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Ein Hoch auf den (Oster-)Hasen

  • Autorenbild: Christoph Boll
    Christoph Boll
  • 18. Apr.
  • 4 Min. Lesezeit

Zu Ostern gehört das Ei. Doch nicht das Huhn verbindet der Normalbürger mit dem christlichen Auferstehungsfest, sondern den Hasen. Und dem geht es gut, hat der Deutsche Jagdverband (DJV) gerade festgestellt


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Foto: Grell/DJV
Foto: Grell/DJV

Nach der jüngsten Statistik leben in Deutschland durchschnittlich 19 Feldhasen pro Quadratkilometer Offenland, also auf Feldern und Wiesen. Dies ergab die Frühjahrszählung 2024 in rund 400 Referenzgebieten. Im Vergleich zu 2023 ist der Wert gleichgeblieben – und damit erneut der höchste seit Beginn des Monitorings vor mehr als zwei Jahrzehnten.


Die meisten Hasen gibt es im nordwestdeutschen Tiefland mit 28 Tieren pro Quadratkilometer. Besonders viele Mümmelmänner wurden in einzelnen Referenzgebieten in Hessen und Rheinland-Pfalz gezählt. Dort seien es im Frühjahr 2024 jeweils 241 Tiere pro Quadratkilometer gewesen. In diesen Gebieten werde intensive Niederwildhege betrieben – mit intensiver Raubwildbejagung und lebensraumverbessernden Maßnahmen.


Mit einer Nettozuwachsrate von acht Prozent hat sich der Hasenbesatz im vergangenen Jahr also positiv entwickelt. Allerdings liegt der Wert sieben Prozentpunkte unter dem des Vorjahres. In fünf von sechs Großlandschaften Deutschlands war die Nettozuwachsrate positiv, im Alpenvorland jedoch negativ, so der DJV. Die Zahlen ermittelt haben Jägerinnen und Jäger nachts auf genau festgelegten Strecken mit genormten Scheinwerfern. Die Augen der Hasen reflektieren das Licht arttypisch, sodass sie leicht von anderen nachtaktiven Tieren wie dem Fuchs zu unterscheiden sind. Wissenschaftler werten die Daten anschließend aus.


Gezählt wird nach Möglichkeit im Frühjahr und im Herbst. Die rund 400 Referenzgebiete sind nach Großlandschaften unterteilt, die sich jeweils in Faktoren wie Geologie, Boden, Klima und Vegetation unterscheiden. Zu bedenken ist aber, dass die Ergebnisse ermittelt wurden, bevor die Myxomatose vor einem guten halben Jahr vom Kaninchen auf den Hasen übersprang und die Besätze des ursprünglichen Steppenbewohners in einigen Regionen zehntete.


Ausschlaggebend für die vorherigen Entwicklungen könnte das Wetter gewesen sein: Insbesondere im Süden hätten Starkregen und Hochwasser die Monate Mai und Juni geprägt. Auch bundesweit sei es 2024 vergleichsweise nass gewesen. Und wenn Meister Lampes Nachwuchs etwas überhaupt nicht verträgt, dann ist es nass-kalte Witterung in seinen ersten beiden Lebenswochen. Die Junghasen, die im März/April geboren werden, verenden deshalb vielfach. Überleben sie aber zahlreich, bestehen beste Aussichten auf ein gutes Hasenjahr. Denn die Jungtiere werden nach sechs bis acht Monaten geschlechtsreif und bringen im Herbst selbst die ersten Jungtiere zur Welt. Mehr als die Hälfte aller Hasen aber wird nicht ein Jahr alt.


Weil der Hase eines der ersten Tiere ist, die nach dem Jahresbeginn Nachwuchs bekommen, ist er seit Jahrhunderten ein Fruchtbarkeitssymbol. Drei mal drei pro Jahr, so lernt der angehende Jungjäger im Vorbereitungskursus auf die Jagdscheinprüfung als Faustformel für die Gebärfreudigkeit einer Häsin. Sie entscheidet die Partnerwahl. Der Galan muss seine Ausdauer und Kraft in spektakulären Wettläufen und Boxkämpfen mit den Konkurrenten beweisen. Wiederholt paart sich die Häsin innerhalb kürzester Zeit, sodass selbst innerhalb eines Wurfs Mehrfach-Vaterschaften vorkommen können. Außergewöhnlich ist die sogenannte Superfötation, bei der die Häsin während der Tragezeit erneut trächtig werden kann und sich Embryonen unterschiedlicher Entwicklungsstadien in ihrer Gebärmutter befinden.

Grafik: DJV
Grafik: DJV

Die frisch geborenen Junghasen wiegen 100 bis 150 Gramm, sind behaart und können sofort sehen. Als Nestflüchter leben die Junghasen allein, aber nicht verlassen und sollten von Menschen weder angefasst noch mitgenommen werden. Die Häsin kommt etwa zweimal am Tag zum Säugen. Herangewachsen wird der reine Pflanzenfresser zum Feinschmecker. Fette Kräuter und Wildgräser kombiniert mit Klatschmohn, Knospen und Klee gehören zu seinem klassischen Menü. Im Herbst steigt der Anteil an Samen und im Winter und Frühjahr der von Holz und Rinde.


Der reine Pflanzenfresser benötigt ausgewachsen täglich knapp 1,5 Kilogramm Nahrung. Damit deckt er zugleich seinen Wasserbedarf. Außerdem bildet sich im Blinddarm ein vitaminreicher Nahrungsbrei. Nach der Ausscheidung nimmt er diesen speziellen Kot wieder auf und deckt so seinen Vitamin-B1-Bedarf. Unter optimalen Bedingungen kann Mümmelmann in der freien Natur zwölf Jahre alt und bis zu sechs Kilogramm schwer werden.


Strategien gegen Fressfeinde


Dazu muss der scheue, dämmerungs- und nachtaktive Einzelgänger aber auch seinen Fressfeinden entkommen. Mit seinen seitlich stehenden Augen überblickt er einen Bereich von nahezu 360 Grad. Bevorzugt auf warmen, trockenen und offenen Flächen mit einer guten Rundsicht liegt der kurzsichtige Rundumseher in seiner Sasse, in die er sich im Winter sogar einschneien lässt. Um mögliche Feinde zu täuschen, hoppelt der bis zu gut 70 Stundenkilometer schnelle Sprinter auf dem Weg zu seiner Sasse häufig Umwege. Am Ziel angekommen, macht er einen großen Sprung in sein Ruhelager, um seinen Feinden keine Duftspur zu hinterlassen. Dazu trägt auch bei, dass Meister Lampe an den Pfoten keine Duftdrüsen hat.


Durch seine Fellfarbe ist er perfekt getarnt. In der Sasse nimmt er die kleinste Bodenerschütterung wahr, drückt sich bei Gefahr mit angelegten Ohren regungslos an den Boden, bevor er plötzlich aufspringt und das sprichwörtliche Hasenpanier ergreift. Hakenschlagend versucht er seinen Verfolgern zu entkommen. Dabei kommt ihm zugute, dass er bis zu drei Meter weit und zwei Meter hoch springen kann und auch ein guter Schwimmer ist. Da er aber standorttreu ist und sein Revier ein Leben lang behält, kehrt er letztlich wieder zu seiner Sasse zurück. Das haben sich Jäger in früheren Zeiten beim Brackieren zu Nutze gemacht, eine Jagdart, die heute quasi gar nicht mehr ausgeübt wird.

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