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Schwarzarbeit: Wer wird mehr oder weniger kontrolliert?

  • Autorenbild: Frank Polke
    Frank Polke
  • 11. Aug.
  • 3 Min. Lesezeit

Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung sorgen für Milliardenschäden. Die große Koalition will jetzt dagegen vorgehen. Und nimmt neue Branchen wie „Barbershops“ ins Visier. Ländliche Branchen sind weniger verdächtig


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Foto: Tim Reckmann / pixelio.de
Foto: Tim Reckmann / pixelio.de

Noch ist es ein Referentenentwurf aus dem zuständigen Bundesfinanzministerium, aber die Grundzüge sind wohl klar. Die große Koalition aus Union und SPD hat jetzt ein Gesetz auf den Weg gebracht, mit dem die gesamte Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) modernisiert und verschärft werden soll. Zentral ist dabei das Vorhaben, den in Bundeskompetenz liegenden Zoll mit mehr Befugnissen auszustatten. Zentral ist die Absicht, die Schwarzarbeit in einigen Branchen endlich wirksamer zu bekämpfen, um den Betrug bei Steuern und Sozialabgaben einzudämmen. Auch die illegale Beschäftigung und die Ausbeutung durch mafiöse Strukturen soll eingedämmt werden.


„Wir legen eine härtere Gangart ein, um gegen diejenigen vorzugehen, die sich auf Kosten der Allgemeinheit und auf dem Rücken von illegal beschäftigten Arbeitskräften bereichern“, sagte Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) nach dem Beschluss des Bundeskabinetts in Berlin.


Eckdaten sind unstrittig


Mit dem neuen Gesetz sollen dem Zoll bzw. der Finanzkontrolle Schwarzarbeit mehr rechtliche Befugnisse eingeräumt werden. Kernstück des Gesetzes ist eine verbesserte Datenanalyse. Bis jetzt arbeiten zentrale Behörden oft nebeneinander her und Datenschutzregeln verhindern die wirksame Strafverfolgung. Laut dem neuen Entwurf, der jetzt in das parlamentarische Verfahren eingebracht wird, sollen zentrale Daten der Landesfinanzbehörden und der Deutschen Rentenversicherung mit denen der FKS abgeglichen werden. Ziel ist, Scheinfirmen oder verdächtige Subunternehmerketten etwa auf Baustellen zu erkennen. Die FKS wird an den polizeilichen Informationsverbund angeschlossen. Konkret heißt das zum Beispiel, dass die FKS zukünftig effizienter und auf Augenhöhe mit anderen Ermittlungsbereichen wie Polizei und Zollfahndung agieren kann, etwa indem Telekommunikationsüberwachung ermöglicht wird und sie außerdem als sogenannte „Kleine Staatsanwaltschaft“ noch mehr Fälle als bisher – etwa bei Sozialleistungsmissbrauch – selbstständig und damit schneller abschließen kann.


Nagelstudios und Barbershops unter besonderer Aufsicht


Spannend dürfte zu sehen sein, welche Bereiche als sogenannte „Schwarzarbeitschwerpunktbranchen“ eingestuft werden und welche nicht. Konkret bedeutet dies, dass diese Verdachts-Branchen besonders harten Regelungen und Auflagen unterworfen sind. Laut Gesetzentwurf trifft es das Friseur- und Kosmetikgewerbe. Besonders genannt werden Barbershops und Nagelstudios, die stärker unter Beobachtung stehen. Mitarbeiter müssen sich lückenlos ausweisen können, auch die Anmeldung der Arbeitskräfte durch die Betreiber soll bereits vom ersten Tag der Beschäftigung kontrolliert werden können. Auch die Datenflüsse dieser Branchen werden jetzt schärfer unter die Lupe genommen.


Forstwirtschaft nicht mehr unter Generalverdacht


Positiv sieht es für die Forstwirtschaft aus. Da es offenbar in der Vergangenheit in diesen Betrieben weniger Fälle von Schwarzarbeit oder Steuerbetrug gab, fallen diese Unternehmen aus dem Begriff der „Risikobranchen“ heraus. Ein klarer Fortschritt gerade für den ländlichen Raum und die vielen kleineren und mittleren Betriebe, die oft mit eigenen Mitteln ihren Beitrag zur Wertschöpfung und zur Pflege von Natur und Kulturlandschaft leisten. Auch das Fleischerhandwerk steht laut Gesetzentwurf ab sofort nicht unter Generalverdacht durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit.


Jetzt wird abzuwarten sein, wie das parlamentarische Verfahren sich entwickelt. Beteiligt sind neben den Regierungsfraktionen die Bundesländer. Sofort – man hätte fast die Uhr danach stellen können – meldeten sich schon die ersten Interessenvertretungen zu Wort, die gerade die Forst- und Landwirtschaft erneut unter Generalverdacht stellten. So forderte der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Robert Feiger, sogar eine Ausweitung der gesetzlich schärferen Regelungen auf die gesamte Landwirtschaft. „Bei der Arbeit auf den Feldern und in den Ställen sind illegale Machenschaften an der Tagesordnung“, erklärte Feiger keine halbe Stunde nach Bekanntwerden des Gesetzentwurfes. Nähere Beweise oder Erkenntnisse für seine Einlassungen blieb er schuldig. Dennoch: Die Gewerkschaft dürfte den Startschuss dafür gegeben haben, dass Lobbygruppen erneut gegen die Interessen des ländlichen Raums mobil machen.

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