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  • Schlechte Noten für Ankes „Häschenschule“

    Autorin Anke Engelke will „Rollenbilder ins Wanken bringen“ und bedient am Ende doch nur ein billiges Klischee Es sei ihr „um die Geschichte“ gegangen, sagte Entertainerin Anke Engelke der Süddeutschen Zeitung. Dafür habe sie einen „Buhmann“ in Kauf nehmen müssen. Der Verlag wünschte sich schließlich für die Neuinterpretation der vor 100 Jahren erstmals erschienenen „Häschenschule“ einen Konflikt oder eine Gefahr. Daraus wurde in der modernen Version des Kinderbuchklassikers auf mehreren düsteren Seiten ein Zerrbild der Landwirtschaft und der Jagd. „Gefahr = Mensch“ lautet zum Beispiel die Gleichung unter einer Zeichnung, die einen Mann mit Hut und Mistgabel zeigt. Wohl die althergebrachte Darstellung eines Landwirts. Dem Jäger geht es nicht besser: Er hält stehend die Waffe im Anschlag – was auch sonst. Felder und Äcker voller Gift, Fallen und gefährliche Maschinen wie Traktor oder Mähdrescher. Letzter erleichtert nicht die Getreideernte, sondern bedroht im Büchlein mit seinem Schneidwerk den Hasen „Hoppich“. Gut, dass es den Fuchs gibt, denn der ist – verkehrte Welt 2.0 – der Freund und neue Mitschüler der Hasenklasse. Der Fuchs als Raubtier und Allesfresser passt bei dem von Esslinger verlegten Buch nicht ins Konzept. Fuchs „Brehm“ tritt als Klassenneuling vor die Hasenschar. Auf seinem rosafarbenen T-Shirt steht „I love Möhre“. Damit ist der Fuchs dem veganen Hasen ernährungstechnisch nah aufs Fell gerückt. Wokeness lässt grüßen. Gedankenlosigkeit oder gar Arroganz? Dass Bäuerinnen und Bauern der „Häschenschule“ von Ange Engelke nicht allzu viel abgewinnen können, liegt auf der Hand. Man stelle sich die abendliche Lesestunde vor, bei der im Bilderbuch so nette Reime wie „Es ist traurig, aber wahr: Menschen sind eine Gefahr“ oder „Hier bloß nix essen, nix berühren, sonst bekommt man Gift zu spüren“ neben dem Bauern und dem Feld auftauchen. Ist das pure Gedankenlosigkeit oder gar Arroganz gegenüber dem Landleben? „Ich bin ehrlich gesagt fassungslos“, reagierte Sachsens Bauernpräsident Torsten Krawczyk auf das Buch, das immerhin im Jubiläumsjahr der Schule erscheint. 1924 ging es in der Geschichte von Albert Sixtus um Möhrenkunde und Ostereiermalerei. Vor dem Fuchs wurde gewarnt. Sie wolle den Kindern zeigen, dass Menschen viel falsch machen und dass man sich überlegen müsse, wie man es in Zukunft anders machen könne, erklärt Anke Engelke. Das Buch biete keine Lösungen, aber rege zu Gesprächen an. Heftige Reaktionen in den sozialen Kanälen Damit hat die Autorin zweifellos Recht, auch wenn ihr nicht alle Beiträge gefallen dürften. In den sozialen Kanälen im Netz wird schon seit Erscheinen des Bilderbuchs heftig gestritten. Deutschlandfunk Kultur spricht von einem „Shitstorm“ und bemühte sich darum, in einem längeren Beitrag die Kritik an dem Buch der Komikerin aus Köln zu analysieren. Der Sender ging so weit, den aktuellen Fall mit früheren Auseinandersetzungen über den Inhalt von Kinderbüchern zu vergleichen und zu fragen, wie Verlage und Autoren mit Hass im Netz umgehen. Bei „Die neue Häschenschule“ lag eine drängende Frage auf der Hand, die allerdings sauber umkurvt wurde: Wie fühlen sich Landwirtinnen und Landwirte, wenn sie in einem Kinderbuch im Jahr 2024 so in die Ecke gestellt und zum großen Feind der süßen Häschen erklärt werden? In der Bilderwelt sind sie für den Hasen gefährlicher noch als der Fuchs – denn der ist ja inzwischen vegan. Blödsinniger geht es kaum.

  • Auf dem Land ist eine engagierte Lokalzeitung unverzichtbar

    Eine aufschlussreiche Masterarbeit zeigt, dass in Orten ohne journalistische Wahrnehmung überdurchschnittlich oft AfD gewählt wird Die Lokalzeitung wird gern für tot erklärt, als journalistisch minderwertig diffamiert, überflüssig und wirtschaftlich perspektivlos. Braucht es diese „Blättle“ dann überhaupt für die politische Bildung, für die Demokratie, fragen nicht nur die Social-Media-Jungen. Die Antwort ist eindeutig: Ja! Das belegt eine Studie in Baden-Württemberg. Besonders auf dem Land ist danach eine engagierte Lokalzeitung unverzichtbar. Politisch wie sozial. Sie bereitet kommunale Vorgänge kontinuierlich auf und ordnet sie ein. Sie sorgt damit für eine offene Debatte, früh, kontinuierlich und breit gestreut. Erst durch ihre Berichte werden Themen in den Gemeinden sichtbar, für die Einwohner wie für Lokalpolitiker. Zudem fühlen sich gerade Bewohner im ländlichen Raum durch diese Öffentlichkeit mehr mit ihrer Heimat und den Mitmenschen verbunden. Berichte und Reportagen fördern darüber hinaus die politische Bildung, die eng mit politischem Engagement verbunden ist. Wenn Lokalmedien es schaffen, ihren Aufgaben nachzukommen, dienen sie als Wachhunde der Demokratie und prangern Missstände und Korruption an. Jede gute Lokalzeitung ist der Beweis dafür, dass es die Demokratie ohne Journalismus schwer hat. Doch Lokalzeitungen sind auf dem Rückzug. Während es in Bayern noch mehr als 50 Lokalblätter gibt, sind es in Thüringen gerade mal noch sechs. Die Landtagswahl in diesem September wird die These wohl untermauern. Mit gefährlichen Folgen für das demokratische Fundament. Vor allem im ländlichen Raum. Maxim Flößer hat in seiner aufschlussreichen Masterarbeit für Baden-Württemberg einen Zusammenhang zwischen AfD-Stimmen und der Existenz von eigenen Zeitungsausgaben in Kommunen herausgearbeitet. Ergebnis: Gibt es mindestens eine lokale Zeitung vor Ort, wählen weniger Menschen AfD als in Orten ohne eine Lokalzeitung. Weil die Menschen gerade auf lokaler Ebene Demokratie hautnah erfahren. Zusammenhang von Leser- und Wählerverhalten Wächst damit in journalistisch unterversorgten Regionen das Bedürfnis, extremere Parteien zu wählen? Von Juni bis August 2023 hat der 28-Jährige für jede einzelne Gemeinde in Baden-Württemberg überprüft, ob diese eine Lokalzeitung hatte, die wirklich lokal berichtet, also vor Ort vertreten ist. Insgesamt erfasste Flößer Informationen für 1098 von insgesamt 1102 Gemeinden in Baden-Württemberg und über 80 Lokalzeitungen und -ausgaben. Das Ergebnis lässt aufhorchen. 891 Gemeinden in Baden-Württemberg haben mindestens eine Lokalzeitung vor Ort, 207 Gemeinden haben laut Flößers Recherche keine eigene Lokalpresse. Der durchschnittliche Stimmenanteil für die AfD, gemessen an der Bevölkerung vor Ort, lag in diesen bei 12,08 Prozent, in Gemeinden mit mindestens einer Lokalzeitung bei 10,49 Prozent. Der Unterschied bei den AfD-Stimmenanteilen in Orten mit und ohne Lokalzeitung beträgt danach statistisch 1,6 Prozentpunkte. Das klingt nach wenig. Doch es weist darauf hin, dass im Mix der vielfältigen Gründe, AfD zu wählen, der Mangel an lokaler Berichterstattung messbar ist. Lag die AfD in Baden-Württemberg bei der Landtagswahl 2021 bei 9,7 Prozent, schnitt sie vor allem im ländlichen Raum überdurchschnittlich stark ab. In Börslingen im Alb-Donau-Kreis stimmten 22,2 Prozent für die Partei, in Spiegelberg im Rems-Murr-Kreis 21,72 Prozent. Gibt es ihn also, den Zusammenhang zwischen einem AfD-Hoch und dem lokalen Medienangebot? Anhaltspunkte für Flößers Forschungsfrage waren AfD-starke Landkreise wie Hohenlohe, Calw oder Schwäbisch-Hall, wo in den letzten Jahren viele Lokalredaktionen dichtmachten. Nach Angaben des Verbandes der Südwestdeutschen Zeitungsverleger schrumpfte die Gesamtauflage der Lokalzeitungen zwischen 2001 und 2021 um ein Drittel. Bereits jetzt werden nicht mehr alle Landkreise von eigenständigen Lokalzeitungen oder zumindest von Lokalredaktionen überregionaler Zeitungen abgedeckt. Hohes Vertrauen in die Lokalpresse Noch immer genießt laut diversen Studien die Lokalpresse in Deutschland das höchste Vertrauen unter den Zeitungen. Sie gilt als das wichtigste Medium, um sich über Lokales zu informieren. Fehlen Lokalzeitungen, kann das die Wahl von Populisten fördern. Wenn Lokalzeitungen tatsächlich für eine höhere Demokratiezufriedenheit sorgen, die wiederum die Wahl der AfD negativ beeinflusst, bewirkt das Nicht-Vorhandensein einer Lokalzeitung den gegenteiligen Effekt, vermutet Flößer wohl nicht zu Unrecht. Fehlt die Berichterstattung vor Ort, fehlt die kritische Einordnung. Bei der Landtagswahl 2021 gaben 63,8 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab (wie bereits erwähnt gewann die AfD 9,7 Prozent). Überdurchschnittlich waren ihre Ergebnisse vor allem in den Landkreisen Alb-Donau, Calw und Schwäbisch Hall. In Gemeinden wie Setzingen (Alb-Donau), Haiterbach (Calw) oder Fichtenau (Schwäbisch Hall) erzielte sie im Schnitt sogar mehr als 19 Prozent. Alle genannten Gemeinden haben keine eigene Lokalzeitung. Zufall? Nein, sagt Flößer. Die Differenz tritt nicht zufällig auf. Die Menschen in den Gemeinden ohne Lokalzeitung stimmten durchschnittlich rund 1,6 Prozentpunkte mehr für die AfD als in Gemeinden mit mindestens einer Lokalzeitung. Hinzu kommt: Wenn Nachrichtenwüsten vor allem in strukturschwachen Regionen bestehen, ist auch klar, dass diese Regionen abgehängter sind. Wählen die Menschen darum auch deshalb stärker AfD? Betrachtet man die Eigenschaften der Gemeinden mit und ohne Lokalzeitung, fällt jedenfalls auf, dass Nachrichtenwüsten durchschnittlich häufiger in kleineren Gemeinden mit finanzschwächeren Unternehmen, einem geringeren Migranten-Anteil, aber einer ähnlich hohen Arbeitslosenquote wie in den Gemeinden mit Zeitungen vorkommen. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen: Lokalzeitungen haben Einfluss auf den Stimmenanteil für die AfD, unabhängig von der dortigen Arbeitslosigkeit oder dem Migrationsanteil. Sie zeigen, wie wichtig die Lokalpresse für die demokratische Hygiene vor Ort ist. Was nur eines heißen kann: Wir brauchen Lokalzeitungen!

  • Weg mit dem bürokratischen Klein-Klein

    Beim Bürokratieabbau haben sich die Agrarminister mit dem Bund auf einen Arbeitsplan verständigt. Wenn nun Taten folgen, können viele Höfe auf Entlastung hoffen Rund ein Viertel ihrer Arbeitszeit verbringen Landwirte am Schreibtisch, um dort stichtagsgenau die unterschiedlichsten bürokratischen Vorgaben zu erledigen. Teilweise auf der Grundlage überholter oder manchmal sogar widersprüchlicher Vorschriften geben sie Meldungen mit identischen Informationen an verschiedene Stellen ab, füllen Bögen aus und führen Tabellen. Diese Informationspflichten belasten die deutsche Landwirtschaft pro Jahr mit 620 Millionen Euro. Jeder Betrieb kann ein Lied davon singen, dass mit jeder neu erdachten Regelung aus Brüssel oder Berlin auch das Bürokratiemonster gefüttert wird. Erst kürzlich beklagte der Nationale Normenkontrollrat, dass alle großen Pläne für ein Bürokratieentlastungsgesetz für die Landwirtschaft bislang „keine substanziellen Erleichterungen enthalten“. Doch jetzt soll dies anders werden. Bei ihrem Frühjahrstreffen in Erfurt haben die Länderagrarministerinnen und -minister unter Vorsitz von Susanna Karawanskij (Linke) eine Prioritätenliste zum Abbau von Bürokratie in der Land- und Forstwirtschaft beschlossen. Nicht weniger als 194 Punkte enthält eine Vorschlagsliste, die die Länder vor der Konferenz Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vorgelegt haben. Schon die Zahl macht deutlich, wie sehr das bürokratische Klein-Klein die Land- und Forstwirtschaft erdrückt. Während der Bauernproteste wurden die Regelungswut und der damit verbundene Aufwand mehrfach kritisiert. Am Rande der Frühjahrskonferenz in Erfurt verwiesen Bauern darauf, dass es beispielsweise bei Abstandsregelungen für den Gewässerschutz sogar unterschiedliche Vorgaben in unterschiedlichen Gesetzen gebe. Bürokratieabbau steht schon lange auf der Agenda Die Botschaft scheint nun angekommen zu sein. Schon bis Ostern möchte Özdemir eine erste Bewertung der Vorschläge vorlegen. Dann will der Bund sich erneut mit den Ländern zusammensetzen. Diese erwarten schon bis zur Jahresmitte erste Maßnahmen zum Bürokratieabbau, stellte Sachsens-Anhalts Agrarminister Sven Schulze (CDU) nach der Konferenz klar. „Wir werden den Bund in die Pflicht nehmen, spürbare Erleichterungen zeitnah umzusetzen“, betonte auch Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU). Bürokratieabbau steht schon lange auf der Agenda des Deutschen Bauernverbandes. In einem elfseitigen Papier zum Treffen der Agrarminister hatten die Landwirte erneut eine ernst gemeinte und wirksame Initiative zur Entbürokratisierung eingefordert. Im Agrarsektor habe die Bürokratie ein „höchst unerträgliches Maß“ angenommen. Eine Vielzahl unnötiger Kontrollen und Regulierungen erdrücke die landwirtschaftlichen Betriebe, heißt es in dem Schreiben des Bauernverbandes. Eine Entlastung müsse in allen Bereichen der Landwirtschaft erfolgen: „Sowohl im Bereich der tierischen und pflanzlichen Erzeugung als auch im Umweltrecht, in der Agrarförderung, dem Baurecht bis hin zum Steuer-, Arbeits- und Sozialrecht sind landwirtschaftliche Betriebe höchst unverhältnismäßigen Bürokratielasten ausgesetzt.“ Schon jetzt ist klar, dass die Musik bei der Entbürokratisierung aber nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel spielt. Dort ist man unter dem Druck der europaweit protestierenden Bauern aber inzwischen so weit, die Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ) an die Realität anzupassen und mit mehr Flexibilität zu versehen. Die Europäische Kommission hat entsprechende Gesetzgebungsvorschläge auf den Weg gebracht. Auch hier will man die Bürokratie bei den Auflagen abbauen. Das lässt die deutschen Landwirte hoffen.

  • Die Wald-Ideologen und die Wirklichkeit

    Bayern und Österreich kämpfen gemeinsam für den Forst als Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum. Eine Ansage aus der Alpenregion Die Kritik an den EU-Plänen für mehr Ökologie in den Wäldern ist nicht ganz neu. Nun wird der Widerstand lauter – vor allem im mitteleuropäischen Süden und in  Nordeuropa. Weil es dem Wald nicht nützt, wenn sich Waldwirtschaft nicht rechnet und eine wichtige Erwerbsquelle des ländlichen Raums Schaden nimmt. Die jüngste Kampfansage kommt aus dem Alpenland. In einer gemeinsamen „Salzburger Erklärung“ appellieren der österreichische Forstwirtschaftsminister Norbert Totschnig und Bayerns Forstministerin Michaela Kaniber an die EU, einen sofortigen Kurswechsel zu vollziehen: „Wir fordern eine europäische Politik, die an den Erfordernissen der Wälder und an den Nöten der Menschen, die sie pflegen, ausgerichtet ist. Anstatt sie durch immer neue überzogene Vorgaben zu gängeln und damit im Glauben an die Europäische Idee zu erschüttern, muss Brüssel ihnen endlich Vertrauen entgegenbringen. Nur mit den Waldbesitzern und nicht gegen sie sichern wir klimastabile, zukunftsfähige Wälder im Interesse der gesamten Gesellschaft.“ Ganz ähnlich tönt es aus dem Norden, voran aus der renommierten schwedischen Forst-Universität SLU. Mit fundierten Untersuchungen, die belegen, wie viel höher der Kohlendioxid-Abbau junger Nutzwälder im Vergleich zu altem „Urwald“ ist. Oder wie wichtig sogar Kahlschläge für die Artenvielfalt sind. Obwohl eben erst im ARD-Fernsehen das Gegenteil behauptet wurde, gilt in Schweden – wie in Deutschland – die Pflicht zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Was an Holz geschlagen wird, muss nachgepflanzt werden. Bayerische Regierung thematisiert Auswirkungen Brüsseler Beschlüsse Womöglich liegt das Hauptproblem der EU-Strategie beim Ansatz: Sie geht von den Folgen aus, aber eher nicht von den Ursachen. So wie schon vor einem halben Jahrhundert die wirksamen Antworten auf den „Sauren Regen“ eher aus den Nationalstaaten kamen. Damals mit voran war auch Bayern mit einem rigorosen Zwang zur Abgasreinigung fossiler Kraftwerke. Wenig verwunderlich, dass sich die Münchner Staatsregierung schon geraume Zeit mit den Folgen der Vorgaben aus Brüssel auseinandersetzt. Zum Beispiel mit der breit angelegten Studie zu den Konsequenzen der „EU-Biodiversitätsstrategie 2030“ für Wald und Forstwirtschaft in Deutschland. Zwar saßen auch in dieser Runde die Jäger nicht mit am Tisch. Aber trotzdem kam die mit überwiegend öko-orientierten Forst-Experten besetzte Gruppe zu sonst oft vernachlässigten Erkenntnissen. Zum Beispiel: „Umfangreiche und wahrscheinlich hoch konfliktreiche gesellschaftliche Aushandlungsprozesse wären bei der nationalen EUBDS-Umsetzung erforderlich. Veränderung in Wertschöpfung und Beschäftigung würde bspw. insbesondere den ländlichen Raum betreffen.“ In einfacher Sprache: Es geht um Einkommen und Arbeitsplätze auf dem Land. Auslagerung der Probleme auf Drittstaaten? Ebenfalls klar laut Studie: Konkret ist auch – wie so oft – die Gefahr, dass Probleme nicht gelöst, sondern auf andere Regionen und Kontinente ausgelagert werden. Zitat: „Die Ausweisung neuer Schutzgebiete im Wald wird sich auf die Rohholzproduktion in der EU auswirken. Für mindestens einen Teil dieser Produktion ist eine Verlagerung in sogenannte Drittstaaten zu erwarten. Damit besteht konkret die Gefahr, dass negative Effekte auf die Biodiversität in diese Staaten verlagert werden.“ Zwar fordert auch die EU-Strategie, „dass die Maßnahmen der EU nicht zur Entwaldung in anderen Regionen der Welt führen“ sollen. Wie das gelingen soll, bleibt offen. Ungeteilten Beifall gibt’s logisch nur von Spenden-Vereinen, voran vom WWF, der auch sonst gern mal die Interessen der von Öko-Politik direkt betroffenen Menschen ignoriert. Und geflissentlich übersieht, dass gerade private Waldbesitzer wie die schwäbischen Adelshäuser zu Oettingen seit Generationen auch den Artenschutz im Blick haben. Was womöglich auch den Grund hat, dass dort Jagd und Forst noch zusammengehören. Eher globale Wahrheiten gibt es auch. Die Waldfläche in der EU wuchs laut Statistik der Vereinten Nationen zwischen den Jahren von 1990 und 2000 um 14 Millionen Hektar. Eine Fläche etwa so groß wie die Mitgliedsländer Österreich, Slowakei und Slowenien zusammen. Was auch durch den Verzicht auf die Nutzung von Acker- und Weideland möglich wurde. Das führte dort entsprechend zum vermehrten Import von Agrarprodukten aus fernen Ländern, die es mit der nachhaltigen Forstwirtschaft und dem Artenschutz nicht ganz so genau nehmen. Manche Propheten sehen vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr Grotesk wirkt die Situation auch durch die Tatsache, dass Ökologen die Bedeutung von Holz als Baustoff neu entdecken. Nachhaltiger geht’s wohl nicht. Gerade auch im Kreislauf von Ernte und Neupflanzung, siehe CO₂-Bilanz jünger Wälder und Artenvielfalt auf abgeernteten Flächen. Selbst da sehen manche Propheten vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr. Und nicht die Tatsache, dass Menschen am liebsten schützen, was ihnen Nutzen bringt. Originalton aus der „Salzburger Erklärung“: „Gerade im ländlichen Raum ist die Waldbewirtschaftung ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Sie sichert allein in Österreich und Bayern entlang der Wertschöpfungskette Forst und Holz insgesamt 480.000 Arbeitsplätze bei einer Wertschöpfung von mehr als 44 Milliarden Euro jährlich.“

  • Die Brüchigkeit der Ampel und das Spannungsfeld Energie und Klima

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit subjektivem Blick auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, ich kann es nicht ändern, wenn ich zum Ende dieser Woche auf das Berliner Geschehen politisch gerade auch zu unseren bevorzugten Themen zurückblicke, dass ich auf Meldungen und Namen zurückkomme, die wir kennen. Beim Blick auf den ländlichen Raum spielen Wirtschaft und Energie mit dem zuständigen Minister von den Grünen eine besondere Rolle – gepaart mit dem Bereich Verkehr, wo bei dem dafür zuständigen FDP-Minister auch nicht alles rund läuft. Meist geht es in diesen Tagen wieder ums Große und Ganze und nicht das vermeintlich Kleine in den Regionen, in denen nun einmal die meisten Menschen leben und arbeiten. Bei der Betrachtung unserer gesamtpolitischen Entwicklung im Lande spielt sich fast alles vor dem Hintergrund des Zustandes unserer Koalition ab, der nicht gerade gut ist, wie bei der Taurus-Debatte anschaulich im Bundestag vorgeführt wurde. Der Kanzler spricht ein Machtwort, räumt das Thema aber nicht ab. Die Außenministerin schüttelt fassungslos den Kopf, während der SPD-Fraktionsvorsitzende erklären will, wie man einen Krieg einfrieren könnte, ohne sich einem Diktat zu unterwerfen. Und zwei Mitglieder der Regierungsfraktion FDP brechen mit ihrem Stimmverhalten aus der Ampel aus; ein beachtlicher Teil von Grünen und Liberalen stimmt offensichtlich überzeugungswidrig gegen Taurus und für den Kanzler. Wäre das nicht so, wäre die Scholz-Regierung bei dieser Abstimmung am Ende gewesen. Da das nicht so war, kann Robert Habeck mehr Energiewende- statt Wirtschaftsminister und Hauptproduzent weiterer relevanter Nachrichten und Bewertungen bleiben. Was hilft unserer Wirtschaft oder was verträgt sie? In dieser Woche trat die „Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft“ (EEW) mit novellierten Förderrichtlinien in Kraft. Laut Minister soll der Bürokratieaufwand dabei gesenkt werden – der Text liest sich aber in den Formulierungen ziemlich bürokratisch. Das lässt weiter nichts Gutes ahnen. Gleichwohl will Habeck auch den „Kleinen“ helfen, wenn er zu seiner Industriestrategie sagt, dass das Ziel bleibe, die entsprechenden Unternehmen in unserem Lande und in ihrer ganzen Vielfalt zu erhalten. Das soll mit Milliarden vom Staat geschehen, wobei man finanzpolitische Spielregeln wie die Schuldenbremse überdenken müsse. Die Wirtschaftsverbände bleiben angesichts der realen Entwicklung voller Sorgen und beklagen gleichzeitig überbordende Bürokratie, Schwächen in der Infrastruktur mit Lücken in der Digitalisierung, mit denen wir uns diese Woche bereits beschäftigt haben. Gestern verkündete der Minister, dass er das deutsche Klimaschutzziel für das Jahr 2030 für erreichbar halte. Er gehe von einer Abnahme des Ausstoßes von Treibhausgasen von 64 Prozent aus. Die Energie-, Land- und Abfallwirtschaft hätten ihre Ziele erreicht. Der Verkehr- und Gebäudesektor sei noch nicht so weit, ließ Habeck sinngemäß verlauten. Vielleicht kann man ja dann doch noch darüber nachdenken, die Renaturierung der Moore nach dem gerade beschlossenen EU-Gesetz dort etwas langsamer zu gestalten, wo landwirtschaftliche Flächen aus der Nutzung genommen werden müssen, um Existenzen zu schützen. Darauf waren wir bereits eingegangen. Noch einmal Energie: Dort, wo genug Wind weht, spielt sich Kurioses ab. Auf Betreiben des grünen Energie- und Wirtschaftsministers Robert Habeck will der Bund durch ein neues Bundesgesetz die Meereswindkraft ausbauen. Dazu sollen sogenannte „Beschleunigungsgebiete auf dem Meer“ ausgewiesen werden. Das soll so wie schon bei den LEG-Terminals mit den eingeschränkten Prüfungen auf Umweltverträglichkeit und Artenschutz durch eine „Allgemeine strategische Umweltprüfung“ ersetzt werden. Ausgerechnet ein prominenter Parteifreund und zugleich Mitglied des Kieler Kabinetts, dem Habeck selbst einmal angehörte, läuft Sturm dagegen. Der schleswig-holsteinische Umweltminister Tobias Goldschmidt warnt vor weiteren Gefährdungen des Meeresnaturschutzes durch diese Planung. Setzen sich die Landespolitiker durch, würde dann doch das von Kanzler Scholz gern zitierte Deutschlandtempo gebremst werden. Deutschland ist derzeit ein Streikland In der letzten Wochenkolumne hat mein Kollege Jürgen Wermser schon auf etwas hingewiesen, woran bei uns derzeit fast niemand mehr vorbeikommt. Deutschland ist derzeit ein Streikland – insbesondere dort, wo es um Mobilität und Luft- bzw. Schienentransporte geht. Dazu kommen noch Beschäftigte der Krankenhäuser (mit ihrem ohnehin kranken System) und auch andere Sparten des Öffentlichen Verkehrs, um den es gehen soll. Züge fallen aus, Busse bleiben in den Depots stehen und an Flughäfen geht zeitweise gar nichts. Ein Zug ist abgefahren – nämlich der, dass unsere großen Verkehrsunternehmen sich jeweils nicht mit ihrer Gesamtbelegschaft über Tarife, Wochenstundenzahlen oder Verhältnisse an den Arbeitsplätzen auseinandersetzen, sondern mit Einzelgruppen ihrer Beschäftigten. Sie haben sich in unterschiedlichen Gewerkschaften organisiert, die einzeln handeln, aber alle hineinziehen. Wenn Weselskys Lokführer streiken, stehen die Züge still, und das restliche DB-Personal legt die Hände in den Schoß. Oder es müht sich zu kleinen Teilen um so etwas wie den Restverkehr in Notfahrplänen. Und in der Fliegerei bleibt alles am Boden, wenn mal die Piloten, mal das Servicepersonal in den Kabinen, mal die Fluglotsen, mal die Fluggastkontrolle, mal die Frachtkontrolle oder vielleicht das Vorfeldpersonal jeweils in einzelnen Gruppen die Arbeit niederlegt. In Summe sind die Ausfallzeiten der systemrelevanten Fahr- und Fluggeräte schon gewaltig – für ein betroffenes Unternehmen und die Millionen Menschen, die täglich pendeln und reisen. Inzwischen stimmt da etwas im System nicht, wo bei allem Respekt vor dem Grundrecht des Streiks inzwischen drängender politischer Handlungsbedarf wächst. Es geht um veränderte gesetzliche Regeln. Da sollte schon die Politik die Initiative ergreifen und Rahmenbedingen schaffen, die auch den Gerichten engere Grenzen für die Spielregeln setzt. Das wäre eine Gemeinschaftsaufgabe für Habeck und Wissing. Leider harmonieren sie nicht so richtig. Blick nach vorn – auf den Wald und auf den Wolf Ebenfalls nicht neu ist der Streit um den Öko-Waldumbau. Das betrifft eine Säule des Wohlstands im ländlichen Raum, letztlich auch gesunde und funktionierende Jagdreviere. Allein in Österreich und Bayern geht es dabei um 480.000 Arbeitsplätze und eine Wertschöpfung von gut 44 Milliarden Euro jährlich, schreiben die Forstminister der beiden Alpenländer in einer gemeinsamen Erklärung. Dabei nimmt die Waldfläche in der Gemeinschaft auch ohne weitere Gängelung schon jetzt rasant und beständig zu. Zwischen 1990 und 2000 um 14 Millionen Hektar. Darüber und über das ungelöste Problem, dass Restriktionen in Europa den Raubbau in anderen Ländern und auf anderen Kontinenten verschärfen, schreibt Michael Lehner in der kommenden Woche bei uns. Und unser Autor Ludwig Hintjens wird aus EU-Sicht auf den Wolf zurückkommen: Zunächst sollten die Umweltminister der 27 EU-Mitgliedstaaten am 25. März über den Vorschlag der Kommission abstimmen, den strengen Schutzstatus des Wolfes zu verringern. Da eine Mehrheit dabei derzeit nicht absehbar ist, peilt die Kommission in Brüssel eine Verschiebung an. Es soll lediglich diskutiert werden. Hintergrund: Die Abstimmung wäre unter anderem auch deswegen gescheitert, weil sich die Bundesregierung enthalten hätte. Diesmal würde es nicht aus der Verweigerungshaltung der FDP zu dem in EU-Kreisen berüchtigten German Vote (Enthaltung bei wichtigen Entscheidungen) kommen. Sondern es wären in diesem Fall die Grünen. Umweltministerin Steffi Lemke ist gegen schärfere Maßnahmen. Diese Blockadehaltung hat Folgen für das sinnvolle Anliegen, den Wolfsbestand stärker zu regulieren. Plötzlich ist der Gefährte weg: Gestohlene Hunde und die Wiederbeschaffung „Ben“ ist ein einjähriger Deutsch Drahthaar und ebenfalls die neunjährige „Lissy“. Beide Hunde sind am 19. Februar dieses Jahres in Heiligenhaus bei Düsseldorf spurlos verschwunden. Das ist der schmerzliche und unverhoffte Verlust treuer Gefährten – auch Helfer in den Revieren. Um sie wiederzufinden, haben sich Hundesuche-Netzwerke gegründet, die helfen und unterstützen wollen, die geliebten Vierbeiner wieder nach Hause zu bringen. Die Vermisstensuche ist unterstützenswert – um welches Tier es sich auch handelt. Dem schließt sich unsere Stiftung nach dem Hinweis auf den geschilderten Fall mit einem neuen Projekt zur Prävention mit Unterstützung für Halterinnen und Halter vermisster Hunde und Belohnung von Hinweisen an, die zur Wiederauffindung führen. Dazu wurde eine Spendenaktion der Stiftung natur+mensch gestartet. Die betroffene Familie sucht auch über soziale Netzwerke und das WDR-Fernsehen hat ebenfalls über den Fall berichtet. Spendenkonto Stiftung natur+mensch: IBAN: DE14 3702 0500 0008 0404 04, Bank für Sozialwirtschaft, Köln, Verwendungszweck: Hunde-Suche Mit dieser Bitte um Unterstützung unseres neuen Projektes schließe ich meine kommentierenden Bemerkungen für diese Woche ab. Ich wünsche Ihnen ein möglichst sonniges Wochenende, erholsame Spaziergänge und – dort, wo es zutrifft – außerhalb der eigenen Reviere möglichst mit angeleinten vierbeinigen Gefährten. Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination

  • Wenn das Internet im Wartemodus ist

    500.000 Haushalte in Deutschland sind über das Internet nicht gut versorgt. Die Netzagentur bestätigt jetzt Anschluss-Anspruch für alle Der Fall spielt irgendwo in Niedersachsen. Wahrscheinlich nicht in Hannover oder Braunschweig, nicht in Osnabrück oder einer anderen Stadt. Sondern in einem Dorf, dessen Name unbekannt bleiben soll. Genau wie der Name des Beschwerdeführers und des betroffenen Internet-Anbieters. Alles soll geheim bleiben. Der Beschwerdeführer hatte sich monatelang bei der dafür zuständigen Bundesnetzagentur über den fehlenden oder den viel zu langsamen Internet-Anschluss beklagt. Passiert war aber nichts. Irgendwann war die Geduld zu Ende. Der Kläger oder Beschwerdeführer setzte sich hin und schrieb einen Brief an die Bundesnetzagentur. Darin berief er oder sie sich auf ein Versprechen der ehemaligen Kanzlerin. „Das Recht auf schnelles Internet“ hatte Angela Merkel in ihrer Regierungszeit auf den Weg gebracht. Sie wollte damals gerade den Rückstand gegenüber anderen Ländern wie den baltischen Staaten aufholen. Auch die Corona-Zeit machte allen deutlich: Deutschland war mit der Internet-Versorgung gerade strukturschwacher Regionen extrem hintenan, verlor sogar den Anschluss. Die Bundesnetzagentur berief sich nun auf genau diesen Anspruch und verdonnerte das betroffenen Versorgungsunternehmen zum Handeln. Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller betonte in einer aktuellen Pressemitteilung, dass nach geltender Rechtslage „jede Bürgerin und jeder Bürger das Recht auf eine angemessene Versorgung habe. Im beruflichen und im privaten Alltag ist eine ausreichende Internet- und Telefonversorgung essenziell.“ Behördenchef Müller sprach selbst von einem Pilotverfahren, dem viele andere folgen dürften. Über 130 andere Fälle sollen auf dem Schreibtisch der Bundesnetzagentur liegen. Dabei wird es nicht bleiben. Nur wenig Hoffnung auf hohe Geschwindigkeit Eine Aussicht, die vielen Internet-geplagten Menschen im ländlichen Raum Hoffnung macht. Nach Branchenschätzungen sind knapp 500.000 Haushalte in Deutschland nicht gut versorgt mit dem schon von der vormaligen Bundeskanzlerin versprochenen „schnellen Internet“. Konkret: Diese Haushalte haben entweder gar keinen Anschluss oder einen sehr langsamen. Für viele Privathaushalte mag dies ein Ärgernis sein, für viele Unternehmen im ländlichen Raum ist dies aber ein absoluter Standortnachteil – privat und um ihre Kunden zu erreichen. Auch der durch Corona forcierte Homeoffice-Trend könnte für strukturschwache Regionen ein Hoffnungsschimmer sein, mehr Einwohner, Kaufkraft und Leben zu generieren. Doch dies bleibt dann eine theoretische Chance, wenn die Arbeitnehmer aufgrund von fehlender Breitband-Versorgung nicht im Homeoffice arbeiten können und also doch wieder ins Büro oder die Behörde fahren müssen. Auch Verbraucherschützer sind zwar zufrieden mit dem Beschluss aus Bonn, bemängeln aber zwei Dinge: Es habe viel zu lange – nämlich zwei Jahre – gedauert, bis man das Unternehmen nun zum Handeln verpflichtet habe. Und die Mindestanforderungen für die Bandbreite und Schnelligkeit seien zu gering und „nicht mehr zeitgemäß“. Deswegen müsse mehr geschehen. Nur Mindestanforderungen erfüllt Wirklich schnell ist die rechtlich zugesicherte Leitung nämlich nicht: Im Download müssen mindestens zehn Megabit pro Sekunde erreicht werden, im Upload 1,7 Megabit und in der Latenz (Reaktionszeit) maximal 150 Millisekunden. Standard sind Werte von zum Beispiel 20 Megabit pro Sekunde – Tendenz steigend. Wer jetzt nach der Anordnung der Verbraucherschützer den betroffenen Haushalt versorgen muss, ist laut Pressemitteilung unklar: Neben der Deutschen Telekom, 1&1 und Vodafone ist auch der umstrittene Satelliteninternet-Anbieter Starlink in diesem Geschäft tätig. Diese Dienste investieren zwar in die auch für sie lukrative Versorgung. Doch im Fokus der Wirtschaftsunternehmen stehen hierbei eher die Städte, weniger die Versorgung des ländlichen Raums. Denn wenn die Bagger einen weiten Weg zur Baustelle oder zum Einzelhaus zurücklegen müssen und nur wenige zahlungskräftige Kunden dort wohnen, lohnt sich diese teure Maßnahme für diese Unternehmen eher nicht. Daran dürfte auch das Machtwort aus Bonn nur wenig ändern.

  • Mehr Naturschutz oder mehr Bürokratie?

    Gegen den Widerstand von Bauern und EVP hat das EU-Parlament das umstrittene EU-Renaturierungsgesetz beschlossen. Doch immerhin enthält das Gesetz eine Notbremse Klingt erstmal gut, was das EU-Parlament kürzlich beschlossen hat: die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme in allen Mitgliedstaaten. Es geht um das Renaturierungsgesetz der Europäischen Union, auch Naturwiederherstellungsgesetz genannt – es ist das erste europaweite Gesetz zu diesem Thema. In der Abstimmung Ende Februar sprachen sich 329 Abgeordnete dafür aus, 275 waren dagegen; 24 Europapolitiker enthielten sich. „Es trägt zur Verwirklichung der Klima- und Artenschutzziele der EU bei und sorgt für mehr Ernährungssicherheit“, heißt es lobend auf der Homepage des Europäischen Parlaments. Das Ziel ist der Erhalt alter Wälder, betroffen sind Grünland und Feuchtgebiete, frei fließende Flüsse, wiedervernässte Moorgebiete, Seen und Korallenriffe. Bis 2030 müssen die Mitgliedstaaten mindestens 30 Prozent dieser Lebensräume vom bisher schlechten in einen guten Zustand versetzen; bis 2040 sollen es 60 Prozent sein und bis 2050 sogar 90 Prozent. So sollen die Auswirkungen des Klimawandels in Grenzen gehalten werden. „Eine Katastrophe für Landwirte, Waldbesitzer und Fischer“ Doch was so schön klingt, stößt nicht überall auf Begeisterung, sondern auch auf Widerstand bei den Bauern und bei der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP), der größten Fraktion im EU-Parlament. „Eine Katastrophe für Landwirte, Waldbesitzer, Fischer und lokale Behörden“, nennt der stellvertretende Fraktionschef Siegfried Mureșan aus Rumänien den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission. Nachdem dieser Vorschlag im vergangenen Jahr in den Ausschüssen durchgefallen ist, wurde er entkernt. Daher spricht der Klimapolitiker Peter Liese (CDU) nun davon, dass praktisch alle Sorgen von Landwirten, Forstbesitzern und Kommunen im ländlichen Raum und der Vertreter erneuerbarer Energien ausgeräumt seien. Doch das sehen die meisten Abgeordneten der EVP nicht so: Sie befürchten, viele Mitgliedstaaten könnten aufgrund des Gesetzes Bürokratie und weitreichende Überwachungs- und Berichtspflichten für Land- und Forstwirte einführen – und dies mit Berufung auf die EU, sodass Brüssel wieder einmal als Sündenbock dastehen werde. Verschärfungen in Deutschland? Entscheidend wird nun sein, wie die nationalen Regierungen das Renaturierungsgesetz in ihrem Land umsetzen. Da ist es in Deutschland gut möglich, dass Umweltministerin Steffi Lemke von den Grünen für eine Verschärfung zulasten der Landwirte sorgt, etwa durch eine Pflicht zur Wiedervernässung von Mooren. Bauern befürchten, dass dann in riesigem Umfang Agrarflächen verloren gehen und Existenzen bedroht sein könnten. Immerhin eine Notbremse ist im Renaturierungsgesetz vorgesehen: Wenn die Ernährungssicherheit nicht mehr garantiert werden kann, können die Ziele für landwirtschaftliche Flächen ausgesetzt werden. Der BUND argwöhnt, das schaffe eine Hintertür, „durch die einzelne Mitgliedstaaten sich hinausschleichen könnten, um weiter Raubbau am Boden zu betreiben“. Doch dieser einseitigen Sicht auf den Umgang mit landwirtschaftlich genutzten Flächen werden die betroffenen Bauern vermutlich vehement widersprechen.

  • Warum die AfD-Fans den Grünen nützen

    Während in Münster das OVG prüft, ob die AfD ein „extremistischer Verdachtsfall“ ist, werfen wir einen Blick darauf, wie die anderen Parteien mit dem Zulauf zu den Rechten umgehen Sogar CDU-Chef Friedrich Merz sucht mit gelegentlichen Bemerkungen vorsichtig den Burgfrieden mit den Grünen. Anders, lautet die Logik dahinter, wird es in Deutschland keine Chance für eine Regierungsmehrheit unter konservativer Führung geben. Das gilt auch für die meisten Bundesländer, ausgenommen allenfalls Bayern mit den Freien Wählern. Und irgendwie auch Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo Grüne und CDU vorführen, dass die neue Farbenlehre keine Katastrophe für die Konservativen sein muss. Diese Farbenlehre hat viel damit zu tun, wie sich die Politik auf allen Ebenen bis in die Kommunen hinein gerade mit Blick auf die Kernthemen des ländlichen Raumes entwickelt. Agrar, Forst, Jagd, Ernährung, Fischerei, Tourismus und Erholung sind die Stichworte teilweise umstrittener politischer Gestaltungsfelder. Hier spielen – ob man es will oder nicht – die Grünen eine Schlüsselrolle. Und in diese Themen und Bevölkerungsstrukturen stoßen auffällig die Strategieansätze der AfD. Logisch, hinter all den bekannten politischen Farb- und Planspielen steckt die Angst vor weiterem Zuwachs für die AfD. Und das gerade dort, wo der Begriff „ländliche Regionen“ für die Politik bestimmend ist. Das sind etwa die neuen Bundesländer mit ihren Wahlterminen für die Landtage in diesem Jahr. Daraus ergibt sich maßgeblich die Ausgangslage für die Bundestagswahlen im nächsten Jahr. Unter anderem mit Blick darauf bedrohen die Ultrarechten nicht nur die Union, sondern nicht minder die klassische Sozialdemokratie, deren bürgerlicher Arbeitnehmer-Flügel nicht nur parteiintern von wachsender Bedeutungslosigkeit bedroht ist. Auf der Gegenseite steht ein klammheimliches Sehnsuchtsbündnis, das seinen Traum von linken Mehrheiten jenseits der Mitte nicht lassen will. Obwohl die Spaltung der Linken selbst unverbesserliche Träumer in die Realität zurückholen müsste. Zu erwarten ist der Druck von Wahlergebnissen Ebenso aussichtslos ist die Erwartung, dass sich die Reste der einst mächtigen Volksparteien für Bündnisse mit der Höcke-Partei hergeben werden, wenn der Druck der Wahlergebnisse nur stark genug wäre. Sie werden in solcher Not den Teufel tun und trotz aller gegenseitigen Abneigung enger zusammenrücken. Statt mit einer Partei zu flirten, die das einige Europa genauso wie die Atlantik-Allianz schlecht redet und sich lieber beim Landräuber Putin anbiedert. Wer anderes erwartet, unterschätzt nicht nur die Macht der Wirtschaft, sondern auch den (schwindenden) Einfluss von Kirchen und Gewerkschaften. Nach Adam Riese und nach aktuellen Wahlprognosen ist die Königsmacher-Rolle der Grünen also ungefährdet. Zumal das Volk den Frust über grobe Fehler der Ampel-Regierung hauptsächlich an den Sozialdemokraten auslässt – und nicht bei den grünen Urhebern. Dies unter einem Kanzler, der die eigene Partei nicht mehrheitlich hinter sich wüsste beim Versuch, das Schlimmste zu verhindern. Von den Milliarden-Subventionen mit geliehenem Geld bis zur Klima-Rettung, die teure Utopien den finanzierbaren Lösungen vorzieht. Was nicht zuletzt dem Ziel geschuldet ist, neben der Ökologie auch Ideologie durchzusetzen. Nicht nur bei der Mobilität. Auf dem Lande zeigt sich die Dimension von Konflikten Wer verfolgt, mit welcher Eigendynamik in den letzten Wochen der Widerstand vor allem im ländlichen Raum Fahrt aufgenommen hat, der muss die Dimension der Konflikte begreifen. Es geht nicht um ein paar Cent Diesel-Steuern oder ein vergeigtes Heizungsgesetz. Es geht vielmehr um Hochmut und Besserwisserei. Und um das Gefühl, dass das demokratische Ringen um die bessere Lösung hinten runtergefallen ist zwischen Allmacht-Illusionen und Angst vor den rechten Populisten. Auch die Scheu der Konservativen, klare Positionen zu beziehen, gehört zu den bösen Folgen einer linken Überheblichkeit, die nur die eigene Meinung gelten lassen will und Andersdenkende zu Rechtsradikalen erklärt. Nur wer die „Brandmauern“ gegen Bündnisse mit der AfD für brüchig hält, darf sich der Illusion hingeben, dass ein Richtungswechsel möglich wäre, wenn die Volksparteien nur kräftig genug abgestraft werden. Selbst die Angst von prominenten Unionspolitikern wie Markus Söder, dass Bündnisse mit den Grünen vor allem deren Partner Stimmen kosten, wird nichts an der Überzeugung ändern, dass die Alternative einer Kapitulation des guten Bürgertums gleichkäme.

  • 196 Millionen Euro blieben liegen

    2023 haben viele Bundesländer die Gelder für das Programm Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) nicht abgerufen „Die Gemeinschaftsaufgabe ‚Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes‘ (GAK) ist das wichtigste nationale Förderinstrument zur Unterstützung der Land- und Forstwirtschaft, Entwicklung ländlicher Räume und zur Verbesserung des Küsten- und Hochwasserschutzes.“ – So weit, so gut. Doch warum, so muss man fragen, wird dieses vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) so definierte Programm nicht in vollem Umfang genutzt? Warum rufen einzelne Bundesländer nur drei Viertel der Mittel ab? Aufgaben gäbe es zweifellos genug. Denn gebetsmühlenartig wird darauf verwiesen, wie wichtig es ist, eine leistungsfähige, auf künftige Anforderungen ausgerichtete Land- und Forstwirtschaft zu gewährleisten und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu ermöglichen. Und dass es bedeutsam ist, die nachhaltige Leistungsfähigkeit ländlicher Gebiete, deren integraler Bestandteil eine umwelt- und ressourcenschonende Land- und Forstwirtschaft ist, zu gewährleisten und den Küstenschutz zu verbessern. Nachlesen kann dies jedermann im zuletzt 2016 fortgeschriebenen GAK-Gesetz. Eigentlich wäre die Erfüllung der vorweg genannten Aufgaben Ländersache. Da man aber aus gutem Grund die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland im Blick hat, mischt der Bund mit. Schon seit 1970, als das Gesetz in seiner ersten Fassung in Kraft trat. Rahmenpläne und genaue Maßnahmenbeschreibungen bilden eine Basis für das Förderprogramm. Es könnten 1,5 Milliarden Euro fließen Und natürlich Geld. In diesem Jahr stehen 907 Millionen Euro Bundesmittel zur Verfügung. Theoretisch können bei entsprechender Mitwirkung (sprich Kofinanzierung) rund 1,5 Milliarden Euro in GAK-Maßnahmen fließen. Wie viel es sein wird, wird man erst Ende des Jahres überschlagen können, denn viele Mittel sind auch wie bisher zweckgebunden. Nun zum Jahr 2023, als der Topf für diese Gemeinschaftsaufgabe sogar deutlich üppiger gefüllt war als in diesem Jahr. Wie das Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt vor kurzem schrieb, hat von den Bundesländern im vergangenen Jahr nur Bayern die ihm zur Verfügung stehenden Bundesmittel fast vollständig abgerufen. 215 Millionen Euro flossen in den Süden der Republik. Die Bayern nahmen ihrerseits zig weitere Millionen in die Hand, um unter anderem strukturschwache ländliche Regionen nach vorne zu bringen. Auch deshalb, so viel ist klar, war der Aufschrei der bayerischen Landesregierung so laut, als im Sommer des vergangenen Jahres zum ersten Mal bekannt wurde, dass der Bund sich bei den GAK-Maßnahmen künftig finanziell zurückhalten will. Nur mühsam gelang es in den Folgemonaten, die zunächst geplante drastische Einsparung um rund 300 Millionen Euro zumindest etwas abzumildern. Gekürzt hat die Bundesregierung aber trotzdem. Auch deshalb, weil viele Bundesländer – mit Ausnahme von Bayern und Baden-Württemberg – die GAK-Fördermittel des Bundes zuletzt nicht in vollem Umfang genutzt haben. Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Berlin und Thüringen haben laut Wochenblatt weniger als 74 Prozent der ihnen aus dem GAK-Topf zur Verfügung stehenden Gelder genutzt. Den Rest musste Finanzminister Christian Lindner nicht überweisen – die Mittel verfielen. Und in Schleswig-Holstein fehlt nach der Sturmflut Ende Oktober letzten Jahres an der Ostsee das Geld zu Wiederaufbau und Optimierung des Küstenschutzes, das Ministerpräsident Daniel Günther beim Bund schon mehrfach vergeblich angemahnt hat. Da gibt der Topf wohl nichts mehr her, obwohl gerade der Agrarbereich schwere Schäden zu melden hatte. Viele Gründe für Zurückhaltung Die Gründe für die Zurückhaltung in manchen Bundesländern dürften unterschiedlich sein. Mal fehlt es an reifen und geeigneten Maßnahmen, mal fehlen die Mittel, um die erforderliche Kofinanzierung zu stemmen. Trotzdem ist dies eine Steilvorlage für die SPD-Haushaltspolitikerin Esther Dilcher und den Berichterstatter der FDP für den Agrarhaushalt, Frank Schäffler. Sie warfen in diesen Tagen einigen Bundesländern vor, nach Geld zu rufen, aber eigene Hausaufgaben nicht zu machen. Niedersachsen habe in den vergangenen drei Jahren permanent weniger als drei Viertel der zugeteilten Mittel für die ländliche Entwicklung abgerufen, beklagte der Abgeordnete aus Porta Westfalica. Brandenburg schaffe es seit 2020 nicht, mehr als 25 Prozent der verfügbaren Mittel für den präventiven Hochwasserschutz zu investieren. Und Nordrhein-Westfalen habe in den vergangenen zwei Jahren nicht einmal ein Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden 22 Millionen Euro für die Beseitigung von Schäden im Wald in Anspruch genommen.

  • Arbeit, nein danke!

    Die Co-Chefin der Grünen Jugend will lieber den Staat zahlen lassen Arbeit ist der Umweg zu allen Genüssen. Willy Brandt, der lebensnahe Sozialdemokrat und Bundeskanzler, hat das mal gesagt. Lang ist's her. Zumindest die Grüne Jugend mag keine Umwege. Und erst recht keine Arbeit. Wofür soll man sich in dieser kaputten Welt kaputt arbeiten, fragt ihre Co-Vorsitzende Katharina Stolla. Für eine sichere und gute Rente jedenfalls nicht. Denn die sei nicht in Sicht. Das ist eine interessante Sicht der Dinge. Landwirte, Handwerker, Selbstständige insgesamt, viele von ihnen im ländlichen Raum zu Hause und von öffentlichen Versorgungsposten weit entfernt, werden da mit den Augen rollen. Sie alle wissen: Arbeit und Wohlstand gehören zusammen. Und genügend Steuereinnahmen auch, um in Schulen und Infrastruktur investieren zu können. Nicht zuletzt: Dass Arbeit Spaß machen kann, ist nicht garantiert, aber nicht unmöglich. Man darf die grüne Arbeitsscheu sicher nicht verallgemeinern und auf die Sicht der ganzen jungen Generation übertragen. Aber dass ein wachsendes wohlstandsverwöhntes Selbstverständnis windigen Protest mit harter Arbeit verwechselt, steht außer Frage. Das Geld kommt schließlich aus dem Bankautomaten. Wie es da rein kommt, ist erst einmal egal. Fleißig erwirtschaftet werden muss es laut Stolla jedenfalls nicht. Blechen soll der Staat, soll Erbschaften, Vermögen und Schenkungen besteuern, um das Bürgergeld ins Uferlose zu erhöhen. Oder jenen Rentnern „einen Hunderter abdrücken“, die in ihrem arbeitsreichen Leben nach Stollas eigenem Ermessen zu viel Anspruch fürs Alter erworben haben. „Woher nehmen, wenn nicht stehlen?“ Und die Wirtschaft, die ach so böse und gewinnorientiert menschenverachtende? Die soll schleunigst die 30-Stunden-Woche einführen. Bei vollem Lohnausgleich, logo. Danach peilt die Grüne Jugend die 20-Stunden-Woche an. Und die Jusos? Armer Willy Brandt. Der SPD-Nachwuchs ruft nach einer staatlichen Zahlung von 60.000 Euro für alle, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Da liegt die Frage „Woher nehmen, wenn nicht stehlen?“ nahe. Aber so klingt das eben, wenn sich grüne und rote Rotzlöffel Gedanken über den Wirtschaftsstandort Deutschlands machen.

  • Lokführer stoppen Bahnverkehr – Gefahren durch Wölfe und Bären

    Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, erinnern Sie sich noch an die Debatten um die Einführung und Finanzierung des Deutschlandtickets? Damals propagierten viele Klima- und Umweltschützer den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel als Allheilmittel gegen die Klimawende. In den städtischen Ballungsregionen, wo diese Aktivisten zumeist wohnen und den politischen Ton angeben, mag dies vielleicht in Ansätzen stimmen. Aber schon damals blieb in der Diskussion der ländliche Raum sträflich vernachlässigt. Denn dort sind Busse und Bahnen häufig kein für jedermann geeignetes Verkehrsmittel. Sie sind entweder kaum oder überhaupt nicht vorhanden. Oder der nächste Bahnhof und die nächste Bushaltestelle liegen kilometerweit entfernt. Anders und zugespitzt gesagt: Wer sich hier auf Bahn und Bus verlässt, ist verlassen. Diese für viele Landbewohner keineswegs neuen Erfahrungen müssen in diesen Tagen besonders diejenigen machen, die auf Busse (standen durch Verdi diese Woche teilweise ebenfalls still) und Bahnen angewiesen sind. Man mag dies unter Klimaschutzgesichtspunkten bedauern. Aber die Verantwortung hierfür tragen nicht zuletzt Gewerkschafter wie GdL-Chef Claus Weselsky, die die Lokführer in einen zunehmend ideologisch geprägten Arbeitskampf stürzen. So waren die Bahn-Arbeitgeber bereit, große Zugeständnisse bei der Arbeitszeit zu machen. Dass Weselsky hierauf in einer Pressekonferenz mit der falschen Behauptung reagierte, der Bahn-Vorstand wolle keine Zugeständnisse machen, ist bezeichnend. Der Gewerkschaftschef räumte später in einem Interview seinen „Denkfehler“ ein, doch der peinliche Vorgang zeigt: Hier wird fast schon in einem klassenkämpferischen Stil statt mit kühlem Verstand agiert, so wie es im Interesse der Bahnkunden und der Bahnmitarbeiter eigentlich notwendig wäre. Die Lage bleibt angespannt: Erst gestern schlug die GdL wieder ein Verhandlungsangebot der Bahn aus. „Ich finde, dieser Tarifkonflikt nimmt zunehmend Züge an, die nicht mehr nachvollziehbar sind. Die Bürgerinnen und Bürger leiden unter dieser Situation. Und auch die Art und Weise, wie jetzt  ‚Wellenstreiks‘ angekündigt werden, hinterlässt ein merkwürdiges Gefühl. Wer vom Streikrecht Gebrauch macht, der muss auch Verantwortung übernehmen und das heißt: konstruktiv verhandeln. Hier entsteht der Eindruck, dass Gründe zum Streiken gesucht werden, anstatt Lösungen im Tarifkonflikt.“ Volker Wissing, Bundesverkehrsminister, in einem Interview mit tagesschau.de zum Thema Bahnstreik Ein ganz anderes Thema, das im ländlichen Raum immer wieder für große Aufregung sorgt, ist die zunehmende Verbreitung der Wölfe. So hat jetzt das Umweltministerium von Niedersachsen auf NDR-Anfrage bestätigt, dass mit einem weiteren Anstieg der Wolfspopulation in den nächsten Jahren zu rechnen sei. Nach Brandenburg gibt es in Niedersachsen bundesweit die größte Wolfspopulation. In insgesamt 55 Territorien leben dort schätzungsweise um die 260 Wölfe. Angesichts dieser Zahlen ist es kein Wunder, dass sich viele Weidetierhalter im Norden große Sorgen um ihre Schafe und Rinder machen. Denn diese sind für die Wölfe im wörtlichen Sinne ein gefundenes Fressen. So haben Wölfe im Jahr 2023 in Niedersachsen über 1400 Weidetiere gerissen. Laut niedersächsischem Umweltministerium war dies ein Anstieg von 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Trotz hoher Zähne werden immer wieder Schafe und Rinder attackiert, aber auch andere Tiere sind bedroht. So wurden beispielsweise im vergangenen Jahr auf einem Hof im niedersächsischen Hinte zwei Pferde von einem Wolf schwer verletzt. Von Niedersachsen bis in die Pyrenäen Und Wölfe, denen es trotz der für sie idealen Bedingungen in Niedersachsen nicht mehr gefällt, machen sich eben auf in andere Gefilde. Und das gelegentlich sehr weit. So haben Forscher jetzt mithilfe von Gen-Analysen die nach ihren Angaben längste weltweit dokumentierte Wanderung eines Wolfs nachgewiesen: von Niedersachsen quer durch Frankreich bis in die katalanischen Pyrenäen. Insgesamt 1190 Kilometer legte der in Deutschland geborene Canis lupus zurück, wie das Zentrum für Wildtiergenetik am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt mitteilte. Dieser Rekord zeigt eindrucksvoll, wie schnell und weitreichend sich Wölfe unter Umständen ausbreiten können – eine Entwicklung, auf die Politiker und Behörden bislang unzureichend reagiert haben. Auch ein anderes großes Raubtier zwingt mancherorts in Europa zum Umdenken und zum harten Handeln, sprich zur Regulierung der Bestände. So dürfen jetzt im norditalienischen Trentino in diesem und im nächsten Jahr jeweils acht Bären getötet werden, die Menschen oder Ortschaften zu nahegekommen sind. Hintergrund der vom Trentiner Landtag abgesegneten Abschusserlaubnis ist, dass in der Region vor knapp einem Jahr ein Bär einen Jogger getötet hatte. Mit der neuen gesetzlichen Regelung sollen Bären unkomplizierter und ohne bürokratische Hürden erlegt werden dürfen. Aktuell werden im Trentino etwa 100 ausgewachsene Braunbären vermutet. Vor 25 Jahren galten die Tiere dort als nahezu ausgestorben, doch dann wurden Bären aus Slowenien dorthin gebracht und ausgewildert. Diese Tiere scheinen sich im Trentino offenkundig wohler als erhofft zu fühlen – etwas, was man wohl auch von Wölfen in Deutschland sagen kann. Billige Polemik gegen Jagd und Jäger Erlauben Sie mir noch eine Anmerkung zu einer Fernsehsendung im ZDF: Der öffentlich-rechtliche Sender wirbt für sich gerne mit dem Slogan „Mit dem Zweiten sieht man besser“. Oft stimmt dies, doch für das „ZDF Magazin Royale“ vom Freitag letzter Woche mit Jan Böhmermann lässt sich dies leider nicht sagen. Ganz im Gegenteil, diese Sendung war schlichtweg peinlich für Sender und Moderator. Es ging um Jagd, speziell um die im Ausland. Was dort von Böhmermann unter dem Etikett Satire gezeigt und geäußert wurde, war eine Aneinanderreihung von billigen Vorurteilen, verbunden mit Klamauk und inhaltlich sowie zeitlich unpassenden Beispielen. Zugegeben, ein Böhmermann in Hochform kann durchaus witzig und interessant sein. Bei seiner Sendung über die Jagd war weder das eine noch das andere der Fall. Wer die Böhmermann-Sendung verpasst und seine Zeit besser genutzt hat, sollte sich daher freuen. Und vielleicht einmal im Kalender auf die vielen Thementage schauen, die dort reihenweise auftauchen. Denn für nahezu alles in der Welt gibt es Erinnerungs-, Gedenk-, Aktions-, Motivations- und für Missionsbewegte auch PR- und Erziehungstage. International hatten wir so übrigens am 3. März den von der Unesco initiierten „World Wildlife Day“, am 4. März den „Internationalen Tag des Ingenieurwesens für nachhaltige Entwicklung“. National werden wir dann nach der Liste der Gedenk- und Aktionstage weitere besondere Ereignisse zu erwarten haben wie etwa am 24. Juli den Tag des Kusses und folgend andere Kuriositäten. Das richtige Essen Etwas ernster ging es bei einem weiteren Aktionstag zu, der in dieser Woche gerade hinter uns liegt: Am Donnerstag wurde in Deutschland der „Tag der gesunden Ernährung“ begangen. Dies heißt nicht, dass nur an diesem Tag mehr Obst und Gemüse und weniger Fleisch auf die Teller kommen sollten, sondern nach Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) entsprechende Appelle generell zu gelten haben. Sie empfiehlt, „bunt und gesund zu essen und dabei die Umwelt zu schonen“. Dieser im Prinzip nur medial begangene Aktionstag macht den Einen oder Anderen schon stutzig, der da meint, sich auch mit etwas größeren Portionen Fleisch (idealerweise gesundes Wildbret als im Entstehen nachweisliches Bioprodukt) zu ernähren. Nach den überarbeiteten Richtlinien mit Appell-Charakter sollten wir die täglichen Portionen von Milch und Milchprodukten von drei auf zwei reduzieren, wöchentlich maximal 300 Gramm Fleisch sowie ein Ei essen; unverändert bleibt es bei zwei Portionen Fisch in der Woche. Strammer Max mit zwei Spiegeleiern gehören demnach der Vergangenheit mit großzügigeren tierischen Eiweiß-Regeln an. Da es nicht nur um Ernährung, sondern auch um unsere Umwelt(erziehung) geht, meldeten sich gleich dazu selbst berufene Organisationen wie WWF und Greenpeace zu Wort. Ihnen geht das alles nicht weit genug. Eine WWF-Sprecherin etwa merkt an: „Insbesondere unser zu hoher Verzehr von tierischen Lebensmitteln befeuert die Klima- und Biodiversitätskrise.“ So wird aus dem Tag der gesunden Ernährung mehr so etwas wie ein neuer Tag der Umwelt. Die im Januar von der Bundesregierung beschlossene Ernährungsstrategie mit gewünschten Auswirkungen auf Kantinen und andere Ernährungseinrichtungen hat bereits diesen Weg eingeschlagen. Irgendwie kann man da auch Bauchschmerzen kriegen, wenn man das alles liest … Gleichwohl wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende und einen guten Start in eine hoffentlich für Sie persönlich angenehme und erfolgreiche Woche. Mit besten Grüßen Ihr Jürgen Wermser Redaktionsleitung/Koordination

  • Die Irrwege zur Energiewende

    Wo die Anlieger mitverdienen, kommen regionale Windpark-Projekte besser voran. Sogar in Bayern und gegen ein „grünes“ Ministerium Die Energiewende wird groß gedacht. Und schlecht gemacht. Sie scheitert vor Ort allzu oft daran, dass die Anwohner (fast) nichts abbekommen von den satten Gewinnen der Windparks und der Photovoltaik-Felder. Zudem leistet ausgerechnet das Bundesumweltministerium einen verlässlichen Beitrag zur Verhinderung. Auch zum Schaden des ländlichen Raums. Wenn es in der eigenen Kasse klingelt, lautet ein böser Spruch, sind Windräder gar nicht mehr so hässlich. Und auch gar nicht mehr so laut. Es gibt reichlich Einzelbeispiele für Windkraftanlagen, die diesem Motto folgend ohne größeren Anwohner-Widerstand genehmigt und gebaut wurden. Vom Allgäu-Dorf Wildpoldsried im Süden bis nach Schülp bei Rendsburg im hohen Norden. Meist kleinere Gemeinden, die weit mehr Öko-Strom erzeugen, als ihre Bürger verbrauchen. Woran neben den örtlichen Energie-Genossen auch die Rathaus-Kämmerer gutes Geld verdienen. Dort, wo es mit den Genehmigungen allenfalls schleppend voran geht, bleibt der wirtschaftliche Nutzen für die direkt Betroffenen meistens außen vor. Wie zuletzt im Forst von Altötting im bayerischen Chemiedreieck. Dort wollte die Staatsregierung beweisen, dass Bayern auch beim Windstrom Spitze sein will. Und stieß erst mal auf heftigen Widerstand. Nun soll der Betreiber-Konzern sein Konzept hin zu mehr (auch finanzieller) Teilhabe der Bevölkerung öffnen. Zum wahren Boom, den die Öffnung für örtliche Genossenschaften in Bayern ausgelöst hat, und dazu, warum es nebenan im „grün“ regierten Baden-Württemberg noch immer schleppend voran geht, später mehr. Vorab noch ein Blick auf die Hindernisse, die sich ausgerechnet das „grün“ geführte Bundesumweltministerium einfallen lässt. Jüngstes Beispiel: Nachdem – vor allem durch das ZDF – die Mär widerlegt ist, dass der Rotmilan eine vom Aussterben und durch Windräder bedrohte Vogelart sei, haben die Experten im Umweltbundesamt das Auerhuhn als neuen Wappen-Vogel im Kampf gegen die Windmühlen entdeckt. Das Auerwild ist zwar tatsächlich eine massiv bedrohte Art. Aber in Schweden, wo die Vögel noch reichlich vorkommen, haben Forscher nachgewiesen, dass diese einen großen Bogen um Windräder fliegen – und so niedrig, dass ihnen die Rotoren nicht gefährlich werden. Im Blindflug gegen Betonmasten? Real, heißt es in ersten Reaktionen aus dem Bundesamt, sei aber die Gefahr, dass der seltene Hühnervogel im (Blind?-)Flug gegen die Betonmasten prallt. Was in Konsequenz bedeuten müsste, auch die Bäume in Auerwild-Revieren abzuholzen. Wer weiß, wie konsequent Frau Lemkes SPD-Vorgängerin Svenja Schulze Spitzenposten mit Vereinsfreunden aus dem NABU besetzt hat, kann sich – wie beim Thema Wolf – einen Reim auf die Hintergründe machen. Und darüber nachdenken, warum die Windräder in Bayern einen veritablen Bruderkrieg zwischen dem Bund Naturschutz und dem NABU entfacht haben. Bis hin zur Klage des BUND-Ehrenvorsitzenden Hubert Weiger gegen das BUND-Gründungsmitglied Enoch zu Guttenberg. Guttenberg, Vater des Kurzzeit-Bundesministers für Verteidigung, hatte dem Verein „beinahe hysterischen Klimaschutz“ und Vetternwirtschaft mit der „Windkraft-Lobby“ vorgeworfen. Die NABU-Konkurrenz (in Bayern: „Landesbund für Vogelschutz“) vernahm´s mit Freuden und mit weiter wachsendem Spendenaufkommen. Was den örtlichen Widerstand gegen Windparks deutlich beflügelt hat, auch in Guttenbergs Partei, der CSU. Die Energie-Konzerne hat es seinerzeit gefreut. Sie entdeckten erst Jahre später den Wind als kostengünstiges Geschäftsmodell. In diesen Tagen, da „Öko-Strom“ zur Image-Pflege vieler Firmen gehört, entwickelt sich solche Realität zunehmend zu einem Kampf zwischen David und Goliath. Wenn lokale Bürger-Genossenschaften mit Branchenriesen um die raren Standorte konkurrieren, hat die gern beschworene Bürgerbeteiligung schon mal das Nachsehen. Viel mehr als die Hoffnung auf Gewerbesteuer-Einnahmen und zwei oder drei Prozent Gewinnabfuhr in die Gemeindekasse bleibt oft nicht übrig fürs lokale Publikum. Die nächste Konkurrenz entwickelt sich in der Ferne: Etwa, wenn sich die Stadtwerke München an einem Windpark in der Irischen See beteiligen. Was zugleich den Druck erhöht, sündteure Überlandleitungen kreuz und quer durch Europa zu verlegen. Möglichst besonders aufwändig unter der Erde, damit weder Rotoren noch Elektrosmog den umweltbewussten Komfort stören. Auch ein Grund dafür, dass Strom in Deutschland zu teuer ist, um damit ökologisch wünschenswerte Dinge wie Wärmepumpen oder Elektroautos ökonomisch sinnvoll zu betreiben. Nahversorgung durch regionale Erzeuger wäre wohl ein Ausweg. Wäre da nicht der organisierte Widerstand, oft genug betrieben von Menschen, die ihr „grünes Gewissen“ gern vor sich hertragen. Mit „Öko“ lässt sich viel verdienen Dabei ginge es auch anders. Im Münchner Süden etwa, wo ein Bürgerwindpark neben der Autobahn A95 entstehen soll. Auf den Info-Veranstaltungen interessiert vor allem die Frage, in welcher Höhe die Anlieger aus den Nachbar-Kommunen Anteile zeichnen dürfen. Zumal in Starnberg, dem reichsten Landkreis der Republik, hat sich wohl schnell herumgesprochen, dass sich auch in diesem Fall mit „Öko“ gutes Geld verdienen lässt. Seit Ministerpräsident Markus Söder verstanden hat, dass er auf diesem Geschäftsfeld die Anti-Windkraft-Politik seines Vorgängers Horst Seehofer beenden sollte, sprießen die Bürger-Energiegenossenschaften in Bayern nur so aus dem Boden. Dabei entstand das weltweite Musterbeispiel für lokale und umweltschonende Energieerzeugung schon vor Jahrzehnten im Freistaat, unter CSU-Regie. Im bereits erwähnten Dorf Wildpoldsried bestaunen Reisegruppen bis aus Japan, wie Klimaschutz, sichere Stromversorgung und ertragreiche Geschäfte zusammen gehen. Sie haben dort als Dorfgemeinschaft nicht nur Windräder gebaut, sondern auch ein eigenes Gasleitungsnetz für die Biogasanlagen der Milchbauern. Und „Dorfwärme“ für große Teile des Zentralorts. Es wurde schon geschrieben, dass sie das Achtfache ihres Energiebedarfs produzieren, das Fünffache ist es mindestens. Kein Geheimnis sind die guten Geschäfte mit dem sauberen Strom: Altbürgermeister Arno Zengerle, der den Kraftakt gegen anfängliche Zweifel durchgezogen hat, schätzt die Wertschöpfung auf 6,5 Millionen Euro im Jahr, „die in der Gemeinde bleiben“. Bis hin zum gut gebuchten „Energiehotel“ mit „Ökologischem Bildungszentrum“. Und auch zu den Forschungsprojekten, die der Siemens-Konzern, die Hochschule Kempten und die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen hier gemeinsam betreiben. Mitten in Bayern, unter glücklichen Weidemilchkühen. Und mit einer Dorfgemeinschaft, die bei der Bürgermeisterwahl schon wieder CSU gewählt hat. Diesmal eine junge Dame.

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