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Niedersachsens Umweltministerium reagiert auf Biber-Probleme

  • Christian Urlage
  • 11. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit

Einst ausgerottet, breiten sich heute die Biber immer mehr aus. Weil es im Einzelfall zu Schäden kommen kann, hat das Umweltministerium in Hannover ein Handlungskonzept erarbeitet


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Foto: Erika Hartmann / pixelio.de
Foto: Erika Hartmann / pixelio.de

Bereits 1856 galten Biber in Niedersachsen als ausgerottet. Nun kehren sie zurück – ein Erfolg für den Artenschutz. Die streng geschützten Tiere schwimmen wieder in Elbe, Ems und Hase, Leine, Aller und Oker. 229 Biberreviere und etwa 500 Einzeltiere zählte man 2019 im ganzen Land und eine weitere Ausbreitung ist wahrscheinlich. Vom Aussterben sind Biber also nicht mehr bedroht, sondern sie stehen auf der Vorwarnliste.


Doch die geschickten Baumeister können Probleme verursachen: Sie untergraben Hochwasser-Deiche, unterspülen Straßen oder überfluten Äcker und gefährden damit die Ernte. Daher kommt es zunehmend zu Konflikten. Das niedersächsische Umweltministerium reagiert darauf mit einem „Handlungskonzept Biber“. Es berücksichtigt Beispiele aus anderen Bundesländern und neue Erkenntnisse und wird ständig fortgeschrieben. Ressortchef Christian Meyer will so pragmatische Lösungen finden. Für den Grünen-Politiker sind Biber zwar „überwiegend eine Bereicherung für die Gewässer in Niedersachsen“, aber durch vorbeugende Maßnahmen will er frühzeitig Konflikte verhindern.


Runder Tisch erarbeitet ein „Handlungskonzept Biber“


Ein Runder Tisch hat daher ein „Handlungskonzept Biber“ erarbeitet. Beteiligt waren Untere Naturschutzbehörden, Landwirtschaftskammer, Landvolk, Unterhaltungsverbände, Ökologische Stationen, Anlieger von Gewässern, Jägerschaft und Waldbesitzer, Angler- und Umweltverbände – und auch der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) gehörte dazu. Meyer will anhand der Erfahrungen vor Ort prüfen, wie das Land betroffene Landwirte besser und auch finanziell unterstützten kann. „Dies werden wir im Dialog weiterentwickeln“, kündigte der Minister an.


Zwar bringt die Rückkehr der Biber viele Vorteile für die natürliche Entwicklung der Gewässer und das Schaffen von Feuchtgebieten und Rückzugsräumen für Vögel und Insekten. Doch können die Tiere Schäden verursachen, etwa wenn sie Bäume annagen und fällen. Wenn die Deichsicherheit bedroht ist, kann das Kläranlagen, Bahn- und Straßendämme betreffen. Werden Feldränder oder Wege nahe an einem Gewässer untergraben, können Trecker und andere Landmaschinen einsinken und umkippen.


Bibertäuscher“ und Bestandserfassung


Geplant sind vorbeugende Maßnahmen wie Drahtmanschetten, die Einzelbäume vor Fraßschäden schützen. Außerdem setzt das Land auf „Bibertäuscher“, die den Wasserpegel an den Dämmen regulieren. Vorgesehen ist eine Koordinierungsstelle für das niedersächsische Bibermanagement, die auch bei schwierigen Einzelfallentscheidungen berät und neben den bereits ausgebildeten Biberberaterinnen und -beratern ehrenamtliche Bibersachverständige ausbildet. 2026 soll eine zentrale Anlaufstelle im Biosphärenreservat Elbtalaue entstehen.


Alle sechs Jahre soll der Bestand erfasst werden. Dabei setzt das Umweltministerium auch auf die Ortskenntnis von Jägern und weiteren Akteuren. Eine Entnahme der Tiere gilt nur als letztes Mittel im Einzelfall. Dann soll ein Biber in einen anderen Lebensraum gebracht werden. Eine Bejagung sieht das Land Niedersachsen nicht vor, denn die Biber sind nach EU- und Bundesrecht streng geschützt.


Landvolk fordert Obergrenzen und Aufnahme ins Jagdrecht


Im Handlungskonzept finden sich auch Billigkeitsleistungen, also freiwillige finanzielle Leistungen des Staates, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Die Gelder könnten als Entschädigung für Fraß- und Vernässungsschäden, Flur- und Sachschäden, Schäden in Teichanlagen, in der Fischzucht und in der Forstwirtschaft infrage kommen. Diese Leitungen sieht das Ministerium als „akzeptanzfördernde Maßnahme“ an. Einen Extra-Topf für Biber will Minister Meyer allerdings nicht schaffen.


Das Landvolk kritisierte den Entwurf: „Wir haben konkrete Vorschläge eingebracht, doch diese wurden kaum berücksichtigt“, erklärte Landvolkpräsident Holger Hennies. Er sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf und fordert eine verlässliche staatliche Finanzierung für Präventionsmaßnahmen. Aus dem Landvolk gibt es Stimmen, Obergrenzen festzulegen. Der Biber müsse ins Jagdrecht aufgenommen und sein Schutzstatus gesenkt werden.


Auch in anderen Ländern reagiert die Politik auf die zunehmende Zahl der Biber. So plant die Landesregierung in Baden-Württemberg eine landesweite Biberverordnung. Doch sie liegt auf Eis, weil Grüne und CDU sich in der Frage der Abschussregelung nicht einig sind.

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