Im ländlichen Raum leben 24 Millionen Menschen – ihnen soll die neue Kleinstadt-Akademie helfen, sich besser zu vernetzen
Für Klara Geywitz ist sie „der neue Sehnsuchtsort“ für viele Deutsche. Die Bundesbauministerin meint damit die Kleinstadt, jene überschaubare, meist in ländlichen Regionen angesiedelte Kommune zwischen 5000 und 20.000 Einwohnern. Da, wo das Zusammenleben überschaubar scheint, soziale Kontakte noch gepflegt werden, das Ehrenamt noch nicht außer Mode gekommen ist und angeblich fast jeder jeden kennt, dort, wo Kommunalpolitik mit bekannten Köpfen verbunden ist, die man im Alltag trifft, und wo es keine aufgeregten Demonstrationen braucht, um im Gespräch zu bleiben. Natürlich sind Kleinstädte keine reinen Idyllen, aber das Leben in Deutschland wird nicht zuletzt von jenen rund 2100 Orten geprägt, in denen rund 24 Millionen Menschen ihr Zuhause haben.
Und doch: Diese Kleinteiligkeit hat auch Nachteile. Geringe finanzielle Mittel, personell eng gefasste Verwaltungen, die unbestreitbare Arroganz und Ignoranz der mittelgroßen Nachbarn und großen Ballungszentren lässt in so manchem Rathaus anspruchsvolle Ambitionen und Investitionen erst gar nicht wachsen. Man bleibt lieber bei seinen vermeintlichen Leisten. Dass sich von den 2100 möglichen Bewerbern am Ende nur 44 Gemeinden an jenem Wettbewerb um die Ansiedlung der vom Bund mit zwei Millionen Euro unterstützten Kleinstadt-Akademie beteiligt haben, spricht da Bände. Dennoch: Natürlich gibt es einen Sieger, und der heißt Wittenberge im Nordwesten Brandenburgs, eine Meisterin in der Akquise von Fördermitteln.
Erste Modellprojekte in zwei Jahren
Als eigenständige Einrichtung soll die Kleinstadt-Akademie Wissen und Erfahrungen in der Entwicklung von kleinen Städten bündeln. Geywitz gibt sich optimistisch. Die Kleinstädte bekämen zum ersten Mal ihre eigene Plattform, um sichtbarer zu werden. Bis dahin aber ist der Weg noch weit. Erst in zwei Jahren sollen die ersten Modellprojekte starten. In der Aufbauphase wird der Stadt das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung fachlich und organisatorisch zur Seite stehen. Auch der Städte- und Gemeindebund will den Prozess weiter eng begleiten. Schließlich hat die 17.000-Einwohner-Stadt bis 2027 mit der Vorbereitung der Landesgartenschau genug zu tun.
Doch die Richtung ist klar: Gerade strukturschwache Regionen sollen gestärkt und den spezifischen Wünschen von Kleinstädten mehr Gehör verschafft werden. Denn gerade für die weniger verwaltungsstarken Kleinen auf dem Land sind die Herausforderungen oft nicht allein zu stemmen. Klimaschutz, demografischer Wandel, Fachkräftemangel, Innenstadtentwicklung oder Digitalisierung: Hier will die Kleinstadt-Akademie mit „Hilfe zur Selbsthilfe“ und einer Stärkung der eigenen Kräfte anfangen. Die Kleinstadt-Akademie sei „keine Landlust im Behördenformat“ hat Geywitz bei der Vorstellung der „Vernetzungs- und Wissensplattform“ gesagt. Mal sehen, was daraus wird. Immerhin: Der erste Schritt ist getan, nicht zuletzt als ein überfälliges Zeichen der Wertschätzung.
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