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  • Jürgen Muhl

Sonderweg an der Küste: Längere Zeiten für die Gänsejagd

Wo hunderttausende Gänse rasten und brüten, entstehen Millionenschäden für die Landwirtschaft. Schleswig-Holstein reagiert und die Naturschutzverbände haben kein Verständnis


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Gänse
Foto: Radka Schöne / pixelio.de

Wenn es um die Jagd geht, nimmt Schleswig-Holstein gern einen Sonderweg. Sie genießt im nördlichsten Bundesland seit jeher einen besonderen Stellenwert mit hoher Zustimmung und Zuspruch. Sie gehört zum ländlichen Leben einfach dazu. Jetzt ist das Land wieder einmal vorgeprescht. Als erstes Bundesland hat das Kieler Landwirtschaftsministerium die Jagdzeiten für verschiedene Gänsearten ausgeweitet.


Der zuständige Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU) ist von Berufs wegen Bauer  und passionierter Jäger. Als früherer Präsident des Schleswig-Holsteinischen Bauernverbandes pflegt er auch heute noch eine besondere Nähe zu den Höfen auf dem Lande. Schwarz nimmt die Sorgen und Nöte der Betriebe ernst, er führt das Ministerium pragmatisch. Dazu gehört auch die Entscheidung, die Jagdzeiten für Grau-, Kanada- und Nilgänse in Zukunft vom 16. Juli bis zum 31. Januar um einen halben Monat zu verlängern. Zudem wurde die Jagdzeit für Nonnengänse angepasst. Zukünftig kann das Tier von Oktober bis Ende Februar bejagt werden. Gänse verursachen bei vielen Landwirten Schäden, weil sie sich von Feldfrüchten ernähren.


Lenkende Wirkung durch Bejagung


„Gänsefraß und Verkotung stellen die Bauern schon seit Jahren vor große Herausforderungen und wirken zum Teil existenzbedrohend“, sagte Schwarz und fügte hinzu: „Mit der neuen Regelung können unsere Jäger einen Beitrag dazu leisten, die immer größer werdenden Schäden durch Gänse wirksam zu bekämpfen.“ Aus seiner Sicht könne die Jagd „eine lenkende Wirkung entfalten“. Betroffen ist vor allem Nordfriesland.


Nach Angaben des Präsidenten des Landesbauernverbandes, Klaus-Peter Lucht, hat sich der Bestand der Nonnengänse und generell der Wildgänse nicht reduziert. Im Gegenteil, so Lucht, er habe weiter zugenommen. Nach neuesten Schätzungen rasten annähernd 400.000 Nonnengänse und Graugänse auf schleswig-holsteinischen Flächen. Die Schadensschätzung des Bauernverbandes liegt über zehn Millionen Euro. Lucht verweist auf ein aktiveres Gänsemanagement in den Nachbarländern Dänemark und Niederlanden. Im Jahr 2018 seien rund 35.000 Nonnengänse in den Niederlanden und rund 16.000 Nonnengänse in Dänemark geschossen worden (wobei für alle Mitgliedstaaten das gleiche europäische Artenschutzrecht EU-Vogelschutzlinie gilt). In Schleswig-Holstein wurden 2023  an die 2500 Abschüsse registriert.


Indes droht der Naturschutzbund (NABU) mit Klage. Minister Schwarz habe auf eine Abstimmung mit dem für den Artenschutz verantwortlichen Umweltministerium verzichtet, heißt es in einer Stellungnahme der Naturschützer. Es knirscht also in der Kieler schwarz-grünen Koalition.  


Und die Schutzstation Wattenmeer äußert erhebliche Bedenken und unterlegt nach einem Zeitungsbericht ihre Kritik mit dieser Begründung: Durch die Bejagung würden die Gänse durch Störungen auffliegen und bräuchten damit zusätzliche Energie und deshalb mehr Futter.

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