Sie kennt jeder: Werbeschilder für touristische Sehenswürdigkeiten an den Autobahnen. Gerade der ländliche Raum profitiert davon. Aber die Kosten für die Schilder sind vielerorts unbezahlbar
Der Kämmerer der Stadt Straubing traute seinen Augen nicht. Die Stadt in Bayern hatte zwei neue Werbeschilder für den „Zoo Straubing“ bestellt. Die beiden alten Schilder waren in die Jahre gekommen und mussten weg. Also gut, dachte man sich in Straubing, ein wenig Werbung entlang der Autobahn 3 kann ja nicht schaden. Doch als der für die Finanzen verantwortliche Mann die Rechnung sah, wurde er blass: Für den Abriss stellte die zuständige Autobahnagentur 10.000 Euro in Rechnung. Für das Herstellen, Aufstellen und – immerhin – Warten sollte die bayerische Gemeinde 83.000 Euro zahlen. 2001 hatte die gesamte Aktion noch 6100 Euro gekostet.
Kein Einzelfall. Nach Medienberichten verlangt die dem Bundesverkehrsministerium unterstellte Autobahn GmbH Preise von 20.000 bis 40.000 Euro – pro Schild. Dabei schwanken die Preise extrem – je nachdem, wie teuer die Filialen der Autobahn GmbH die Kosten für den Abriss und die Wartung veranschlagen. Bisher negativer Spitzenreiter ist die Stadt Sangershausen in Sachsen-Anhalt. Dort sollten zwei Schilder 92.000 Euro kosten. „Besondere Rahmenbedingungen wie z.B. die Geländeverhältnisse am Aufstellungsort oder die aktuelle regionale Marktsituation können jedoch zu teilweise erheblichen Abweichungen von diesen Werten führen“, liefert die Autobahn GmbH eine lässige Begründung für die Kostenexplosion. Zum Vergleich: 2001 wurden im Schnitt zwischen 2000 und 3000 Euro pro Schild verlangt.
Opposition will Kostenreduzierung
Grund genug für die oppositionelle CDU/CSU-Fraktion nachzufragen. Per schriftlicher Einzelfrage wollte die für Tourismus zuständige Ex-Ministerin Anja Karliczek wissen, was man im für die Autobahn zuständigen Bundesverkehrsministerium zu tun gedenke, um diese Kostenexplosion in den Griff zu bekommen. Die Antwort, die unserem Blog vorliegt, fiel dürftig aus: „Parallel prüft die Autobahn GmbH des Bundes die Möglichkeit, künftig zentrale, bundesweite Rahmenverträge für die Lieferung, Montage und Demontage von touristischen Unterrichtungstafeln zu etablieren, um dadurch kostengünstigere Lösungen zu erreichen“, schrieb der zuständige Staatssekretär Oliver Luksic.
Eine Antwort, die Karliczek nicht genügte: „Das Ministerium hätte längst für mehr Transparenz im Zusammenhang mit Herstellung, Montage und Demontage der Schilder sorgen müssen. Dann hätten die Städte und Kommunen auch nicht diese teuren Rechnungen bezahlen müssen. Das alles schadet dem Tourismusstandort Deutschland.“
Wirkung der Schilder ist messbar
In der Tat. 3500 von den Schildern gibt es bundesweit – und sie sind gerade für Regionen und Gemeinden ein probates Mittel, Touristen und Gäste zu ihren touristischen Attraktionen zu locken. Vor allem für den ländlichen Raum, dessen Schönheiten und Attraktionen in keinem Reiseführer oder in Online-Kanälen Widerhall finden. Und die Wirkung ist enorm, wenn man einer Untersuchung der Fachhochschule Harz Glauben schenken darf. Zwei Drittel der Befragten erklären, dass sie sich an konkrete Schilder sowie die darauf abgebildeten Sehenswürdigkeiten, Städte oder Landschaften erinnern können. Jeder Sechste folgt spontan mindestens einmal dem Hinweis auf ein besonderes Reiseziel auf den braun-weißen Tafeln. Zwei Drittel, die einem Hinweis kurzfristig gefolgt sind, sind nach eigenen Angaben bis zu 30 Minuten zusätzlich gefahren, um sich die angepriesenen Schlösser, Wälder oder Stadtkerne anzusehen.
Zurück nach Straubing. 83.000 Euro für zwei Schilder für den heimischen Zoo. Der Stadtrat entschied sich im Februar gegen die Neuanschaffung, sie sei dem Steuerzahler bei knappen Kassen nicht zuzumuten, so der Beschluss. Somit fahren die Autofahrer in Zukunft wohl an der Stadt vorbei – und wissen nichts von den Tigern, Bären und Zebras im Zoo.
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