Es war die letzte Wahl in einem Flächenland vor der Bundestagswahl. In Brandenburg siegte die SPD. Doch dieses Ergebnis dürfte kaum auf die Berliner Ampel einzahlen. Sondern Dietmar Woidke profitierte eindeutig von seiner Beliebtheit
Das nennt man wohl Sieg auf den letzten Metern. Dietmar Woidke hat es offenbar geschafft, bei der Landtagswahl in Brandenburg seine Partei auf Platz eins zu bringen. Vor wenigen Monaten in Umfragen noch abgeschlagen bei unter 20 Prozent, liegt die SPD in Brandenburg jetzt vor der rechtspopulistischen AfD. Woidke und die SPD, das war und ist mehr denn je eine Schicksalsgemeinschaft. „Wenn ich es nicht schaffe, die SPD auf Platz eins zu bringen, trete ich ab“, hatte der im Land populäre Ministerpräsident vor der Wahl gesagt. „Ich oder die“ – das war die Botschaft, die die Menschen in Brandenburg offenbar dazu bewogen hat, die SPD zu wählen. Eine Personenwahl, wie es sie in einem Bundesland selten gegeben hat. Höchstens Woidkes Amtskollege Michael Kretschmer konnte sein persönliches Profil in Sachsen derart stark in die Waagschale werfen wie Woidke, der sogar seine Glatze auf Werbebanner ablichten ließ.
Für Woidke wird es für eine Koalition mit der CDU nicht reichen, da der dritte Koalitionspartner fehlt. Die Grünen scheitern klar an der Fünf-Prozent-Hürde. Möglich, dass Woidke jetzt auf das BSW zugehen muss. Einen Unvereinbarkeitsbeschluss gibt es bei den Sozialdemokraten nicht.
Scholz durfte nicht auftreten
Die Auswirkungen auf die Bundespolitik dürften eher begrenzt sein. Die SPD – nach all den verheerenden Niederlagen der vergangenen Monate und dem Verharren im Umfragetief – versuchte noch am Wahlabend, den Erfolg Woidkes bundespolitisch auszunutzen. SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bemühte ausdrücklich mehrfach das Wort „Aufholjagd“. Sein Wunsch: die Analogie zum Kanzler herzustellen, der in Berlin weiter mitsamt seiner Ampel im Umfragetief verharrt. Doch Woidke ist Woidke. Und genau dieser hatte sich ausdrücklich Wahlkampfauftritte von Scholz verbeten. Bösmeinende Strategen könnten nun daraus schließen, dass genau dieser Verzicht auf Scholz die entscheidenden Prozentpunkte gebracht hat. Doch diese Debatte dürfte es nur hinter den Kulissen der Parteibüros geben.
Komfortabler hat es dagegen die CDU-Führung. Natürlich lässt das schwache Abschneiden der Brandenburger CDU im Konrad-Adenauer-Haus keine Sektkorken knallen. Aber in der Parteiführung wird man froh sein, dass in Brandenburg jetzt die Sozialdemokraten die schwierige Aufgabe haben, eine Regierung zu bilden. Und zweites Argument: Bundesweit sorgen Umfragewerte von bis zu 36 Prozent für gute Stimmung rund um den frisch ausgerufenen Kanzlerkandidaten Friedrich Merz.
Hohe Erwartungshaltung im ländlichen Raum
Zurück zum 30 Kilometer entfernten Potsdam. Auch wenn Themen der Landespolitik bei dieser Wahl durchaus eine etwas gewichtigere Rolle als noch in Thüringen oder Sachsen gespielt haben, zeigt sich auch hier die gesellschaftliche und räumliche Trennung zwischen Stadt und Land. Rund um die Ballungszentren Potsdam und Berlin zeigte sich dies bei den Themen bezahlbarer Wohnraum, Infrastruktur und attraktive Angebote für junge Familien, die aus der Hauptstadt fortgezogen sind, um im Speckgürtel der Städte zu wohnen. „Das sind alles ganz andere Themen als in den Randgebieten zum Beispiel entlang der polnischen Grenze oder in den ländlichen Regionen im Norden oder Süden des Landes“, sagt ein Beobachter. Dort fühlt man sich nicht wahrgenommen, dort versucht man, den demografischen Niedergang zu gestalten und ein unverkrampftes Verhältnis zur Natur und zum ländlichen Raum zu bewahren. Das „Forum Natur“ hatte sich zuletzt in diesem Blog zu Wort gemeldet. „Macht endlich Politik fürs ganze Land, also auch für den Forstwirte, Jäger, Landwirte“, forderte Gernot Schmidt, Vorsitzender des „Forums Natur“ (FNB). Ob diese Forderung Gehör findet, werden die nächsten Jahre zeigen.
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