SPD-Neustart am Kabinettstisch
- Wolfgang Kleideiter
- 6. Mai
- 2 Min. Lesezeit
Es ist die Stunde des Machtwechsels. CDU-Chef Friedrich Merz übernimmt am Dienstag als Bundeskanzler die Regierungsverantwortung. Seit Montag weiß er, wer für die SPD am Kabinettstisch der schwarz-roten Koalition mitarbeiten wird

Raus aus dem Wartemodus, ran an die Arbeit. Die neue Bundesregierung steht vor großen nationalen und internationalen Herausforderungen. Friedrich Merz ist früher als noch vor Monaten gedacht am Höhepunkt seiner Karriere angekommen. Jetzt muss er im zähen politischen Tagesgeschäft beweisen, dass er besser, klüger und auch erfolgreicher regieren kann als sein Vorgänger Olaf Scholz.
„Die Politik der kommenden Jahre wird maßgeblich darüber entscheiden, ob wir auch in Zukunft in einem freien, sicheren, gerechten und wohlhabenden Deutschland leben.“ Ein wuchtiger, aber im Kern wahrer Satz aus der Präambel des Koalitionsvertrags. CDU, CSU und SPD sind bereit, Verantwortung für Deutschland zu übernehmen. Das verdient Respekt.
Die Union sitzt im Bundestag wieder auf der Regierungsbank, muss und will jetzt Tempo machen. Die Ampel bewegte sich nur noch lahm, vermied wichtige Entscheidungen und scheiterte am Ende kläglich. Bis heute stellen die Menschen im Land dem alten Dreierbündnis ein denkbar schlechtes Zeugnis aus. Über 70 Prozent sind in der Rückschau mit der Ampel-Arbeit unzufrieden. Verheerend.
Dass die SPD nahtlos weiter in Berlin mitregiert, überrascht nach dem desaströsen Abschneiden bei der Bundestagswahl offensichtlich auch manchen Genossen. Tatsächlich kann das historisch schlechteste Ergebnis (16,4 Prozent) in so kurzer Zeit weder inhaltlich, organisatorisch noch personell aufgearbeitet worden sein. Die Sozialdemokraten können die Quittung, die ihnen die Wählerinnen und Wähler am 23. Februar ausgestellt haben, nicht einfach abheften.
„Fundamentale Krise der Glaubwürdigkeit“
Wer wissen will, wie es um die Gefühlslage steht, kann dies im Antragsbuch für den am 10. Mai terminierten Landesparteitag der NRW-SPD nachlesen. Ein selbstkritischer Leitantrag liefert Klartext. Von einer „fundamentalen Krise der Glaubwürdigkeit“ ist darin die Rede. Die SPD stecke in einem Tief und habe während der Ampelzeit zu lange in der Defensive verharrt. Die Aussagen sind ein Schuss in Richtung Olaf Scholz, treffen aber auch die Parteizentrale und die Parteiführung.
Dem SPD-Parteivorsitzenden Lars Klingbeil, der als Bundesfinanzminister und Vizekanzler jetzt mit großer Macht ausgestattet ist, dürfte die Breitseite aus NRW gerade am Tag der Kanzlerwahl nicht behagen. Hat er doch ein weitgehend unverbrauchtes Team für seine Seite des Kabinettstischs zusammengestellt. Sechs Frauen und drei Männer sollen für einen personellen Neuanfang in schweren Zeiten stehen. Saskia Esken ist draußen. Ihr Wunsch nach einem Ressort erfüllte sich nicht. Co-Parteivorsitzende ist sie wohl nur noch auf Zeit.
Boris Pistorius bleibt auch dank seiner nach wie vor hohen Beliebtheitswerte Verteidigungsminister. Amtsvorgängerin Christine Lambrecht hätte spätestens jetzt den Posten verloren. Bärbel Bas, ehemalige Bundestagspräsidentin, folgt im Arbeits- und Sozialministerium auf Hubertus Heil, der sich vor Tagen selbst aus dem Rennen genommen hat.
Carsten Schneider, zuletzt Ostbeauftragter der Bundesregierung, wird Minister für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Reem Alabali-Radovan, bisher Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, wird Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Justizministerin Stefanie Hubig, Bauministerin Verena Hubertz, Staatsministerin Elisabeth Kaiser (Beauftragte der Bundesregierung für Ostdeutschland) und Staatsministerin Natalie Pawlik (Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration) – Namen und Gesichter, die vielen Menschen im Land nicht bekannt sind. Von der alten SPD-Ampelbesetzung gibt es im Kabinett kaum noch eine Spur. Scholz, Lauterbach, Faeser, Schulze, Geywitz, Heil, Kukies – seit heute Teil der Geschichte.
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