft hat. Und dass es ein tragfähiges Konzept braucht, damit das Traditionsunternehmen weiterhin erfolgreich agieren kann. Unterschiedliche Ansichten bestehen jedoch in der Frage, wie weit sich die Politik in die Arbeit von Geschäftsführung und Betriebsrat einmischen darf. Die CDU und ihr Fraktionschef Sebastian Lechner lehnen dies ab, während Wirtschaftsminister Lies – wie die IG Metall und der Betriebsrat – den geplanten Abbau von rund 440 Stellen kritisiert. Der Ressortchef fordert, die Meyer-Werft müsse ihren Firmensitz wieder nach Deutschland verlegen. Seit 2015 sitzt die Holding in Luxemburg, wo sie keinen Aufsichtsrat braucht, es daher weniger Mitbestimmung gibt. Die Unternehmensleitung ist hier offenbar zum Einlenken bereit. Die Hilfe des Staates ist übrigens ist nicht Neues in der fast 230-jährigen Firmengeschichte der Werft, bei der 1985 das erste Kreuzfahrtschiff vom Stapel lief. Heftige Diskussionen löste in den 1990er Jahren die Vertiefung der Ems aus. Es kam zum Bau des 2002 fertiggestellten Ems-Sperrwerks, an dem sich der Bund und das Land beteiligten. Während CDU und SPD sich einig waren, leisteten die Grünen seinerzeit erbitterten Widerstand. Heute ist das anders: Auch dem Grünen-Politiker Gerald Heere, dem Chef des Finanzressorts in der Landesregierung, ist sehr an der Rettung der Werft gelegen.

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