Die Erfassung der Jagdstrecke wird jeweils für das Jagdjahr vom 1. April bis 31. März ausgewiesen. Die Statistik dokumentiert die Population der einzelnen Arten. Sie dokumentiert auch Vitalität und Qualität ihrer Lebensräume. Teil 2: Schalenwild
Insgesamt im Aufwind ist das Schalenwild. Bereits 2012 erläuterte dazu Dr. Frank Tottewitz vom Fachbereich für Wald und Umwelt vTI – Institut für Waldökologie und Waldinventuren der Fachhochschule Eberswalde in einem Interview mit dem Deutschen Jagdverband (DJV): „Eine Verdreifachung der Jagdstrecke beim Schalenwild in Zentraleuropa innerhalb der vergangenen 40 Jahre zeigt: Die teilweise beobachtete Bestandsexplosion bei einzelnen Wildarten ist kein deutsches Phänomen und unabhängig von unterschiedlichsten Jagdgesetzgebungen und Zielstellungen in einzelnen Ländern. Die Ursachen sind komplexer. Allgemein gesprochen haben sich die Lebensgrundlagen für das Schalenwild verbessert – mehr Nahrung und mehr Deckung sind die Hauptfaktoren. Fehlende Witterungsextreme und energiereiche Nahrung wie Raps und Mais in der Landwirtschaft sowie sich häufende Baummasten im Wald verringern die natürliche Sterblichkeit. Eine Erhöhung der Abschusszahlen ist die folgerichtige Konsequenz.“
Immer neue Rekordzahlen bei den Rehen
Das gilt in Deutschland besonders für Rehe. Immer neue Rekordzahlen stehen zu Buche, sodass die Jahresstrecken inzwischen bei 1,3 Millionen Stück liegen. Bei keiner anderen Schalenwildart können die Strecken so sehr schwanken wie beim Schwarzwild. Ursache ist die mögliche Zuwachsrate von bis 300 Prozent. Bei anhaltend nass-kaltem Wetter aber gehen viele junge Frischlinge ein. Auch die intensive Bejagung im Rahmen der Prävention vor der Afrikanischen Schweinepest (ASP) spielt eine Rolle. So lag die bundesweite Sauenstrecke 2022/23 bei 492.594 Stück. Ein Jahr zuvor waren es noch 711.407. Zuvor schien sie bereits der Millionengrenze zuzustreben.
Manchmal allerdings lassen sich auch die Unterschiede in der Streckenentwicklung einzelner Bundesländer nicht wirklich erklären. So konnten 2019/20 in Rheinland-Pfalz 12,88 Prozent mehr Sauen erlegt werden als der bis dahin geltende Rekordwert, in Hessen waren es hingegen 12,11 Prozent weniger. Und das, wo doch beide Bundesländer aneinandergrenzen. Und an Hessen grenzt Thüringen, das 2019/20 auch ein Rekordergebnis hatte.
Leichte Streckenrückgänge auch durch den Wolf
Beim Rot-, Dam- und Muffelwild sind in den vergangenen Jahren bundesweit leichte Streckenrückgänge zwischen etwa drei und fünf Prozent verzeichnet, allerdings auf hohem Niveau. Beim Rotwild etwa wurde im Jagdjahr 2016/17 ein Rekordergebnis von 79.122 Stücken erzielt. In 2022/23 waren es noch 74.822 Stücke. Beim Damwild waren es 64.686 Stücke nach 68.269 im Vorjahr. Beim Muffelwild ging die Strecke um rund 3,5 Prozent auf 7.873 Stücke zurück. Das scheint wenig angesichts der Tatsache, dass der Wolf dem Wildschaf in vielen Gebieten bereits den Garaus gemacht hat.
Die gerade für NRW veröffentlichte Statistik weist teilweise Rekordzahlen für das wiederkäuende Schalenwild aus. Nicole Heitzig, Präsidentin des Landjagdverbandes (LJV), wertet das als Beleg für die Bemühungen der Jägerschaft, einen Beitrag zur Schaffung klimastabiler Wälder durch Wiederaufforstungen zu leisten. Denn erlegte Rehe, Rot-, Dam- und Sikahirsche sowie Muffel fressen eben keine jungen Bäume mehr.
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