Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche
Liebe Leserinnen und Leser,
in unserem Wochenkommentar befassen wir uns mit den Folgen, die der kurz bevorstehende Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident für Deutschland haben wird, gehen auf den Wahlkampf der Union sowie die dabei sichtbar werdenden Unterschiede zwischen CDU und CSU ein. Des Weiteren beschäftigt uns der Protest der Jäger in Niedersachsen gegen ein neues Jagdgesetz. Zum Abschluss noch ein kurzer Rückblick auf ein Ereignis, das vor einem Jahr bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte: die Blockade einer Fähre mit Wirtschaftsminister Robert Habeck an Bord.
Von wegen ruhiger politischer Jahresauftakt. In den USA bietet Donald Trump einen Vorgeschmack auf seine kurz bevorstehende Präsidentschaft. Die Äußerungen zur Einverleibung von Kanada und Grönland sowie die geforderte US-Kontrolle über den Panamakanal mögen für europäische und speziell deutsche Ohren abstrus klingen. Doch niemand sollte sich täuschen: Aus Washington weht künftig ein sehr rauer, unberechenbarer Wind in Richtung Europa. Er dürfte die hiesige Politik – egal ob in den Bereichen Landwirtschaft, Handel, Energie oder Sicherheit – stark durcheinanderwirbeln. Auch hier ist der Begriff Zeitenwende keineswegs zu hoch gegriffen.
Der Mann aus New York muss leider politisch bitterernst genommen werden. Für jede neue Bundesregierung wird die künftige US-Administration eine gewaltige Herausforderung. Wie man auf diese besser nicht reagieren sollte, hat die gescheiterte Ampelkoalition zumindest in ihrer Endphase drastisch gezeigt. Richtungsstreitigkeiten und persönliche Animositäten schwächten die Handlungsfähigkeit nach innen und auch nach außen. In der Boxersprache würde man stehend k. o. sagen. Mit einer solch desolaten Koalition lässt sich einem Mann wie Trump gewiss nicht Paroli bieten. Für ihn zählen nur handfeste Fakten: Wirtschaftsstärke, militärisches Gewicht und außenpolitische Gestaltungskraft.
Der noch amtierende SPD-Kanzler Scholz konnte und kann bei alldem wenig vorweisen. Entsprechend lächelnd und achselzuckend dürfte seine jüngste Kritik an Trumps Grönlandplänen im Lager des künftigen Präsidenten verhallen. Oder anders gesagt: Momentan befinden sich Scholz und damit die Bundesregierung im künftigen Washingtoner Machtzentrum nicht auf Augenhöhe. Umso wichtiger, dass Deutschland möglichst zügig eine neue, handlungsfähige Regierung bekommt.
Für inhaltliche Klarheit und Konsens sorgen
Momentan sieht es laut Umfragen so aus, als ob dem CDU-Mann Friedrich Merz das Kanzleramt kaum noch zu nehmen ist. Doch gemach, bis zur Entscheidung am 23. Februar kann noch einiges geschehen. Und auch im Falle seiner Wahl wird die Aufgabe für Merz schwierig genug sein, eine sachorientierte Koalition zu bilden und wirkungsvolle Reformen zu starten. Selbst im eigenen Lager, sprich der Union, ziehen momentan nicht alle voll an einem Strang. Wieder einmal ist es der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, der dem gemeinsamen Kanzlerkandidaten von CDU und CSU die politische Beinfreiheit nehmen will. Während Merz vernünftigerweise erklärt, er wolle für ein gutes Ergebnis der Union kämpfen, und keine Koalitionskampagne führen will, ergeht sich Söder in Koalitionsspekulationen, was wiederum auf Kritik in der Schwesterpartei stößt. Für viele Wähler dürfte ein solcher Zwist abschreckend wirken. Die Union wäre daher gut beraten, an dieser Stelle für inhaltliche Klarheit und Konsens zu sorgen.
SPD und Grüne haben derweil aus inhaltlich-programmatischen Gründen bei den Wählern einen schweren Stand. Das Scheitern der Ampelkoalition fällt auch auf sie zurück. Hinzu kommen gerade im ländlichen Raum ideologisch motivierte Projekte, die mit der Lebenswirklichkeit der dortigen Menschen wenig zu tun haben. Beispiel Jagd. So legen die Grünen fast überall, wo sie in eine Landesregierung eingetreten sind, Hand ans Jagdrecht. Für die Jäger in Niedersachsen „geht´s ums Ganze“, nachdem Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte ihren Entwurf für eine Novellierung vorgelegt hat. Einschränkungen, Verbote und Gängeleien gehen so weit, dass der Landesjagdverband für den 30. Januar zu einer Demonstration in Hannover aufgerufen hat. Nach einer Kundgebung marschieren die Teilnehmer mit Jagdhörnern und in orange-farbiger Warnkleidung zum Landtag. Das Ziel ist klar formuliert: „Jagd sichern, Natur bewahren“.
Verärgert ist der Landesjagdverband nicht nur über die geplanten inhaltlichen Änderungen des Landesjagdgesetzes. Während das Ministerium die erfolgten Diskussionen als Beleg für seinen Willen zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Betroffenen sieht, spricht die Jägerschaft von einem einseitigen Dialog. In einem Blog-Beitrag wird unser Autor Christoph Boll am Montag außerdem die Enttäuschung der Waidmänner und -frauen über die SPD beleuchten. Sie hat nicht nur unwidersprochen die rein ideologisch begründeten grünen Positionen hingenommen, sondern überlässt ihrem Koalitionspartner beim Thema Jagd seit mindestens zehn Jahren das Feld komplett unkommentiert.
Jahrestag des Schlüttsiel-Protestes
Zum Abschluss noch ein Rückblick auf ein Ereignis, das vor einem Jahr für großes Aufsehen gesorgt hatte: Am 4. Januar 2024 blockierten Demonstranten eine Fähre am Hafen von Schlüttsiel, weil Wirtschaftsminister Robert Habeck an Bord war. Die durch Habeck berühmt gewordene Fähre „Hilligenlei“ lag am 4. Januar 2025 wieder in Schlüttsiel. Um die 150 Personen aus ganz Schleswig-Holstein versammelten sich an der Mole. Nicht jedoch, um zu demonstrieren, wie sie selbst betonten, sondern um Wurst, Kaffee und Glühpunsch aus den Buden und Imbissanhängern zu genießen. Überwiegend waren es Familien mit Kindern, während die Zahl der Landwirte eher überschaubar blieb.
Landwirt Jan Küntzler, Mitorganisator des sogenannten Neujahrstreffens am Jahrestag des umstrittenen Schlüttsiel-Protestes, sagte: „Wir wollen Flagge zeigen.“ Die Veranstalter seien eine lose Verbindung von Handwerkern und Landwirten aus der Region. Man wolle alles noch einmal „aufleben lassen“ und an die Bauernproteste vor einem Jahr erinnern. Diese seien ein voller Erfolg gewesen, sind sich Küntzler und der Mitorganisator Hauke Hinrichsen, Fahrunternehmer aus Ellhöftbeide, einig. Auch der Schlüttsiel-Protest sei ihrer Meinung nach harmlos gewesen.
Eingeladen wurde über Facebook, Instagram und WhatsApp. Den Sinn des Gedenktages sieht ein weiterer Teilnehmer auch ein wenig als Wiedergutmachung. „Wir sehen, dass einiges damals schiefgelaufen ist. Wir wollen den Ort wieder dahin rücken, für das er bekannt ist: als kleiner, süßer Fähranleger in Nordfriesland.“ Man wolle weg vom Negativimage des Ortes, heißt es.
Ich wünsche Ihnen eine gute, positive Woche und verbleibe mit den besten Grüßen
Ihr Jürgen Wermser
Redaktionsleitung/Koordination
Comments