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- Tödliche Fallen lauern überall
Weniger Lebensraum durch weitere Zerstörung ländlicher Flächen, der neueste Trend beim Rasenmähen – dem Igel geht es auch bei uns schlecht. Besonders schwer hat es das putzige Tier offenbar in Bayern Das Problem ist der Mensch, wieder einmal. Mit diesen eindringlichen Worten beschreibt die Weltnaturschutzunion (IUCN) die Verantwortlichkeit. Verantwortlichkeit auch dafür, dass gerade in Westeuropa die Zahl der Igel dramatisch zurückgeht. Grund sind modische Trends im Garten, aber auch der Hunger des Menschen nach immer mehr Lebens- und Wirtschaftsraum gerade im ländlichen Raum. Konsequenz: Innerhalb der vergangenen zehn Jahre ist die Anzahl der in Westeuropa lebenden Igel je nach Land um zwischen 16 und 33 Prozent zurückgegangen. Gesicherte Daten, die dies beweisen können, liegen allerdings nicht vor. Aber die Weltnaturschutzunion beruft sich auf seriöse Schätzungen aus den Regionen und Ländern Europas. Besonders krass: In Flandern (Belgien) und in Bayern hätten die Schätzungen sogar einen Rückgang von 50 Prozent ergeben, hieß es. Die Organisation hat den Winterschläfer deshalb in die Rote Liste der bedrohten Tierarten aufgenommen. Der westeuropäische Igel (Erinaceus europaeus) kommt unter anderem in Deutschland und Österreich, den Benelux-Ländern, Skandinavien und Großbritannien vor. Igel leiden an der Zerstörung der Natur Der Igel gilt als eines der am meisten vermenschlichten Tiere. In Comics und Filmen, in Sagen und sogar bei der Videoplattform YouTube wird er als putziger Geselle geschildert, der oft das Gute im Schilde führt, selten böse oder gar gefährlich ist. So liebt der Stadtmensch seine Tierwelt. Aber das bewahrt den stachligen Liebling der Herzen – Igel bekommen in der Regel nur einmal pro Jahr Nachwuchs – trotzdem nicht vor der Zivilisationswut des Menschen. „Insbesondere die Zerstörung ländlicher Lebensräume durch Intensivierung der Landwirtschaft, der Bau von immer mehr Straßen und die oft rücksichtslose Stadtentwicklung führt zu diesem gefährlichen Rückgang des westeuropäischen Igels", heißt es in dem Bericht der IUCN. Das gestörte Gleichgewicht zwischen Urbanisierung und Intensivierung der Landwirtschaft auf der einen Seite und dringend benötigten natürlichen Ressourcen und Lebensraum für Tiere gehe auch zu Lasten des Igels. Besonders zwei modische Entwicklungen für den heimischen Garten setzen dem stachligen Freund erheblich zu. Da ist zum einen der Trend zum Steingarten, der dem Igel wertvolle Rastplätze und Wege nimmt. Auf versiegelten Flächen und in Schottergärten finden die Tiere keine Nahrung und keine Verstecke mehr vor natürlichen Feinden. Zweiter Trend: Die zunehmende Zahl von elektronischen Rasenmähern wird für viele Tiere zur tödlichen Falle. Kaum eines der Geräte ist nach Untersuchungen des TÜVs in der Lage, große Igel zu erkennen und zu umfahren, wenn diese sich zum Schutz „einigeln“. Denn so reagieren die Igel nun einmal auf Gefahren, die sie offenbar auch beim Treffen mit den elektronischen Rasenmähern wittern. Bei kleineren Igeln kam es dann immer zum Kontakt – bei 14 von 19 untersuchten Rasenmährobotern sogar zur tödlichen Begegnung mit der Maschine: Schnittwunden, abgetrennte Gliedmaßen, vollständige Freilegung der Bauchregion oder sogar Enthauptung sind die Folgen. Tier- oder Igelschutz mangelhaft, könnte man sagen. Auch immer mehr Bäume sind bedroht Ein schwacher Trost ist es denn auch nur, dass es anderen Tieren und Pflanzen noch schlechter geht als dem Igel. Denn laut aktuellem Ranking liegt der Igel auf der Stufe „Potenziell gefährdet“. Das ist Rang zwei der siebenstufigen Skala, die die IUCN für die Beurteilung der Gefährdung verwendet. Die Skala reicht von „nicht gefährdet“ bis „ausgestorben“. Die Rote Liste umfasst inzwischen mehr als 166.000 Tier- und Pflanzenarten, von denen gut 46.000 bedroht sind. Besonders hart trifft es laut neuestem Bericht die Bäume. Der Raubbau an Wäldern und natürlichen Flächen durch Städtebau und den Klimawandel habe dazu geführt, dass auf den Inseln in Asien über die Hälfte der Baumarten gefährdet seien. Und sterben erst die Bäume, dann dauere es nicht mehr lange, bis das ganze Ökosystem mit in Gefahr gerate.
- Tierwohl-Kandidat in der EU: Zu Unrecht Sündenbock
Warum das Europaparlament falsch liegt, wenn es an Olíver Várhelyi, dem designierten Kommissar für Gesundheit und Tierwohl, ein Exempel statuieren will In der EU geht es zuweilen demokratischer zu als in den Mitgliedstaaten. Während die Besetzung eines Ministerposten in Berlin die einsame Entscheidung eines Parteichefs ist, hat das Europaparlament ein Vetorecht bei der Verpflichtung der Kommissare. Die 26 Anwärter müssen sich einer dreistündigen Anhörung der zuständigen Parlamentsausschüsse unterziehen. Jedes Mal, wenn eine neue Kommission verpflichtet wird, rollen Köpfe. Derzeit schickt sich das Europaparlament an, den Bewerber für das Portfolio Gesundheit und Tierwohl abzustrafen. Dies geschieht aus sachfremden Gründen: Nominiert von seinem Heimatland Ungarn wurde Olíver Várhelyi . Ein 53-Jähriger, der über eine ausgeprägte EU-Biografie verfügt, so war er Referatsleiter in der Kommission, EU-Botschafter seines Landes in Brüssel und die letzten fünf Jahre Erweiterungskommissar – übrigens mit einer Bilanz, die sich sehen lassen kann. Einzig weil Viktor Orbán, der zweifellos korrupte Rechtspopulist, der ihn nominierenden Regierung vorsitzt, stößt Várhelhyi im Parlament auf Vorbehalte. Bei seiner Anhörung hat er eine souveräne Rolle abgegeben, er beherrscht die Dossiers. Er hat nichts gesagt, was Zweifel an seinen fachlichen oder persönlichen Fähigkeiten für den Job aufkommen lassen könnte. Dem Bewerber, der nicht einmal der Fidesz-Partei Orbáns angehört, verweigerten alle politischen Kräfte links von den Konservativen nach der ersten Anhörung die Unterstützung. Wohl gemerkt: Selbst die Christdemokraten waren nicht bereit, ihm auf Anhieb grünes Licht zu geben. Abhängigkeit von Orban Das Verhalten des Parlaments ist unwürdig. Dass jeder Mitgliedsstaat einen Kommissar stellt, entspricht den EU-Verträgen. Sollte das Parlament Várhelyi ablehnen, würde es die Entscheidung über den Start der Von-der-Leyen-Kommission-II in die Hände von Orbán legen. Denn der könnte mit der Benennung eines Ersatzkandidaten lange warten und den Prozess verzögern. Weil die Parlamentarier dieses Risiko auch sehen, wollen sie eine Strafaktion an ihm vollziehen. Sie wollen Ursula von der Leyen auffordern, Várhelyi das Portfolio für Tierwohl wegzunehmen. Er wäre dann nur noch für die (humane) Gesundheit zuständig. Sehr wahrscheinlich würde von der Leyen der Forderung gar nicht nachkommen. Unabhängig davon ist das Ansinnen widersinnig. Der Kandidat soll im Auftrag von der Leyens ebenso berechtigte wie wichtige Politikfelder beackern. So soll er ein Label für eine EU-weite Tierschutzkennzeichnung entwickeln, das von Tierhaltern, der Lebensmittelindustrie und den Verbrauchern akzeptiert wird. Es soll, und das ist richtig, auf freiwilliger Basis funktionieren. Várhelyi soll dafür sorgen, dass der Pestizideinsatz weiter reduziert wird. Vor allem in den südeuropäischen Mitgliedstaaten wird noch deutlich mehr Pflanzenschutz betrieben als etwa hierzulande. Er soll die Zulassung von Biopestiziden vorantreiben. Zu seiner Mission, die der Ungar bis 2029 erfüllen soll, gehören auch neue Regeln für Tiertransporte. Vor allem soll er den Auftrag der erfolgreichen EU-Bürgerinitiative (EBI): „Beendet das Käfigzeitalter“ umsetzen. Das ist nicht trivial. 1,4 Millionen Europäer hatten die Initiative mit ihrer Unterschrift unterstützt. Jetzt muss die Kommission einen Vorschlag machen, wie Schweine, Legehennen, Masthähnchen, Legetiere, Kälber, Kaninchen, Enten, Gänse und Wachteln ohne Gitter leben sollen. Im Zuge des Gesetzgebungsvorschlags wird es um Übergangsphasen und Unterstützung für die Zucht- und Legebetriebe gehen müssen. Im Parlament will man ihm das Portfolio für Tierwohl wegnehmen und es Agrarkommissar Christophe Hansen zusätzlich zu seinen sonstigen Aufgaben zuschlagen. Das wäre ein Fehler, nicht nur weil Tiergesundheit eine Großbaustelle im nächsten Mandat ist. Es ist gut, die Kompetenzen für Tierwohl und Gemeinsame Agrarpolitik in unterschiedliche Hände zu geben. Ansonsten drohen Loyalitätskonflikte.
- Tage der politischen Erschütterungen – Blick auf die neue Lage
Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick auf diese Woche Liebe Leserin, lieber Leser, der Mittwoch dieser Woche begann für uns mit der Erschütterung beim Blick auf die USA, endete mit der Zerrüttung der deutschen Regierung. Das lenkt die Aufmerksamkeit darauf, dass die aktuellen politischen Entwicklungen auch in engeren Zusammenhängen zu betrachten sind. Die Amerikaner haben gewählt, wir werden Ende Januar oder Ende März abhängig von der Vertrauensfrage des Kanzlers auch wieder zur Wahl gehen. Und in der EU nehmen unsere Themen Konturen an: ein Agrarkommissar mit neuen Ansätzen? „ Habe ich`s doch gewusst“ , sagen die einen. Andere wollten nicht daran glauben und reiben sich die Augen, wie ein Parolen-Wahlkampf mit großem Anteil falscher Aussagen, ja sogar Lügen und offensichtlich nicht einhaltbaren Versprechen zum Erfolg führen kann. So haben wir aus unserer Perspektive die USA am Mittwochmorgen unserer Zeit wahrgenommen. Der Tag begann mit der Erschütterung jenseits des Atlantiks und endete dann am Abend in Deutschland mit dem Bruch unserer Ampel. Hoffentlich bleibt uns im nun nah bevorstehenden Wahlkampf weitgehend das erspart, was wir beim Blick auf Amerika als Land der ersten modernen Demokratie (seit 1776) in den letzten Wochen an Polarisierungen und populistisch-taktischen Auswüchsen erleben mussten. Im Fokus unserer direkten Betroffenheit steht erst einmal, was in Berlin passiert ist – und was nun daraus wird. Das Ausmaß der wohl schon länger anhaltenden Zerrüttung innerhalb der deutschen Regierung ist nach vielen und langen Gesprächen hinter verschlossenen Türen plötzlich sichtbar geworden. Jeder wusste schon lange: Da ist in der Ampel richtig Druck im Kessel, aber irgendwie wollen die durchhalten. Das galt besonders für den Kanzler. Das Maß des Ausbruchs mit bisher nicht erlebten auch ins Persönliche gehenden Schuldzuweisungen zwischen ihm und seinem bisherigen Finanzminister offenbart, wie tief und wie weit zurückliegend der Stachel zwischen den Koalitionsköpfen gesessen haben muss. Treibende Kraft aus der Wirtschaft Die Regierungskrise der Ampel war für viele Beobachter länger absehbar. Dann hat Lindner mit seinem von wem auch immer durchgestochenen Papier den Stein ins Rollen gebracht. Aus dem Kreis von Familienunternehmern oder vom Gesamtmetall-Chef Stefan Wolf war zu hören, dass darin viele Bedenken und Wünsche aufgegriffen wurden, die von Seiten der Wirtschaft beim letztlich umstrittenen Gipfel der FDP in der Berliner Fraktion angesprochen worden seien. Der Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, sprang dem FDP-Chef in den letzten Tagen zur Seite. In Unternehmerkreisen sprach man schon in der Vorwoche von einer potenziellen Scheidungsurkunde; wie einst von Lambsdorff zum Ende der sozialliberalen Koalition 1982, die dann zur „Bonner Wende“ unter Kohl führte. Die Scheidung ist nun offiziell. Fuest hält inzwischen das Ampel-Aus zwar für „nicht schön, aber richtig“ . Lindner sah in seinem Papier unter anderem vor, sich erst um den Klimaschutz zu kümmern, wenn die großen Wirtschaftsthemen wieder auf dem Gleis sind. Der „Sonderweg Klimaschutz“ zwinge deutsche Unternehmen in die Knie. Nebenbei bemerkt, hat das viel mit Wirtschaftszweigen zu tun, die im ländlichen Raum verortet sind. Zu diesem Komplex sind nun wieder wohl noch andere Töne aus Washington zu erwarten. Wir erinnern uns an den Umgang Donald Trumps mit den Themen Klima, Energie und Nachhaltigkeit. Das wird nicht isoliert zu betrachten sein, wenn er erneut aus internationalen Klimaschutzverpflichtungen wieder austritt. Auch international wird der Wind für Robert Habeck und seine Mission damit rauer. Der bleibt dabei: „Ohne Klimaschutz keine Wirtschaftswende“. So will er für die Grünen als Kanzlerkandidat antreten. Mal abwarten, was daraus wird, und wir lassen das einfach mal so stehen. Bei uns weiß jeder, dass dieses Thema für alle auf der Agenda steht und wie wichtig es ist. Nur wie schnell die Ziele zu erreichen sind, bleibt kontrovers. Auch daran ist die Ampel zerbrochen. Unser Blick richtet sich weiter auf die Themen des ländlichen Raumes Wir wollen uns ersparen, auf die Ampel-Vergangenheit weiter einzugehen. Unser Blog, der die Politik in ihren Auswirkungen auf die oft vergessenen unmittelbaren Belange des ländlichen Raumes beleuchtet, wird sich in den täglichen Beiträgen auf die entsprechenden Inhalte weiter konzentrieren. Beim Blick in Statistiken und Zahlen fällt auf, wie unterschiedlich das Wählerverhalten in Stadt und Land ist. Bei den vielen Fernsehsendungen der letzten Tage erinnern uns die Charts aus den USA an das, was wir auch bei uns erlebt und weiter zu erwarten haben. Das Wahlverhalten bei den letzten Landtagswahlen offenbart auch bei uns große Unterschiede in den politischen Einstellungen zwischen Stadt und Land. Das wird sich fortsetzen. Die noch offenen Regierungsbildungen in Potsdam, Dresden und Erfurt werden mit all ihren Schwierigkeiten in den Bundestagswahlkampf strahlen. Auch das werden wir im Auge behalten. Nach Einschätzung unseres Autors Frank Polke, der sich mit den landespolitischen Entwicklungen dort regelmäßig befasst, zeigt die Beendigung der Sondierungen in Sachsen, dass Wagenknecht als Kaderführerin ihr Bündnis auf Zerstörungskurs gegen CDU und SPD hält. Wie geht es in Europa weiter? Nach den Wahlen in Amerika kommt es nach vielen übereinstimmenden Einschätzungen auf Europa an. Und ausgerechnet in Budapest geht inzwischen der politische EU-Alltag weiter. Zu den Ritualen gehört der regelmäßige Gipfel der Regierungschefs . Trotz seiner ungeliebten Präsidentschaft ist Trump- und Putin-Fan Viktor Orban Gastgeber für 47 Staats- und Regierungschefs im erweiterten Kreis. Und das angesichts der Schlüsselrolle des größten und immer noch wirtschaftsstärksten Landes, das gerade seine Führung verloren hat. Derweil versucht Ursula von der Leyen, ihr EU-Kabinett durch das Parlament zu bringen. Dazu gehört auch Oliver Várhel aus Ungarn als Kommissions-Anwärter auf den Platz des Kommissars für Gesundheit und Tierschutz . Unser Autor Ludwig Hintjens beobachtet mit seinem Blick auf unsere Themen Naturnutzung, Landwirtschaft, Jagd und entsprechende Vorgaben die Entwicklungen in Brüssel und Straßburg. Dieser ungarische Kandidat wurde im ersten Anlauf nicht gewählt. Wie es weitergeht, schreibt Hintjens in der nächsten Woche. Der designierte Agrarkommissar, Christophe Hansen aus Luxemburg , hat dagegen bei der Anhörung im zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments einen Durchmarsch hingelegt. Der langjährige Europaabgeordnete aus der christdemokratischen Parteienfamilie bekam die Unterstützung von Christdemokraten, Sozialisten, Grünen, Liberalen und Konservativen. Wenn das Parlament, womit zu rechnen ist, Ende November grünes Licht für die gesamte von-der-Leyen-Kommission-II gibt, kann Hansen seine Amtsgeschäfte aufnehmen. Bei der Drei-Stunden-Anhörung setzte er inhaltlich Akzente, die aufhorchen ließen: So lehnt er Planungen der Kommission ab, die Agrar- und Kohäsionsmittel im europäischen Haushalt künftig direkt und ausschließlich mit den Mitgliedstaaten zu verhandeln. Er wolle den Menschen keine Vorgaben machen, was sie zu essen hätten. Auch einen eigenen Emissionshandel für die Landwirtschaft sieht er kritisch. Außen- und Innenschock für unsere Politik Zum Schluss komme ich noch einmal zurück auf die Wahl in den USA . Wie sehr das alles mit uns in Europa und Deutschland zusammenhängt, bringt der CDU-Altvordere Ronald Pofalla auf den Punkt: „ Amerika ist ein Außenschock für unsere Politik.“ Und mit der Aussage steht er nicht alleine. Das war am Mittwoch nach der Wahl Trumps bei uns die vielfach verbreitete Einschätzung unter politischen Beobachtern. Bei Stimmen aus den Parteien der Mitte war zu hören: Wir müssen uns politisch und wirtschaftlich warm anziehen, Europa insbesondere mit den Franzosen zusammenschweißen. Dass in den Biden-Jahren angeblich Deutschland wirtschaftlich auf Kosten Amerikas profitiert und die Verteidigungslasten in Europa überwiegend den USA überlassen habe, sei bei Trump nicht nur Wahlkampfgeplänkel gewesen. Ich hatte die Gelegenheit, Pofalla bei einem politischen Wahlfrühstück während der letzten Ergebnismeldungen aus Washington in der Redaktion der „Neuen Westfälischen“ in Bielefeld zusammen mit Mittelständlern, Experten und zugeschalteten Korrespondenten zu erleben. In vielen weiteren Begegnungen und Gesprächen werden uns die benannten Themen gerade an diesem Wochenende bewegen. Dazu gehört auch die Frage, was wohl für das große europäische Agrarland Ukraine zu erwarten ist. Das ist leider der Ausgangspunkt vieler Polarisierungen, die wir gerade erleben. Dabei geht es dort um die Menschen. So grüße ich diesmal mit nachdenklichen Tönen und wünsche unseren Leserinnen und Lesern gleichwohl ein gutes Wochenende. Ihr Jost Springensguth Redaktionsleitung / Koordination
- Die Lichter am Traktor bleiben aus
In vielen Dörfern und Städten werden in diesem Jahr keine beleuchteten Traktoren unterwegs sein. Gründe dafür gibt es viele. Auch die Politik spielt eine Rolle Die Traktoren bleiben in dieser Nikolaus-Zeit auf dem Hof oder dem Unterstand. Viele Landwirte beteiligen sich deutschlandweit nicht an den Lichterfahrten mit ihren Traktoren durch die Dörfer. Viele Menschen – darunter natürlich vor allem Kinder – hatten diese oft phantasievoll geschmückten Lichterketten an den Traktoren natürlich besonders erfreut. Doch aus den Fahrten dürfte in vielen Regionen wie zum Beispiel dem Münsterland oder Teilen Ostdeutschlands keine langwährende Tradition entstehen. Grund: Viele Fahrten wurden von den lokal oder regional veranstaltenden Gruppen der Organisation „Land schafft Verbindung“ (LsV) organisiert. Und jetzt abgesagt. Die Begründungen sind vielseitig, wahr sind sie nicht immer. In einigen Regionen wurden die fehlenden Genehmigungen durch Städte und Gemeinden als Grund für die abgesagten Rundfahrten in der Vorweihnachtszeit angegeben. Einige Verwaltungen hatten darauf verwiesen, dass „landwirtschaftliche Fahrzeuge“ nun einmal nicht für Fahrten auf öffentlichen Straßen zugelassen seien. Grund für einige LsV-Mitglieder, wieder einmal auf den Staat und seine lokalen Vertreter zu schimpfen. In Wahrheit ist die Aktion der Lichterfahrten aber nicht überall gut angekommen – oder hat zumindest nicht den gewünschten Solidarisierungseffekt mit der Bevölkerung gebracht. „Der Funke ist nicht überall wie gewünscht übergesprungen“, erklärten zum Beispiel Vertreter im Münsterland. Bewegung steckt in der Krise Dabei sind die abgesagten Fahrten vielleicht nur das sichtbarste Zeichen für die Probleme, denen sich der umstrittene Verband „Land schafft Verbindung“ gegenübersieht. Entstanden ist die Protestbewegung Ende der 2010er Jahre. Man nahm die Unzufriedenheit mit den politischen Vorgaben aus Bund und Land, aus Europa und den Kommunen auf, um auf objektiv bestehende Probleme aufmerksam zu machen. Schnell geriet man lokal in einen Gegensatz zu den örtlichen Vertretern der Bauernverbände. Neue Kommunikationswege, härtere Parolen und Forderungen, keine Mitgliedsbeiträge – all das lehnten eine Mehrheit der LsV-Landwirte zunehmend als zu verkrustet ab. Natürlich spielte auch die finanzielle Belastung durch die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen an den Deutschen Bauernverband und dessen Zweigverbände in ganz Deutschland eine Rolle. Vorbilder waren die radikalen französischen Landwirte – aber auch die Bauern in den Niederlanden. Dort führte im Jahr 2019 der Protest vor allem gegen strengere Düngeauflagen und den Preiskampf auf den Märkten und im Handel erst zu einer Gründung der Bauernprotestpartei BoerBurgerBeweging (BBB), dann zu einem deutlichen Wählerzuwachs, bei der letzten Wahl zum Einzug ins Parlament in Den Haag. Jetzt sitzt die BBB sogar in der rechtsgerichteten Regierung. Politisch nicht bedeutsam So weit dürfte es die Bewegung „Land schafft Verbindung“ nicht schaffen. Ganz im Gegenteil: Nach Informationen unseres Blogs gibt es sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene noch immer keine funktionierende Organisation, keine Struktur oder gar ein politisches Programm. „Es sind halt alles Individualisten, die sich kaum einigen können“, sagt ein Brancheninsider. Zudem fehle Fachwissen für die Lösung agrarpolitischer oder unternehmerischer Herausforderungen, mit dem man die Mitglieder zum Beispiel bei der Stange halten kann. Gefahr durch Unterwanderung Als weiteres Problem – vor allem in den östlichen Bundesländern – sind Versuche der rechtspopulistischen AfD oder gar noch weiter stehender rechter Bewegungen, die LsV-Bewegungen lokal zu unterwandern. Gerade der AfD gelingt es durchaus, die Unzufriedenheit über die aktuelle Lage bei den Landwirten in politisches Kapital umzumünzen – siehe die Ergebnisse bei den letzten Landtagswahlen in den neuen Bundesländern. Die weitere Entwicklung ist nicht genau vorherzusagen. Beim Bauernverband bemüht man sich, die negative Stimmung in der Landwirtschaft nicht eskalieren zu lassen, sondern versucht weiter, einen konstruktiven Dialog zwischen Branche, Politik und Wirtschaft aufrechtzuerhalten. Ob da noch Platz ist für leuchtende Traktoren in der Vorweihnachtszeit, steht in den Sternen.
- Drohkulisse mit dem Preis-Hammer
Noch ist offen, wann der Vermittlungsausschuss sich mit der im Juli vom Bundesrat gestoppten Änderung des Düngerechts befassen wird. Das hindert Befürworter verschärfter Regelungen nicht daran, weiter mit Halbwahrheiten Stimmung zu verbreiten Deutsches Grundwasser ist so teuer, weil der Bauer zu viel düngt. Solch irreführende Aussagen begleiten aktuell wieder die ohnehin schwierige Diskussion rund um das Düngegesetz. Die zweite Änderung des komplizierten Gesetzes, das im Kern von der nun schon über 30 Jahre alten EU-Nitratrichtlinie bestimmt wird, war nach dem Durchlauf im Bundestag mit dem Votum von elf der 16 Bundesländer im Bundesrat abgelehnt worden. Nun hat sich nicht zum ersten Mal ein Verbändebündnis zu Wort gemeldet, das eine „praxisnahe, verursachergerechte und nährstoffeffiziente Düngepolitik“ fordert. Mit dabei die Deutsche Umwelthilfe, NABU, BUND und auch Verdi. In einigen Medien wird aus dem Appell schnell die Schlagzeile „Verbraucher zahlen die Zeche für die Aufbereitung des belasteten Grundwassers“. Die Nitratbelastung, die nach wie vor an einigen Messstellen zu hoch liegt, soll angeblich der Auslöser für absehbar bis zu 60-prozentige Preisanstiege beim Trinkwasser sein. Dabei weiß selbst Lieschen Müller, dass der weit gespreizte Trinkwasserpreis in Deutschland einer Fülle von Einflussfaktoren unterliegt. Mal sind Sanierungsstaus im alten Leitungsnetz, mal Inflation, steigende Personal- und Energiekosten, erhöhte Zinsen oder Investitionen in eine chemiefreie Wasseraufbereitung der Auslöser für die verkündeten „Preisanpassungen“. Nitratbelastung spielt in einigen Regionen zweifellos eine Rolle, aber ist nicht allein für Aufschläge verantwortlich. Deutschland tatsächlich auf einem guten Weg Nachdem die EU vor mehr als einem Jahr ihr bereits beim Europäischen Gerichtshof anhängiges Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Nichteinhaltung der Nitratrichtlinie eingestellt hat, unterstreicht der gemeinsame „Nitratbericht 2024“ des Landwirtschafts- und des Umweltministeriums, dass Deutschland tatsächlich auf einem guten Weg ist. Deutschland verzeichnet danach schon seit 2012 einen leicht positiven Trend bei der Gewässerbelastung durch Nährstoffe. Und dies gilt laut Bericht auch für den Zeitraum 2020 bis 2023, in dem in Deutschland einiges getan wurde, um die Düngung landwirtschaftlicher Kulturen mit den Herausforderungen des Gewässerschutzes in Einklang zu bringen. Der Nitratbericht verschweigt dabei nicht, wie schwierig es ist, die Wirkung der Maßnahmen von heute abzuschätzen. Eine fundierte Bewertung der düngepolitischen Maßnahmen sei „erst mittelfristig realisierbar“. Dies liege insbesondere daran, dass die Wirkung aufgrund von langen Fließzeiten und andauernden Nährstoffumsatzprozessen erst über teils lange Zeiträume zu beobachten sein wird. Anders ausgedrückt: Die teils hohe Nitratbelastung im Grundwasser wurde in der Vergangenheit verursacht. Zur Klarstellung: Die Überschreitung von Nitrat im von den Wasserwerken gelieferten Trinkwasser gehört hierzulande zu den höchst seltenen Ausnahmen. Die Überschreitungen des EU-Grenzwertes für Nitrat von 50 mg/Liter waren laut Bundesumweltministerium schon 2017 auf 0,0007 Prozent gesunken. Nährstoffbilanzierung als bürokratisches Monster Die nun diskutierte zweite Änderung des Düngegesetzes wurde im Bundesrat vor allem gestoppt, weil es den landwirtschaftlichen Betrieben, anders als nach den Protesten zugesagt, wiederum neue bürokratische Lasten aufbürdet. Unter anderem sieht es vor, dass schon Betriebe ab 15 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche Aufzeichnungen über ihre Nährstoffströme führen müssen. Bisher gilt das erst für Betriebe, die 20 Hektar beziehungsweise 50 Großvieheinheiten überschreiten. Günter Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, spricht von einem „Bürokratiemonster“. Eine Pflicht zur Stoffstrom- oder Nährstoffbilanzierung habe keinen Mehrwert und führe nicht zu einem noch genaueren Düngemanagement bei den Landwirten. Und man muss auch wissen, dass Beschränkungen bei der Düngung und eine restriktive Pflanzenschutzpolitik bereits Auswirkungen auf die Erträge der deutschen Höfe haben. Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, sprach kürzlich in einem Beitrag von „Bremsspuren der Düngeverordnung“, die beim Langfristvergleich der Proteingehalte im Weizen nicht mehr zu übersehen seien. „Maßgeblicher Grund dürfte die gesetzlich erzwungene Unterversorgung der Pflanzenbestände in den sogenannten roten Gebieten sein – jedes Jahr 20 Prozent zu wenig Nährstoff führen bekanntlich zu fortschreitendem Ertragsverlust und Humusabbau“, schrieb der DBV-Vertreter. Wer über das Düngerecht mit den verschiedenen Verordnungen berät, sollte die Lebensmittelversorgung nicht aus dem Blick verlieren. Gesamtpolitisch hat die anstehende Kompromisssuche im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat noch einen weiteren Aspekt. Der Streit ums Düngerecht war in den Niederlanden mit ein Auslöser für die Gründung der „BoerBurgerBeweging“, hier besser bekannt als Bauernpartei. Die BBB sitzt inzwischen im Europaparlament und ist Teil der niederländischen Regierungskoalition. Eine solche neue Protestpartei würde auch hierzulande Wahlen noch schwieriger machen.
- Kaum Gefahren durch Wald und Wild
Das ganze Leben ist gefährlich. Aber Wald und Wild bergen kein erhöhtes Risiko für den Menschen. Das gilt zumindest so lange, wie einige wenige Verhaltensregeln und Schutzmaßnahmen beachtet werden Zu jeder Jahreszeit sollte fast selbstverständlich sein, bei Feuer und Waldbrand, Sturm und Gewitter, hohem Schnee und Eis den Wald zu meiden. Überdies ist das auch sinnvoll für Dürre- und Totholzbereiche. Denn unerwartet und ohne jede Vorankündigung können Bäume umstürzen und Äste herabfallen. Gegen einen Spaziergang im verschneiten Winterwald ist auch in den kommenden Monaten nichts zu sagen, wenn es sich um frisch gefallenen Pulverschnee handelt. Anders sieht es aus bei Nassschnee, Dufteis, also Schnee, der durch Wind unter Ästen und Zweigen haftet, oder Eisanhang, der durch gefrierenden Regen oder den Wechsel von Tauwetter und Frost entsteht. Dann liegt ein enormes Gewicht auf den Zweigen und Ästen. Rund 50.000 Tierarten leben in deutschen Wäldern. Auch wenn in der freien Natur und besonders im Wald kaum größere Gefahren für Leib und Leben drohen, können einige Arten schon ein mulmiges Gefühl auslösen oder zu unangenehmen Plagegeistern werden. Besonders Wolfsbegegnungen schrecken viele Naturfreunde. Auch wenn Isegrim grundsätzlich den Menschen eher meidet und das Aufeinandertreffen deshalb selten ist, gibt es dafür keine Gewähr. Denn seit seiner Rückkehr nach Deutschland macht er hier im gegenteiligen Fall keine schlechten Erfahrungen. Besonders junge, noch unerfahrene Wölfe sind neugierig. Speziell Reiter und Spaziergänger mit Hund sollten deshalb vorsichtig sein. Verstärkt gefährdet sind bislang Weidetiere, besonders Schafe. Wie sich die Situation bei einem weiteren Anwachsen der Wolfspopulation und vermehrten Wolf-Hund-Kreuzungen entwickeln wird, vermag niemand zuverlässig vorherzusagen. Das Zusammentreffen mit einem Bären ist in Deutschland höchst unwahrscheinlich und allenfalls im grenznahen Süden des Landes denkbar. Kommt es doch einmal dazu, sollte man Meister Petz keinesfalls auf den Pelz rücken oder ihn gar mit Stöcken und Steinen bewerfen. Spätestens wenn der Bär sich nicht selbst entfernt, ist die bessere Alternative, unter ruhigem, aber lautem Reden langsam den Rückzug anzutreten. Auch die Begegnung mit einem der dämmerungs- und nachtaktiven Luchse ist sehr selten. Die Großkatze setzt auf die Tarnung durch ihr geflecktes Fell und flüchtet deshalb nicht zwangsläufig. Waldbesucher entdecken sie aber meistens gar nicht. Sollte es einmal anders sein, ist angemessen, Pinselohr nicht zu stören und ihr keineswegs zu folgen, sondern sich langsam zurückzuziehen. Verletzungen und Beuteverzehr können alle Säugetiere, besonders aber Raubwild, schnell aggressiv werden lassen. Ebenso ist es mit Krankheiten wie etwa die Tollwut beim Fuchs. Vorsicht bei Wildschweinen Eher als Großräuber dürften Spaziergänger Rot-, Dam- und Rehwild in Anblick bekommen. Diese Hirschartigen sind sehr scheu und als Fluchttiere nehmen sie schnellstens reißaus, sind also völlig harmlos. Gefährlich können sie wie alles größere Wild für Autofahrer werden, wenn sie die Fahrbahn queren und gerade im Herbst und Winter bei trübem Wetter erst spät zu sehen sind. Mehr Vorsicht sollte walten lassen, wer auf Wildschweine trifft. Schon mittelgroße Schwarzkittel können kräftig zubeißen und mit ihren Eckzähnen gefährliche Verletzungen zufügen. Gerade Bachen mit Frischlingen, also weibliche Stücke mit ihrem Nachwuchs, können aggressiv reagieren, besonders wenn sie sich bedrängt fühlen und die Frischlinge bedroht sehen. Das gilt übrigens für fast alle Tierarten. Auch von Greif- und Rabenvögeln ist bekannt, dass sie in der Nähe ihrer Nester zum Schutz der Jungen gelegentlich Attacken quasi im Sturzflug ausüben. Im Vergleich zu anderen Tier- und Wildarten werden die Ärgernisse und Gefahren, die von Insekten ausgehen, oft unterschätzt. Das beginnt bei den Mücken, deren Stiche allerdings meistens nur lästig sind. Anders ist es bei Zecken, die gefährliche Krankheiten übertragen können. Am bekanntesten sind die Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), eine Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute. Auf befestigten Waldwegen – auf denen man zum Schutz der Natur grundsätzlich bleiben sollte – ist die Wahrscheinlichkeit gering, mit den Tieren in Kontakt zu kommen. Wer aber im Unterholz nach Pilzen sucht oder Wiesen quert, streift sie schnell von den Grashalmen ab. Spätestens zu Hause heißt es dann, die Kleidung und den Körper nach den kleinen Quälgeistern abzusuchen. Heftige allergische Reaktionen können Hornissen verursachen. Das ist nicht immer ungefährlich. Die schwarz-gelb gestreiften Brummer sind deutlich größer als Bienen und Wespen. Sie bauen ihre Nester bevorzugt in Bodenlöcher oder Totholz. Unterschreitet der Waldbesucher einen Sicherheitsabstand von etwa fünf Metern, gehen die ansonsten harmlosen Hornissen schnell zum Schwarmangriff über. Besonders in den vergangenen Jahren hat der Eichenprozessionsspinner von sich reden gemacht. Die giftigen Härchen der Raupen können im Sommer ebenfalls starke allergische Reaktionen auslösen. Die Brennhaare sind jahrelang reaktionsfähig und werden bereits durch geringen Wind wegen ihrer Leichtigkeit großflächig verteilt. Befallene Gebiete, besonders warm-trockene Eichenwälder, sollten deshalb gemieden und Wege keinesfalls verlassen werden. Die bis zu 70 Zentimeter lange Kreuzotter ist zwar sehr scheu. Das durch den Biss dieser Schlange übertragene Gift kann Herzbeschwerden und Lähmungen verursachen. Das ist besonders für Kinder und Senioren gefährlich, aber nur selten tödlich.
- Galgenfrist statt Garantie: Die Autokrise erreicht den ländlichen Raum
Der Landkreistag schlägt Alarm: Im Umland der großen Fabriken leiden viele konzernabhängige Kfz-Zulieferer schon jetzt unter Absatz- und Strukturproblemen Der Spruch hält sich in Stuttgart seit vielen Jahrzehnten. „Wenn der Daimler hustet, hat die ganze Region Husten.“ Jetzt ist es wieder so weit. Der Automobilkonzern, abseits einiger Tiefschläge stets ein Flaggschiff für Wohlstand, Qualität und Visionen, meldet schlechte Zahlen und Perspektiven. Die Krise der Automobilindustrie, die chinesische staatssubventionierte Offensive, politische Querschüsse und Fehlentscheidungen, ein im internationalen Vergleich überteuertes Lohnniveau, dazu globale Konjunkturschwäche, das zu langsame Hochlaufen der Elektromobilität: Es kommt zurzeit knüppeldick. Die Lage ist so bedrohlich, dass der Standort Deutschland wankt und damit Zehntausende Arbeitsplätze vor dem Aus stehen oder mit Gehaltseinbußen rechnen müssen. Doch es trifft ja nicht nur die Automobilriesen wie Mercedes, BMW oder VW, den Stolz der imageprägenden deutschen Exportindustrie. Betroffen sind nicht zuletzt viele Zuliefererfirmen, die unter den ausbleibenden Aufträgen der Auto-Ammen zu leiden haben. Was auch heißt: Wenn die großen Standorte in Stuttgart, Wolfsburg, Neckarsulm, München und anderswo husten, kratzt die seit längerem erhöhte Temperatur der vielen oft weltmarktführenden, oft im ländlichen Umland angesiedelten Zulieferer an der Fiebergrenze. Zuliefererbetriebe größtenteils im ländlichen Raum Da war es nur eine Frage der Zeit, dass der Landkreistag die Alarmglocke läutet und davor warnt, die Krise bei VW könnte auch zu Problemen auf dem Land führen. Die aktuellen Entwicklungen bei VW seien nicht nur für den Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt ein echter Schock, sondern gerade auch für die Kfz-Zuliefererbetriebe, die größtenteils im ländlichen Raum ansässig sind, sagt Verbandspräsident Achim Brötel. Denn dabei gehe es auch um eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in den ländlichen Räumen, um Steuereinnahmen und nicht zuletzt um ganz konkrete Zukunftsperspektiven für viele Menschen und ihre Familien. Der weltweit größte Kfz-Zulieferer sitzt in Stuttgart. Wenn schon der Technologieriese Bosch laut darüber nachdenkt, zu den bereits vor Wochen wegen ausbleibender Aufträge angekündigten 7000 Stellenstreichungen vor allem in Deutschland weitere Jobs abzubauen, dann ist die Lage ernst. Zwar hat Bosch an den deutschen Standorten seiner Mobilitätssparte betriebsbedingte Kündigungen bis 2027 ausgeschlossen. Stellen können aber etwa über Abfindungsprogramme trotzdem verschwinden. Das ist mehr Galgenfrist als Jobgarantie. Milliardenstrafen durch unrealistische politische Ziele? Nicht nur Brötel sieht die Rahmenbedingungen für erfolgreiches wirtschaftliches Handeln in Deutschland dramatisch verschlechtert. Man könne die Wirtschaft nicht nur mit immer neuen Vorschriften gängeln, sondern müsse wieder lernen, dass erfolgreiches unternehmerisches Handeln die Grundlage des Wohlstandes und des Sozialstaats sei. Bosch-Chef Stefan Hartung pflichtet ihm bei: Die Kunden wollten vor allem den politischen Vorgaben nicht folgen. Unberechenbare Regulierung wie beim Heizungsgesetz oder Zweifel, ob die Elektromobilität wirklich klimafreundlicher ist als effiziente Verbrennertechnologie, das sind laut Hartung die vorrangigen Hemmnisse – und nicht zu hohe Preise. Nicht zuletzt müsse eine Revision der EU-Klimavorgaben stattfinden. Hartung fragt zu Recht: Welche Folgen haben die ab 2025 geltenden Strafzahlungen bei Überschreitung der Flottengrenzen für Automobilhersteller und ihre Fähigkeiten im weltweiten Wettbewerb, „wenn sie Milliarden an Strafe zahlen müssen, weil wir uns unrealistische Ziele gesetzt haben?“ Für die Bürgermeister und Kämmerer in den Umland-Gemeinden, die von den Steuereinnahmen der Zulieferer in hohem Maße abhängig sind, um ihren Haushalt zahlungs- und investitionsfähig zu halten, um Schulen und Kitas zu sanieren, Sportvereine zu unterstützen, Flüchtlingskosten zu schultern oder Infrastruktur und Digitalisierung zukunftstauglich zu machen, werden die Probleme damit noch größer. Die Krise der Automobilkrise könnte so schnell zur Krise vieler kommunaler Haushalte werden. Dann geht es schnell – vom Großstadt-Husten der Konzerne zur Lungenentzündung der ländlichen Kommunen.
- Hubertus ist mahnendes Vorbild
Gestern war Hubertustag. In ganz Deutschland und weiten Teilen Europas gedenken Jäger am 3. November ihres Schutzheiligen als Begründer einer nachhaltigen waidgerechten Jagd In festlich geschmückten Kirchen feiern Jäger am Hubertustag – oft konfessionsübergreifend – Messen, meistens mitgestaltet von Jagdhornbläsern. Hubertus von Lüttich ist zwar nicht im evangelischen Namenskalender gelistet. Doch wegen der hohen traditionellen Bedeutung des Hubertustages gibt es auch evangelische oder ökumenische Gottesdienste. Was den Grünröcken die Ehrung ihres Schutzpatrons ist, interpretieren Jagdgegner und Tierrechtler als Verstoß gegen die vermeintlich wahren christlichen Werte. Die Organisation Peta etwa sieht in Hubertusmessen „lediglich eine Art Propagandaveranstaltung, um der blutigen Jagd ein harmloses und vermeintlich von Gott legitimiertes Image zu verleihen“. Das sei eine mittelalterliche Denkweise. Mal abgesehen von einem sehr einseitigen Verständnis des Christentums und entsprechenden Vorwürfen an Kirchenvertreter ist in diesem Zusammenhang oft die Rede vom „Mord an unschuldigen Tieren“. Solche Formulierungen offenbaren eine Übertragung menschlicher Werte aus Rechtsprechung, Ethik und Moral auf das Mitgeschöpf. Tiere aber werden getötet, nicht gemordet. Sie sind auch weder schuldig noch unschuldig. Sie folgen einfach ihren, meistens trieb- und instinktgesteuerten, natürlichen Verhaltensweisen. Hubertus aber ist der Inbegriff einer werteorientierten Jagd, die eben das Gegenteil sinnlosen Tötens ist, als das Peta sie in Misskredit bringen will. Der Legende nach wird er als Sohn des Herzogs Bertrand von Toulouse um das Jahr 655 geboren. Als junger Edelmann ist er ein zügelloser Jäger, der die Erlegung von Wild als Selbstzweck sieht. Weder christliche Feiertage noch ethische Grundsätze hindern den Jäger, seiner Leidenschaft hemmungslos nachzugehen. Nach dem Tod seiner Frau geht er als Einsiedler in die Wälder der Ardennen, um dort seinen Schmerz zu überwinden, und ernährt sich ausschließlich von Wild. Eines Tages begegnet er einem Hirsch. Bevor er ihn erlegen kann, sieht er ein leuchtendes Kreuz zwischen dessen Geweihstangen und hört eine mahnende Stimme: „Hubertus, warum jagst du nur deinem Vergnügen nach und vertust die wertvollste Zeit deines Lebens?“ Er erkennt, dass er ein völlig falsches Verständnis von der Jagd hat und diese im Kern ein Dienst an der Natur mit weitreichender Verantwortung ist. Tief berührt beschließt er, sein Leben zu ändern. Er legt all seine Ämter ab, verteilt seine Reichtümer an die Armen, lässt sich zum Priester weihen und pilgert nach Rom. Später wird er um das Jahr 700 zum Bischof von Maastricht geweiht und stirbt im Jahre 727. Die Reliquien des heiligen Hubertus wurden 16 Jahre später am 3. November, dem heutigen Hubertustag, erhoben, später in die damalige Abteikirche nach Andagium, dem heutigen Saint-Hubert, gebracht. Seit der Französischen Revolution sind sie unauffindbar. Hubertus gehört heute zu den sogenannten „Vier Marschällen Gottes“ und wird mancherorts auch zu den Vierzehn Nothelfern gezählt. Ihm zu Ehren und als Zeichen besonderer Ehrfurcht vor der Schöpfung wurden zahlreiche Hubertus-Denkmäler errichtet, vom einfachen Bildbaum bis zur Hubertuskapelle. Sie finden sich meistens an heimeligen und stillen Orten und dienen Naturliebhabern zur erholsamen Rast. Nach Hubertus benannt sind zudem etliche Studentenverbindungen. Der Schutzheilige der Jäger gilt heute außerdem als Patron der Schützen, Kürschner, Metzger, Metallbearbeiter, Büchsenmacher, Optiker, Mathematiker sowie der Hunde und als Helfer gegen Tollwut. Es gibt verschiedene Versionen der Hirsch-Legende, von der gelegentlich behauptet wird, sie stamme eigentlich aus dem Leben des heiligen Eustachius und sei erst nachträglich auf St. Hubertus übertragen worden. Die Ursprünge des Motivs finden sich in der buddhistischen Legende um den Mönch Mahinda, der den Buddhismus in Sri Lanka begründete. Von Hubertus heißt es mal, er habe nach seiner Läuterung komplett der Jagd entsagt, weshalb ihn Jagdgegner quasi zu ihrem Vorläufer uminterpretieren. In einer anderen Variante hat Hubertus sich nach der Erscheinung zum christlich-gemäßigten Jäger gewandelt. Die historischen Ereignisse aber sind nebensächlich. Entscheidend ist der weiße Hirsch mit dem Kreuz als Symbol für die Schutzbedürftigkeit allen Lebens, das der Mensch allzu oft für seine Ziele ausbeutet. Dagegen steht der Respekt vor dem Geschöpf oder auch die „Ehrung des Schöpfers im Geschöpfe“. Sie mahnt zur Mäßigung und ist das Zentrum der Waidgerechtigkeit, die oberstes Gebot aller Jäger ist und sämtliche Verhaltensgrundsätze der Jägerschaft dominiert. In diesem Sinn ist Hubertus mahnendes Vorbild. Hege und Pflege, Tier-, Umwelt- und Naturschutz, zu dem die Jäger auch gesetzlich verpflichtet sind, bilden eine untrennbare Einheit. Hinzu kommt die Wahrung eines wertvollen, historischen Brauchtums. Wer dagegen verstößt, hat nicht nur den Sinn der Jagd nicht verstanden. Er muss auch mit strengen Strafen rechnen, bis hin zum Entzug des Jagdscheins.
- Zehntausende Arbeitsplätze auf der Kippe
Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche Liebe Leserinnen und Leser, in unserem Wochenkommentar geht es um die schwierige Lage in der deutschen Wirtschaft und die auch daraus resultierende Unzufriedenheit der Bürger mit der Ampelkoalition sowie deren führenden Politikern. Weitere Themen sind die Machtprobe zwischen BSW-Namensgeberin Sahra Wagenknecht und der thüringischen Landespartei, die Bedeutung und jagdliche Tradition des morgigen Hubertustags sowie zwei Tierkrankheiten, die vor allem den ländlichen Raum betreffen: neue Fälle von Aujeszky bei Wildschweinen in NRW und die gestiegenen Gefahren durch Vogelgrippe, etwa in den Küstenregionen im Norden. Die deutsche Wirtschaft ist überraschenderweise im dritten Quartal dieses Jahres wieder leicht gewachsen. Das ist zwar auf den ersten Blick positiv, aber längst kein Grund für die Politik, sich zurückzulehnen und den Dingen wie bisher ihren Lauf zu lassen. Im Gegenteil, in wichtigen Teilen der Industrie und des Mittelstands drohen gefährliche Rückschläge. Spektakulärstes Beispiel in dieser Woche waren die Meldungen aus Wolfsburg, wo bei Volkswagen Zehntausende Arbeitsplätze auf der Kippe stehen. Das könnte für den Wirtschaftsstandort Deutschland erst der Anfang sein, falls die politisch Verantwortlichen nicht endlich konsequent gegensteuern. Kostenentlastungen, Entbürokratisierung und gezielte Investitionen in die Infrastruktur bleiben überfällig . Da ist in den vergangenen Jahren viel versäumt waren, was jetzt unter deutlich erschwerten Bedingungen – Stichworte Klimawandel und Ukrainekrieg – nachgeholt werden muss. Angesichts dieser Lage ist die Unzufriedenheit mit der Ampelkoalition momentan groß. Im aktuellen ARD-Deutschlandtrend bewerten nur noch 14 Prozent der Deutschen (-5 Prozentpunkte im Vergleich zu Anfang Oktober) die Arbeit der Ampelkoalition positiv. 85 Prozent sind weniger oder gar nicht zufrieden. 54 Prozent der Befragten wollen gar vorgezogene Neuwahlen. Diese Werte spiegeln sich auch in der Sonntagsfrage. Wenn schon morgen Bundestagswahl wäre, käme die SPD auf 16 Prozent (unverändert im Vergleich zu Anfang Oktober 2024). Die Union aus CDU und CSU verbessert sich auf 34 Prozent (+3). Die Grünen verlieren gegenüber Anfang Oktober zwei Punkte und landen bei elf Prozent. Die FDP läge mit vier Prozent (+1) weiterhin unterhalb der Mandatsschwelle. Die AfD bleibt bei 17 Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht büßt gegenüber Anfang des Monats zwei Punkte ein und landet derzeit bei sechs Prozent. Auf alle anderen Parteien entfallen derzeit zusammen zwölf Prozent – darunter auch die Linke und die Freien Wähler. Schlechte Noten für Ampelpolitiker Interessant auch Folgendes: In der persönlichen Bewertung rutscht Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Vergleich zu Anfang Oktober deutlich ab (20 Prozent Zufriedenheit, -8 Punkte). Damit liegt er etwa gleichauf mit Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP (19 Prozent Zufriedenheit, +2) und SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz (19 Prozent Zufriedenheit, -2). Zum Vergleich: Der schlechteste Wert von Gerhard Schröder (SPD) während seiner siebenjährigen Amtszeit als Kanzler war 24 Prozent, der von Angela Merkel (CDU) während ihrer 16-jährigen Amtszeit war 40 Prozent. Deutlicher kann sich der Unmut der Bürger über die führenden Ampel-Politiker wohl kaum zeigen … Natürlich ist die aktuelle Ampelregierung nicht allein für die Misere verantwortlich. Auch frühere Regierungen haben vieles deutlich zu lange schleifen lassen. Doch diese Versäumnisse und Fehler sind Vergangenheit. Die aktuelle Koalition regiert jetzt seit immerhin drei Jahren. Dieser Zeitraum sollte eigentlich reichen, um die Weichen – wie 2021 versprochen – in Richtung Modernisierung und Fortschritt zu stellen. Doch die Realität sieht leider anders aus. In der Ampel scheint sich jeder nur noch selbst der nächste zu sein. Maßstab allen Handels ist weniger das Wohl des Landes als das der eigenen Partei – sprich die Positionierung für die nächste Bundestagswahl. Noch ist diese für September 2025 vorgesehen, aber wenn die Koalition so weitermacht wie bisher, ist ein vorzeitiges Aus durchaus möglich, sofern einer der drei Partner für sich darin einen parteitaktischen Vorteil sieht. Ampelparteien auf getrennten Wegen An ernsthaften Problemlösungen scheinen momentan weder SPD, Grüne noch FDP sonderlich interessiert zu sein. Sehr deutlich wird dies in der aktuellen Wirtschaftspolitik, wo die drei „Partner“ demonstrativ getrennte Wege gehen: der Grüne Habeck mit dem Vorschlag eines großen Investitionsprogramms, SPD-Kanzler Scholz und FDP-Finanzminister Lindner jeweils mit eigenen Wirtschaftsgipfeln. Egal, was man von dem einen oder dem anderen Ansatz halten mag, so geht es nun wirklich nicht voran. Kanzler und Minister werden schließlich für gemeinsames und praktisches Regieren bezahlt, nicht jedoch für isolierte und theoretische Programmideen. Die Einzigen, die sich über diese bedrückende Entwicklung freuen dürfen, sind Populisten und ihre antidemokratischen Gesinnungsfreunde. Im Blickpunkt dabei aktuell vor allem das BSW und seine Namensgeberin Sahra Wagenknecht . Bei den jüngsten Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen feierte die neue Partei spektakuläre Erfolge und steht kurz vor Regierungsbeteiligungen. Doch Wagenknecht interessiert sich nicht für Landespolitik. Ihr geht es allein um die nächste Bundestagswahl. Pragmatische Kompromisse auf Landesebene könnten dort aus ihrer Sicht stören, was jedoch vor allem in Thüringen von den dortigen BSW-Verantwortlichen augenscheinlich anders gesehen wird. Entsprechend energisch versuchen Wagenknecht und Co., ihre Erfurter Wahlsieger durch öffentliche Kritik und Zurechtweisungen wieder an die kurze Leine zu nehmen. Ein solches Kommando-Vorgehen im Stil eines „demokratischer Zentralismus“ ist der ehemaligen Kommunistin Wagenknecht aus ihrer SED-Vergangenheit bestens vertraut. An diesem Samstag wird es ein Treffen aller 81 Parteimitglieder des BSW in Thüringen geben. Dabei will man wohl den Beschluss absegnen, wonach die Partei in Koalitionsgespräche eintritt. Dies könnte dazu führen, dass das BSW sich spaltet, kaum zehn Monate nach der Gründung. Weiter Politik zum Vorteil Putins? Man darf gespannt sein, wie die spektakuläre Machtprobe am Ende ausgeht. Sie könnte wegweisend für die Zukunft des BSW werden. Dessen Landespolitiker müssen sich entscheiden: wie Wagenknecht einseitig Politik zum Vorteil Putins machen oder in Koalitionen pragmatische Fortschritte für die Bürger nicht zuletzt im ländlichen Raum ermöglichen. Auch dort sorgt natürlich die große Politik für reichlich Gesprächsstoff. Aber es gibt auch anderes, was jenseits der Metropolen teils hoch im Kurs steht. Dazu gehört die Jagd mit all ihren Facetten. An diesem Sonntag feiern wir das Namensfest des heiligen Hubertus. In zahlreichen Gottesdiensten gedenken aus diesem Anlass die Jäger ihres Schutzpatrons. Die Begegnung mit einem Hirsch, zwischen dessen Geweihstangen ein Kreuz leuchtet, lässt ihn vom hemmungslosen Wildschützen zu einem Menschen werden, der erkennt, dass er ein völlig falsches Verständnis von der Jagd hat und diese im Kern ein Dienst an der Natur mit weitreichender Verantwortung ist. Die Legende lehrt uns Respekt und Mäßigung. Jagdlich gesprochen ist sie die Basis der Waidgerechtigkeit, die oberstes Gebot aller Jäger ist und sämtliche Verhaltensgrundsätze der Jägerschaft dominiert. In diesem Sinn ist Hubertus mahnendes Vorbild. Hege und Pflege, Tier-, Umwelt- und Naturschutz, zu dem die Jäger auch gesetzlich verpflichtet sind, bilden eine untrennbare Einheit, gegen die Jagdgegner und Tierrechtler ungehemmt polemisieren. In einem Blog-Beitrag wird unser Autor Christoph Boll dieses Spannungsfeld am Montag beleuchten. Risiken für Jagdhunde Doch ganz ungetrübt ist die schöne Stimmung und Tradition des Hubertustags leider nicht überall. So sind jetzt im Raum Bonn und Gummersbach aktuelle Fälle von Aujeszky aufgetreten, einer bei Hunden tödlich verlaufenden Viruserkrankung. Sie wird auch als Pseudowut bezeichnet. Hauptwirt des ursächlichen Herpesvirus sind Schweine. Durch die Untersuchung von Blutproben erlegter Sauen wurden in NRW im Jagdjahr 2022/23 von 1960 Blutproben 9,6 Prozent positiv auf Antikörper gegen Aujeszky getestet. Deshalb hat der Landesjagdverband Nordrhein-Westfalen jetzt dringend appelliert, jeden Kontakt von Jagdhunden mit zur Strecke gelegten Sauen rigoros zu unterbinden . Auch Gefahren durch Vogelgrippe in Deutschland sind zuletzt wieder gestiegen. „Wir haben ein hohes Risiko des Eintrages und der Ausbreitung bei wilden Wasservögeln für ganz Deutschland und punktuell in einigen Regionen ein besonders hohes Risiko, beispielsweise für Küstenregionen im Norden“, sagte der Vizepräsident des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) auf der Insel Riems bei Greifswald, Martin Beer, der Deutschen Presse-Agentur. Laut FLI-Daten gab es im Oktober Nachweise bei Wildvögeln in Thüringen, Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Betroffen waren demnach vor allem Wildgänse und Schwäne. Ihnen, liebe Leser und Leserinnen, wünsche ich eine gute Woche. Und drücken Sie mit mir die Daumen, dass am kommenden Dienstag die amerikanischen Präsidentschaftswahlen friedlich verlaufen und zu einem Ergebnis führen, mit dem sowohl die USA als auch der Westen insgesamt zuversichtlich nach vorn blicken können … Mit den besten Grüßen Ihr Jürgen Wermser Redaktionsleitung/Koordination
- Draußenrauchen und -dampfen soll eingedämmt werden
Die EU überzieht, wenn sie dem Nikotinkonsum nun auch im Freien den Kampf ansagen will Bislang hat die EU-Kommission die Zigarette als Produkt reguliert. Die Schockfotos auf den Packungen etwa sollten die Menschen auf die Gefahren des Rauchens hinweisen und Raucher zum Aufhören motivieren. Es wurden auch weitreichende Werbeverbote erlassen. Bis 2040 soll es die erste „Generation rauchfrei“ geben und der Anteil der Nikotinabhängigen EU-weit unter fünf Prozent fallen. Der Weg dahin ist jedoch noch weit: In Deutschland etwa rauchen oder dampfen derzeit knapp 30 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahre (Stand Juli 2024). Das ist ein höherer Anteil als etwa vor vier Jahren (26,5 Prozent). Jetzt will die Kommission neue Maßnahmen ergreifen. Sie möchte, dass die Mitgliedstaaten der EU die Raucher und Dampfer an öffentlichen und halb-öffentlichen Orten vergrämen. Der Nichtraucherschutz soll gestärkt werden. An Orten, wo sich Kinder, Jugendliche und besonders Schutzbedürftige viel aufhalten, sollen die Verbotsschilder kommen. Wohl gemerkt: Es geht nicht um geschlossene Räume, es geht ums Rauchen und Dampfen draußen und im Halbfreien, etwa unter Vordächern. Die Pläne sind bereits recht detailliert ausformuliert : Ungemütlich werden soll es für Nikotin-Konsumenten auf öffentlichen Spielplätzen, in Freibädern, Vergnügungsparks, an Stränden und in Zoos. In Außenbereichen von Restaurants, Bars und Cafés soll Rauchen und Dampfen auch tabu werden. Ebenso an Bushaltestellen, Flughäfen und auf den gesamten Grundstücken von Bahnhöfen. Die Raucherecke von Unternehmen, Krankenhäusern, Gesundheitszentren und Pflegeheimen soll es künftig nicht mehr geben – alles im Außenbereich oder unter einem Vordach, versteht sich. Auch Bereiche mit viel Fußgängerverkehr sollen betroffen sein, wie Eingänge zu Shoppingcentern und Innenhöfe von öffentlichen Gebäuden. Noch ist kein EU-Gesetz in der Planung. Die EU-Kommission hat lediglich eine Ratsempfehlung beschlossen. Den 27 Mitgliedstaaten wird damit nahegelegt, die genannten Maßnahmen zu ergreifen. Sollten sie es nicht tun, hätte dies noch keine rechtlichen Konsequenzen. Das Gremium der Mitgliedstaaten hat aber jetzt die Ratsempfehlung erstmals in der Arbeitsgruppe Gesundheit diskutiert und sie mit einigen kosmetischen Änderungen gutgeheißen. Dies ist der erste Schritt für ihre Annahme. Draußenrauch- und -dampfverbote mit Berufung auf die EU sind also keineswegs ausgeschlossen, sondern durchaus wahrscheinlich. Derartige Beschlüsse wären ein großer Fehler. Viele Europäer hätten kein Verständnis dafür, wenn die EU ihnen auch noch das Rauchen am Strand und anderswo im Freien verbieten wollte. Ein solcher Schritt würde Stereotype gegen Europa mobilisieren. Den Eurokraten würde Übergriffigkeit und kleinteilige Regelungswut vorgeworfen. Hinzu kommt: Für eine Kontrolle und Durchsetzung der Verbote hätte wohl kein Mitgliedstaat das Personal. Ein Gesetzgeber sollte nur Vorschriften beschließen, die er auch durchsetzen kann.
- Als VIP-Gäste an die Hochschule
Die beruflichen Perspektiven sind hervorragend. Trotzdem studieren immer weniger junge Leute das Fach Agrarwissenschaft. Dabei gibt es gute Beispiele dafür, wie man gezielt Nachwuchs gewinnen kann Die staatliche Universität Hohenheim im Süden Stuttgarts gehört zu den Top-Einrichtungen im Land. Bei der Agrarwissenschaft führt sie laut aktuellem Ranking in Deutschland sogar das gesamte Feld an. Kein Wunder, dass man sich auf dem Campus rund um das ehrwürdige Schloss darum bemüht, Jugendliche für die Agrarforschung zu gewinnen. Baden-Württemberg macht es der Fakultät Agrarwissenschaften mit ihren Instituten und Versuchsstationen aber auch leichter als andere Bundesländer. Denn im Südwesten der Republik kennt man in vielen Landkreisen noch das Agrarwissenschaftliche Gymnasium. Ein Schultyp, der junge Menschen, die sich für Agrarwirtschaft, Landwirtschaft, Gartenbau, Landbau, Weinbau oder die Forstwissenschaften interessieren, in drei Jahren zur Hochschulreife führt. Ein Agrarwissenschaftliches Gymnasium zum Beispiel mit dem Schwerpunkt Agrarbiologie bietet eine gute Möglichkeit, sich mit den biologischen Grundlagen des Lebens, der Ernährung, mit Tier- und Pflanzenkunde und der Umwelt auseinanderzusetzen. Ob in Freiburg im Breisgau, Radolfzell am Bodensee oder Ettlingen bei Karlsruhe – an sechs Standorten in Baden-Württemberg existieren Schulen mit dieser speziellen Ausrichtung. Und die Idee, das Interesse für die Agrarwissenschaft und Agrarwirtschaft auf diesem Wege zu wecken und zu fördern, geht offensichtlich auf. Als Schülerinnen und Schüler der sechs Agrarwissenschaftlichen Gymnasien kürzlich Ergebnisse einer ersten wissenschaftlichen Arbeit präsentierten, hörten auch Ministerialdirektorin Isabel Kling aus dem Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und Staatssekretär Volker Schebesta vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport genau zu. Denn in der Universität Hohenheim, wo man den Nachwuchs schätzt, sprachen die Jugendlichen über Themen wie die Milchviehhaltung im Schwarzwald, Naturschutz und Weinbau am Kaiserstuhl oder die Zukunftschancen von Biogas als grüne Energie. Entstanden waren diese und weitere Arbeiten in einem Seminarkurs zum Thema „Zukunftsfähige Gestaltung und Stärkung des Ländlichen Raumes“. Dass die erfolgreichen Schülerinnen und Schüler im Prunksaal des Schlosses Hohenheim ihre Urkunden erhielten, unterstrich noch einmal den VIP-Status der jungen Gäste. „Es sind Menschen wie diese, die wir für unsere Universität gewinnen wollen, um uns weiter an der Spitze der Agrarforschung zu behaupten“, erklärte in Stuttgart der Dekan der Fakultät Agrarwissenschaften, Prof. Dr. Ralf Vögele. Was in Baden-Württemberg so gut funktioniert, gibt es nur noch in Niedersachsen, Sachsen und Schleswig-Holstein. Nur vier Bundesländer bieten das berufliche Gymnasium Agrarwirtschaft oder Agrarwissenschaft überhaupt an. In den anderen Ländern gibt es diese Möglichkeit der Spezialisierung nicht oder bloß auf dem Papier. Dementsprechend sieht es an den Universitäten im Land aus. Raus aus der Schule, rein in die Forschung – das System klappt auf diesem Feld nicht. Im Wintersemester 2015/2016 waren 17.648 Studierende im Fach Agrarwissenschaft eingeschrieben. Im Wintersemester 2023/2024 waren es nur noch 14.625. Tendenz: fallend. Wer stets über die Zukunft der Landwirtschaft und des Agrarsektors in Deutschland redet, darf den Aspekt der Forschung und wissenschaftlichen Arbeit nicht vergessen.
- Diesseits der Brandmauer
In Brandenburg ist es der SPD offenbar gelungen, das Bündnis Sahra Wagenknecht zu zähmen. Auch in Thüringen scheint es auf Koalitionsverhandlungen hinauszulaufen. Ob die dortige CDU die Femme fatale einfangen kann, ist unklar. Die entscheidende Person war beim Sushi-Essen wohl nicht dabei. Nach den ersten Runden der Sondierungsgespräche in Thüringen für die sogenannte „Brombeer-Koalition“ aus CDU, SPD und BSW war man sich durchaus nähergekommen, auch persönlich. Vertreter der CDU um Landeschef Mario Voigt und der SPD um Landeschef Georg Maier lobten die angenehme Gesprächsatmosphäre der „Optionsgespräche“. Man sei konstruktiv bei den Themen Bildung, Wirtschaft und sogar Polizei unterwegs. Und lobten auch die BSW-Verhandlungsführer Katja Wolf und Steffen Schütz. Vor allem Schütz sei als aktiver und erfolgreicher Unternehmer durchaus offen für pragmatische und vernünftige Ansätze in der Landespolitik. Ideologiefrei wolle man, so war sogar aus der BSW-Truppe zu hören, das Thema Zukunft der Landwirtschaft und Landnutzung für Bauern und Jäger besprechen. Die Menschen in den ländlichen Räumen bräuchten jetzt wirklich „Angebote, damit sie sich nicht abgehängt fühlen“, so heißt es wörtlich in einem Verhandlungspapier. Friedenspräambel statt Landespolitik Natürlich hört sich das wenig konkret an, bleibt noch unverbindlich, genau wie ein möglicher Zuschnitt der Ministerien Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Erfurt. Aber der Sound und die berühmte Chemie schien zu stimmen. Jetzt sollen auch offiziell Koalitionsverhandlungen. Ob diese dann zu einem Brombeer-Bündnis in Thüringen führen, ist unklar. Und vor allem, welche Forderungen in Sachen Friedenspolitik Wagenknecht dann noch stellt, und wie weit die CDU dann diesseits der Brandmauer weitere Kröten schlucken muss, wird sich ebenfalls zeigen. Denn: Sahra Wagenknecht will keine gute Atmosphäre, will keine Zusammenarbeit. Wagenknecht, die bundesweit als politische Femme fatale gilt, ist auf Zerstörung aus. Zunächst die Linkspartei (darf als erledigt angesehen werden), dann gern die SPD (mit großer Zustimmung ihres Mannes Oskar Lafontaine), später auch gern die CDU. Jetzt fordert sie immer mehr, zuletzt eine „Friedenspräambel“ für die Thüringer Landesregierung. All das kommt aus dem Hintergrund – und immer dann, wenn es vor Ort und konkret zu Fortschritten kommt. Verhandlungen in Brandenburg Ganz anders ist die Situation in Brandenburg. Dort verkündeten die Verhandlungsführer von SPD und BSW Anfang der Woche einen ersten vorsichtigen Durchbruch. Man sehe ausreichend Schnittmengen, so erklärte es der geschäftsführende Ministerpräsident Dietmar Woidke in einem Statement. Der brandenburgische BSW-Vorsitzende Robert Crumbach durfte ebenfalls seiner Partei die Aufnahme von Verhandlungen empfehlen. Auf die Frage, ob Wagenknecht denn schon ihre Zustimmung für eine Koalition von SPD und BSW signalisiert habe, reagierte Crumbach sichtlich genervt. „Man habe sich eng abgestimmt.“ Da geht es um Fragen von Krieg und Frieden, um falsch verstandenen Pazifismus russischer Art – aber bestimmt nicht um Fragen der Landnutzung, Hilfspakete oder Steuerentlastung für Landwirte oder die Forstwirtschaft. Das interessiert Wagenknecht nicht. Öffentlich geriert sie sich als Friedenskämpferin, die gern Israel für den Krieg im Nahen Osten verantwortlich macht. Und noch krasser: die Ukraine habe Schuld am Krieg gegen Russland, trotz der Kriegsverbrechen und des Bruchs des Völkerrechts durch das russische Regime. Das Land, dessen Präsident Putin offen mindestens die Wiederherstellung der Sowjetunion mit direktem Einflussbereich bis nach Deutschland verfolgt, sei nicht der Aggressor, sondern das Opfer. Wagenknecht, ganz gelehrige Schülerin der kommunistischen Plattform der untergegangenen SED, erweist sich als Helfershelferin Putins. Wer diesen Kurs nicht mitmacht, verliert die Gunst erst Wagenknechts. Und dann jegliche Chance, weiter mitmachen zu können oder sich zu wehren. Aber es gibt handelnde Personen im BSW, die sich mehr oder weniger offen diesem totalitären Machtanspruch Wagenknechts entgegensetzen. Allen voran die ehemalige Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf. Sie ist aktuelle Verhandlungsführerin, gilt ebenso wie Schütz und BSW-Landesgeschäftsführer Tilo Kummer als durchaus pragmatisch. Und sogar lösungsorientiert. Genau dies bringt das Trio aber in einen wohl unauflösbaren Gegensatz zu Wagenknecht. Dies formuliert immer neue Hürden, verschärft die Anforderungen an die „Friedenspräambel“. Die gesamte CDU solle diese sich zu eigen machen, schießt Wagenknecht aus dem Hintergrund. Bloß keine Einigung im Sinne der Bildungspolitik des Landes. Oder der Zukunftsfähigkeit der Krankenhauslandschaft im Osten oder gar der Entwicklung des ländlichen Raums. Zerstörung ist der Plan. Ministerpräsidentenwahl als Damoklesschwert Anders als die Brandenburger SPD verfolgt die Thüringer CDU um Mario Vogt einen anderen Plan: Dieser beinhaltet viele Formen der Zusammenarbeit mit dem BSW - zwischen Duldung und Koalition gebe es ja noch andere Modelle. Kann klappen, muss aber nicht klappen, wie sich in Erfurt jetzt zeigt. Im Fall des Scheiterns könnte es so weiter gehen: Bei einer anberaumten Ministerpräsidentenwahl im Thüringer Landtag gewinnt nach zwei Wahlgängen ohne Ergebnis der Kandidat, der auch nur eine einfache Mehrheit auf sich vereint. Die vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD ist mit 32 von 88 Sitzen stärkste Kraft im Parlament. Möglich aber auch, dass es diesseits der von der CDU weiter gepflegten Brandmauer doch zu einem Regierungsbündnis mit Wagenknecht kommt.












