Dorfkümmerer – das klingt nach betreutem Landleben. Tatsächlich sind die Frauen und Männer vielerorts Helfer in Alltagsfragen. Und ihre Zahl wächst
Demografischer Wandel, Wegzug, schlechte Verkehrsanbindung, geschlossene Läden – auf dem Land herrscht auch bei gutem Wetter nicht nur eitel Sonnenschein. Die täglichen Dinge wie der notwendige Arztbesuch oder Einkauf, die Angst vor Einsamkeit oder der unerfüllte Wunsch nach einem Treffpunkt für die Kinder des Ortes können Themen sein, die Dorfkümmerer aktiv werden lassen.
Gerade in östlichen Bundesländern wie Brandenburg und Thüringen oder auch im Norden in Schleswig-Holstein hat man gute Erfahrung mit diesem System der Hilfe zur Selbsthilfe gemacht. Andernorts wie zum Beispiel in Mecklenburg-Vorpommern oder Niedersachsen sind geschulte Dorfmoderatorinnen und -moderatoren im Einsatz. Ob Kümmerer oder Moderator – ihr Kernziel ist durchaus ähnlich: Sie alle wollen das Leben auf dem Land, im weit abgelegenen Ortsteil einer Kleinstadt oder einem Dorf einfacher und besser machen.
„Ich kümmere mich darum“ – ein Satz, den man häufig hört. Doch wer dieses Versprechen gibt, muss zuhören, anpacken und wissen, wie er ein Problem oder eine Aufgabe löst. Gerade in Thüringen hat man offenbar so gute Erfahrungen mit dem Dorfkümmerer gemacht, dass sich die Zahl der aktiven und festen Ansprechpartner binnen zwei Jahren auf 70 verdoppelt hat.
Ein Auslöser ist das Landesprogramm „Solidarisches Zusammenleben der Generationen“. Es besteht auf verschiedenen Bausteinen. Zu ihnen gehört das Kümmerer-Modell, das auf dem Land immer mehr Schule macht und – auch das ist wichtig – auf einem soliden finanziellen Fundament steht. Thüringen hat in diesem Jahr rund 16 Millionen Euro im Haushalt für das Landesprogramm bereitgestellt.
Dorfkümmerer als Gewinn für den ländlichen Raum
Aus diesem Topf bedienen sich Kreise und Kommunen. Im Landkreis Gotha zum Beispiel, wo Dorfkümmerer seit 2021 tätig sind, stehen 150.000 Euro bereit. „Die Dorfkümmerinnen und Dorfkümmerer sind ein Gewinn für den ländlichen Raum“, sagt Landrat Onno Eckert. „Sie sind wichtige Ansprechpartnerinnen und -partner für alle Generationen und gestalten das Dorfleben aktiv mit.“
Gute und richtige Lösungen finden – so verstehen viele Dorfkümmerer, die ehrenamtlich oder im Rahmen einer Aushilfstätigkeit aktiv sind, ihre Aufgabe. Sie kennen Ansprechpartner und Akteure vor Ort, verfügen meist über gute Netzwerke und scheuen nicht den Kontakt zu Behörden oder Organisationen. Konkret kann es so aussehen, dass sie Fahrdienste zum Nachbarort organisieren, Treffen für jung und alt vorbereiten und durchführen, in manchen kleinen Streitfällen vermitteln oder Behördenschreiben übersetzen. Bei den Treffen der Kümmerer, die nicht allein agieren müssen, machen viele Beispiele aus der Praxis die Runde.
Dorfgemeinschaften brauchen heutzutage Unterstützung
In der Akademie für ländliche Räume Schleswig-Holstein e.V. in Flintbek trafen sich erst kürzlich die Dorfkümmerer des Landes zum Austausch. Auch bei dieser Tagung wurde deutlich, dass die damit einhergehende Stärkung des ländlichen Raums auf ganz verschiedenen und den örtlichen Gegebenheiten angepassten Wegen erfolgt.
Dorfgemeinschaften brauchen heutzutage eindeutig Unterstützung. Denn alte und tragfähige Strukturen, die jahrzehntelang ein Garant für ein gutes Leben auf dem Dorf waren, brechen immer mehr weg. Vereine finden wenig Nachwuchs, Junge gehen, Alte bleiben.
Dass heute in vielen kleinen Orten und Siedlungen Dorfkümmerer und Dorfmoderatoren aktiv sind, ist auf jeden Fall zu begrüßen. Denn es braucht Personen, die sich darum bemühen, die eigene Gemeinde generationenübergreifend zukunftsfähig und lebendig zu halten oder dorthin zu entwickeln.
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