Damit auch auf dem Lande der Zweitwagen überflüssig wird
- Christian Urlage
- vor 1 Tag
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Ein Auto, das nur hin und wieder genutzt wird, ist teuer. Daher bietet der Landkreis Emsland Familien und kleinen Unternehmen eine Alternative an. Das Projekt kann Vorbild sein

Der Fahrzeugbestand in Deutschland wächst stetig: Zum Stichtag 1. Januar 2025 notierte das Kraftfahrtbundesamt mehr als 61 Millionen Fahrzeuge, darunter fast 50 Millionen Pkw. Gerade im ländlichen Raum jenseits der Metropolen sind Menschen auf Autos angewiesen, denn ihre Wege sind weiter als in der Großstadt und Busse und Bahnen fahren viel seltener. Etliche Familien besitzen daher einen Zweitwagen, oft sogar einen Drittwagen. Sie brauchen die Pkws für die Fahrt zur Arbeit, für den Einkauf, den Arzttermin, den Vereinsausflug oder für den spontanen Wochenend-Trip. Vor allem, wenn man dort zu Hause ist oder arbeitet, wo der öffentliche Verkehr kaum oder nicht mehr stattfindet.
Was aber, wenn man das Auto nicht täglich benötigt, sondern lediglich ab und zu, etwa in der kalten und nassen Jahreszeit? Auch wenn der Wagen meistens nur herumsteht, nimmt er Platz weg. Und es bleiben die Fixkosten für die Versicherung, die Kfz-Steuer und die Wartung.
Hier setzt der Landkreis Emsland an: Im Dezember startet dort das Mobilitätsprojekt „Nachbarschaft bewegt – Unser Auto.“ Die pragmatisch eingestellte Kommune im Westen Niedersachsens, eine der flächengrößten in Deutschland, begrüßt Besucher am Straßenrand unter anderem mit Schildern „Willkommen bei den Machern“. Nun macht der Landkreis Emsland Nachbarn ein Angebot: Für drei Monate können sie ein Elektroauto testen. Mit Nachbarschaft sind mindestens zwei und maximal fünf Teams gemeint, also Familien, Haushalte und kleine Unternehmen. Jedem einzelnen Team können fünf Fahrberechtigte angehören.
Der Eigenanteil beträgt nur 200 Euro und jedes Team bekommt 100 Freikilometer im Monat. Die Fahrerinnen und Fahrer können den Wagen, falls möglich, zu Hause laden oder an öffentlichen Ladesäulen. Über eine App lässt sich das Auto buchen und öffnen. Diese App dient als Schlüssel und gibt den Nutzern Schritt für Schritt Anleitungen, wie sie das Fahrzeug starten und wie sie die Buchung beim Verlassen des Fahrzeugs beenden.
Ein unkompliziertes Verfahren erleichtert die Akzeptanz
Zugegeben: Ein Auto mit seinen Nachbarn teilen, daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Wenn aber das Verfahren unkompliziert und zugleich noch gut für den Geldbeutel ist, wenn die Fahrzeuge gut erreichbar sind, steigern diese Rahmenbedingungen die Akzeptanz. Dann kann es funktionieren. Im Bocholter Ortsteil Lowick im Westmünsterland hat Carsharing von Nachbarn offenbar funktioniert: Das „Bocholter Borkener Volksblatt“ berichtete im Sommer 2024 von einem Projekt, gefördert vom Leader-Netzwerk, bei dem von sieben Familien nach einem Jahr noch fünf dabei waren und ein Haushalt hinzukam.
Der Landkreis Emsland unterstützt das Carsharing mit Elektroautos generell bereits seit zwei Jahren, in Kooperation mit dem Unternehmen „mobileeee“. Die Fahrzeuge sind im gesamten Kreisgebiet verteilt und festen Stationen zugeordnet, sodass Nutzer ihre Fahrten im Voraus planen und reservieren können. Zur Verfügung stehen mehr als 30 Elektro-Fahrzeuge an 30 Standorten im gesamten Landkreis, von Rhede bis Salzbergen. Die Kommune denkt bei ihrem klimafreundlichen Vorhaben nicht allein an Familien, sondern auch an kleinere Betriebe. Für die Unternehmen könne Carsharing eine sinnvolle Ergänzung zum eigenen Fuhrpark sein. Mitarbeitende könnten Dienstfahrten in der Nähe des Homeoffice starten und müssten nicht erst zum Firmensitz fahren.
Noch kein riesiger Ansturm
Bisher verzeichnet die Statistik im Emsland mit monatlich 350 Nutzern noch keinen riesigen Ansturm. Daher sieht der Landkreis seine Rolle darin, weitere Menschen zum Carsharing zu ermutigen, damit es wirtschaftlicher wird. Nach Angaben von Kreis-Pressesprecherin Anja Rohde sind im Schnitt etwa bis zu 50 Buchungen pro Monat erforderlich, damit ein Fahrzeug eigenwirtschaftlich betrieben werden kann.
Elektro-Carsharing im ländlichen Raum wird auch andernorts öffentlich unterstützt: So sieht das baden-württembergische Verkehrsministerium darin einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende. Die Förderung richtet sich vor allem an bislang unerschlossene Gebiete. Diese Modelle können Vorbild für weitere Kommunen und Landesregierungen sein, mit einer Anschubfinanzierung unterstützend tätig zu werden.
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